Kritisch kranke Patienten auf der Intensivstation nehmen sich selbst und ihre Umwelt deutlich anders wahr als Pflegekräfte und Ärzte. Sie kommen völlig unvorbereitet in lebensbedrohliche Situationen. Durch Immobilisation und invasive Zugänge erleben die Patienten eine Umwelt, die sie extrem einengt und ihre Selbstbestimmung drastisch reduziert. Die akustische apparative Geräuschkulisse gibt dem Szenario aus Patientensicht eine weitere, in der Regel für ihn unbekannte Komponente. Dies verwirrt sie und bewirkt häufig Angst, mitunter auch Verzweiflung, Wut oder Resignation. Positiv auf den Patienten wirken empathische menschliche Zuwendung, Kontakt zu vertrauten Personen oder auch bekannte vertraute Geräusche. Der Grad der subjektiven Schmerzwahrnehmung ist ein wesentlicher Faktor des empfundenen Stresses und somit der Lebensqualität der Intensivpatienten.

Schmerzwahrnehmung auf der Intensivstation

Auf der Intensivstation sind die Patienten vielen Reizen ausgesetzt, die Stress und Angst auslösen. Krankheiten selbst, aber auch intensivmedizinische Prozeduren können erhebliche Schmerzen auslösen. Lange war daher eine tiefe Analgosedierung gebräuchlich, mit fließendem Übergang zur Narkose. Die Fusion von Analgesie und Sedation gilt es konzeptionell zu trennen. Denn grundsätzlich ist eine niedrige Sedierung mit einer Verkürzung der Beatmungszeit und einem drastisch besseren Überleben vergesellschaftet [1, 2]. Besonders Benzodiazepine scheinen einen eher ungünstigen Effekt zu haben [3], wohingegen die Sedierungssteuerung („daily wake-up call“ vs. kontinuierliche Sedierung) nicht so relevant zu sein scheint [4]. Sedierung, Delirtherapie, Anxiolyse und Analgesie auf der Intensivstation sind eng miteinander verzahnt, aber nicht dasselbe.

Die Schmerzwahrnehmung ist nicht vom körperlich-seelischen Zustand des Patienten zu trennen

In diesem sehr komplexen Szenario (Abb. 1) ist die Schmerzwahrnehmung eines Patienten auf der Intensivstation nicht zu trennen von seinem körperlichen, aber auch seelischen Zustand und von seinem persönlichen Empfinden, analog zum „concept of total pain“ in der Palliativmedizin. Es ist gut bekannt, dass Intensivpatienten auch einen hohen Grad an Angst erleben [57]. Diese Angst ist ein sehr komplexes Phänomen, das sich aus unterschiedlichen Problemfeldern zusammensetzt. Zum einen haben Intensivpatienten häufig nicht die Fähigkeit, selbst adäquat zu kommunizieren. Wegen der akustischen, optischen und olfaktorischen Beeinträchtigung durch die Umgebung leiden die Patienten zudem sehr oft an Schlafstörungen. In einzelnen Untersuchungen beträgt die Prävalenz der Angst bei Intensivpatienten bis zu 80 % [8].

Abb. 1
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Auswahl von Einflussfaktoren der Schmerzwahrnehmung bei Intensivpatienten

Neben der Angst und fehlenden Selbstbestimmung klagen Patienten in retrospektiven Analysen über andere Beschwerden, z. B. einen trockenen Mund, Durst oder Sputum, das nicht heruntergeschluckt werden kann [6]. Darüber hinaus scheint eine hohe Sedierung die kognitive Funktion zu beeinträchtigen [9]. Auch zunächst nicht erwartete Symptome können auftreten, z. B. die subjektiv empfundene Dyspnoe bei invasiv beatmeten Patienten mit normaler Sauerstoffsättigung [10]. Viele Intensivpatienten leiden unter einem Delir, das selbst einen hohen Risikofaktor für eine ungünstige Prognose darstellt [11], obwohl sich dahinter mitunter auch ein Epiphänomen anderer Morbiditäten verbirgt [12].

Insbesondere bei älteren Patienten besteht eine Presbyakusis und eine eingeschränkte visuelle Wahrnehmung. So fällt es den Patienten zusätzlich schwer, die ihnen unbekannte Umgebung wahrzunehmen.

