Lernziele

Nach Lektüre dieses Artikels …

  • kennen Sie verschiedene Arten des Intensivtransports sowie deren Charakteristika;

  • identifizieren Sie Herausforderungen bei Intensivtransporten;

  • kennen Sie die verschiedenen Durchführungsphasen des Intensivtransports;

  • verwenden Sie Algorithmen zur strukturierten Patientenübergabe.

Hintergrund

Die Versorgungsstruktur deutscher Kliniken hat sich in den letzten Jahrzehnten im Zuge der Spezialisierung und Zentrumsbildung deutlich gewandelt. Dies hat Auswirkungen auf die Versorgung kritisch kranker Patienten. Während die meisten Krankenhäuser eine Intensivstation zur Versorgung dieser Patienten vorhalten, sind spezielle Diagnostik- und Therapieverfahren nur in gewissen Zentren verfügbar. Folglich müssen bestimmte Patienten ohne Unterbrechung der erforderlichen intensivmedizinischen Therapie zeitgerecht zwischen Krankenhäusern transportiert werden können. Die Anzahl solcher Intensivtransporte in Deutschland nimmt seit Jahren kontinuierlich zu. Dieser Artikel stellt verschiedene Phasen eines Intensivtransports dar und nimmt Stellung zu Spezialtransporten.

Fallbeispiel

An einem Samstag wird der diensthabende Intensivmediziner eines Maximalversorgers von einer peripheren Klinik kontaktiert.

Ein 50-jähriger vorgesunder, allerdings adipöser Mann wird dort bereits seit 5 Tagen aufgrund eines „acute respiratory distress syndrome“ (ARDS) unklarer Genese intensivmedizinisch behandelt. Trotz maximaler Invasivität der Beatmung sowie Eskalation der antiinfektiven Therapie (AIT) verschlechtert sich der Gasaustausch kontinuierlich, mittlerweile befindet sich der Patient im Mehrorganversagen (Lunge, Kreislauf, Niere). In Zusammenschau aller Faktoren wird die Entscheidung getroffen, den Patienten ggfs. nach Initiierung einer extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) zur weiteren Therapie in das Klinikum der Maximalversorgung zu übernehmen und den Transport somit als ECMO-Team durchzuführen.

Als Mitglied des ECMO-Teams telefonieren Sie mit dem diensthabenden Kollegen der peripheren Klinik und erhalten neben o. g. Anamnese folgende Eckdaten: Patient intubiert/beatmet (inspiratorische Sauerstofffraktion [FiO2] 1,0; positiver endexspiratorischer Druck [PEEP] 12 mbar; Oxygenierungsindex [OI] 70 mm Hg), Richmond Agitation Sedation Scale [RASS] +2 trotz medikamentöser 4‑fach-Kombination sowie vasopressorenpflichtige Kreislaufinstabilität (Noradrenalin 0,7 µg/kg/min). Hiernach machen Sie sich auf den Weg in das etwa 40 km entfernte Krankenhaus.

Bei Ankunft dort scheinen sich die Informationen zunächst zu bestätigen. Im Rahmen der ersten eigenen körperlichen Untersuchung vor Übernahme fällt ihnen ein deutlich abgeschwächtes Atemgeräusch auf der rechten Seite auf, sodass sich eine Thoraxsonographie anschließt, die wiederum einen großen, punktionsbedürftigen Pleuraerguss zur Darstellung bringt. Im Teamkonsens beschließen Sie diesen zunächst zu entlasten, da aufgrund des ausgedehnten Befunds mit einer deutlichen Verbesserung der Beatmungssituation zu rechnen und somit eine ECMO-Anlage zu vermeiden ist. Da der diensthabende Kollege der Quellklinik ungeübt in einer solchen Punktion ist, übernehmen Sie diesen invasiven Eingriff. Nach problem- und komplikationsloser Punktion können 2000 ml milchig-trüber Pleuraerguss entlastet werden und nach kurzem Recruitment verbessert sich die pulmonale Situation deutlich. Im Rahmen der Ursachenforschung aspirieren Sie alle Schenkel des einliegenden zentralen Venenkatheters (ZVK) und bemerken, dass diese nicht mehr aspirierbar sind. Eine Point-of-care-Analyse des Pleurapunktats zeigt hohe Glukosewerte, sodass sich der Verdacht einer pleuralen Fehllage des ZVK und eines konsekutiven iatrogenen Pleuraergusses (Propofol, parenterale Ernährung, Vasopressoren) ergibt bzw. erhärtet. Letztlich legen Sie daher kontralateral einen neuen ZVK. Hiernach ist der Patient problemlos zu sedieren und die Vasopressorenlast kann halbiert werden.

