Zusammenfassung
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1.
Neben den bekannten 5 Berichtsformen wurde auf 3 verschiedene Arten der Anordnung hingewiesen, die Anordnung nach Wichtigkeit, die räumliche und die sprunghafte Anordnung; die erste derselben wird als wertvollste, die letzte als primitivste angesehen. Bei den Manisch-Depressiven überwiegen die höchsten Berichtsformen (Qualitäts- und Interpretationsform) stärker als bei den Schizophrenen, bei denen sie zugunsten der Relationsform zurücktreten. In der Regel ist bei Manisch-Depressiven hohe Berichtsform mit hoher Anordnung verknüpft, bei Schizophrenen dagegen finden sich vielfach hohe Formen mit primitiver Anordnung und umgekehrt relativ primitive (Relations-)Form mit hoher Anordnung verbunden.
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2.
Wenig richtige Angaben (20 oder weniger) machten im Bericht nur 3 (13,7%) Manisch-Depressive, dagegen 20 (32,8%) Schizophrene. Das Wissen (richtige Angaben im Bericht + Verhör) läßt dieses Verhältnis abgeschwächt wiedererkennen: geringes Wissen (bis zu 50 Angaben) hatten 4 (18,2%) Manisch-Depressive, 19 (31,2%) Schizophrene.
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3.
Die Zuverlässigkeit war sowohl im Bericht wie im Verhör bei den Manisch-Depressiven größer als bei den Schizophrenen. Niedrige Zuverlässigkeitswerte (bis 80% im Bericht, bis 60% im Verhör) sprechen mehr für eine schizophrene Erkrankung; sie finden sich in der Regel zusammen mit räumlicher oder sprunghafter Anordnung des Berichts (80%).
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4.
Große Suggestibilität (mehr als 3 falsche Angaben bei den entsprechenden Fragen) fand sich bei Manisch-Depressiven in keinem Falle, bei Schizophrenen 13mal (21,3%); sie spricht ebenfalls mehr für Schizophrenie.
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5.
Bei Manisch-Depressiven fand sich sowohl eine größere Zahl richtiger Farbenangaben wie eine geringere Zahl von Farbenfehlern. Auch hinsichtlich der Häufigkeit, in der eine bestimmte Anzahl richtiger oder falscher Farbenangaben vorkommen, fanden sich greifbare Unterschiede. Die von anderen Autoren gefundene größere Farbenfreudigkeit der Cyclothymen hat sich bei unserem Versuch bestätigt.
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6.
Form und Anordnung des Berichts, Zahl der richtigen Angaben, Zuverlässigkeit des Berichts und Verhörs, Suggestibilität und Zahl der richtigen und falschen Farbenangaben geben für die untersuchten Krankheitsgruppen diagnostische Hinweise.
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References
Zur Methodik der Intelligenzprüfung. Allg. Z. Psychiatr.64 (1907).
Zeugenaussagen Geisteskranker. Z. angew. Psychol.2 (1909).
Das Aussageexperiment als psychopathologische Untersuchungsmethode. Klin. f. psych. u. nerv. Krankh.3 (1908).
Leitfaden der experimentellen Psychopathologie. 9. u. 10. Vorlesung. Berlin 1910: S. Karger.
Die Aussage als geistige Leistung und als Verhörsprodukt. Beitr. z. Psychologie d. Aussage1, H. 3.
Über Soldatenaussagen. Beitr. z. Psychologie d. Aussage2, 287.
References
Eine recht gute Übersicht über den Stand dieser Frage, die vonRohrschach, Oberholzer, v. d. Horst, Kibler, Enke, Munz, Scholl, Bayer, Damhach, Latz undVollmer behandelt ist, gibtG. Pfahler, System der Typenlehren in der Z. Psychol. Erg.-Bd.15, 242–315 (1929).
W. Stern, a. a. O., S. 126.
Rodenwaldt, a. a. O., S. 331.
Rodenwaldt führt ebenfalls solche Anordnungen an (a. a. O., S. 319), legt ihnen aber andere Motive unter.
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Langelüddeke, A. Diagnostische Studien am W. Sternschen Aussageversuch. Z. f. d. ges. Neur. u Psych. 128, 257–264 (1930). https://doi.org/10.1007/BF02864260
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DOI: https://doi.org/10.1007/BF02864260