Zusammenfassung
Es wird über eine akute tödliche Vergiftung mit dem Pflanzenschutzmittel „Nikotin 95/98%“, Marke Winzerfreund, berichtet. Das Mittel ist unverdünnt in vielfacher tödlicher Dosis getrunken worden. Kasuistik, wesentlichste Obduktionsbefunde, chemisch-analytische Untersuchungen und deren Befunde werden angeführt. Ausführlicher werden Nachuntersuchungen und Bestimmungen von Nicotin an länger gelagerten, chemisch unkonservierten und formalinfixierten Organproben beschrieben.
Obduktionsmäßig standen starke, mit Alkalieinwirkung vergleichbare Verätzungserscheinungen im Vordergrund.
Die chemisch-analytischen Befunde beweisen eine tödliche Vergiftung durch Nicotin.
Nachuntersuchungen an 1 Jahr kühl und dunkel gelagerten Organproben erbrachten mit den Erstuntersuchungen gut übereinstimmende Nicotinwerte.
Die Untersuchungsbefunde an Teilen eines einjährigen formalinhaltigen Asservats für histologische Zwecke lassen den Schluß zu, daß hieran sehr wahrscheinlich noch nach Jahren eine Nicotinvergiftung diagnostiziert werden kann. Das Alkaloid ließ sich qualitativ unverändert nachweisen.
Die Leistungsfähigkeit der UV-Spektrophotometrie bei der Identifizierung und quantitativen Bestimmung des Nicotins an Organextrakten und -destillaten wird durch Wiedergabe mehrerer Absorptionskurven gezeigt.
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Tiess, D., Nagel, K.H. Akute tödliche Vergiftung mit „Nikotin 95/98%“. Arch. Toxikol. 22, 68–79 (1966). https://doi.org/10.1007/BF01342654
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