Aufgrund der medizinischen Maßnahmen lassen Sie noch vor Beginn des Transports eine Röntgenuntersuchung des Thorax durchführen, die eine korrekte Platzierung der neuen Katheters bestätigt und Komplikationen ausschließt. Nach insgesamt 3 h vor Ort treten Sie nun gemeinsam mit dem Patienten den Heimweg an, Transport sowie die Umlagerungen verlaufen ohne nennenswerte Komplikationen.

Grundlagen des Intensivtransports

Grundsätzlich werden Primäreinsätze (Einsätze zur Erstversorgung von Notfällen) von Sekundäreinsätzen als Einsatz zum Transport von Patienten unter kompetenter Betreuung und Erhalt sowie Überwachung von Vitalfunktionen zwischen Gesundheitseinrichtungen unterschieden [1]. Transporte kritisch kranker Patienten unter Fortführung der intensivmedizinischen Maßnahmen (Intensivtransport) sind daher als Sekundärtransport zu werten.

Aufgrund der Ressourcenintensivität werden Intensivtransporte als eigenes Element des Rettungsdiensts geführt und mit speziellen Fahrzeugen, sog. Intensivtransportwagen (ITW), oder luftgebunden mit Intensivtransporthubschraubern (ITH) durchgeführt ([2, 3]; Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Intensivtransportwagen des Klinikums Kassel (a) und des Bundeswehrkrankenhauses Ulm (b). (Mit freundlicher Genehmigung durch B. Hossfeld/R.M. Muellenbach)

Intensivtransporte können je nach Zustand des Patienten und Transportindikation in verschiedene Dringlichkeitsstufen (elektive/dringliche/Notfallverlegung) eingeteilt werden (Infobox 1). Aufgrund des hohen Aufkommens an planbaren Intensivtransportanfragen können ITW teilweise stark ausgelastet und gelegentlich ein notfallmäßiger Intensivtransport durch einen Rettungswagen (RTW) des Regelrettungsdiensts notwendig sein. Bei der Nutzung eines RTW werden begleitende Ärzte meist durch die Quellklinik abgestellt. In seltenen Fällen kann der Transport auch durch einen regulären Notarzt (Notarzteinsatzfahrzeug [NEF]/Rettungshubschrauber [RTH]) übernommen werden. Dies sollte jedoch weitgehend vermieden werden, um die notfallmedizinische Versorgung des entsprechenden Rettungsdienstbereichs nicht negativ zu beeinflussen. Um die Hochwertressource ITW/ITH logistisch sinnvoll, effizient und entsprechend der Dringlichkeit einsetzen zu können, werden Intensivtransporte meist zentral koordiniert [4].

Infobox 1 Indikationen zum Intensivtransport (Auswahl)

  1. 1.

    Transport eines Patienten von einem Krankenhaus niedrigerer Versorgungsstufe zu einer spezialisierten Diagnostik/Therapie

  2. 2.

    Rückverlegungen solcher Patienten nach erfolgter Diagnostik/Therapie

  3. 3.

    Transporte in Rehabilitationseinrichtungen (z. B. Weaningkliniken, Neurofrührehabilitation).

  4. 4.

    Transporte kritisch kranker Patienten aus dem Ausland in die Heimat (z. B. System zur medizinische Evakuierung [MedEvac] der Bundeswehr)

Besatzung und Ausbildung

Der deutsche Rettungsdienst ist mittels Landesrettungsdienstgesetzen föderal geregelt. Während diese Gesetze für die Notfallrettung klare Vorgaben beinhalten, ist die Regelung von Intensivtransporten bundeslandabhängig stark unterschiedlich [5]. Daraus entsteht eine heterogene Ausgangslage hinsichtlich der Personalqualifikation im Intensivtransport. Um diesem Problem zu begegnen, hat die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) Empfehlungen zum ärztlichen und nichtärztlichen Besetzungsstandard im Rahmen des Intensivtransports erarbeitet, die zwar fachgesellschaftlich akzeptiert, aber rechtlich nicht bindend sind. (Tab. 1). Darüber hinaus empfiehlt die DIVI die Absolvierung des 20-stündigen DIVI-Curriculums „Intensivtransportkurs“ für jegliches Personal im Intensivtransport.

