Zusammenfassung
Einleitung
Bei einer 69-jährigen Patientin kam es nach Umwandlung eines doppelläufigen in ein endständiges Kolostoma zu einer Wundheilungsstörung, welche aufgrund der Nähe zum Stoma schwer zu behandeln war. Wir entwickelten eine getunnelte subkutane endoskopische Unterdrucktherapie, um die Wunde verschlossen zu halten, sodass eine uneingeschränkte Funktion des Stomas möglich blieb.
Methode
Es wurden drei verschiedene offenporige Schlauchdrainagen verwendet. An das distale Ende einer Magensonde wurde entweder ein offenporiger PU-Schwamm (OPD), eine dünne, doppellagige Drainagefolie (OFD) oder ein mit der Drainagefolie umhüllter PU-Schwamm (OPFD) mittels Naht fixiert. Diese Drainagetypen unterscheiden sich im Durchmesser sowie in der Ansaugwirkung auf das Wundgewebe. Der parastomale Abszess wurde chirurgisch eröffnet und gespült. Daraufhin konnte der offenporige PU-Schwamm in die Wunde eingebracht werden. Der Unterdruckschlauch wurde über eine kleine Inzision wundfern ausgeleitet. Nach Wundverschluss per Naht konnte die Stomaplatte problemlos aufgeklebt werden. Ein Vakuum mit −125 mm Hg wurde etabliert. Die weiteren Verbandswechsel beinhalteten eine endoskopische Inspektion. Bei den erstmaligen Verbandswechseln von großporiger OPD und kleinporigerer OPFD musste die Wunde neu eröffnet und wieder chirurgisch verschlossen werden. Bei sauberen, granulierenden Wundverhältnissen wurde das Verbandsregime auf die kleinlumige OFD rotiert. Dieser Drainagetyp konnte ausschließlich endoskopisch gewechselt werden, eine weitere Wunderöffnung war nicht mehr notwendig.
Ergebnis
Durch die OPD konnte initial ein großflächiges Débridement und eine Wundverkleinerung erreicht werden, die Wunde musste für die Verbandswechsel jedoch wiedereröffnet werden. Auch bei der folgenden OPFD wurde die Wunde für den Verbandswechsel erneut eröffnet. Die doppellagige Folie um den PU-Schwamm führte hier zu einer geringeren Ansaugwirkung. Letztlich wurde mit der OFD eine rein endoskopisch zu versorgende Drainage etabliert, die keine weitere Manipulation an der Haut erforderte. Nach 16 Tagen endete die Therapie mit einer ausgeheilten Wunde und problemloser Stomaversorgung.
Abstract
Introduction
A 69-year-old female patient suffered a surgical site infection of the colostomy after surgery. The infection was difficult to treat due to the close proximity to the stoma. We developed a subcutaneous endoscopic negative pressure treatment to keep the wound closed so that an unimpaired function of the colostomy was possible.
Method
A total of three different types of drainage were used. At the distal end of a nasogastric tube either an open pore PU-sponge (OPD), a thin double layered drainage film (OFD) or a PU-sponge covered with a drainage film (OPFD) was fixed with a suture. These forms of drainage differed in diameter and the suction effect on the wound tissue. The parastomal abscess was surgically opened and rinsed. Then, the open pore PU-sponge was inserted into the wound and the negative pressure tube was drained away from the wound via a small incision. The wound was surgically closed with a suture and the stoma plate could be easily attached. A vacuum with −125 mm Hg was established. Regular change of dressings was accompanied by endoscopic inspection of the wound cavity to monitor healing. At the first change of dressing from large pore OPD or to small pore OPFD the wound had to be reopened and surgically closed again. Under clean granulating wound conditions the dressing regimen was rotated to the small pore OFD. This type of drainage could be renewed purely endoscopically without requiring reopening of the wound.
Result
Initially, an extensive debridement and reduction of the wound could be achieved by the OPD; however, changing of the drainage was possible only by reopening the wound. The subsequent OPFD still needed the wound to be reopened but due to the double-layered film around the PU-sponge, the attachment to the wound base was less intense. Finally, the OFD was installed and renewed purely endoscopically so that further manipulation of the skin was not necessary. After 16 days the treatment was complete with a fully functional colostomy and no further treatment was needed.
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Die Umwandlung eines doppelläufigen in ein endständiges Kolostoma geht häufig mit einer Verkleinerung des Fasziendurchtritts sowie der Hautwunde einher.
An dem Stoma können Wundheilungsstörungen entstehen, welche durch die Stuhlkontamination schwierig zu behandeln sind [2]. Bei einer Stomarückverlegung kann die kutane Unterdrucktherapie dazu beitragen, das Risiko einer Wundheilungsstörung zu verringern [1, 4].
