Zusammenfassung
Die Anaerobiose-Toleranz der Larven zweier nahverwandter Subspezies der Gattung Chironomus wurde in einer mit Stickstoff (reinst) beschickten Warburg-Apparatur bei 20 und 25° C in kurzfristigen Versuchen (8, 12 und 24 Std) geprüft.
Im Süßwasser besitzen die beiden Subspezies Chironomus thummi thummi und Chironomus thummi piger signifikante Unterschiede in ihrer Anaerobiose-Toleranz. Während die piger-Larven eine 24stündige N2-Behandlung (bei 25° C) nicht überleben, tolerieren sie die thummi-Larven zu etwa 50 %.
Die beiden Subspezies zeigen während der Anaerobiose im Süßwasser eine erhebliche Zunahme ihres Wassergehaltes, die in Korrelation zu den Absterberaten bei piger wesentlich schneller als bei thummi erfolgt. Gleichzeitig sinkt der osmotische Wert des Blutes, und zwar in dem gleichen Umfang, wie der Wassergehalt zunimmt. Eine deutliche Erhöhung der Blutkonzentration durch Spaltprodukte des anaeroben Stoffwechsels liegt nicht vor.
Im annähernd blutisotonischen Brackwasser von 8%. S tolerieren beide Subspezies eine 24stündige N2-Behandlung (bei 25° C); ihr Wasserhaushalt ist unter diesen Bedingungen nahezu ungestört.
Die gegenüber Chironomus plumosus geringe Anaerobiose-Toleranz der thummi- und piger-Larven im Süßwasser ist daher auf eine gestörte Regulation des Wasserhaushaltes zurückzuführen.
Die quantitativen physiologischen Differenzen zwischen den beiden Subspezies werden im Hinblick auf die unterschiedliche ökologische Einnischung sowie die korrespondierenden physiologischen Mechanismen diskutiert.
Für ihre weitgehende ökologische Isolation — Ch. th. piger bevorzugt sauerstoffreichere eutrophe Kleingewässer als Ch. th. thummi — sind die quantitativen Unterschiede in der Anaerobiose-Toleranz wichtig.
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Neumann, D. Die Anaerobiose-Toleranz der Larven zweier Subspezies von Chironomus thummi . Zeitschrift für vergleichende Physiologie 46, 150–162 (1962). https://doi.org/10.1007/BF00341548
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