Wegen der kontinuierlichen und raschen Evolution des Erkenntnisstands ist eine „State-of-the-Art“-Zusammenfassung zu jeglichem Thema betreffend „coronavirus disease 2019“ (COVID-19) oftmals schon während des Schreibens wieder veraltet. Die Autoren haben an ihrer Abteilung (4. Medizinische Abteilung mit Infektionskrankheiten und Tropenmedizin, Klinik Favoriten, 1100 Wien) rund 3000 Patientinnen und Patienten mit COVID-19 stationär versorgt, davon fast 400 auf ihrer Intensivstation, und konnten so in den letzten 1,5 Jahren einen großen Erfahrungsschatz mit dieser herausfordernden Erkrankung sammeln. Die ersten Patienten mit COVID-19 wurden an 27.02.2020 aufgenommen; [1] der seitdem stetig wachsenden Erkenntnisgewinn in Bezug auf Diagnostik und Therapie soll hier dargestellt werden. Dieser Artikel basiert auf Erfahrung und ein intensives Literaturstudium. Die Situation bleibt jedoch dynamisch und spannend!

Mortalität auf der Intensivstation

Die Mortalität der Erkrankung hängt neben patientenspezifischen Faktoren, wie Alter und Vorerkrankungen, auch von Bettenanzahl, Erfahrung und Organisationsgrad der behandelnden Zentren ab [2]. Ganz entscheidend ist aber in der pandemischen Situation mit der wellenartigen Zu- und Abnahme der Anzahl der Erkrankten auch der Druck auf das jeweilige Gesundheitssystem [3].

Erste Berichte schilderten eine extrem hohe Mortalität der invasiv Beatmeten

Erste Berichte aus besonders stark betroffenen Regionen in Europa und den USA schilderten eine wirklich extrem hohe Mortalität der invasiv beatmeten Patientinnen und Patienten von 50–97 %. Dies war vermutlich Ausdruck der totalen Überforderung der Gesundheitssysteme während der ersten Wochen der Pandemie [4]. Die größte prospektive Studie aus Westeuropa zu dem Thema zeigte eine 90-Tage-Mortalität von rund 36 % der beatmeten Patientinnen und Patienten [5]. In einer großen prospektiven Studie aus Argentinien lag die Mortalität der beatmeten Patienten auf der Intensivstation (ICU) bei 57 % [6]. Die Patientinnen und Patienten in beiden Kohorten waren im Durchschnitt gleich alt (63 Jahre im Median); daher könnte man annehmen, dass Unterschiede im Gesundheitswesen zum großen Teil für das sehr unterschiedliche Outcome verantwortlich sind. Wichtig ist, dass diese Studien Patientinnen und Patienten während der ersten pandemischen Welle im Jahr 2020 einschlossen. Die derzeitige Sterblichkeit ist mittlerweile möglicherweise eine andere: einerseits beeinflusst durch aggressivere Varianten, andererseits durch jüngere Patientenpopulationen aufgrund von höheren Impfquoten bei älteren Menschen.

Diagnostik

Den Goldstandard in der Diagnostik einer akuten Infektion mit „severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“ (SARS-CoV-2) stellt unbestritten die Polymerasekettenreaktion (PCR) dar [7]. Diese kann aus dem Nasen-Rachen-Abstrich, dem oropharyngealen Abstrich, einem reinen Nasenabstrich, aus Speichel [8], aus „Gurgelat“, aus dem Stuhl sowie später im Krankheitsverlauf aus dem Sputum bzw. bei intubierten Patienten aus dem Trachealsekret oder der bronchoalveolären Lavage erfolgen [9].

Die PCR ist nicht nur wesentlich sensitiver und spezifischer als Antigenschnelltests (die allerdings in bestimmten Bereichen auch eine sinnhafte Verwendung finden können [10]), sondern bietet auch den großen Vorteil, dass sie eine genomische Surveillance und damit Rückschlüsse auf aktuell zirkulierende bzw. neu auftretende Virusvarianten ermöglicht. Allerdings gibt es Situationen, in denen man auf andere Modalitäten wie die Serologie zurückgreifen muss: Die Abstriche aus den oberen Atemwegen können schon wieder negative Ergebnisse erbringen, während der Patient bereits eine Lungenentzündung aufweist.

Die PCR ermöglicht Rückschlüsse auf aktuell zirkulierende Virusvarianten

Wenn der Patient nicht intubiert ist und eine Bronchoskopie zu invasiv bzw. zu riskant erscheint, der Patient (wie meistens bei COVID-19) kein Sputum produziert, dann kann man aus dem Blut frühestens ab Tag 7 nach Krankheitsbeginn Anti-SARS-CoV-2-Antikörper nachweisen (gegen Nukleokapsidprotein [NC] und üblicherweise etwas später gegen Spikeprotein [S]; [11,12,13]). Bei negativer Serologie und weiter bestehendem hochgradigem klinischem COVID-19-Verdacht ist die Wiederholung der Serologie sinnvoll. Alternativ besteht die Möglichkeit, Sputum mittels Inhalation einer 3 %igen NaCl-Lösung zu induzieren. Leider ist diese Methode nicht besonders angenehm für die Betroffenen und außerdem mit der Produktion von potenziell infektiösen Aerosolen vergesellschaftet.