Tab. 1 Empfehlungen zur ärztlichen und nichtärztlichen Personalqualifikation im Intensivtransport gemäß der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI, [6])

Leider kommt es im Rahmen von Notfallverlegungen immer wieder vor, dass ärztliches Personal zur Transportbegleitung abgestellt wird, das die DIVI-Empfehlungen nicht erfüllt. Der Mangel an Ausbildung und Erfahrung kann hierbei zu einer Patientengefährdung führen und möglicherweise als sog. Übernahmeverschulden bei Eintreten von Patientenschäden juristische Folgen für den Arzt sowie den ITW-Betreiber nach sich ziehen. Daher sei an dieser Stelle sowohl an die ITW-Träger appelliert, nur adäquat ausgebildetes Personal einzusetzen, als auch an die durchführenden Kollegen, nur Transporte anzunehmen, zu denen sie sich selbst, z. B. gemäß der DIVI-Empfehlungen, befähigt sehen.

Die Geräteausstattung eines ITW ist in der Regel unterschiedlich zu der eines RTW oder einer Klinik. Folglich ist eine Einweisung des ITW-Personals in die jeweiligen Geräte gemäß Medizinproduktegesetz (MPG) eine Grundvoraussetzung zur Teilnahme am ITW-Dienst. Dies gewährleistet in Kombination mit regelmäßigem Training eine rechtskonforme und patientensichere Anwendung der Geräte.

Neben einer qualitativ hochwertigen Ausbildung ist eine gute Teamführung für den Erfolg solcher Transporte notwendig. Dazu gehören unter anderem eine klare Rollenverteilung, Team-Time-Outs und eine konsequente „closed loop communication“ [7].

Merke

Eine hochwertige Ausbildung sowie Crew-Resource-Management-Maßnahmen tragen zu einem sicheren Transport bei.

Durchführung des Intensivtransports

Planung und Vorbereitung

Nach Alarmierung des ITW erfolgt die Kontaktaufnahme mit der Quellklinik, um bereits im Vorfeld durch einen medizinischen Informationsaustausch einen Eindruck vom Patienten zu gewinnen und transportrelevante Besonderheiten zu erfragen (Infobox 2). Zusätzlich sollten hierbei Empfehlungen des ITW-/ITH-Notarztes (z. B. Sicherung des Atemwegs) zur Herstellung der Transportfähigkeit kommuniziert werden, um spätere Zeitverluste zu minimieren.

Infobox 2 Inhalte eines Arzt-Arzt-Gesprächs zur Transportvorbereitung (Auswahl)

  • Diagnose, Intensivverlauf und Verlegungsgrund

  • Vorerkrankungen und Dauermedikation

  • Aktueller Zustand des Patienten

  • Aktuelle Therapie (inklusive Beatmungsmodalitäten) und Medikation (Dosierung, Applikationsform)

  • Relevante radiologische, laborchemische und mikrobiologische Befunde

  • Ansprechpartner in der Zielklinik inklusive Erreichbarkeit

  • Weitere Besonderheiten (z. B. Sprachbarriere).

Grundlegend ist es, im Rahmen dieser Transportanmeldung die Eignung des Transportmittels für den jeweiligen Patienten zu prüfen. Dies kann im Besonderen bei Patienten mit einer ausgeprägten Adipositas problematisch sein. Hier ist festzustellen, ob das Rettungsmittel über entsprechende Transportsysteme verfügt, die für das Patientengewicht zugelassen sind. Für den Fall, dass das beabsichtigte Transportmittel aufgrund des Patientengewichts nicht eingesetzt werden kann, werden bisweilen Schwerlast-ITW vorgehalten. Sollte ein luftgebundener Transport eines stark adipösen Patienten geplant sein, muss neben dem geringen Platzangebot in den meisten Luftrettungsmitteln auch das maximal zulässige Abfluggewicht des Luftrettungsmittels bedacht werden (gegebenenfalls empfiehlt sich vorab ein klärendes Gespräch mit dem Piloten).

Vorgespräche im Rahmen eines Intensivtransportes sollten grundsätzlich als Arzt-Arzt-Gespräch und zur Vermeidung von Informationsverlusten idealerweise auf Grundlage einer Checkliste durchgeführt werden [8]. Auf Basis dieser Übergabe erfolgt ein Briefing des gesamten ITW-/ITH-Teams inklusive Rollen- und Aufgabenzuweisung. Anschließend sollte eine Kontaktaufnahme mit der Zielklinik erfolgen, um deren Aufnahmebereitschaft sicherzustellen.

