Die vorliegende Ausgabe 02/2023 der MK-IM zielt wieder einmal auf Metabolismus und Ernährung des Intensivpatienten.

Seit 2007 erfasst der nutritionDay, eine primäre Initiative der Europäischen Gesellschaft für Klinische Ernährung und Stoffwechsel und der Medizinischen Universität Wien, mittlerweile weltweit an einem Tag im November in einem Querschnittsaudit die Prävalenz einer Mangelernährung in Krankenhäusern einschließlich der Ernährungstherapie und des Outcomes. Obwohl bereits durch die freiwillig teilnehmenden Kliniken ein Selektionsbias vorliegt, beleuchten die Ergebnisse erheblich die Versorgungsrealität und motivieren zur Qualitätsverbesserung. Mit Fokus auf den Intensivpatienten wurden bisher nur wenig Daten des nutritionDay veröffentlicht [1]. Diese zeigen einen zögerlichen Beginn der Ernährungstherapie, wobei die in den Leitlinien empfohlenen Kalorien- und Proteinziele zumeist nicht erreicht werden [1]. Michael Hiesmayr, der „Vater“ des nutritionDay und ehemaliger Leiter der Abteilung für Herz-Thorax-Gefäßchirurgische Anästhesie und Intensivmedizin am Allgemeinen Krankenhaus in Wien analysiert die ganz aktuell zusammengestellten Daten.

Eine adäquate Ernährungstherapie erfordert beim Intensivpatienten eine systematische Verlaufskontrolle

Eine adäquate Ernährungstherapie erfordert zur Vermeidung eines kumulativen prognoserelevanten Defizits auch beim Intensivpatienten eine Erfassung des Ernährungsstatus bei Aufnahme und eine systematische, regelmäßige Verlaufskontrolle. Diese Planung wird im Rahmen der Erstversorgung eines vital bedrohlichen Krankheitsbilds nachvollziehbar nicht priorisiert, jedoch im weiteren Verlauf häufig auch oft nicht mehr angemessen nachgeholt. Da es bislang keine strukturierten Empfehlungen zur Erhebung des Ernährungsstatus auf Intensiv- und Intermediate-care-Einheiten gab, hat die Sektion Metabolismus und Ernährung der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) im letzten Jahr in einem ersten Positionspapier konsensbasierte Empfehlungen zur Erfassung und zum apparativen Monitoring des Ernährungsstatus vorgelegt [2]. Bisher wird die bei vielen Intensivpatienten häufig mehrfach durchgeführte Computertomographie des Abdomens auch zur Analyse und Verlaufskontrolle der Körperzusammensetzung nur wenig genutzt. Wahrscheinlich wird sich auch die Auswertung in der Zukunft durch künstliche neuronale Netzwerke und Deep Learning automatisieren und beschleunigen. Eine vermehrte Akzeptanz dieser Technik bei Radiologen ist zu wünschen. Geraldine de Heer stellt mit ihren KollegInnen die Methode mit den bisherigen intensivmedizinischen Erfahrungen aus dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf vor.

Das Mikrobiom und die gastrointestinale Barriere des Intensivpatienten sind gerade ernährungsmedizinisch und immunologisch eine faszinierende Dimension. Durch Antibiotikatherapie, parenterale Ernährung oder Darmparalyse alteriert sind die klinischen Auswirkungen gerade für die Pflegenden mehr als apparent. Matthias Lindner und David Radke, Anästhesisten und Intensivmediziner am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Kiel, führen in ihrer Übersicht in die Thematik ein und stellen die derzeitigen Therapieansätze vor.

Gezielte ernährungsmedizinische Interventionen müssen sich den Anforderungen einer evidenzbasierten Medizin stellen. Die Supplementierung mit den Vitaminen C und D ist auch beim Intensivpatienten gerade in der COVID-19-Pandemie intensiv diskutiert und in zahlreichen randomisierten kontrollierten Studien prospektiv untersucht worden. Aileen Hill, anästhesiologische Intensivmedizinerin am Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und Karin Amrein, internistische Intensivmedizinerin und Endokrinologin am Universitätsklinikum der Medizinischen Universität Graz, haben gemeinsam mit weiteren Kolleginnen die aktuelle Evidenz zusammengestellt.

In der Hoffnung auf großes metabolisches Interesse bei den Leserinnen und Lesern

Geraldine de Heer und Arved Weimann