Medikamentöse Therapie

Remdesivir

In wenige Medikamente wurde im Jahr 2020 so viel Hoffnung gesteckt wie in das von der Firma Gilead Sciences (Forster City, CA, USA) entwickelte Nukleotidanalogon Remdesivir. Jedoch konnte Remdesivir bereits bei seinem ursprünglich vorgesehenen Einsatzgebiet Ebola die Erwartungen nicht erfüllen [14] und ebenso lieferte es bei COVID-19 eher enttäuschende Ergebnisse. Zwar konnte in einer im New England Journal of Medicine (NEJM) publizierten doppelt verblindeten, placebokontrollierten Studie an über 1000 hospitalisierten Patientinnen und Patienten die „time to clinical recovery“ von (im Median) 15 auf 10 Tage verkürzt werden, was in einer Pandemie mit einer Knappheit an Krankenhausbetten ein durchaus nicht unerheblicher Vorteil sein kann. Ein statistisch signifikanter Vorteil bezüglich Mortalität konnte aber nicht gezeigt werden [15]. Dies bestätigte sich auch in dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführten SOLIDARITY Trial, einer großen internationalen randomisierten Open-label-Plattformstudie, in der Remdesivir bei über 2700 Patienten keinen Effekt auf die Sterblichkeit zeigen konnte [16].

Remdesivir zeigte keinen statistisch signifikanten Vorteil bezüglich Mortalität

Obwohl initial insbesondere bei invasiv beatmeten Patientinnen und Patienten im Rahmen von „compassionate use programs“ eingesetzt, was in einer Arbeit unter Mitwirkung der Abteilung der Autoren früh publiziert wurde, [17], hat Remdesivir gerade bei dieser Patientenklientel einen schwachen bis keinen Effekt. Mittlerweile herrscht Konsens darüber, dass man Remdesivir nach dem Krankheitstag 7 (bis maximal 10) und bei höherer respiratorischer Unterstützung als konventioneller Sauerstoffinsufflation nicht mehr einsetzen sollte. Wenn man es einsetzt, sind 5 Tage Therapiedauer gleich gut wie 10 Tage (und erheblich billiger!). Sollte sich ein Patient bereits unter Remdesivir verschlechtern und intubiert und beatmet werden müssen, kann man im Einzelfall die Therapiedauer auf 10 Tage ausdehnen [18]. Diese Praxis hat allerdings an der Abteilung der Autoren keinen Eingang in den Behandlungsalgorithmus gefunden.

Rekombinantes humanes lösliches angiotensinkonvertierendes Enzym 2

In Kürze sollten die endgültigen Ergebnisse einer doppel-blinden placebokontrollierten Phase-III-Studie publiziert werden, die auch an der Abteilung der Autoren mit rekombinant hergestelltem humanem löslichem angiotensinkonvertierendem Enzym 2 (hsACE2) durchgeführt wurde. Die erste Patientin wurde noch im Rahmen eines Heilversuchs unverblindet mit hsACE2 behandelt und hatte glücklicherweise trotz Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) mit mechanischer Beatmung einen sehr günstigen Ausgang mit Entlassung nach Hause [19]. Der Behandlungsansatz ist besonders elegant, weil hsACE2 einerseits direkt antiviral wirkt, denn SARS-CoV‑2 wird von dem intravenös verabreichten Präparat „abgebunden“ anstatt an die menschlichen Epithelzellen via ACE2-Rezeptor anzudocken. Andererseits kann es den deletären Effekt einer dysregulierten Angiotensin-Achsen-Antwort auf verschiedene Organe, insbesondere auch die Lunge, reduzieren.

TMPRSS2-Hemmer

Im Zellversuch zeigte sich schon relativ früh, dass der Zelleintritt des SARS-CoV- 2 nicht nur über ACE2 als Rezeptor erfolgt, sondern auch die Serinprotease TMPRSS2 für das S‑Protein-Priming involviert. Der in Japan für die chronische Pankreatitis zugelassene TMPRSS2-Hemmer Camostat könnte daher eine antivirale Wirkung besitzen [20]. Während Camostat und Nafamostat immer wieder als vielversprechender Ansatz genannt und Studien hierzu durchgeführt werden (so auch bei den Autoren im Rahmen der ACOVACT-Studie [21]), konnten die Erwartungen in einer kleinen klinischen Studie an 205 Patientinnen und Patienten nicht erfüllt werden [22].