Während der Vorbereitung des Intensivtransports müssen logistische Aspekte, wie die Vorhaltung entsprechender Geräte inkl. Stromversorgung und Rückfallebene, notwendiger Medikamente und medizinischer Gase, unter Berücksichtigung der zu erwartenden Transportzeit bedacht werden. Die meisten ITW/ITH verfügen dabei über einen Transportrespirator, der zur differenzierten Beatmung beispielsweise von Patienten im schweren Lungenversagen in der Lage ist. Hier hat sich der Einsatz von Transportrespiratoren mit Turbinenbetrieb aufgrund der Unabhängigkeit von Druckluftsystemen als sinnvoll erwiesen. Wird ein Intensivtransport mit einem RTW durchgeführt, muss vor Transportbeginn geprüft werden, ob ein Austausch des Respirators notwendig und weitere für den Intensivtransport erforderliche Materialausstattung (z. B. Anzahl der Spritzenpumpen, Möglichkeit invasiver Blutdruckmessung) verfügbar ist [9]. Aufgrund der meist begrenzten Stromversorgung während des Transports kann der Austausch elektronischer Geräte (z. B. Wasserschloss statt elektronischer Thoraxdrainagesysteme) in Betracht gezogen werden. Falls zusätzliche Medizingeräte mitgenommen werden, muss auf eine vorschriftsmäßige Sicherung der Ladung geachtet werden. Eine Möglichkeit zur Absaugung sollte verfügbar sein.

Von Seiten der Quellklinik sollte zur Transportvorbereitung auf eine Reduktion kontinuierlich verabreichter Medikamente (Spritzenpumpenanzahl) auf ein notwendiges Minimum und die patientennahe Markierung notwendiger Infusions- bzw. Messleitungen (z. B. am ZVK) und im Verlauf geachtet werden. Dies minimiert Dislokationsmöglichkeiten bei der Umlagerung und erleichtert die Verabreichung von Medikamenten während des Transports.

Patientenübernahme

Die Patientenübernahme findet in der Regel bettseitig auf der Intensivstation des abgebenden Krankenhauses statt. Sie beginnt mit einer strukturierten Patientenübergabe durch das zuständige ärztliche und Pflegepersonal. Zur Vereinheitlichung der Übergabestruktur und Reduktion von Informationsverlusten sollten hierbei gängige Übergabeschemata (Tab. 2) Anwendung finden. Anschließend können möglicherweise aufgetretene Unklarheiten geklärt werden, bevor das übernehmende Team wesentliche Inhalte der Übergabe zusammenfasst. Außerhalb von Notfallsituationen (z. B. beobachteter Herz-Kreislauf-Stillstand) sollten während des Übergabegesprächs keine Maßnahmen am Patienten durchgeführt werden.

Tab. 2 Exemplarische Übergabeschemata in der Notfallmedizin adaptiert für den Intensivtransport [10]

Weiterhin sollte die Übergabe den Inhalt eventueller Vorsorgedokumente (z. B. Patientenverfügung) sowie eine mögliche Betreuungssituation erfassen. Auch wenn schwerwiegende Komplikationen während eines Intensivtransports selten sind, kann die Übergabe solcher Informationen bei Bedarf eine schnelle Entscheidung im Sinne des Patientenwillens unterstützen. Darüber hinaus sollte vor Transportbeginn bei betreuten Patienten das Transporteinverständnis des juristischen Vertreters überprüft werden.

Im Anschluss an die Übergabe verschafft sich der begleitende Notarzt im Rahmen einer orientierenden Untersuchung einen Überblick über den aktuellen Zustand des Patienten. Diese Untersuchung sollte mindestens folgende Punkte umfassen:

  • Kreislauf (Herzfrequenz, Blutdruck, Katecholamintherapie, aktueller EKG-Befund)

  • Atmung (Spontanatmung ohne Unterstützung/nichtinvasive/invasive Beatmung inklusive Beatmungsparametern), aktuelle Blutgasanalyse und Atemwegszugang (Art, Größe, Fixierung, Lage)

  • Vigilanz, Neurologie, Schmerz (Glasgow Coma Scale [GCS], RASS-Score, Pupillenkontrolle, periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität [pDMS])

  • Gefäßzugänge, Drainagenlage, Verbände/Schienen.

