Mitralklappenerkrankungen sind das Thema in unserem Heft 1 im Jahr 2016 der Zeitschrift Herz. Nach der rasanten Entwicklung der Therapie bei der Aortenklappenstenose mit der stetig steigenden Anzahl der TAVI-Prozeduren ist die Therapie der Mitralklappe derzeit ein ähnlich spannendes Gebiet, auch wenn hier noch viele Fragen offen sind. Die Struktur der Mitralklappe aufgrund des Klappenapparats mit den sich jeweils bedingenden Strukturen aus Segeln, Chordae, Papillarmuskel, Annulus und Ventrikel macht die Therapie komplexer und vielschichtiger. Das spiegelt sich auch in den derzeitigen Leitlinien wider, wo wenige der Empfehlungen zur Rekonstruktion bzw. zum Ersatz der Mitralklappe bei Mitralklappeninsuffizienz über den Status einer Expertenempfehlung hinausgehen [1].

Mit interventionellen Optionen, insbesondere MitraClip® [2] und teilweise Carillon® [3] wie auch CardioBand® und die vielen interventionellen, in der klinischen Testung befindlichen implantierbaren Klappen [4] mit multiplen derzeit laufenden Studien, sowie durch Anstrengungen des Cardiothoracic Surgical Trials Network (CTSN) konnte in der letzten Zeit umfangreiche neue Evidenz geschaffen werden [5, 6]. Bemerkenswert ist bei den Zweijahresdaten der CTSN-Studie, die den chirurgischen Vergleich Mitralklappenersatz versus -rekonstruktion bei ischämischer Mitralklappeninsuffizienz untersuchte, allerdings die hohe Rate einer erneuten moderaten/schweren Mitralklappeninsuffizienz, die 58,8 % nach Mitralklappenrekonstruktion im Vergleich zu 3,8 % nach Mitralklappenersatz betrug (p < 0,001; [6]).

Viele der offenen Fragen, etwa zu Mitralklappenersatz oder -rekonstruktion bei sekundärer Mitralklappeninsuffizienz, zum Zeitpunkt der Intervention/des Ersatzes bei asymptomatischen Patienten oder zum Einfluss der interventionellen Optionen auf den Zeitpunkt, können durch die neu generierte Evidenz hoffentlich in Zukunft beantwortet werden [7].

Für unsere aktuelle Ausgabe haben wir Manuskripte ausgewählt, die sich mit den oben genannten Themen und offenen Fragen bei Mitralklappenerkrankungen mit Fokus auf der Mitralklappeninsuffizienz beschäftigen. Der federführende Autor der Leitlinien der European Society of Cardiology, A. Vahanian, beleuchtet zusammen mit B. Iung die derzeitige Evidenz für den Zeitpunkt der Intervention bzw. des Ersatzes der Mitralklappe bei Mitralklappeninsuffizienz. T. Noack und F.-W. Mohr aus Leipzig widmen sich den chirurgischen Optionen für den Mitralklappenersatz und der Mitralklappenrekonstruktion mit klarer Differenzierung des Vorgehens zwischen primärer und sekundärer Mitralklappeninsuffizienz.

M. Orban und J. Hausleiter plus Team aus München zeigen die Evidenz auf für die etablierteren interventionellen Optionen für die Mitralklappenrekonstruktion, wie MitraClip®, Carillon® und CardioBand®, und beschreiben auch die derzeit laufenden Studien für diese Devices. Im Gegensatz zu den Optionen mit CE-Zertifizierung werden von V. Mauri, S. Baldus und V. Rudolph die derzeit noch in der Erprobung befindlichen Devices für die interventionelle Mitralklappenrekonstruktion ausführlich dargestellt. Hier ist vieles in der Entwicklung, was das interventionelle Spektrum noch erweitern wird. Spannend wird hier sicherlich auch die Kombination der einzelnen interventionellen Ansätze wie z. B. Annuloplastie in Kombination mit dem "Edge-to-edge"-Prinzip. G. Lutter und D. Frank geben eine Übersicht über den derzeitigen Status des interventionellen Mitralklappenersatzes, der sich im Gegensatz zur TAVI noch in einem recht frühen Stadium befindet. Viele Devices sind aber bereits über das Stadium der Tierversuche hinausgekommen, und einige Devices befinden sich in Studien zur CE-Zertifizierung.

Es ist viel Bewegung gekommen in die Therapie der Mitralklappenerkrankungen. Der Fortschritt aus Bildgebung, besserem Verständnis der Mitralklappenpathologie sowie neuen interventionellen Optionen aus Rekonstruktion und Ersatz wird sicherlich dazu führen, dass die Therapie für die Patienten verbessert und auch die Morbidität und Mortalität reduziert werden können.

Wir hoffen, dass Ihnen unser Heft wieder gefällt und Sie viele Anregungen finden, die Sie in Ihrer täglichen Praxis übernehmen können.

Ihre

Karl-Heinz Kuck

Holger Thiele