Dem Symptom Schmerz wird auf der Intensivstation mitunter zu wenig Beachtung geschenkt

Für Intensivpatienten stellt die Intensivstation den aktuellen Lebensraum dar, mit unterschiedlichen Wahrnehmungen und Empfindungen. Vor diesem Hintergrund gilt es auch, Schmerzreize zu identifizieren und den Schmerz als Symptom zu lindern. Dem Symptom Schmerz wird auf der Intensivstation allerdings mitunter zu wenig Beachtung geschenkt [13, 14].

Die Entstehung von Schmerzen ist prinzipiell gut bekannt [15]: Durch Gewebeschädigung werden im Gewebe lokale inflammatorische Mediatoren wie Kalium, Histamin, Serotonin, Substanz P und Bradykinin freigesetzt. Diese Mediatoren stimulieren die peripheren Schmerzrezeptoren. Über die afferenten Bahnen gelangt das Signal zum Thalamus und zum somatosensorischen Kortex. Eigentlich würde sich der Patient dann einem weiteren Schmerzreiz entziehen. Auf der Intensivstation ist dies aber meist schwer möglich. Die initiale Noxe, z. B. Temperatur, Druck oder eine Gewebezerstörung, führt über die Aktivierung von Ionenkanälen zum neuronalen Signal. Nach der initialen Noxe, die zur Ausschüttung der Mediatoren führt, kommt es zu einer primären Hyperalgesie. Die Nozizeptoren sind prinzipiell in Haut, Periost und Gelenken sowie an viszeralen Organen in unterschiedlicher Dichte verteilt. So hat die Haut eine sehr hohe Dichte, während die Subkutis eine eher niedrige Dichte aufweist.

Schmerzerfassung auf der Intensivstation

Die Evaluation von Schmerzen bei Intensivpatienten ist in Abb. 2 zusammengefasst. Im ersten Schritt bedarf es einer sorgfältigen Anamnese. Bei vielen Intensivpatienten wird darüber hinaus die Fremdanamnese eine große Bedeutung haben. Die Anamnesen müssen so erhoben werden, dass vorbestehende akute – insbesondere auch (bagatell-)traumatologische – und chronische Komorbiditäten erfasst werden, außerdem Defizite wie Schwerhörigkeit, ein beeinträchtigendes Sehvermögen, seelische Verletzungen, demenzielle Entwicklungen oder Immobilisation. Des Weiteren sollte bekannt sein, ob der Patient bereits vor seiner Aufnahme auf die Intensivstation an akuten oder chronischen Schmerzen litt, regelmäßig Schmerzmittel einnahm und Alkohol- oder Drogenprobleme hatte.

Abb. 2
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Schritte in der Evaluation von Schmerzen bei Intensivpatienten. BPS Behavioral Pain Scale; CAM-ICU Confusion Assessment Method for the Intensive Care Unit; CPOT Critical Care Pain Observation Tool; NRS numerische Rating-Skala; RASS Richmond Agitation Sedation Scale; VAS visuelle Analogskala

In einem zweiten Schritt sollte das Bewusstseinsniveau mit der Ramsey Sedation Scale oder Richmond Agitation Sedation Scale (RASS) validiert werden. Bei Patienten mit einem RASS-Score zwischen − 3 und + 4 sollte mithilfe der Confusion Assessment Method for the Intensive Care Unit (CAM-ICU) die Möglichkeit eines Delirs überprüft werden. Die Basis für eine Schmerzevaluation darf nicht losgelöst von Sedierung, Angst und Delir-Monitoring gesehen werden. Denn diese Entitäten stehen in einem Verhältnis der gegenseitigen Beeinflussung. Für die Detektion von Angst im intensivmedizinischen Kontext gibt es keinen etablierten Score. Nichtsdestotrotz ist ihre Erfassung elementar wichtig, hier muss man sich mitunter auf sein klinisches Gefühl verlassen.

