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Morphologische Untersuchungen an Epithelkörperchen (Glandulae parathyreoideae) von Anuren

Teil I

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Zeitschrift für Zellforschung und Mikroskopische Anatomie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Die Epithelkörperchen (EK) von 291 Exemplaren zehn verschiedener Anurenarten werden teils erneut, teils erstmalig mikroskopisch-anatomisch, histologisch und histochemisch untersucht. — 215 Tiere entfallen auf die Art Rana temporaria; ihre EK wurden in allen Monaten des Jahres gewonnen. 40 Exemplare dreier verschiedener Bufonidae-Arten (Bufo vulgaris, viridis, calamita) wurden im Früh jahr und im Sommer untersucht. Nur im Frühjahr (Rana arvalis, Hyla, Alytes, Bombina, Xenopus) oder Herbst (R. esculenta) konnten die EK der restlichen Anuren entnommen werden.

  1. 1.

    Die EK treten bei Anuren meist in der Vierzahl auf, je zwei auf beiden Halsseiten. Bei Alytes und Bombina scheint sich ihre Zahl auf insgesamt zwei zu beschränken. Überzählige EK sind nicht selten.

  2. 2.

    Die EK aller untersuchten Arten liegen, mit artspezifischen Variationen, in Nähe der Arteria carotis externa, von der sie auch versorgt werden dürften, und etwas cranial vom Carotiskörperchen. Engere räumliche Beziehungen zum Jugularkörper bestehen in der Regel nur bei den Ranidae und bei Bufo calamita.

  3. 3.

    Die Größe der Organe nimmt mit der Größe der Anurenart zu, doch bestehen individuelle Größenunterschiede. Die EK der kleinsten Art Bombina haben im fixierten Zustande Durchmesser von höchstens 180 μ, die von Rana temporaria können im Sommer bis zu 600 μ groß werden. Besonders klein pflegen überzählige EK zu sein.

  4. 4.

    Mit Ausnahme der EK von Alytes sind die aller anderen Anurenarten gleichartig gebaut: Die ovoiden Organe bestehen aus einem gefäß- und bindegewebsfreien, epithelialen Parenchym, dessen Versorgung von einem auf der Oberfläche des Epithelverbandes ausgebreiteten subkapsulären Blutkapillarnetz erfolgt. Eine bindegewebige Kapsel umhüllt die Organe.

  5. 5.

    Einzelne EK von Rana esculenta und Xenopus sind zusätzlich mit intraparenchymatösen Blutkapillaren ausgestattet. In diesen Fällen besteht offenbar eine Beziehung zwischen der besonderen Größe der Organe und der Vaskularisierung.

  6. 6.

    Histologisch und histochemisch lassen sich am Parenchym der EK zwei Zonen unterscheiden. Aus Zellen, die als aktive Elemente angesehen werden müssen, besteht die periphere, kapillarnahe Zone. Sie umschließt allseitig die zentrale, kapillarferne Zone, welche sich aus inaktiven Zellen zusammensetzt. An Hand von vergleichend-histologischen und Einzelbefunden läßt sich nachweisen, daß die Ausbildung der verschiedenen Zonen von der Entfernung ihrer Zellen vom Kapillarnetz abhängt.

  7. 7.

    Auf Grund ihrer Zelltypen definierbare zentrale Zonen sind nur ausgebildet an größeren EK von Herbst-, Winter- und Frühjahrstieren und bei frisch gefangenen Sommertieren. Bei Sommertieren dagegen, die seit dem Frühjahr gehalten waren und Hunger gelitten hatten, sind die typischen Zellen des Zentrums auf engen Raum beschränkt oder fehlen völlig. Der Serum-Calcium-Spiegel dieser Tiere war gegenüber Kontrollen deutlich erniedrigt.

  8. 8.

    Das Gröβenverhältnis beider Zonen zueinander kann als Maβ der Organaktivität angesehen werden. Diese ist offenbar von einer Anforderung seitens des Organismus abhängig, da alle EK eines Individuums sich regelmäßig im gleichen Funktionszustand befinden. Sie wird dagegen nicht als Folge eines von der Peripherie zum Zentrum absinkenden Sauerstoff-Partialdruckes gedeutet. Auch bestehen keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

  9. 9.

    Es wird eine neue Auffassung über die Funktionsweise der EK von Anuren entwickelt und erläutert. Danach müssen die inaktiven Elemente des Zentrums als Reservezellen angesehen werden, die bei Bedarf Form und Funktion ändern und sich in den Dienst des Organismus stellen. Diese Auffassung nimmt Rücksicht auf den besonderen Bau der Organe und steht im Einklang mit unseren Kenntnissen über die EK und ihre Funktion auch bei höheren Wirbeltieren. Bei kleinen EK, die im Bedarfsfalle nicht auf die inaktiven Reservezellen des Zentrums zurückgreifen können, dürfte eine Aktivitätszunahme des ganzen Organes nur durch Steigerung der Tätigkeit der einzelnen, ohnehin schon aktiven Zelle möglich sein. Gleichzeitig bestätigen unsere Befunde, daß wohl nur humorale Faktoren die Tätigkeit der EK regulieren können.

  10. 10.

    Darüber hinaus wird wohl erstmals Einblick in den Anpassungsmechanismus gewonnen, wie er sich in der einzelnen EK-Zelle abspielen dürfte: Die Parathyreoidea-Zelle ist bestrebt, in ihrem Inneren Calcium anzureichern. Bei genügendem Vorrat stellt sie ihre Hormonsynthese ein und nimmt sie erst wieder auf, wenn sie bei Sinken des Serum-Calcium-Spiegels ihren Vorrat nicht mehr halten kann.

  11. 11.

    Sogenannte jahreszyklische Veränderungen (Romeis 1926) konnten an den EK von Rana temporaria nicht beobachtet werden, woraus gefolgert wird, daß sie nicht endogen bedingt sein können.

  12. 12.

    Morphologische Befunde an einem gefäßreichen Epithelzellverband dürfen nicht nur unter Berücksichtigung der Gesetze der Diffusion gesehen werden. Vielmehr muß auch die Aufgabe der einzelnen Zelle im Gesamtorganismus beachtet werden.

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Herrn Priv.-Doz. Dr. Dr. W. Niesel, Physiologisches Institut der Universität Kiel, danke ich für freundliche Beratung sowie für die Durchsicht des Manuskriptes.

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v. Brehm, H. Morphologische Untersuchungen an Epithelkörperchen (Glandulae parathyreoideae) von Anuren. Zeitschrift für Zellforschung 61, 376–400 (1963). https://doi.org/10.1007/BF00406998

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