In diesem Beitrag wird eine neue chirurgisch-endoskopische Methode der Unterdrucktherapie zur Behandlung einer komplizierten Wundheilungsstörung an einer stomalen Wunde vorgestellt. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung der konventionellen Unterdrucktherapie, welche sich zur Wundbehandlung bereits fest etabliert hat [3, 5, 6]. Ergänzend werden die Techniken der endoskopischen Unterdrucktherapie entlang eines subkutan getunnelten Zugangswegs eingesetzt, um die Wundheilung herbeizuführen.
In dieser Fallvorstellung handelt es sich um eine 69-jährige Patientin mit einem stenosierenden Adenokarzinom des Rektums (T3 N1 M0). Als wesentliche Begleiterkrankungen sind eine arterielle Hypertonie und ein Diabetes mellitus Typ 2 zu nennen.
Nach Beschluss des interdisziplinären Tumorboardes erfolgte initial die Anlage eines doppelläufigen Descendostomas. Nach neoadjuvanter Therapie erfolgte die geplante Rektumresektion als Hartmann-Situation mit endständigem Descendostoma. Hierfür wurde der Stomadurchtritt des vormals doppelläufigen Stomas genutzt und hierzu verkleinert.
Unmittelbar an der Naht des Stomas zeigte sich 7 Tage postoperativ eine Wundheilungsstörung mit stuhliger Kontamination und abszedierender Entzündung. Ein haftfähiger Untergrund für die Stomaplatte war somit im Wundbereich nicht gegeben. Die Folge war eine permanente Stuhlkontamination sowohl an der Stomawunde als auch an der Medianlaparotomie. Hautmazerationen der Wundumgebung mit hohem pflegerischem Aufwand bildeten eine weitere typische Folge der Komplikation.
Material und Methoden
Material
Es wurden drei unterschiedliche Schlauchdrainagen verwendet, welche sich in dem offenporigen Drainageelement (DE) unterscheiden (Abb. 1).
Offenporige Polyurethanschwammdrainage (OPD).
Am distalen Ende eines Drainageschlauches (Ventrol, Ch 16, 120 cm, Mallinckrodt Medical, Irland) wurde ein offenporiger Polyurethan(PU)Schwamm (V.A.C. GranuFoam, KCI Inc. San Antonio, USA; Endo-SPONGE® B. Braun, Melsungen, Deutschland) befestigt.
Folienummantelte OPD (OPFD).
Die OPD wurde mit einer offenporigen dünnen, doppellagige Drainagefolie (Suprasorb CNP, Drainage Film; Lohmann & Rauscher International GmbH & Co. KG, Rengsdorf, Germany) ummantelt.
Offenporige Foliendrainage (OFD).
Der distale Drainageschlauch wurde einmalig mit der Drainagefolie umwickelt.
Die Drainagetypen unterscheiden sich wesentlich im DE-Durchmesser. OPD und OPFD haben voluminöse, durchmesserstarke Drainageelemente, die chirurgisch-endoskopisch in die Wunde eingebracht werden müssen. OFD haben nur einen Durchmesser von wenigen Millimetern, diese können endoskopisch ohne erneute Wunderöffnung eingeführt werden. Folienbasierte DE haften weniger fest am Wundgrund und lassen sich leichter entfernen.
Methode
Bei der subkutanen getunnelten endoskopischen Unterdrucktherapie (ST-EUT) wird der Drainageschlauch der in der Wunde einliegenden Schlauchdrainage über eine wundferne Inzision ausgeleitet. Die Wunde wird mittels chirurgischer Naht über dem DE verschlossen und ein Unterdruck von −125 mm Hg mit kontinuierlichem Sog angelegt (KCI V.A.C. Freedom, Activac KCI USA Inc., San Antonio, Texas, USA).
Der Drainagekanal wird als endoskopischer Zugangsweg genutzt, die Drainage im Abstand von 3 bis 4 Tagen gewechselt. Die Wunde wird hierbei endoskopisch inspiziert und der Wundheilungsverlauf begutachtet.
Die ST-EUT beginnt mit einer OPD, wechselt auf die OPFD und letztlich auf die dünne OFD. Ziel ist es, durch die im Durchmesser kleiner werdenden Drainagen die Wunde schrittweise so weit zu verkleinern, dass die ausschließliche endoskopische Behandlung ohne erneute chirurgische Wunderöffnung möglich ist.
Diese chirurgisch-endoskopische Wundbehandlung lässt sich in 3 Schritte unterteilen:
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1.
Nach der initialen Wunderöffnung wurde die OPD in die Wunde eingebracht und der Drainageschlauch wundfern über eine Stichinzision ausgeleitet. Die Wunde wurde über der OPD mittels Naht chirurgisch verschlossen und ein Vakuum von −125 mm Hg etabliert (V.A.C. Freedome, KCI Inc. San Antonio, USA).
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2.
