FormalPara Originalpublikation

Litta F, Parello A, De Simone V, Campennì P, Orefice R, Marra AA, Goglia M, Moroni R, Ratto C (2020) Efficacy of Sphinkeeper™ implant in treating faecal incontinence. Br J Surg. 107(5):484–488. https://doi.org/10.1002/bjs.11558

FormalPara Hintergrund.

Stuhlinkontinenz ist ein häufiges Krankheitsbild, das die Lebensqualität stark negativ beeinträchtigt. Der Gatekeeper™ stellt eine neuere operative Technik dar und wurde 2011 erstmals bei Patientinnen und Patienten mit einer Stuhlinkontinenz angewendet [1]. Dabei werden 4 bis 6 kleine selbstexpandierende Prothesen in den intersphinktären Raum um den Analkanal implantiert. Die Operation wurde in weiterer Folge als Sphinkeeper™ modifiziert, indem die Prothesen vergrößert wurden und ihre Anzahl auf 10 erhöht wurde. Größere Schließmuskeldefekten sollen so effektiver behandelt werden. Das Ziel der aktuellen Studie war es, die Effektivität des Sphinkeeper™ bei Stuhlinkontinenz zu evaluieren. Zusätzlich wurden die Sicherheit der Operation und die Prothesenmigration beurteilt [2].

FormalPara Methode.

Es handelt sich um eine prospektive Beobachtungsstudie eines Zentrums. Patientinnen und Patienten mit einer Stuhlinkontinenz seit mindestens 6 Monaten im Alter zwischen 18 und 85 Jahren wurden inkludiert. Die postoperative Nachbeobachtung erfolgte nach 3, 6 und 12 Monaten. Bei jeder Visite wurde ein endorektaler Ultraschall zur Lagekontrolle der Prothesen und eine anale Manometrie durchgeführt. Das funktionelle Ansprechen wurde mit dem Cleveland Clinic Fecal Incontinence Score (CCFIS) und dem Vaizey-Score ermittelt. Die Lebensqualität wurde erfasst mit Hilfe des Faecal Incontinence Quality of Life Scale (FIQL) und dem Short-Form-36-Fragebogen (SF-36®; Rand Corporation, Santa Monica, CA, USA).

FormalPara Ergebnisse.

Es wurden 45 Patienten (36 davon weiblich) mit einem Durchschnittsalter von 66,6 Jahren eingeschlossen. Die durchschnittliche Nachbeobachtungszeit betrug 15,9 Monate. Es traten keine intra- oder postoperativen Komplikationen auf.

FormalPara Kontinenz.

Fünf Personen gaben an, nach dem Eingriff komplett kontinent zu sein. Die Anzahl der Betroffenen mit der Fähigkeit, den Stuhl länger als 5 min zurückzuhalten, erhöhte sich nach der Operation signifikant von 14 auf 29 Personen. Der CCFIS betrug vor dem Eingriff 12,0 (3,7) und verbesserte sich auf 7,6 (4,1) Punkte (p < 0,001) beim letzten Follow-up. In ähnlicher Weise veränderte sich auch der Vaizey-Score (vor Operation: 14,6 (4,4) Punkte, postoperativ: 10,2 [4,7]; p < 0,001).

FormalPara Lebensqualität, Manometrie und Ultraschallergebnisse.

Alle Domänen des FIQL zeigten eine Verbesserung nach dem Eingriff. Die anorektale Manometrie fand nur einen signifikanten Anstieg des maximalen Kneifdrucks (vor der Operation: im Mittel 80,7 [68,5] mmHG; nach der Operation: im Mittel 90,1 [48,7] mmHG; p = 0,006). Der endorektale Ultraschall fand eine inadäquate Prothesenlage bei 23 von 42 Patienten, wobei 6 von 10 Prothesen im definierten Areal liegen mussten. Es zeigte sich, dass bei jenen Patienten mit korrekter Prothesenposition die funktionellen Ergebnisse besser waren.

FormalPara Diskussion.

Die Sphinkeeper™-Operation führte zu einer Verbesserung der Stuhlinkontinenzbeschwerden, und zwar unabhängig von ihrer Ursache. Die optimale Lage der Prothesen erscheint wichtig und liegt im oberen Drittel des Analkanals, zwischen dem äußeren und dem inneren Schließmuskel. Von besonderer Bedeutung war der Rückgang der Inkontinenzepisoden für Winde und die Abnahme von Stuhlschmieren. Für diese Beschwerdebilder ist die chirurgische Behandlung generell herausfordernd. Die Komplikationsrate ist sehr gering und das Verfahren kann prinzipiell auch in lokaler Betäubung durchgeführt werden. Das macht es attraktiv für ältere Leute. Im Vergleich zum Gatekeeper™ scheinen auch Patienten mit einem größeren Schließmuskeldefekt von der Methode zu profitieren.

FormalPara Beurteilung.

Das Studiendesign für eine prospektive Beobachtungsstudie war adäquat, wenn auch die gesamte Kohorte aufgrund unterschiedlicher Stuhlinkontinenzursachen nicht homogen war. Zur Messung der Stuhlfunktion wurden standardisierte und validierte Fragebögen verwendet. Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt kaum Daten über die Effektivität der Sphinkeeper™-Operation. Dementsprechend sind die Ergebnisse sehr interessant, aber auch ernüchternd. Im Vergleich zum Gatekeeper™ wurden 10 Prothesen implantiert, in der Hoffnung, die Kontinenzraten zu steigern und den Migrationseffekt abzuschwächen. Die aktuellen Daten bestätigen zwar eine signifikante Verbesserung, gemessen an den Score-Werten scheint der tatsächliche klinische Effekt aber moderat zu sein. Nicht diskutiertet wurde der erneute Rückgang der SI nach 6 Monaten im Vergleich zur 3‑monatigen Kontrolle. Ist das ein Späteffekt? Oder wurden hier weitere therapeutische Maßnahmen gesetzt, die nicht beschrieben wurden?

Die Studie lässt letztlich die Frage unbeantwortet, ob die erhöhte Anzahl an Prothesen einen gesteigerten Effekt auf die Stuhlkontrolle hat. Dies ist auch insofern bedeutsam, da die Kosten gegenüber dem Gatekeeper™ deutlich höher liegen.

Der Sphinkeeper™ ist eine interessante, komplikationsarme Therapieoption für Menschen mit einer Stuhlinkontinenz. Es bedarf aber noch vieler weiterer Studien, um den tatsächlichen Stellenwert der Operation zu definieren.