Der Patient sollte vor Transportbeginn bestmöglich stabilisiert sein, um einen sicheren Transport zu ermöglichen. Ergibt sich aus der Untersuchung die Notwendigkeit zur Anpassung der aktuellen Therapie (z. B. der Beatmung), sollte dies idealerweise vor Transportbeginn inklusive Erfolgskontrolle (z. B. BGA) durchgeführt werden. Besteht die Möglichkeit, dass während des Transports die Gabe von Blutprodukten nötig werden könnte, sollte vor Verlassen der Quellklinik durch den ITW/ITH-Notarzt ein Bedside-Test durchgeführt werden.

Merke

Vor Transportbeginn ist der Patient bestmöglich zu stabilisieren, um Komplikationen während des Transports vorzubeugen.

Im Anschluss an diese Untersuchung erfolgt eine schrittweise Umstellung der laufenden intensivmedizinischen Maßnahmen von den Geräten der Intensivstation auf die Transportgeräte. Nach Meinung der Autoren hat sich hierbei folgende Reihenfolge bewährt: Monitoring → Spritzenpumpen → Beatmungsgerät. Sollte keine invasive Blutdruckmessung etabliert sein, ist das Intervall der nichtinvasiven Blutdruckmessung (NIBP) an den Patientenzustand anzupassen (z. B. 1–5 min).

Bei Übernahme der laufenden Medikation mittels Spritzenpumpe ist obligat auf das Mischungsverhältnis der jeweiligen Medikamente zu achten. Bisweilen gibt es zwischen Kliniken und Rettungsdiensten Unterschiede in den Verdünnungsverhältnissen kontinuierlich verabreichter Medikamente. Um fehlerhafte Applikationen zu vermeiden, kann eine Umstellung auf die dem Team bekannten Medikamentenmischungen sinnvoll sein. Während mancher Transporte kann eine Antibiotikagabe notwendig werden. Antibiotika werden im Intensivtransport standardmäßig meist nicht vorgehalten. Häufig kann jedoch eine Absprache mit der Quellklinik getroffen und von dort das entsprechende Medikament mitgeführt werden. Beim Wechsel auf den Transportrespirator ist darauf zu achten, bei einer Beatmung mit hohem PEEP einen PEEP-Verlust und damit mögliche Lungenschäden sowie akute Oxygenierungsprobleme zu vermeiden (z. B. durch Klemmen des Tubus). Das Ausmaß der Therapieänderungen sollte sich auf ein notwendiges Minimum beschränken. Dennoch können beispielsweise Anpassungen der Medikamente zur Analgesie und Stressreduktion während des Transports (z. B. vertiefte Sedierung eines beatmeten Patienten) erforderlich sein.

Nach Umstellung des Monitorings und der Therapiemaßnahmen auf die mobilen Geräte des ITW/ITH folgt die Umlagerung des Patienten auf die Transporttrage. Umlagerungen stellen aufgrund der Gefahr von Dislokation und Diskonnektion von Zugängen kritische Situationen dar. Dem muss dadurch Sorge getragen werden, dass zu diesem Zeitpunkt auf eine ausreichende Personalstärke, größtmögliche Sorgfalt und klare Anweisungen geachtet wird. Nach Umlagerung sollten umgehend die Zugänge auf Funktion sowie die freie Lage aller Leitungen und Kabel geprüft werden. Letztlich sollte vor Verlassen der Quellklinik die Vollständigkeit der Patientendokumentation (Arztbriefe, aktuelle laborchemische und mikrobiologische Befunde, Bildgebung, Versicherungskarte, Kontaktmöglichkeiten zu Angehörigen, Vorsorge‑/Betreuungsdokumente) sichergestellt werden. Eine Sichtung der Vorsorge‑/Betreuungsdokumente sollte erfolgen, um insbesondere bei kritischen Situationen während des Transports adäquat und gemäß etwaiger Verfügungen handeln zu können. Darüber hinaus sollte sich in der Praxis rückversichert werden, ob das Einverständnis der juristischen Stellvertretung (Betreuung/vorsorgebevollmächtige Person) für den Transport vorliegt.

Merke

Die Umlagerung eines Intensivpatienten stellt eine kritische Situation dar, die sorgfältig und mit ausreichendem Personal durchgeführt werden muss.

