Experimentelle Untersuchungen über die Funktion der Stirnaugen der Insecten

Zusammenfassung

Die wichtigsten Ergebnisse, soweit sie sich direkt aus den Versuchen ergeben, kann man in den folgenden Punkten zusammenfassen.

• 1. Die Lichtsinnesorgane der Insecten haben zwei Aufgaben, erstens die Lichtorientierung, zweitens die Photokinese, d. h. die Anregung oder Beschleunigung der Bewegungen.

• 2. Drosophila verhält sich nach Ausschaltung der Facettenaugen durch Lackierung wie blind, besitzt nicht die geringste Phototaxis mehr.

• 3. Die Reizschwelle für Licht ist nach Ausschaltung der Ocellen dieselbe wie für normale Tiere. Damit ist die Hypothese von v. Hess und Homann, daß die Ocellen zur phototaktischen Orientierung im Dunkeln dienen, widerlegt.

• 4. Es läßt sich daraus fernerhin der Schluß ziehen, daß die Ocellen überhaupt nicht zu einem Richtungssehen befähigt sind. Da Homann nachgewiesen hat, daß die Ocellen kein Bildsehen besitzen, und da das Richtungssehen die primitivste Art der Lichtorientierung ist, so ist anzunehmen, daß sie überhaupt nicht der Orientierung dienen.

• 5. Nach Lackierung der Ocellen sind die Bewegungen bei raschen Änderungen der Lichtintensität, sowohl beim raschen Übergang vom Dunkeln in diffuses Tageslicht als auch beim Abblenden des direkten Sonnenlichtes, im Vergleich zu Tieren mit funktionsfähigen Ocellen stark verlangsamt. Im direkten Sonnenlicht, sowie nach Einwirkung starker Reize verschwinden die Unterschiede vollkommen. Die Ocellen haben also bei starker Änderung der Lichtintensität eine Bedeutung für die Photokinese. Auf Grund der Versuchsergebnisse ist anzunehmen, daß die Ocellen zu einer raschen Adaptation befähigt sind.

• 6. Nach Ausschaltung der Ocellen ist die Phototaxis abgeschwächt.

Auf Grund dieser Versuchsergebnisse gewinnen wir ein Verständnis der biologischen Bedeutung der Ocellen.