Fallvorstellung

Anamnese

Ein 75-jähriger Mann wurde konsiliarisch in der interventionellen Radiologie vorgestellt. Aus der Vorgeschichte sind seit etwa 4 Jahren bestehende, viertgradige Hämorrhoiden bekannt, welche mehrfach sklerosiert wurden. Aktuell befand sich der Patient aufgrund eines inoperablen hochsitzenden Analkarzinoms unter palliativer Therapie. In diesem Rahmen kam es in der Vorgeschichte mehrfach zu transfusionspflichtigen peranalen Blutungen. Blutgerinnungshemmende Medikamente wurden nicht eingenommen. Aktuell zeigte der Patient nun wieder starke anale Blutungen, woraufhin eine chirurgische Umstechung durchgeführt wurde. Trotzdem zeigten sich persistierende Blutungen, welche die Gabe dreier Blutkonserven und eine fortgesetzte stationäre Therapie erforderlich machten. Von einer umfassenderen chirurgischen Therapie wurde aufgrund der ausgeprägten kardiopulmonalen Komorbiditäten und befürchteter Blutungskomplikationen abgesehen.

Therapie und Verlauf

In Lokalanästhesie wurde die A. femoralis communis retrograd punktiert und eine 4‑French-Schleuse eingelegt (Außendurchmesser: 1,33 mm). Die angefertigte Angiographie zeigte regelhaft 4 Äste der A. anorectalis superior (Abb. 1). Diese wurden mit Mikrokatheter und Mikrodraht sondiert. Nach Sicherstellung einer distalen Lage wurden diese zunächst mit insgesamt 2 ml messenden sphärischen Partikeln (Durchmesser: 0,4 mm) und dann mit insgesamt 15 Metallspiralen verschlossen. Die Abschlussaufnahme zeigte eine Stase in den embolisierten Gefäßen (Abb. 2). Das Fremdmaterial wurde entfernt, die Punktionsstelle bis zur Stase komprimiert und ein Druckverband für eine Dauer von 6 h angelegt. Anschließend wurde der Patient zu den behandelnden Kollegen zurückverlegt und konnte 2 Tage später bei nun deutlich reduzierten Blutungen nach Hause entlassen werden. Vier Wochen nach dem Eingriff zeigte sich ein stabiler Hämoglobinwert bei weiter deutlich reduzierten Blutungen.

Abb. 1
figure 1

Angiographische Darstellung der A. mesenterica inferior via rechtsinguinalem Zugang. Am kaudalen Bildrand abgrenzbare Äste der A. rectalis superior, welche den kranialen Analkanal versorgen

Abb. 2
figure 2

Angiographie nach erfolgter Embolisation. Am kaudalen Bildrand erkennbare Spiralen mit konsekutiver Stase in den Endästen der A. rectalis superior

Diskussion

Die Embolisation der Äste der A. anorectalis superior stellt eine vielversprechende Behandlungsoption zur Blutungsreduktion bei proximal der Linea dentata lokalisierten Analkarzinomen dar. Das Vorgehen ist identisch mit der Hämorrhoidalarterienembolisation. Bei diesem Verfahren wurden bislang keine gravierenden, insbesondere ischämischen, Komplikationen berichtet, wahrscheinlich aufgrund des Kollateralflusses aus der A. rectalis inferior und A. rectalis media [1].

Aufgrund der Minimal-Invasivität des Verfahrens kann eine wirksame Symptomkontrolle insbesondere bei Patienten, bei denen aufgrund von Komorbiditäten oder Gerinnungsstörungen alternative Verfahren nicht zur Anwendung kommen können, erreicht werden. Durch das endovaskuläre Vorgehen ist ein sicherer Gefäßverschluss ohne potenziell komplikative Wunden am Analkanal möglich [1].

Fazit für die Praxis

Die interventionell-radiologische Embolisation stellt eine minimal-invasive Therapiealternative zur palliativen Behandlung von blutenden Analkarzinomen dar.