Im dritten Schritt geht es um das objektive Erfassen von Schmerzen. Vitalzeichen allein, also Variationen von Blutdruck, Herzfrequenz und Sättigung, sind in der Regel nicht ausreichend valide. Deutlich besser lässt sich das Schmerzniveau des Patienten mit motorischen Entäußerungen wie Grimassieren, Fäusteballen, Zusammenzucken, Augenzukneifen, Stöhnen oder einem erhöhten Muskeltonus (sowie Tränen oder Schweißsekretion) erfassen [16, 17]. Daher gibt es zwei weitere Instrumente, um die Schmerzen zu erfassen: die Behavioral Pain Scale (BPS; [18]) und das Critical Care Pain Observation Tool (CPOT; [19]). BPS und CPOT (Abb. 3 und Tab. 1) sind als psychometrisches Instrument naturgemäß nicht 100 % sensitiv und spezifisch, haben aber eine moderate Validität im Vergleich zu anderen Instrumenten wie Non-Verbal Pain Scale (NVPS), Pain Behavioral Assessment Tool (PBAT) und Pain Assessment and Intervention Notation (PAIN), die alle eine geringere Validität aufweisen. BPS und CPOT werten v. a. motorische Entäußerungen des Patienten im Gesicht, an den Extremitäten sowie im Zusammenhang mit dem Beatmungsgerät.

Abb. 3
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Scores zur Schmerzeinschätzung bei ansprechbaren Intensivpatienten. NRS Numerische Rating-Skala; VAS visuelle Analogskala

Tab. 1 Scores zur Schmerzeinschätzung bei nicht ansprechbaren Intensivpatienten

Bei tief sedierten Patienten wird der Schmerz anhand der Vitalparameter erfasst

Ein Problem ist trotz dieser Instrumente die Situation bei tief sedierten und ggf. sogar relaxierten Patienten, bei denen die motorischen Entäußerungen wegfallen. Hier bleiben nur die Vitalparameter als Beobachtungsinstrument. Beachtung findet dabei auch ein technisch komplexer Parameter der EEG-Auswertung, der sog. Bispektrale Index (BIS; [20]), der ursprünglich zur Tiefenmessung der Narkose konzipiert war und einen Wert zwischen 0 (Nullaktivität des EEG) und 100 (Patient wach) haben kann. Inwieweit dies bei der Steuerung der Analgesie auf der Intensivstation wirklich von Nutzen ist, müssen jedoch Studien erst belegen.

Bei dementen Patienten wird als Score die Beurteilung von Schmerzen bei Demenz (BESD) empfohlen, obwohl ihre Validität bei kritisch Kranken eingeschränkt ist. Bei bewusstseinsklaren Patienten bleibt die visuelle analoge Schmerzskala der Goldstandard, alternativ die numerische Rating-Skala [21].

Im vierten Schritt geht es um die Lokalisation des Schmerzes. Es liegt ein gewisser Schritt zwischen der Wahrnehmung, dass ein Patient Schmerzen hat, und der Erkenntnis, aus welchem Grund der Patient Schmerzen hat und wo seine Schmerzwahrnehmung ist. Infobox 1 und 2 zeigen exemplarisch typische Gründe für Schmerzen. Hier können mitunter Device- oder lagerungsassoziierte Schmerzreize gemildert bzw. ausgeschaltet werden. So können etwa zu enge Verbände oder auch unter Zug stehende Nähte von zentralen Venenkathetern oder Dialysekathetern den Patienten Schmerzen bereiten, durch Lagerung des Patienten können lagerungsbedingte Schmerzen verändert werden. Vor einer medikamentösen Schmerztherapie sollte daher sorgfältig geprüft werden, ob die Schmerzursache nicht genauer eruiert und sogar beseitigt werden kann. Insbesondere chirurgisch therapierbare Ursachen wie Abszesse, Empyeme, Frakturen oder Hohlorganperforationen müssen kausal therapiert werden, nicht mehr indizierte Thorax- oder andere Drainagen sind zu entfernen. Gleichzeitig bedeutet dies auch, dass Patienten mit chirurgisch behandelbaren Schmerzen unmittelbar eine potente Schmerztherapie erhalten.

Infobox 1 Potenzielle Device - und prozedurabhängige Schmerzen (Auswahl)

Schmerzreize bei pflegerischen Maßnahmen

  • Lagerung

  • Mobilisation

  • Krankengymnastik

  • Verbandswechsel

  • Schmerzreiz beim endotrachealen Absaugen

  • Würgereiz

  • Schmerz beim Husten

  • Schmerz bei der Mobilisation von Sekret

Schmerzreize bei Prozeduren

  • Punktion, Inzision, Dilatation beim Legen invasiver Zugänge (zentraler Venenkatheter, Dialysekatheter, arterielle Zugänge, PICCO®-Katheter, Thoraxdrainagen, Blasenkatheter)

  • Wundversorgung

  • Gipsschienenanpassung

Device-assoziierte Schmerzreize, die permanent präsent sein und zur sekundären Hyperalgesie führen können

  • Traktion an CVVH-Leitung bzw. Infusionsleitung mit Zug an den Hautnähten

  • Verbandsmaterial mit Gewebekompression

  • Gewebekompression durch Device selbst

  • Irritation durch Device (Thoraxdrainage, Magensonde, Tubus)

  • Inflammation und Hämatom im Bereich des Device

CVVH Kontinuierliche venovenöse Hämofiltration; PiCCO ® „pulse contour cardiac output“.