Rekonvaleszentenplasma

Einen interessanten Ansatz stellt die Behandlung von kritisch kranken COVID-19 Patientinnen und Patienten mit Rekonvaleszentenplasma dar. Die Autoren haben ihn bei 55 Patientinnen und Patienten auf ihrer Intensivstation angewendet, jedoch trotz eines hervorragenden Sicherheitsprofils (keine einzige nachgewiesene „adverse reaction“) keinen positiven Effekt auf das Überleben gesehen [23]. Dies deckt sich mit internationalen Publikationen: In einer indischen Studie mit über 230 plasmabehandelten, moderat (Horowitz-Index 200–300 mmHg) an COVID-19 erkrankten Patientinnen und Patienten konnte im Vergleich zum Placebo kein Effekt auf den Progress zu einer schwereren Erkrankung oder auf das Überleben gezeigt werden [24].

Die Gabe von Rekonvaleszentenplasma hatte keinen positiven Effekt auf das Überleben

In einer im Journal „Clinical Infectious Diseases“ publizierten gematchten Kohortenstudie führte die Gabe von Rekonvaleszentenplasma innerhalb von 7 Tagen nach Symptombeginn bei sauerstoffbedürftigen (jedoch nicht schwerer erkrankten) COVID-19-Patientinnen und -Patienten weder zu einem verbesserten Gesamtüberleben noch zu einer kürzeren Zeitdauer bis zur Krankenhausentlassung im Vergleich zu den nicht mit Rekonvaleszentenplasma behandelten Patientinnen und Patienten [25]. Genauso wenig erbrachte die Therapie mit Rekonvaleszentenplasma an 228 Patientinnen und Patienten in einer argentinischen doppelblinden multizentrischen Studie ein verbessertes Outcome bezüglich Mortalität oder klinischem Status am Tag 30 im Vergleich zu 105 mit Placebo behandelten Patientinnen und Patienten [26]. Für kritisch kranke Intensivpatientinnen und -patienten kommt diese Intervention sicher zu spät und spielt deshalb keine Rolle, außer vielleicht in Einzelfällen wie z. B. bei Patientinnen und Patienten nach Rituximabbehandlung, die keine humorale Immunantwort gegen SARS-CoV‑2 bilden können.

Monoklonale Antikörper gegen SARS-CoV-2-Epitope

Die Therapie mit monoklonalen Antikörpern basiert auf einem ähnlichen Wirkprinzip wie Plasma – monoklonale Antikörper sind aber wesentlich potenter und besser standardisierbar. Prophylaktisch bzw. bei sehr frühzeitiger Anwendung können sie bei Risikopatienten schwere Verläufe verhindern [27]. Idealerweise sollten sie im Cocktail verabreicht werden, das heißt mindestens 2 Antikörper in einer Infusion, um Resistenzbildung zu verhindern. Besonders interessant, da mit weniger Aufwand verbunden und ebenso effektiv, ist hier die subkutane Gabe [28]. Für hospitalisierte und für kritisch Kranke auf der Intensivstation jedoch hatte eine Arbeit im NEJM keinen Überlebensvorteil erbracht [29]. Hier muss man aber sagen, dass es sich um einen singulären (d. h. nichtkombinierten Antikörper) der Firma Eli Lilly (Indianapolis, IN, USA) handelte.

Im Gegensatz dazu konnten Forscherinnen und Forscher der RECOVERY-Studie eindeutig an insgesamt 9875 hospitalisierten Patientinnen und Patienten zeigen, dass die Therapie mit 2 gemeinsam verabreichten monoklonalen Antikörpern gegen Epitope auf der „receptor binding domain“ (RBD) von SARS-CoV‑2 in der Subpopulation der bei Baseline seronegativen Patientinnen und Patienten die 28-Tage-Mortalität reduzierte.

Seit Juli 2021 findet die Antikörpertherapie (zunächst der koreanische Antikörper Regdanvimab, dann der Casirivimab-Imdevimab-„Cocktail“ und derzeit Sotrovimab) an der Abteilung der Autoren bei seronegativen Patientinnen und Patienten breite Anwendung. Auch auf der Intensivstation haben die Autoren zuletzt häufiger Antikörper verabreicht, z. B. bei schwer immunsupprimierten Patientinnen und Patienten ohne eigener humoraler Immunreaktion und massiv verzögerter viraler Clearance, die so schließlich doch noch SARS-CoV‑2 eliminieren konnten.

Jegliche antivirale Therapie kommt auf der ICU oft zu spät

Insgesamt kann festgehalten werden, dass jegliche antivirale Therapie, egal wie effektiv, auf der Intensivstation oft zu spät kommt, um eine wesentliche positive Auswirkung auf das Überleben zu haben. Üblicherweise kamen im Jahr 2020 COVID-19-Patientinnen und -Patienten eher erst in der 2. Woche nach Symptombeginn auf die Intensivstation. Allerdings hat sich mit der Prädominanz der Virusvariante B1.1.7 („Alpha“-Variante), noch mehr aber von B1.617.2 („Delta“-Variante) die Zeitspanne zwischen dem Auftreten erster Symptome und der Aufnahme auf der ICU verkürzt.