Nach 3 Tagen erfolgte der Systemwechsel der OPD auf die folienummantelte OPFD (mit einem Durchmesser von min. 15 mm); hierfür musste die Wunde eröffnet werden (Abb. 2 und 3), da der Schwammdurchmesser für eine endoskopische Platzierung zu groß ist. Der Verbandswechsel ist notwendig, um eine sukzessive Wundverkleinerung zu erreichen. Die alte Drainage wurde entfernt, die OPFD mit neuem Drainageschlauch eingebracht und die Wunde wieder mittels Naht verschlossen. Die OPFD hat eine geringe Ansaugwirkung und führte durch die kleinere Abmessung ebenfalls zu einer Wundverkleinerung.
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3.
Nach weiteren 3 Tagen wurde die kleinlumige OFD eingebracht; hier war letztmalig eine Wunderöffnung notwendig. Die OPFD wurde durch die wiedereröffnete Wunde entfernt. Die OFD konnte nun durch den Tunnel unter endoskopischer Kontrolle (Abb. 4) eingebracht und gewechselt werden. Die Hautwunde wurde final verschlossen. Für die weiteren Wechsel der OFD konnte die Wunde verschlossen bleiben, der Drainagewechsel erfolgte endoskopisch. Die OFD wurde dreimal endoskopisch erneuert mit einer gesamten Therapiedauer von 10 Tagen.
Die Untersuchungen erfolgten in der Endoskopie mit Sedierung nach S3-Leitlinie. Sämtliche Prozeduren wurden unter sterilen Kautelen durchgeführt.
Ergebnis
Bei dem vorliegenden parastomalen Abszess wurde die Hautwunde zunächst chirurgisch eröffnet, gespült und ein Abstrich entnommen, die Faszie blieb intakt.
Die initiale dreitägige OPD-Behandlung führte zu einem großflächigen Débridement und zur Wundverkleinerung, dazu wurde die Wunde zum Verbandwechsel eröffnet. Auch bei der dreitägigen OPFD-Behandlung musste die Wunde zum Systemwechsel erneut eröffnet werden; die Bindung zum Wundgrund durch die Vakuumfolie ist hierbei geringer, die Wunde kann sich so verkleinern. Letztlich konnte die OPFD eingebracht werden, welche endoskopisch erneuert wurde. Eine weitere Hautmanipulation war nicht notwendig. Die gesamte Therapie hatte keine Auswirkungen auf die orale Ernährung und beeinflusste nicht die Funktion und Versorgung des Kolostomas (Abb. 5).
Die gesamte Therapie der Wundheilungsstörung erfolgte über 16 Tage. Insgesamt erfolgten 6 subkutane Endoskopien und 5 Drainageanlagen.
Diskussion
In dem vorliegenden Fall war die endoskopische, getunnelte Unterdrucktherapie erfolgreich, insbesondere die Stuhlkontamination der Wunde blieb bei ungestörter Funktion des Stomas aus. Hiermit ging die normale orale Ernährung der Patientin einher.
In Abhängigkeit von den verwendeten Schlauchdrainagen kann bei den Drainagewechseln auch eine erneute Wunderöffnung der Wunde notwendig sein. In unserem Fallbeispiel war dieses zweimal erforderlich, eine Heilungsstörung der Haut trat jedoch nicht auf. Die Wunderöffnung kann auch für ein konventionelles chirurgisches Débridement genutzt werden. Nach erneutem Einbringen der Schlauchdrainage und wundferner Ausleitung wird die Wunde chirurgisch verschlossen. Der chirurgische Wundverschluss ermöglicht den Unterdruckaufbau im Wundbett, ohne dass eine Abklebung mit einer Okklusionsfolie erfolgen muss. Schrittweise wird die Wunde kontinuierlich verkleinert, sodass im Laufe der Therapie und unter Verwendung neuer kleinlumiger OFD die Behandlung ausschließlich endoskopisch ohne erneute Wunderöffnung durchgeführt werden kann.
Das neue Verfahren kann als Alternative zu offen-chirurgischen Revisionen mit ggf. Neuanlage des Stomas an anderer Stelle angewendet werden.
Fazit für die Praxis
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Durch wundferne Drainageausleitung kann das Stoma uneingeschränkt verwendet werden.
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Der Heilungsverlauf lässt sich endoskopisch kontrollieren.
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Eine orale Nahrungsaufnahme ist problemlos möglich.
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Es ist keine weitere Operation notwendig.
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Die getunnelte endoskopische Unterdrucktherapie ist eine minimal-invasive Alternative zur Behandlung des parastomalen Abszesses.
Literatur
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Müller, J., Müller, C. & Loske, G. Getunnelte subkutane endoskopische Unterdrucktherapie. coloproctology 43, 46–50 (2021). https://doi.org/10.1007/s00053-020-00505-1
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00053-020-00505-1