Infobox 2 Potenzielle Device - und prozedurunabhängige Schmerzen (Auswahl)

  • Periphere arterielle Verschlusskrankheit im Bereich minderperfundierter Areale

  • Druckschmerzen durch Liegen auf Monitorkabeln oder Infusionsleitungen

  • Schmerzen durch Inflammation

  • Arthritis (akut oder chronisch)

  • Empyem

  • Perikarditis

  • Erysipel

  • Thrombophlebitis

  • Abszedierung (ubiquitär)

  • Thrombose

  • Hypervolämie

  • Kompartment-Syndrom

Viszeraler Schmerz

  • Ileus (mechanisch, paralytisch)

  • Hohlorganperforation

  • Cholezystitis/Cholangitis (kalkulös oder akalkulös)

  • Pankreatitis

  • Nephrolithiasis/Nierenkolik

  • Abszess

Ossärer Schmerz

  • Spondylodiszitis

  • Osteomyelitis

  • Frakturen

  • Osteoporotische Frakturen

Sonstige

  • Zahnschmerzen

  • Zahnprothesenschmerzen

  • Augenschmerzen

  • Ohrenschmerzen

Entscheidend ist, das Leiden und die Schmerzwahrnehmung und somit den Stress der Patienten zu reduzieren und den Komfort zu verbessern. Neben einer möglichen Prognoseverbesserung bedeutet dies mehr Qualität und in letzter Konsequenz auch einen Schutz der Menschenwürde.

Schmerztherapie auf der Intensivstation

Grundsätzliche Überlegung

Das ideale Schmerztherapeutikum sollte schnell wirken, einfach zu titrieren sein und möglichst wenige Wechselwirkungen haben. Da ein solches Präparat aktuell nicht existiert, ist es wichtig, dass man in der Schmerztherapie definierte Ziele verfolgt und das Schmerzniveau strukturiert und regelhaft wiederkehrend erfasst. Auch das Monitoring von Delir, Sedation und Angst im Kontext der Schmerztherapie ist essenziell.

Dabei sind die Therapieziele den individuellen Bedürfnissen anzupassen. Grundsätzlich ist absolute Schmerzfreiheit nicht unbedingt erforderlich. Auf der visuellen Skala von 0 bis 10 ist ein Schmerzniveau von ≤ 3 ein sinnvolles Ziel. Bei einigen Patienten wird sogar ein höheres Schmerzniveau akzeptabel sein, wenn eine höhere Vigilanz erreicht werden soll als bei anderen. Hier sollten wie in der normalen Schmerztherapie individuelle Therapieziele definiert werden.

Die medikamentöse Therapie bei latent oder permanent vorliegenden Schmerzen sollte nicht nur bei Bedarf angeordnet werden, sondern eine kontinuierliche parenterale wie enterale Applikation vorsehen. Eine zusätzliche Medikation kann dann bei Bedarf gegeben werden.

Prozedurassoziierte antizipierte Schmerzen sollte man präprozedural auch antizipiert behandeln. Grundsätzlich ist die i.v.-Applikation der zuverlässigste Weg. Bei Patienten mit normaler gastrointestinaler Funktion ist eine enterale Applikation p.o. oder per Sonde auch auf der Intensivstation ein vertretbarer Weg. Eine s.c.- oder i.m.-Applikation ist nicht indiziert. Bei prozeduralen Schmerzen ist vor größeren Eingriffen eine Applikation des Analgetikums in Kombination mit suffizienter Lokalanästhesie (insbesondere kutan) und ggf. Kurznarkose (Propofol) notwendig. Mit der mutmaßlich schmerzauslösenden Prozedur sollte erst nach Wirkeintritt der Medikation begonnen werden. Postoperativ ist häufig ein Periduralkatheter sinnvoll und indiziert, in einzelnen Fällen auch periphere Nervenblockaden.