Therapie von Ko- und Superinfektionen

Es sind grundsätzlich in erster Linie andere Probleme als die Virusreplikation, die die Patientinnen und Patienten schwer erkranken lassen. Dies können einerseits bakterielle Ko- oder Superinfektionen sein, deren Häufigkeit jedoch oft überschätzt wird. So wurde in einer großen Metaanalyse die Häufigkeit von Koinfektionen mit 3,5 bzw. von Superinfektionen mit 15,5 % angegeben. Gleichzeitig erhielten über 71 % der Patientinnen und Patienten ein Antibiotikum [30]. Diese Politik der großzügigen Antibiotikaverschreibung ist bei einer viralen Infektion nicht nur sinnlos, sondern potenziell auch sehr gefährlich. Dies gilt sowohl für die kollektiven Ebene mit zunehmender Bildung von Antibiotikaresistenzen als auch auf für die individuelle. Beispielsweise entwickelten 2 Patientinnen und Patienten in der Kohorte der Autoren eine Clostridieninfektion mit toxischem Megakolon.

Der rechtzeitige Beginn einer antiinfektiven Therapie ist für die Prognose essenziell

Andererseits kann es zu deletären Konsequenzen kommen, wenn bei einem kritisch Kranken eine bakterielle Begleitinfektion übersehen wird. Der rechtzeitige Beginn einer kalkulierten antiinfektiven Therapie ist für die Prognose essenziell wie aus den Sepsisleitlinien bekannt [31]. Hier ist es also entscheidend, extrem wachsam zu sein und akribisch nach Superinfektionen (insbesondere ventilatorassoziierte Pneumonien, mit einem zentralen Venenkatheter assoziierte Blutstrominfektionen und Candidämien sowie invasive pulmonale Aspergillosen) zu fahnden und einen kausalen Erreger für das klinische Zustandsbild zu identifizieren.

Die dysregulierte Immunantwort des infizierten Wirts führt zu Organdysfunktionen mit lebensbedrohlichen Konsequenzen, wie dies auch bei der bakteriellen Sepsis bekannt ist. Daher ist die immunmodulierende Therapie der therapeutische Fokus auf der Intensivstation.

Immunmodellierung

Kortikosteroide

Die Basis bzw. das „Rückgrat“ jeglicher immunmodulierenden Therapie stellt bei COVID-19 definitiv die systemische Glukokortikoidgabe dar. Die Daten aus der RECOVERY Studie, einer großen adaptiven Plattformstudie, zeigten im Juni 2020 tatsächlich den ersten großen Durchbruch in der Behandlung der SARS-CoV-2-Infektion, war doch zum ersten Mal ein Medikament identifiziert worden, das evidenzbasiert einen Mortalitätsrückgang bewirkte [32]. Dieser war umso größer, je schwerer krank die Patientinnen und Patienten waren. Bei Individuen ohne Sauerstoffbedarf erwies sich die Gabe von Dexamethason (6 mg einmal täglich) in der Subgruppenanalyse hingegen als potenziell kontraproduktiv; eine sichere Aussage war wegen des großen Konfidenzintervalls nicht möglich. Ursache für eine ungünstige Auswirkung könnte die verzögerte Viruselimination sein.

Kortikosteroide können die inflammationsbedingte Lungenschädigung modulieren

Im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium können Kortikosteroide die inflammationsbedingte Lungenschädigung modulieren bzw. reduzieren. In der RECOVERY-Studie erhielten 2104 Patientinnen und Patienten Standard of Care plus 6 mg Dexamethason und 4321 nur Standard of Care. In der mit Dexamethason behandelten Kohorte ergab sich der deutlichste Effekt bei invasiv Beatmeten (28-Tage-Mortalität 29,3 vs. 41,1 %). Bei Erkrankten mit Sauerstoffinsufflation war der Einfluss weniger ausgeprägt (23,3 vs. 26,2 %).

In der im Journal of the American Medical Association (JAMA) erschienen multizentrischen, aber deutlich kleineren (n = 299 Patientinnen und Patienten) CoDEX-Studie wurden COVID-19-Patientinnen und Patienten mit ARDS in einem Open-label-Design in die Arme 20 mg Dexamethason bzw. 10 mg Dexamethason (jeweils für 5 Tage oder bis zur Entlassung von der ICU) plus Standard of Care oder alleiniger Standard of Care randomisiert [33].

Der primär definierte Endpunkt, nämlich ventilatorfreie Tage in den ersten 28 Tagen, wurde im Dexamethasonarm erreicht, die sekundären Endpunkte („all-cause mortality“ am Tag 28, ICU-freie Tage in den ersten 28 Tagen, Dauer der mechanischen Beatmung, 6‑Punkt-Symptomskala am Tag 15) allerdings nicht. Jedoch ist zu bedenken, dass die Studie aufgrund des Erscheinens der RECOVERY-Ergebnisse frühzeitig abgebrochen werden musste.

Eine französische multizentrische Studie mit Hydrokortison (initial 200 mg/Tag, Dauer insgesamt bis zu 14 Tage) konnte zwar keinen positiven Effekt auf den Behandlungserfolg am Tag 21 zeigen, war aber wohl „underpowered“ und wurde ebenso frühzeitig abgebrochen [34].