Transportphase

Nach Übernahme des Patienten wird dieser unter Fortführung des Monitorings und sämtlicher erforderlicher Intensivmaßnahmen in den ITW/ITH verbracht. Die notwendige Intensivtherapie (z. B. Analgosedierung, Katecholamintherapie) muss während des gesamten Transports fortgeführt werden. Zusätzlich sollten auch Maßnahmen zum Wärmeerhalt (z. B. Aufheizen der Fahrgastzelle, Wärmedecken) in Betracht gezogen werden.

Grundsätzlich stellt der Transport eines Intensivpatienten außerhalb einer Intensivstation ein Risiko dar. Es können patientenbezogene von ausrüstungsbezogenen (z. B. Gerätefehlfunktion) und transportbezogenen Komplikationen (erhöhter Verbrauch medizinischer Gase/Medikamente bei verkehrsbedingter Transportverlängerung) unterschieden werden. Patientenbezogene Komplikationen während des Transports können dabei in gravierende (z. B. Herz-Kreislauf-Stillstand) und moderate Komplikationen (z. B. Notwendigkeit der Beatmungsanpassung bei mäßigem Abfall der peripheren Sauerstoffsättigung) unterteilt werden. Bezüglich dieser patientenbezogenen Komplikationen hat sich gezeigt, dass gravierende Zwischenfälle während des Transports im Vergleich zu moderaten Komplikationen selten und Intensivtransporte mit entsprechender Vorbereitung in der Regel sicher durchführbar sind [11, 12]. Nichtsdestotrotz muss sich das Team allzeit über mögliche Komplikationen im Klaren sein, um eine adäquate Therapie zügig zu initiieren. Bei Unsicherheiten z. B. im Rahmen von persistierenden Komplikationen nach Evaluation des Patienten und bestmöglicher Therapie sollte ggf. Kontakt mit der Quell- oder Zielklinik aufgenommen werden. Diese Reach-back-Funktion kann in komplexen Fällen eine wertvolle Hilfe sein, die im NEF-Dienst häufig nicht verfügbar ist.

Merke

Obwohl schwerwiegende Zwischenfälle während Intensivtransporten selten sind, muss kontinuierlich mit dem Auftreten von Komplikationen gerechnet werden.

Standardmäßig befindet sich der Patient während des Transports in einer 30°-Oberkörperhochlagerung. Allerdings können patientenimmanente Faktoren (z. B. hämodynamische Situation) eine Modifikation notwendig machen. Lagerungshilfsmittel wie Schienen sind eher selten von Nöten.

Während der gesamten Transportphase müssen Vitalparameter und die laufende Therapie kontinuierlich dokumentiert werden. Dies umfasst mindestens:

  • Vitalparameter (Herzfrequenz [HF], Blutdruck [RR], periphere Sauerstoffsättigung [SpO2], GCS);

  • Beatmungsparameter (Atemfrequenz [AF], Tidalvolumen [VT], Beatmungsdrücke, Verhältnis der Inspirations- zur Expirationszeit [I-E-Verhältnis], endtidaler Kohlendioxidpartialdruck [etCO2]);

  • Flüssigkeits- und Medikamentenapplikation (Dosierungen, Laufraten);

  • spezifische Dokumentation (z. B. intraaortale Ballonpumpe [IABP], ECMO).

Meist wird zur Dokumentation eines Intensivtransports ein für den Intensivtransport angepasstes Protokoll (z. B. DIVI-Intensivtransportprotokoll) genutzt, das auch die Dokumentation bestimmter, intensivtransportspezifischer Merkmale (Arzt-Arzt-Gespräch) ermöglicht. Ziel der Dokumentation ist neben einer juristischen Absicherung vor allem eine Darstellung des medizinischen Verlaufs während des Transports.

Patientenübergabe

Die Übergabe des Patienten in der Zielklinik erfolgt analog zur Patientenübernahme und sollte im Patientenzimmer unter Anwesenheit des zuständigen ärztlichen und pflegerischen Personals stattfinden. Auch hier ist auf eine strukturierte Übergabe sowie eine schrittweise Umstellung von Transport- auf Klinikgeräte und eine sorgfältige Umlagerung des Patienten zu achten.