Medikamentöse Schmerztherapie

Opioide

Der zentrale Baustein der Schmerztherapie auf der Intensivstation bleiben die Opioide (Tab. 2). Morphin, Hydromorphon, Fentanyl und Remifentanil sind dabei die wichtigsten Vertreter [22], wobei in Deutschland nach wie vor Piritramid häufig eingesetzt wird [23]. Codein, Methadon und Buprenorphin sind keine bevorzugten Analgetika auf der Intensivstation. Dabei ist für die zuvor genannten Opioide die bevorzugte Applikation die i.v.-Bolusgabe oder die kontinuierliche Applikation. Bei kontinuierlicher Gabe zur Analgesie via Perfusor sollte die Dosis immer ausgeschlichen und nicht abrupt abgesetzt werden. Beispielsweise bei Fentanyl kann ggf. zusätzlich die sublinguale Applikation gewählt werden, so etwa mit Lutschern als patientengesteuerte Maßnahme für wache Patienten. Dies bedarf aber einer sorgfältigen Indikation und ist für viele Intensivpatienten nicht sinnvoll.

Tab. 2 Analgetika auf der Intensivstation

Wichtig sind die regelmäßige Kontrolle der Schmerzerfassung und des individuellen Therapieziels (1-mal/Schicht) sowie die kontinuierliche Beobachtung von Nebenwirkungen. Hierzu zählen insbesondere Darmatonie, paralytischer Ileus, Nausea, Emesis und Atemdepression bei spontan atmenden Patienten, aber auch Depressionen und andere psychische Alterationen. Zur Prävention einer Darmatonie bzw. des paralytischen Ileus kann neben einem früheren enteralen Kostaufbau, einer niedrigen Sedierung und frühen Mobilisation eine enterale Gabe von Naloxon 4-mal 8 mg erwogen werden [24]. Für die Behandlung steht eine s.c.-Applikation von 8–12 mg Methylnaltrexon zur Verfügung, obwohl diese prinzipiell nur im palliativen Setting zugelassen ist. Insbesondere Morphin kann über die Histaminfreisetzung zu Hypotonie und einem Bronchialspasmus führen, sodass es bei Asthma und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung eben nicht das Analgetikum der ersten Wahl ist.

Bei kooperativen Patienten kann auch eine patientengesteuerte Analgesie in Betracht kommen

Auf der Intensivstation kann bei kooperativen Patienten auch eine Pumpe zur patientengesteuerten Analgesie in Betracht kommen, wobei sie sicherlich nur für eine geringe Zahl kritisch Kranker eine Option darstellt. Sufentanil ist ein bevorzugtes Monotherapeutikum zur Analgosedierung, da es deutlich stärker sedierend wirkt als Fentanyl. Sufentanil hat aber auch als periprozedurales Analgetikum beim Ziehen von Thoraxdrainagen einen gewissen Stellenwert [25].

Wurde eine analgetische Opioidtherapie über viele Tage durchgeführt, kann es beim Beenden zu Zeichen eines Opioidentzugs kommen. Zeichen können Fieber, Tachykardie, Tachypnoe, Schwitzen, Krämpfe und Emesis sein, Symptome also, die auch als Sepsis oder Delir gedeutet werden können. Um dies zu verhindern, sollte man die Opioide langsam ausschleichen. Die Dosisreduktion pro Tag beträgt etwa 10–15 %.

Nichtopioide

Auch wenn es bezüglich der Mortalität keine harten Endpunktstudien zur kombinierten bzw. multimodalen Schmerztherapie auf Intensivstationen gibt, sprechen doch viele Gründe dafür, Nichtopioide bei moderaten Schmerzen sowie als Koanalgetika bei stärkeren Schmerzen einzusetzen, damit die Opioiddosis reduziert werden kann. Aufgrund des eher günstigen Nebenwirkungsprofils stellt Paracetamol eine sinnvoll einsetzbare Substanz dar, die i.v. applizierbar ist. Eine sehr kleine Studie zeigte einen günstigeren Effekt mit schnellerem postoperativem Erwachen, geringerer Opioiddosis und geringerer Nausea [26], während eine andere Studie keinen Effekt ergab [27]. Beide Studien konzentrieren sich aber auf postoperative Schmerzen und sind nicht für alle intensivmedizinischen Patienten repräsentativ. Eine andere Studie dokumentierte auch eine gewisse Hypotonie nach Applikation von Paracetamol [28].

