FormalPara Originalpublikation

Yang CS et al (2016) Rectal tube drainage reduces major anastomotic leakage after minimally invasive rectal cancer surgery. Colorectal Dis 18(12):O445–O452. https://doi.org/10.1111/codi.13506

FormalPara Zusammenfassung.

In der Rektumchirurgie ist die protektive Ileostomie zur Verhinderung operationspflichtiger Anastomoseninsuffizienzen, bei beträchtlicher Morbidität rund um das Stoma selbst, nach wie vor häufig in Verwendung. In dieser retrospektiven Studie wird nun der Nutzen von transanalen Drainagen bezüglich der Anastomoseninsuffizienzen in einer Subgruppe von operierten Rektumkarzinompatienten, welche bei intermediärem Risikoprofil keine protektive Ileostomie erhalten, näher beleuchtet.

FormalPara Methodik.

Mittels „propensity score matching“ wurden retrospektiv zwei Gruppen von je 102 Patienten (non-rectal tube vs. rectal tube) aus der minimal-invasiven onkologischen Rektumchirurgie verglichen. Dem Regime dieses koloproktologischen Zentrums in Korea entsprechend werden die transanalen Drainagen bei Patienten mit „intermediärem Risiko“ für eine postoperative Anastomoseninsuffizienz eingebracht. Intermediäres Risiko bedeutet hierbei, dass nur einer der folgenden Risikofaktoren bei OP zutreffend ist: männliches Geschlecht, tiefe Anastomose, präoperative Radiochemotherapie oder multiples Verwenden des Staplers – entsprechend einer früheren retrospektiven koreanischen Studie [2]. Drei Chirurgen führten hier die Operationen sowohl laparoskopisch als auch roboterassistiert durch.

FormalPara Ergebnisse.

Die Anastomoseninsuffizienzrate war mit 9,8 % (n = 10) in der Gruppe mit transanaler Drainage nicht signifikant niedriger als in der ohne (11,8 %, n = 12), operationspflichtige Insuffizienzen waren mit 3,9 % vs. 11,8 % in der Drainage-Gruppe signifikant weniger häufig.

In der Gruppe ohne Drainage erhielten alle Patienten mit Insuffizienz der Anastomose notfallmäßig eine Reoperation und die Anlage eines Stomas. Drei von vier Reoperationen in der Drainage-Gruppe waren ebenfalls mit Stuhldeviation. Ein Todesfall aufgrund von Peritonitis bei einem 88-jährigen Patienten trat in der Drainage-Gruppe auf, jeweils eine rektovaginale Fistelung wurde in beiden Gruppen beobachtet.

Als unabhängige Risikofaktoren für eine operationspflichtige Anastomoseninsuffizienz wurden das Alter über 65 Jahre und die fehlende transanale Drainage mit Signifikanz errechnet, eine Anastomosentiefe unter 5 cm ab ano wurde hier mit einem Trend zur Signifikanz angegeben.

FormalPara Schlussfolgerung.

Die Autoren weisen auf die Sicherheit und den eventuellen Nutzen einer transanalen Drainage in der minimal-invasiven Rektumchirurgie bezüglich der Rate an operationspflichtigen Anastomoseninsuffizienzen hin.

Kommentar

Seit 1997 beschreiben mehrere retrospektive Studien die Möglichkeit einer transanalen Drainage als zusätzliches Management in der Rektumchirurgie [1]. Der Nutzen einer solchen Drainage könnte auf eine Reduktion des intraluminalen Drucks und Drainage von endoluminaler blutiger Flüssigkeit im postoperativen Verlauf zurückgeführt werden. Die Überzahl zeigt hierbei im Kontrast zu der oben beschriebenen Studie eine Verbesserung der Gesamtzahl an aufgetretenen Anastomoseninsuffizienzen auf. Die transanalen Drainagen wurden allerdings hier lediglich für eine Subgruppe von Rektumkarzinompatienten, für solche mit „intermediärem“ Risiko zur Anastomoseninsuffizienz, verwendet, alle anderen Patienten mit mehr als einem Risikofaktor erhielten primär eine Stuhldeviation. Das Risikoprofil wurde einer ebenfalls retrospektiven Studie mit großer Fallzahl aus dem Jahre 2013 entnommen, wobei bis heute die Frage, wie viele und welche erhebbaren Risikofaktoren, aber auch lokale Unterschiede am Gewebe oder des Mikrobioms zu einer Anastomoseninsuffizienz am Rektum führen können, nicht geklärt ist. Die Autoren selbst beschreiben in Ihrer Studie zwei unabhängige Risikofaktoren für operationspflichtige Anastomoseninsuffizienzen, geben allerdings die erhobenen Variablen gesamt hierzu nicht an.

Im Durchschnitt wurde die transanale Drainage am fünften postoperativen Tag bzw. nach Abgehen von Winden entfernt und der Kostaufbau begonnen. Die Autoren weisen jedoch auch auf den früheren Kostaufbau in der Gruppe ohne transanale Drainage hin, da als Indikator für eine beginnende Passage Windabgang per anum angenommen wird und dieser besser ohne Drainage zu eruieren sei. Der individuelle Beginn des Kostaufbaus in beiden Gruppen als auch das Entfernen der Drainage zu verschiedenen Zeitpunkten zeigen die begrenzte Aussagefähigkeit des retrospektiven Designs der Studie auf. Auch die Vorlieben der jeweiligen Chirurgen zur Drainage können in diesem Design beeinflussend sein, darüber hinaus waren in der transanalen Drainage-Gruppe signifikant mehr Staplerreihen zum Absetzen des Rektums notwendig, obwohl die Tumoren nach Matching der Gruppen nicht tiefer lokalisiert und der BMI der Patienten gleich gewesen sein dürfte.

Die Autoren betonen die postoperative Beeinträchtigung des Patienten durch die tagelang liegende transanale Drainage und weisen auf die nur teilweise zu erreichende Drainage von verschiedenen (Stuhl‑)Konsistenzen hin. Rezent ist hierzu von einer japanischen Gruppe eine eigens dafür entworfene transanale Drainage, die sich dem Thema der subjektiven Unannehmlichkeiten und begrenzten Drainagemöglichkeiten widmet, beschrieben worden [3].

Zusammenfassend kann nicht zuletzt aufgrund dieser Studie der Nutzen einer transanalen Drainage in der Rektumkarzinomchirurgie nicht klar beantwortet, aber bei der behandelten Subgruppe von Patienten vermutet werden. Bei Einsetzen dieser Drainage sollte an die subjektive Beeinträchtigung durch die Drainage im postoperativen Verlauf (perianale Naht zur Fixierung, eingeschränkte Mobilisierung) gedacht werden. Wie auch von den Autoren gefordert, bedarf es zum weiteren Informationsgewinn randomisierte und prospektive Daten verschiedener Arten von transanalen Drainagen.