Katheterbasierte Ansätze zur Therapie von Herzklappenerkrankungen sind die komplexesten Eingriffe, die in einem Herzkatheterlabor durchgeführt werden können. Während die perkutane Aortenklappenimplantation bei Patienten mit hohem perioperativen Risiko bereits zu einem Standardverfahren geworden ist, sind die katheterbasierten Eingriffe zur perkutanen Therapie der Mitralklappeninsuffizienz (Abb. 1) noch in der Entwicklungsphase; besonders die Komplexität und das große Spektrum der Mitralklappenpathologien erfordern die Entwicklung neuer technischer Behandlungsstrategien. Ein „One-fits-all“-Konzept wird es bei der Reparatur der Mitralklappe nicht geben.

Abb. 1
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Verschiedene Formen der interventionellen Mitralklappentherapie, dargestellt in der Echtzeit-3-D-Echokardiographie: a perkutane Mitralanuloplastie mittels Koronarsinus-Device, sichtbar ist die Vorwölbung des Koronarsinus in das linke Atrium (Pfeile); b perkutane Mitralklappenreparatur mittels MitraClip®-Implantation, der Clip (Pfeil) teilt die Mitralklappe in eine Double-Orifice-Valve; c perkutane „Valve-in-Ring“-Implantation einer Edwards-Sapien-Bioprothese in eine degenerierte Mitralklappe nach Rekonstruktion

In der klinisch-experimentellen Anwendung hat die Verkleinerung der Mitralklappenöffnungsfläche durch Approximation beider Segel mittels MitraClip®-Implantation die überzeugendsten Ergebnisse geliefert. Entwickelt wurde die Methode von Dr. Frederick St Goar aus Stanford. Der überaus erfindungsreiche interventionelle Kardiologe und Inhaber zahlreicher Patente war auf der Suche nach einer katheterbasierten Methode zur Mitralklappenanuloplastie, als er den Anruf eines befreundeten Kardiochirurgen erhielt, der bei einem Patienten, der ihm von St Goar zur Mitralklappenoperation zugewiesen wurde, nach zuerst erfolgloser Anuloplastik das P2- mit dem A2-Segment der Mitralklappe mit guter Reduktion der Mitralinsuffizienz vernäht hatte. Erfinder dieser Methode war Ottavio Alfieri, Herzchirurg aus Mailand [1]. St Goar war sofort fasziniert und machte sich gleich daran, das Prinzip „edge-to-edge repair“ in eine perkutane Kathetertechnik umzusetzen [2]. Im Jahre 2003 konnte die erste Patientin in Caracas, Venezuela, behandelt werden [3, 4]. Inzwischen sind weltweit bereits mehr als 10.000 Patienten auf diese Weise behandelt worden.

Die bislang größte randomisierte Studie zum MitraClip®-Verfahren, die EVEREST-II-Studie, verglich in einer 2:1-Randomisierung die perkutane Mitralklappenreparatur bei 184 Patienten mit der chirurgischen Sanierung bei 95 Patienten. Kürzlich sind die Vierjahresergebnisse publiziert worden [5]. Das Kollektiv bestand aus Patienten mit einer chirurgisch sanierbaren Mitralklappenpathologie im Bereich des A2/P2-Segments, hauptsächlich bei Mitralklappenprolaps. Die Pathologie durfte nicht zu komplex sein, das heißt, dass z. B. die Mitralsegel nicht zu ausgeprägt prolabieren durften, um eine sichere Clip-Applikation nicht zu behindern. Die linksventrikuläre Funktion durfte nicht zu stark eingeschränkt sein, und eine relevante Verminderung der Mitralklappenöffnungsfläche durfte nicht vorliegen. Im ersten Jahr nach der Indexprozedur mussten in der Interventionsgruppe 20,4% der Patienten aufgrund einer Klappendysfunktion operiert werden, während eine Reoperation in der chirurgischen Gruppe nur bei 2,2% notwendig war. Die MitraClip®-Ergebnisse über ein Jahr hinaus blieben allerdings stabil, sodass nach 4 Jahren 24,8% versus 5,5% der Patienten eine Operation brauchten. Die Studie belegte die potenziellen Möglichkeiten der MitraClip®-Anwendung; allerdings blieb das chirurgische Verfahren dem MitraClip®-Verfahren überlegen [5].

Allerdings deutete sich bereits bei der Publikation der Einjahresdaten an, dass eher Patienten über 70 Jahre und Patienten mit funktioneller Mitralklappeninsuffizienz bei reduzierter linksventrikulärer Funktion von einer perkutanen Mitralklappenreparatur profitieren könnten [6]. Dies stimulierte die Kardiologie nachhaltig, das MitraClip®-Verfahren besonders bei Patienten einzusetzen, deren Risiko für einen chirurgischen Eingriff als zu hoch eingeschätzt wurde, vor allem bei gleichzeitig bestehender schwerer Herzinsuffizienz. Insbesondere die Arbeitsgruppe um Olaf Franzen konnte belegen, dass auch dann die MitraClip®-Prozedur sicher und vor allem mit klinischem Nutzen durchgeführt werden kann [7]. Das perkutane MitraClip®-Verfahren erweitert das Repertoire für die Behandlung der Herzinsuffizienz und ist mittlerweile in die aktuellen europäischen Leitlinien aufgenommen worden [8, 9]. Ist die medikamentöse Therapie ausgereizt, kann eine interventionelle Behandlungsmaßnahme in Betracht gezogen werden.