Metamizol wird in der deutschen Intensivmedizin ebenfalls häufig verwendet. Weder Paracetamol noch Metamizol ist mit den Problemen von nichtsteroidalen Antihreumatika (NSAR) wie Ibuprofen und Diclofenac verbunden. NSAR haben aufgrund der antiinflammatorischen Komponente dennoch ihre Indikation. Sie sind jedoch insbesondere in Kombination mit anderen Medikamenten nephrotoxisch, fördern Blutungen im gesamten Gastrointestinaltrakt und haben einen negativen Effekt auf das kardiovaskuläre Outcome.

Adjuvante Substanzen

Der α2-Agonist Dexmedetomidin wird primär zur Sedierung eingesetzt, hat aber als Kombinationpartner anderer Analgetika einen gewissen Stellenwert. Ketamin in Kombination mit Propofol oder Midazolam ist in der prähospitalen Analgosedierung etabliert, als Analgetikum auf der Intensivstation findet es nur eingeschränkt Verwendung. Vorteil ist eine gewisse broncholytische Wirkung, ein Nachteil ist, insbesondere in höherer Dosierung, die Zunahme des Herzzeitvolumens und auch des myokardialen Sauerstoffverbrauchs. Der Einsatz von Gabapentin oder Pregabalin bleibt Einzelfällen neuropathischer Schmerzen oder eines Guillain-Barré-Syndroms vorbehalten. Diese Substanzen sind sicherlich keine First-line-Analgetika auf der Intensivstation.

Nichtmedikamentöse Therapie – Prävention des Schmerzes

Entscheidend für eine möglichst geringe Schmerzwahrnehmung sind eine ruhige Umgebung, die optisch, akustisch, olfaktorisch und bezüglich der Temperatur als angenehm empfunden wird, und ein geregelter Tag-Nacht-Wechsel zur Gewährleistung eines erholsamen Schlafs. Dies wird aufgrund von Sachzwängen und knappen Personalressourcen häufig zu wenig beachtet. Schlafmangel fördert die Schmerzwahrnehmung. Neben der räumlichen und strukturellen Gestaltung zur Reduktion von Lärm und Stress können Ohrstöpsel und Schlafbrillen die Schlafqualität in geringem Maße verbessern. Ebenso reduzieren die Prävention und Therapie des Delirs die Schmerzwahrnehmung. Eine frühe Mobilisation und geringe Sedierung können Lagerungsschäden und Schmerzen vorbeugen. Auch das Abspielen von bevorzugter Musik [29] reduziert erstaunlich effektiv die Schmerzwahrnehmung und sollte im Portfolio genutzt werden. Gegebenenfalls können Massagetechniken zur Entspannung und Schmerzreduktion beitragen [30], obwohl die Datenlage hier spärlich ist. Der liberale Zugang von Angehörigen kann u. U. positiv sein, obwohl dies auch eine Belastung des Intensivpflegepersonals mit sich bringen kann [31].

Grundsätzlich sind aber all die Maßnahmen des Schmerzmonitorings, der Therapiesteuerung und Schmerzprävention ohne eine ausreichende Personaldecke der Intensivstation nicht zu realisieren. Daher liegt die grundsätzliche Aufgabe für uns Intensivmediziner in der Sicherung der Strukturqualität für unsere Intensivstationen.

Fazit für die Praxis

  • Im Vordergrund steht die Sensibilisierung von pflegerischen und ärztlichen Mitarbeitern für Schmerznoxen und Schmerzwahrnehmung.

  • Die Schmerzerfassung sollte möglichst objektiv mittels BPS oder CPOT erfolgen.

  • Es gilt, ein Therapieziel zu definieren. Neben der adäquaten Auswahl potenter Analgetika sollten auch die nichtmedikamentösen Ansätze konsequent verfolgt werden.

  • Insbesondere in der antizipativen Schmerztherapie und Prävention von Schmerzen liegt ein großes Potenzial, die Lebensqualität und mutmaßlich auch die Prognose der kritisch kranken Patienten zu verbessern.

  • Alle zuvor genannten Maßnahmen setzen entsprechend geschultes Personal in ausreichender Zahl voraus.