In einer brasilianischen Kohorte mit Methylprednisolon (0,5 mg/kgKG 2‑mal täglich über 5 Tage) konnte zwar insgesamt keine verbesserte 28-Tage-Mortalität gezeigt werden, es zeigte sich aber in der Subgruppenanalyse bei über 60-jährigen Patienten, die auch höhere Werte für das C‑reaktive Protein (CRP) aufweisen, doch ein günstiger Effekt [35]. Außerdem muss man limitierend feststellen, dass die Kortisontherapie hier erst relativ spät im Krankheitsverlauf erfolgte.

Eine rezente Metaanalyse zum Thema Kortison bei ARDS, die 18 randomisierte Studien mit fast 3000 Patientinnen und Patienten analysierte, ergab, dass Kortikosteroide hochwahrscheinlich die Mortalität von ARDS reduzieren – unabhängig von der Ursache (COVID-19 oder nicht COVID-19; [36]).

Kortikosteroide reduzieren hochwahrscheinlich die Mortalität von ARDS

Insgesamt hat sich die Gabe von Kortison bei allen an COVID-19-Erkrankten, die einer respiratorischen Unterstützung (also mindestens Sauerstoffinsufflation) bedürfen, in der Praxis fest als Standard of Care etabliert und soll niemandem vorenthalten werden. Über die Dosis allerdings lässt sich diskutieren. Die Autoren verwenden die von Villar bei Nicht-COVID-19-ARDS-Patienten angewendete Dosis: 20 mg für 5 Tage und 10 mg für die nächsten 5 Tage [37].

Wichtig ist auch der frühe Therapiebeginn, aus der ARDS-Network-Studie und nachfolgenden Studien ist bekannt, dass ein später Therapiebeginn mit Kortison keinen Benefit bringt [38,39,40]. Einmal begonnen sollte die Therapie ausreichend lange, konkret zumindest eine Woche, verabreicht werden. Welches Präparat zu bevorzugen ist, ist nicht geklärt; die zuvor erwähnte Metaanalyse konnte keine Überlegenheit einer Substanz belegen. Die Autoren verwenden Dexamethason in erster Linie wegen der einfachen Anwendung. Aufgrund der langen Halbwertszeit ist eine einmalige tägliche Anwendung ausreichend und ein Ausschleichen ist nach Behandlungsende nicht notwendig.

Interleukin-6-Antagonisten

Die Immunmodulation mit dem Interleukin(IL)-6-Antagonisten Tocilizumab (Handelsname RoActemra®, F. Hoffmann-La Roche, Basel, Schweiz) hat gemischte Resultate erbracht, in frühen Publikationen ergab sich im Wesentlichen kein positiver Effekt hinsichtlich des Überlebens, teilweise auch nicht hinsichtlich des Verhinderns des Endpunkts Intubation und Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung [41,42,43]. In neueren und vor allem größeren Untersuchungen hingegen hat sich ein anderes Bild gezeigt. Das dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass Tocilizumab hier mit Glukokortikoiden kombiniert wurde.

So zeigten im REMAP-CAP Trial, einer Untersuchung mit 353 Patienten im Tocilizumab-, 48 im Sarilumab- und 402 in Kontrollarm, Patientinnen und Patienten, die einen der beiden IL-6-Antagonisten erhalten hatten, eine deutlich größere Anzahl an Tagen ohne Organunterstützung (10 vs. 11 vs. 0) und ein signifikant verbessertes 90-Tage-Überleben [44]. Ebenso ergab die Anwendung von Tocilizumab in der bis dato größten Studie im Rahmen der britischen RECOVERY-Plattform einen signifikanten Benefit hinsichtlich des Überlebens in allen untersuchten Patientenkollektiven (d. h. mit allen Schweregraden; [45]).

Die Anwendung von Tocilizumab ergab einen signifikanten Benefit hinsichtlich des Überlebens

Die Autoren verabreichen Tocilizumab bei perakutem Verlauf und hohen inflammatorischen Markern auf der Normalstation, um einen drohenden Intensivaufenthalt zu verhindern. Auf der ICU wird diese Substanz nicht verwendet. Allerdings gibt es bereits weltweite Lieferengpässe an Tocilizumab, möglicherweise teilweise auch aufgrund einer manchmal überschießenden oder unreflektierten Verschreibungspraxis. Dies kann zur Folge haben, dass rheumatologische Patienten, die auf diese Substanz angewiesen sind, eine lebenswichtige Therapie nicht erhalten.

Außerdem ist ein gravierender Nachteil mit Tocilizumab verbunden: Aufgrund der Blockade des IL-6-Rezeptors kommt es zwangsläufig zu einem reaktiven Anstieg von IL‑6 und zu einem Abfall des CRP und anderer Entzündungsmarker. Somit stehen wichtige laborchemische Entzündungszeichen nicht mehr zum Verlaufsmonitoring zur Verfügung, was insbesondere bei der Detektion von etwaigen Superinfektionen deletäre Folgen haben kann.

