Ich freue mich über die Gelegenheit, diese Arbeit kommentieren zu dürfen. Lassen Sie mich zu Beginn meinem guten Freund Prof. Phillips [1] meine Ehrerbietung erweisen.

Was also sollte ein Chirurg tun, wenn er eine Fistel vor sich hat? Ist er/sie erfahren genug, das Ausmaß der Fistel abzuschätzen oder hat er/sie schon hinreichend oft Fisteln operiert, um die Klassifikation nach Parks auswendig zu beherrschen? Kann ein Chirurg, wie es Prof. Phillips tut, den Prozentsatz des Sphinkterapparats korrekt beurteilen, der durchtrennt werden muss, um die Fistel zu heilen?

Der zweite wichtige Gesichtspunkt ist: Sollte den Patienten eine Fistulotomie unabhängig davon angeboten werden, ob sie distale oder proximale intersphinktäre oder transsphinktäre Fisteln haben, auf der Basis persönlicher Erfahrung und in Ermangelung von Level-1-Evidenz?

Ich glaube, wir müssen den Patienten die Inkontinenzdaten vor Ansetzen einer Operation offen vorlegen. Ich habe nicht den Vorzug und das Vergnügen, in Großbritannien zu praktizieren, jedoch praktiziere ich in Chicago, der Stadt in den Vereinigten Staaten, die für die höchste Zahl an Kunstfehlerprozessen bekannt ist. Selbstverständlich kann Prof. Phillips seinen Patienten die Ergebnisse und die Art der erwarteten postoperativen Inkontinenz im schlechtesten Fall als einen Löffel voller Schleim vermitteln. Wäre ich jedoch sein Patient und hätte die Wahl einer „Fistulotomie mit dem Risiko von leichtem Flatus- oder Schleimabgang gegenüber den persistierenden purulenten oder fäkulenten Sekretionen, die mit einer Langzeit-Fadendrainage assoziiert sind“ würde ich nicht zögern, ebenfalls die erstere zu wählen.

Wenn man mich mit der ‚‚operationsinduzierten Inkontinenz’‘ von 30% bei den distalen und 40% bei den proximalen Fistulotomien konfrontieren würde, einschließlich der Inkontinenz für Flatus, weichen oder harten Stuhl oder der Notwendigkeit, Vorlagen tragen zu müssen, würde ich jedoch nochmals darüber nachdenken. Wenn man die Daten der operationsinduzierten Inkontinenz einmal anders betrachtet, so berichten die Autoren über Inkontinenzraten von 29 bzw. 44% bei intersphinktären und transsphinktären Fisteln.

Es besteht kein Zweifel über die Bedeutung der internen Sphinkterotomie bezüglich der Inkontinenz in Ruhe. Es ist jedoch die Beteiligung des externen Sphinkters, insbesondere bei proximal transsphinktären und suprasphinktären Fisteln, die kolorektale Chirurgen dazu drängte, nach Alternativen zur Sphinkterotomie zu suchen, wie z. B. Kleber, Flap, Plug und LIFT zur Vermeidung operationsinduzierter Inkontinenz.

Validierte Inkontinenzscores – sofern sie eingesetzt werden – müssen sowohl prä- als auch postoperativ zur Anwendung kommen, denn viele Patienten betrachten Sekretionen von Eiter und Blut sowie die Notwendigkeit zum Tragen von Vorlagen schon präoperativ als eine Form von Inkontinenz. Validierte Inkontinenzscores können nur richtig eingesetzt werden (z. B. Vaizey, University of Minnesota, Pescatori, und Cleveland Clinic), indem man eine Methode auswählt und dabei bleibt. Ich glaube, dass die meisten Patienten in der Lage sind, zwischen Inkontinenz für Flatus, weichen und harten Stuhl, der Anzahl von Inkontinenzereignissen sowie der Häufigkeit des Tragens von Vorlagen oder speziellen Windelhosen zu differenzieren. Außerdem kann ein Inkontinenzscore sehr hilfreich oder gar essenziell sein, wenn man den Zweck verfolgt, durch Beurteilung der Lebensqualitätsanalysen zu vernünftigen und glaubhaften Level-1-Schlussfolgerungen zu gelangen.

Das Ziel des Chirurgen bei der Behandlung von Patienten mit Fisteln ist es, diese zu heilen. Zu viel Zurückhaltung führt zu Persistenz und Rezidiven. Andererseits kann ein zu aggressiver Ansatz zu einer lebenslangen Inkontinenz führen – ein hoher Preis für eine Heilung. Aus diesem Grund muss der Spezialist für alle Möglichkeiten offen sein und den Eingriff individuell für jeden Patienten maßschneidern.