Unabhängig von den vorliegenden Studiendaten gibt es noch viele offene Fragen und viele weitere Herausforderungen bei der katheterbasierten Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz. Für die vorliegende Ausgabe von Herz konnten namhafte Spezialisten auf diesem Gebiet gewonnen werden, in ihren Beiträgen klinische und wissenschaftliche Schwerpunkte vorzustellen.

Es gibt es noch viele offene Fragen und Herausforderungen bei der katheterbasierten Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz

Aus der Arbeitsgruppe von Olaf Franzen, der auf dem Gebiet der MitraClip®-Anwendung eine besonders große Erfahrung besitzt und vormals in Hamburg, jetzt in Kopenhagen, Dänemark, tätig ist, gibt Rodrigo Estevez-Loureiro einen umfassenden Überblick über die aktuelle Evidenzlage bei der perkutanen MitraClip®-Behandlung.

Um die Limitationen kleiner Patientenzahlen in randomisierten Studien auszugleichen, sind groß angelegte Register eine Möglichkeit, Daten über den technischen und klinischen Erfolg einer neuen Therapiemethode zu gewinnen. Wolfgang Schillinger und Jochen Senges berichten in ihrem Beitrag über das TRAMI (Transcatheter Mitral Valve Interventions)-Register, das mit über 1000 eingeschlossenen Patienten einen großen Anteil der gesamten Erfahrung mit dem MitraClip® repräsentiert.

Die Komplexität der möglichen Pathologien der Mitralklappe erfordert eine gute Selektion der Patienten, um die jeweils günstigste Therapieoption zu finden. Maurizio Taramasso aus der Mailänder Gruppe um Francesco Maisano, Ottavio Alfieri und Antonio Colombo diskutiert, welche Patienten eher von einer chirurgischen und welche eher von einer interventionellen Therapie profitieren könnten. Daniel Braun aus der Münchener Arbeitsgruppe um Jörg Hausleiter setzt in seinem Beitrag den Fokus auf die Betrachtung anatomischer und klinischer Kriterien, um die Eignung für die MitraClip®-Therapie besser zu identifizieren.

Eine große Bedeutung besitzen bildgebende Verfahren, denn ohne echokardiographische Führung der Intervention sind diese Eingriffe undenkbar. Insbesondere die Echtzeit-3-D-Echokardiographie hat durch ihren periinterventionellen Einsatz wesentlich an Bedeutung gewonnen. Zwar wurden die initialen Eingriffe ausschließlich mittels transösophagealer 2-D-Echokardiographie geführt [10], was jedoch nur durch die Beschränkung auf Pathologien im Bereich des A2/P2-Segments möglich gewesen ist. Mit der Erweiterung der Behandlung auf komplexere Pathologien zeigt sich der besondere Wert einer Echtzeit-3-D-Bildgebung [11, 12]. Felix Kreidel aus der Hamburger Arbeitsgruppe um Karl-Heinz Kuck gibt einen ausführlichen Überblick über Möglichkeiten und Grenzen der echokardiographischen Bildgebung bei den verschiedenen katheterbasierten Verfahren zur Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz.

Nicht nur die Intervention als solche, sondern besonders auch das Management möglicher Komplikationen erfordert eine große Erfahrung. Wie bei allen interventionellen Prozeduren ist das Beherrschen von Problemlösungsstrategien hilfreich, um in der Akutsituation rasch reagieren zu können. A. Bakker aus dem St. Antonius Hospital in Nieuwegein in den Niederlanden gibt einen ausführlichen Überblick über die zu erwartenden Komplikationen, ihre Detektion und ihr Management.

In den Hintergrund geraten sind andere interventionelle Verfahren, wie z. B. die Modifikation des Mitralklappenanulus, da die bisherigen Ergebnisse wenig befriedigend waren. Aktuell sind technisch überarbeitete Versionen der ursprünglichen Systeme auf dem Markt, die besonders mit ihrem günstigen Sicherheitsprofil punkten wollen. Ob sich damit eine Renaissance der Koronarsinussysteme ankündigt, beleuchtet Hubertus Degen aus der Arbeitsgruppe von Michael Haude in Neuss.

Wie sieht die Zukunft der perkutanen Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz aus?

Auf dem EuroPCR 2013 in Paris konnte bereits ein Blick in die Zukunft geworfen werden: In der mit „Glimpse into the Future“ betitelten Session wurden Methoden des perkutanen Klappenersatzes in Mitralposition vorgestellt. Die meisten Klappenmodelle befinden sich bislang noch im Stadium des Tierversuchs. Der Arbeitsgruppe um Olaf Franzen im Rigshopitalet University Hospital in Kopenhagen gelang die erste Implantation im Menschen. Bis zum regelhaften Einsatz beim Menschen scheinen aber noch erhebliche Entwicklungsschritte erforderlich zu sein.

Über den Umweg der „Valve-in-Valve“- oder „Valve-in-Ring“-Implantationen von Aortenklappenprothesen in die Mitralposition bei degenerierten Bioprothesen oder Rekonstruktionen sind heute bereits perkutane transfemorale (über den transseptalen Weg) oder transapikale Klappenimplantationen möglich, aktuell aber wohl eher als Therapieoption bei sonst inoperablen Patienten.

Daher bleibt insbesondere die perkutane Therapie der Mitralklappe ein besonders spannendes und herausforderndes Feld, das gleichermaßen interventionelle Kardiologen, Bildgebungsspezialisten und Ingenieure inspirieren und zu weiteren medizinischen und technischen Meisterleistungen voranbringen wird.