Spezialtransporte

Patienten mit extrakorporalen Organersatzverfahren

Extrakorporale Organunterstützungen (z. B. ECMO) sind Bestandteile der modernen Intensivtherapie, die jedoch meist nur an ausgewählten Kliniken verfügbar sind. Patienten solcher Kliniken können entweder vor Beginn der spezialisierten Therapie oder nach Etablierung des Verfahrens in der Quellklinik durch ein mobiles Spezialteam zur aufnehmenden Klinik transportiert werden ([13]; Abb. 2). Diese Verfahren sind komplex und bedürfen Erfahrung mit dem entsprechenden Krankheitsbild, der Technik im Allgemeinen sowie dem jeweiligen Gerät im Speziellen. Entsprechend kann für Personal, das nicht regelmäßig mit diesen Verfahren arbeitet, keine Routine vorausgesetzt werden. Da dies auf einen Großteil der ITW-Notärzte und des Rettungsfachpersonals zutrifft, sollte ein solcher Transport durch einen mit diesem Verfahren vertrauten Spezialisten begleitet werden. Eine gesetzliche Regelung für die personelle Besetzung eines solchen Spezialtransportes besteht derzeit nicht. Es muss jedoch bedacht werden, dass ein Notarzt, der ein solches Verfahren ohne eingehende Kenntnisse übernimmt, im Schadensfall unter Umständen im Sinne eines Übernahmeverschuldens haftbar gemacht werden könnte.

Abb. 2
figure 2

Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) im Intensivtransport. a Kanülierung zur venovenösen ECMO: rückführende Kanüle (1), drainierende Kanüle (2), ECMO-Konsole (3). b Luftgebundener Transport eines ECMO-Patienten mittels Intensivtransporthubschrauber

Ein grundsätzliches Problem bei dem Transport von Patienten mit solchen Verfahren war die Fixierung der Geräte. Inzwischen sind hierfür jedoch kommerzielle Halterungen verfügbar, die einen sicheren Transport ermöglichen. Fahrzeuge, die mit diesen Halterungen ausgestattet sind, sollten bei solchen Transporten bevorzugt werden.

Wie Einsätze zum Intensivtransport von Patienten mit Organersatzverfahren sind auch Transporte neonatologischer Patienten komplex und ressourcenintensiv (z. B. Notwendigkeit eines Transportinkubators). Diese Einsätze erfordern neben Detailwissen mit diesem speziellen Patientengut auch Erfahrung im Umgang mit dem Transportinkubator. Daher sollten sie auch durch entsprechendes Fachpersonal begleitet werden.

Transport isolationspflichtiger Patienten

Infektionen und Isolationsmaßnahmen gehören zum Alltag jeder Intensivstation. Der Transport von Intensivpatienten mit erhöhtem Infektionsrisiko ist folglich ein häufiges Einsatzbild (z. B. während der Pandemie durch die Coronaviruserkrankung 2019 [COVID-19]) und muss neben der Sicherheit des Patienten (z. B. bei patientenimmanenter Präexposition für Infektionen) auch die des begleitenden Personals sicherstellen. Gemäß der S1-Leitlinie „Hygienemaßnahmen beim Patiententransport“ können Patienten in einem solchen Transportszenario in folgende Kategorien eingeteilt werden [14]:

  • A: kein Anhalt für eine Infektionserkrankung;

  • B: diagnostizierte Infektion, die jedoch bei für den Transport üblichen Kontakten nicht übertragen wird (z. B. Tuberkulose exklusive offene Lungentuberkulose);

  • C1: begründeter Verdacht auf oder gesicherte kontagiöse Infektionserkrankung (z. B. offene Lungentuberkulose) oder bekannte Infektion/Kolonisation durch einen multiresistenten Erreger (z. B. methicillinresistenter Staphylococcus aureus [MRSA]);

  • C2: mindestens begründeter Verdacht einer Infektion mit einem besonders gefährlichen Erreger (z. B. Ebola, „severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2“ [SARS-CoV-2])

  • D: Patienten, die in besonderem Maße infektionsgefährdet sind (z. B. manifeste AIDS-Erkrankung).

Maßnahmen, die über die Standardhygiene hinausgehen, können in der Folge logistischer Natur sein (z. B. Trennung der Fahrerkabine von der Transportkabine) oder bei Exposition/Infektion von Personal oder Patient Therapiemaßnahmen bzw. Postexpositionsprophylaxen umfassen.

Für den Transport dieser Patienten müssen der jeweilige Erreger und die notwendigen Hygienemaßnahmen bereits bei der Anmeldung des Intensivtransports angegeben werden. Gängige Bestandteile persönlicher Schutzausrüstung (PSA, z. B. Schutzbrillen, FFP2-/-3-Masken, Schutzkittel) werden in der Regel durch den ITW-Betreiber vorgehalten. Besondere PSA, wie etwa Schutzanzüge mit Eigenluftsystem, müssen meist erst beschafft werden und verlängern somit die Vorbereitungsphase. Während detaillierte Übergabegespräche in diesem Fall auch außerhalb des Patientenzimmers möglich sind, müssen die Übernahmeuntersuchung und Beurteilung der Transportfähigkeit des Patienten trotzdem am Patientenbett unter entsprechender PSA erfolgen. Obwohl solche Transporte durch die PSA eine deutlich höhere Belastung für das Transportteam darstellen, sind sie unter Beachtung entsprechender Schutzmaßnahmen sicher durchführbar (Abb. 3; [15]).