Januskinaseinhibitoren

Tofacitinib, ein Januskinaseinhibitor (Dosis 2‑mal 10 mg für 14 Tage oder bis zur Krankenhausentlassung), erbrachte in einer brasilianischen multizentrischen placebokontrollierten Studie (in Kombination mit Glukokortikoiden bei 89 % der Patientinnen und Patienten) einen klaren Vorteil: Der primäre Endpunkt, nämlich Tod oder respiratorisches Versagen bis zum Tag 28, wurde in der Tofacitinibgruppe bei 18,1 % vs. 29 % in der Placebogruppe erreicht. Die Risikoratio betrug 0,63 (95 %-Konfidenzintervall 0,41–0,97; p = 0.04). Dies entspricht einer „number needed to treat“ von 9. Die „serious adverse events“ waren in beiden Gruppen vergleichbar hoch (14,1 vs. 12 %).

Baricitinib führte in Kombination mit Remdesivir zu einer schnelleren klinischen Erholung

Ein anderer oraler Januskinaseinhibitor, Baricitinib (Handelsname Olumiant, Eli Lilly, Indianapolis, IN, USA), führte in Kombination mit Remdesivir in einer randomisierten doppelt verblindeten placebokontrollierten im NEJM erschienenen Studie an über 1000 Patientinnen und Patienten zu einer schnelleren klinischen Erholung. Der Effekt war am ausgeprägtesten bei Erkrankten mit Hochflusssauerstoff oder nichtinvasiver Atemhilfe [46].

Eine weitere, im The Lancet erschienene Studie fand eine reduzierte 28- und 60-Tage-Mortalität durch Baricitinib bei einem sehr guten Sicherheitsprofil (u. a. keine erhöhte Rate an Sekundärinfekten im Vergleich zu Placebo; [47]).

Antikoagulation

Ein schwerer COVID-19-Verlauf führt unter anderem durch die ausgeprägte Inflammation zur Gerinnungsaktivierung und Heparinresistenz. Die verschiedenen Veränderungen der Blutgerinnung werden auch als „COVID-19-assoziierte Koagulopathie“ zusammengefasst [48]. Klinisch wurde schon früh sowohl eine erhöhte Rate an venösen Thromboembolien als auch an Mikrothrombosen, häufig der kleinsten Gefäße der Lunge und auch anderen Organen, beschrieben [49, 50]. Höhere Dosen von niedermolekularem Heparin zur Prophylaxe von thromboembolischen Ereignissen können hier hilfreich sein. Viele Zentren und auch die Autoren verwenden eine Hochdosisprophylaxe mit etwa 0,5 mg/kgKG „low-molecular-weight heparin“ (LMWH) 2‑mal täglich, angepasst an die Nierenfunktion [51].

Die Veränderungen der Gerinnung werden als „COVID-19-assoziierte Koagulopathie“ zusammengefasst

Eine sehr gut publizierte Studie zum Thema intermediäre oder Hochdosisprophylaxe erbrachte nicht die erhoffte Klarheit [52]. Hier erhielten die Erkrankten in der Interventionsgruppe 1 mg/kgKG Enoxaparin einmal täglich. Eine derart hohe Dosis einmal täglich zu verabreichen, ist nach Einschätzung der Autoren wenig sinnvoll, weil sie zu sehr hohen Spitzenspiegel, aber trotzdem niedrigen Talspiegel führt. Ferner wurden hier 8 verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Dosierungen und unterschiedlichen Präparaten (LMWH und Heparin) untersucht und auch der Endpunkt stellt eine Kombination aus völlig unterschiedlich zu gewichtenden Einzelpunkten dar.

Bei diagnostizierter tiefer Venenthrombose/Pulmonalarterienembolie wird eine therapeutische Antikoagulation eingeleitet. Eine generelle therapeutische Antikoagulation für alle COVID-19-Erkrankten ist umstritten und hängt vermutlich unter anderem vom Timing im Krankheitsverlauf ab. So wurde eine therapeutische Antikoagulation für moderat erkrankte, hospitalisierte Patientinnen und Patienten als vorteilhaft beschrieben [53], wenn diese hingegen erst auf der ICU begonnen wurde, als negativ [54].

Beatmung

Die Lunge (und damit der Gasaustausch) ist in der absoluten Mehrzahl der Fälle das zentrale Problemorgan bei COVID-19. Interessant ist dabei die häufige, zumindest initiale relative Beschwerdefreiheit der Betroffenen. Trotz einer oft extrem niedrigen Sauerstoffsättigung bei Aufnahme (50–70 % SpO2 sind keine Seltenheit) klagten die Patientinnen und Patienten meistens nicht über Atemnot, sondern sind gesprächig, oft subjektiv beschwerdefrei und kreislaufstabil. Am 27.03.2020 wurde der Begriff „happy hypoxemic“ für diese Patientengruppe in New York aus der Taufe gehoben.

