Es ist allgemein anerkannt, dass durch Standardisierung die Prozesse der Arzneimitteltherapie sicherer, effektiver und effizienter gestaltet werden. Dauerinfusionen mit Standardkonzentrationen ermöglichen die elektronische Verordnung mit vorkonfigurierten Bausteinen, eine sichere Kommunikation bei Übergaben und Verlegungen sowie eine bessere Nachvollziehbarkeit der Vorbereitung und Etikettierung [13]. Applikationsfertige Infusionslösungen in Standardkonzentrationen vereinfachen zudem die Arzneimittellogistik, den Vorbereitungs- und Applikationsprozess.
Die Ergebnisse der bundesweiten Umfrage zu Dauerinfusionen zeigen eine hohe Akzeptanz für das Prinzip der Arzneimittelapplikation in Standardkonzentrationen und der geschwindigkeitsgesteuerten Dosisindividualisierung. Am höchsten ist die Akzeptanzrate und zudem die AMTS, wenn die Arzneimittel in der Standardkonzentration (z. B. Midazolam, Glyceroltrinitrat) in einem Standardvolumen von 50 ml als zugelassene oder von der Krankenhausapotheke eigenhergestellte Arzneimittel zur Verfügung stehen [12].
Gemäß der Umfrageergebnisse werden die Top-10-Arzneimittel von mehr als 90 %, die Top-25-von mehr als 50 % und die Top-37-Arzneimittel von mehr als 30 % der Umfrageteilnehmer als Dauerinfusion appliziert. Die niedrige Rate an Dauerapplikationen bei einigen Arzneimitteln (z. B. Ciclosporin und Tacrolimus) erklärt sich durch deren spezifische Indikation für Patienten, die nur von einem Teil der Intensivstationen behandelt werden. Auch bei den bevorzugten Standardkonzentrationen gibt es große Übereinstimmung, sodass die Top-37-Arzneimittel und die gewählten Konzentrationen für eine deutschlandweite Liste mit Standardkonzentrationen prädestiniert sind. Die in UK und den USA definierten Standards konzentrieren sich jeweils auf Arzneimittel, die überwiegend der Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen bei den Intensivpatienten dienen. Nach unserer Erfahrung ist es sinnvoll, auch Arzneimittel mit speziellen Indikationen zu listen, um im Bedarfsfall die Information zur Verfügung zu haben. Die Unterschiede in den präferierten bzw. definierten Standardkonzentrationen resultieren aus unterschiedlichen Therapiegewohnheiten. Während in UK auch überwiegend 50 ml zur Dauerinjektion genutzt werden, werden in den USA in der Regel größere Volumen (100 ml, 250 ml) mit niedrigerer Konzentration infundiert (z. B. Katecholamine, Heparin). Die hohe Übereinstimmung bei den präferierten Standardkonzentrationen ergibt sich folgerichtig aus den zugelassenen Dosierungen mit Mengen pro kgKG und Zeiteinheit oder fixen Mengen pro Zeiteinheit und den zur Verfügung stehenden Fertigarzneimitteln. Andererseits müssen bei einigen Arzneimitteln (z. B. Amiodaron) verschiedene Konzentrationen für die zentralvenöse und periphervenöse Applikation zur Verfügung stehen.
Die Festlegung von Standardkonzentration folgt allgemein anerkannten Grundregeln [1]:
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falls das Arzneimittel als applikationsfertiges Fertigarzneimittel verfügbar ist, soll das Fertigarzneimittel in der zugelassenen Konzentration eingesetzt werden;
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wenn immer möglich, soll nur eine Konzentration als Standardkonzentration gewählt werden;
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zwecks Volumeneinsparung sollen soweit als möglich höher konzentrierte Lösungen eingesetzt werden;
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die gewählten Konzentrationen sollen zeit- und kostensparend aus den verfügbaren Fertigarzneimitteln vorzubereiten sein.
Diesen Grundregeln folgend wurde für die Top-37-Arzneimittel der Onlineumfrage ein Vorschlag für eine bundesweit geltende Standardliste mit Standardkonzentrationen für Dauerinfusionen (in der Regel 50 ml) erstellt. Die Vorschlagsliste mit infrage kommenden Arzneimitteln und Konzentrationen sowie Dosierungen sind Gegenstand von Tab. 2. Die Top-37-Liste wurde um 8 Arzneimittel (erkennbar an kursiver Schrift in Tab. 2) ergänzt, die in der Umfrage im Freitext zusätzlich angegeben worden waren oder von den Autoren als relevant eingestuft werden. Damit umfasst die Vorschlagsliste 45 Arzneimittel. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Substanzen besteht bereits jetzt eine Präferenz für die Empfehlung einer einzigen Konzentration. Für eine Reihe von Arzneimitteln (z. B. Argatroban, Amiodaron, Heparin, Levosimendan, Morphin, Valproat) ist zu diskutieren, ob eine Empfehlung für 2 verschiedene Konzentrationen sinnvoll ist, um eine patientenindividuell adäquate Dosierung im Sinne der Praktikabilität (Infusionsvolumina, Häufigkeit der Spritzenwechsel u. a.) zu ermöglichen. Im Fall von Epinephrin und Norepinephrin müssen ggf. mehr als 2 empfohlene Konzentrationen in Betracht gezogen werden. Für Epinephrin werden als Konzentrationen 0,02 mg/ml, 0,1 mg/ml und 0,2 mg/ml, für Norepinephrin 0,1 mg/ml, 0,2 mg/ml und 0,4 mg/ml vorgeschlagen. In den USA wurden für Norepinephrin und Epinephrin bewusst unterschiedliche Standardkonzentrationen gewählt, um Verwechslungen der beiden Katecholamine zu vermeiden (z. B. Norepinephrin 0,016 mg/ml, Epinephrin 0,02 mg/ml; vgl. Tab. 1).
Tab. 2 Vorschlag für eine deutsche Standardliste für Dauerinjektionen bei erwachsenen Intensivpatienten