Abb. 3
figure 3

Transport isolationspflichtiger Patienten mittels Transportisolator (a) und unter persönlicher Schutzausrüstung (PSA, b)

Luftgebundener Intensivtransport

Der luftgebundene Transport von Intensivpatienten ist mit einem ITH oder Flächenflugzeug möglich (Abb. 4). Bedacht werden muss, dass der luftgebundene Patiententransport deutlich abhängiger von externen Faktoren (Dunkelheit, Wetter) als der ITW-Transport ist. Aktuell ist nur eine geringe Anzahl an RTH/ITH nachtflugtauglich ausgestattet. Bei schlechtem Wetter oder Dunkelheit kann es folglich zum Ausfall eines geplanten Intensivtransports kommen und neue Planungen können notwendig werden.

Abb. 4
figure 4

a Luftgebundene Sekundärverlegung eines Traumapatienten mittels Rettungshubschrauber. b Luftgebundene Sekundärverlegung eines Traumapatienten mit einem Ambulanzjet

Bei der Beurteilung der Transportfähigkeit muss bei Lufttransporten vor allem die zu erwartende Druckänderung von gasgefüllten Räumen (z. B. Innenohr, Pneumothorax) in Abhängigkeit von der Flughöhe bedacht werden. Hierbei gilt: Je höher die Flughöhe, desto niedriger ist der Umgebungsdruck, was zu einer Ausdehnung gasgefüllter Kompartimente führt. Auch Luftfahrzeuge mit Druckkabine (wie z. B. Ambulanzflugzeuge) erreichen an Bord Druckwerte, die in der Regel dem Luftdruck in 2000–2500 m Höhe entsprechen. Dies kann z. B. im Rahmen eines Pneumothorax zu einer Spannungskomponente mit akuter vitaler Bedrohung führen, weshalb ein vorhandener Pneumothorax vor Transportbeginn immer mit einer Drainage versorgt werden sollte. Zusätzlich ist aufgrund der Lärmbelastung während des Flugs darauf zu achten, dem Patienten unabhängig von der Vigilanz einen adäquaten Gehörschutz zur Verfügung zu stellen.

Merke

Bei luftgebundenen Intensivtransporten muss die Ausdehnung luftgefüllter Kompartimente in Abhängigkeit von der Flughöhe im Rahmen der Transportfähigkeit mitbedacht werden und ggf. frühzeitig eine Drainageanlage erfolgen.

Ebenso sollten aufgrund der beengten Platzverhältnisse innerhalb des Luftrettungsmittels invasive Maßnahmen, die eventuell während des Flugs notwendig werden können, bereits vor Flugbeginn abgeschlossen sein. Werden im Rahmen eines luftgebundenen Transports Ländergrenzen überschritten, müssen vor Beginn des Transports die verschiedenen Einreisevoraussetzungen sowie die Anmeldung des Transports bei entsprechenden Behörden sichergestellt werden.

Fazit für die Praxis

  • Der Transport kritisch kranker Patienten zwischen Krankenhäusern ist logistisch sowie bisweilen auch medizinisch herausfordernd und erfordert eine sorgfältige Planung sowie eine gute Teamperformance.

  • Auch wenn gravierende Komplikationen während des Transports selten sind, sollte der Patient vor Transportbeginn bestmöglich stabilisiert sein, um einen sicheren Transport zu ermöglichen.

  • Während der Planungsphase des Transports ist insbesondere auf ein Arzt-Arzt-Gespräch zwischen dem Notarzt des Intensivtransportwagens/-hubschraubers und den zuständigen Ärzten in Quell- und Zielklinik zu achten, um etwaige Transportbesonderheiten frühzeitig zu identifizieren und die Aufnahmebereitschaft der Zielklinik sicherzustellen. Wie auch die Übergabe am Patientenbett sollten diese Gespräche anhand eines Algorithmus oder einer Checkliste erfolgen, um Informationsverluste zu vermeiden.