Hypoxämie ist kein Stimulus für Dyspnoe

Eine Besonderheit von COVID-19 ist die Beschwerdefreiheit trotz ausgeprägter Hypoxämie vermutlich nicht. Hypoxämie ist kein Stimulus für Dyspnoe außer bei sehr, sehr tiefen Werten. Zusätzlich schwächt die bei COVID-19 fast regelhaft bestehende Hypokapnie die Reaktion des Organismus auf Hypoxie vermutlich weiter ab [55]. Spekuliert wird auch über zusätzliche Effekte des Virus auf das Atemzentrum [56]. Aber vermutlich wird die stille Hypoxämie durch simple Atemphysiologie auch so ausreichend erklärt. Problematisch ist aber das Risiko einer extrem raschen Dekompensation besonders auch aufgrund des fehlenden Krankheitsgefühls.

Nichtinvasive Beatmung

Die nichtinvasive Beatmung inklusive Lagerungstherapie hat bei COVID-19 einen hohen Stellenwert. Diese kann bei entsprechender Indikation bereits auf der Normalstation durchgeführt werden. Hier ist besonders die nasale High-flow-Therapie geeignet. „High flow“ bietet einerseits die Möglichkeit einer präziser titrierten Oxygenierung und anderseits durch den geringen positiven endexspiratorischen Druck (PEEP) und die Reduktion des anatomischen Totraums auch eine gewisse Verringerung der Atemarbeit. Wichtig ist allerdings bei sehr hohem Flow‑/FiO2-Bedarf die Durchführung einer kontinuierlichen Überwachung.

Wenn trotz maximaler High-flow-Therapie kein ausreichender Gasaustausch hergestellt werden kann, besteht die Möglichkeit der intermittierenden Maskenbeatmung. Sowohl ein kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck (CPAP) als auch ein biphasischer positiver Atemwegsdruck (BIPAP) können hier hilfreich sein.

Alle nichtinvasiven Beatmungsstrategien sollten durch die Lagerungstherapie unterstützt werden

Alle nichtinvasiven Beatmungsstrategien sollten durch die Lagerungstherapie („awake proning“) unterstützt werden: Insbesondere durch Bauchlage oder steile Seitenlagerung kann bei vielen Erkrankten ein deutlich besserer Gasaustausch erzielt werden [57]. Der Effekt ist zumindest eine Weile anhaltend, auch wenn sich die Betroffenen wieder in einer anderen Lage befinden. Der typische Awake-proning-Patient ist wach, orientiert und kann sich selbständig oder mit wenig Unterstützung selbst lagern.

Auch das „awake proning“ ist nicht COVID-19-spezifisch. Es gab bereits vor der Pandemie Berichte über die Wirksamkeit der wachen Bauchlage bei Hypoxämie [58]. Wirklich bekannt und weit angewandt wurde das Konzept aber erst jetzt.

Invasive Beatmung

Die Indikation zur Intubation ist wie vieles in der Intensivmedizin schwierig und muss für jede Patientin und jeden Patienten individuell getroffen werden. Grundsätzlich sind Intubation und invasive Beatmung (NIV) bei schwersten ARDS lebensrettend, die Indikation sollte aber aufgrund von schwerwiegenden Komplikationen („ventilator-induced lung injury“ [VILI], „ventilator-associated pneumonia“ [VAP], Delir um die wichtigsten zu nennen) bei diesem Verfahren sehr streng gestellt werden.

Gewichtige Hinweise, dass eine Intubation und invasive Beatmung unumgänglich sind, sind nach Erfahrung der Autoren:

  • eine deutliche (oft schlagartige) Verschlechterung des neurologischen Zustands, insbesondere Delir/Agitation (der Patient/die Patientin reißt sich zum Beispiel die Atemmaske herunter);

  • langanhaltende Abhängigkeit von der NIV-Maskenbeatmung, d. h.: Der/die Betroffene toleriert keine High-flow-nasal-cannula(HFNC)-Pausen;

  • zunehmende Dyspnoe im Sinne einer erhöhten Anstrengung beim Atmen trotz NIV-Beatmung. Eine isolierte Tachypnoe ist noch kein Intubationskriterium;

  • eine ausgeprägte Oxygenierungsstörung (paO2/FiO2 < 150, trotz längerer, zumindest mehrstündiger NIV-Maskenbeatmung).

Bei der invasiven Beatmung ist es sinnvoll, ARDS-Empfehlungen und die aktuelle individuelle Atemphysiologie des Betroffenen in den Mittelpunkt zu rücken. Das Resultat ist für die meisten Patientinnen und Patienten eine Beatmung mit hoher Atemfrequenz, niedrigen Titalvolumen und zumindest initial hoher FiO2. Die meisten Patientinnen und Patienten profitieren nach Erfahrung der Autoren in der Akutphase nur von moderaten PEEP-Werten. Höhere PEEP-Werte führen eher zur Hyperkapnie vermutlich durch vermehrte Totraumventilation [59]. So scheint in der Frühphase durch Störung der Mikrozirkulation eine ausgeprägtes Ventilation(V)-Perfusion(Q)-Missverhältnis vorzuliegen. In einer späteren Phase können höhere PEEP-Einstellungen oft hilfreich sein.

Bauchlagerung

Auch bei der invasiven Beatmung von COVID-19-ARDS ist die Bauchlagerung sehr häufig hilfreich. Die Autoren sind dazu übergegangen, grundsätzlich 5 Zyklen von Bauchlagerung durchzuführen. Die Betroffenen bleiben zumindest 16 h in Bauchlage, außer es gibt Kontraindikationen/Komplikationen dieser Therapie.

Bei schwerstem ARDS wird bei ausgesuchten Patientinnen und Patienten in der Frühphase nach Intubation eine kontinuierliche Muskelrelaxation für 24–48 h unter tiefer Sedierung (Richmond Agitation Sedation Scale [RASS] 5) durchgeführt.

Ein großes, bisher nicht ganz zufriedenstellend gelöstes Thema ist die Sedierung der intubierten Patientinnen und Patienten. Hier sind eindrucksweise höhere Analgosedierungsdosen notwendig. Die Autoren haben gute Erfahrung mit einem protokollbasierten multimodalen Sedierungskonzept gemacht.

Extrakorporale Membranoxygenierung

Der Einsatz von sehr aufwändigen und personalintensiven Verfahren wie der extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) muss in einer Pandemie mit sehr vielen Erkrankten auch im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit geprüft werden. Generell ist die Indikation wie auch bei Non-COVID-ARDS eine schwerste therapierefraktäre Oxygenierungsstörung (paO2/FiO2 < 80 länger als 6 h oder paO2/FiO2 < 50 länger als 3 h). Eine frühe Metaanalyse zu dem Thema zeigte eine Krankenhaussterblichkeit bei venovenöser ECMO von rund 37 % vergleichbar mit Non-COVID-ARDS [60]. Die rezenteste Studie zu dem Thema zeigte aber überraschenderweise im Laufe der Pandemie einen starken Anstieg der Sterblichkeit der Erkrankten, die durch ECMO unterstützt wurden, von etwa durchschnittlich 36 % in der Frühphase der Pandemie auf rund 52 % in einer späteren Phase [61]. Die Ursache dieses gewaltigen Anstiegs ist nicht klar, denkbar sind auch hier aggressivere klinische Verläufe, weniger Erfahrung einiger Zentren und Personalmangel, um nur einige mögliche Gründe zu nennen.

Nierenersatztherapie bei akutem Nierenversagen,

Ein schwere COVID-19-Verlauf entspricht einer Systemerkrankung gekennzeichnet durch massive Inflammation und Gerinnungsaktivierung. So kann es auch zu einer Nierenbeteiligung kommen. Zusätzlich scheint auch ein renales Reservoir für das Virus zu bestehen. Die Häufigkeit eines akuten Nierenversagens wird in der Literatur unterschiedlich bewertet. Eine rezente Studie, die eine sehr große Gruppe an COVID-19-Überlebenden mit einer Kontrollgruppe verglich, zeigte ein erhöhtes Risiko einer eingeschränkten Nierenfunktion der COVID-19-Überlebenden [62].

Nach Erfahrung der Autoren ist seit der systematischen Verwendung von Glukokortikoiden zur Immunmodulation das Auftreten eines dialysepflichtigen Nierenversagens nicht häufiger als bei Nicht-COVID-19-ARDS. Zu einem ganz anderen Ergebnis kommt jedoch eine große Metaanalyse, von allerdings sehr heterogenen Studien. Hier erhielten 19 % der ICU-Patientinnen und Patienten ein Nierenersatzverfahren [63].

Fazit für die Praxis

  • Die Therapie von schweren Infektionen mit „severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“ (SARS-CoV-2) auf der Intensivstation bietet bedingt durch den Schweregrad und die Komplexität der Erkrankung selbst viele Herausforderungen. Aber auch die Tatsache, dass wesentlich mehr gesündere und jüngere Menschen als auf einer „normalen“ internistischen Intensivstation betreut werden müssen, ist mental für das Personal belastend. Außerdem bestehen Bedenken hinsichtlich einer eigenen möglichen Ansteckung, wiewohl wenigstens diese Sorge durch die höchsteffektiven Impfungen deutlich abgenommen hat. Das Arbeiten in Schutzkleidung ist ebenfalls physisch und psychisch schwieriger als unter herkömmlichen Verhältnissen, so sind z. B. die Kollegen deutlich schlechter zu hören.

  • Angesichts der Rasanz des medizinischen Fortschritts und der Vielzahl an relevanten Publikationen erscheint es essenziell, stets den aktuellsten Stand der medizinischen Evidenz zu kennen, um die Patientinnen und Patienten optimal versorgen zu können.

  • In diesem Sinne wird dieser Review sicher eines regelmäßigen Updates bedürfen bzw. allzeit kritisch hinterfragt werden müssen.