Zusammenfassung
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1.
Es werden die Unterschiede zwischen dem Elektroretinogramm und dem gleichzeitig abgeleiteten Elektrencephalogramm des Mittelhirnes von Grasfrösehen bei Ein- und Auseffekt besprochen.
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2.
Die Potentialschwankungen, die bei Belichtung nur eines Auges in der kontralateralen Mittelhirnhemisphäre auftreten, werden in abgeschwächter und zum Teil etwas veränderter Form auch auf die sekundär nur über die Kommissuren erregte Hemisphäre übertragen. Die Übertragung schwacher, optisch ausgelöster Erregungen von der primär zur sekundär erregten Hemisphäre ist nicht nachweisbar. Langsamere Flimmerfrequenzen werden unverhältnismäßig gut durch die Kommissuren übertragen, und die Rhythmisierung der Potentialschwankungen ist sogar oftmals in der sekundär erregten Hemisphäre eher kenntlich.
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3.
Werden beide Augen eines Frosches mit verschiedenen Flimmerfrequenzen erregt, so zeigen die beiden Mittelhirnhemisphären entsprechende weitgehend voneinander unabhängige Encephalogramme. Nur stärkere Potentialschwankungen einer Hemisphäre, z. B. beim Ein- und Auseffekt, werden derart in die andere Hemisphäre übertragen, daß sie dort Störungen des eigenen Schwankungsmusters ergeben.
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4.
Die Resultate werden in Beziehung gesetzt zu Ergebnissen von monokularen Dressuren. Bei Fischen und Vögeln, d.h. bei Tieren mit total gekreuzten Sehbahnen, hatte sich ergeben, daß monokular erlernte Muster auch mit dem während der Dressur verdeckten Auge wiedererkannt werden. Die Versuchstiere waren aber nicht in der Lage, mit diesem „Transferauge“ bzw. mit der zugehörigen Mittelhirnhemisphäre verschiedene Transpositionen der erlernten Muster zu erkennen, die mit dem „Lernauge“ erkannt worden waren. Es wird versucht, diesen Unterschied durch die starke Absehwächung und zum Teil Veränderung der Erregungen bei der Übertragung auf die durch die Kommissuren erst sekundär erregte Hemisphäre zu deuten.
Literatur
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Rensch, B. Elektrophysiologische Untersuchungen über das Zusammenwirken der Mittelhirnhemisphären beim Frosch. Zeitschrift für vergleichende Physiologie 37, 496–508 (1955). https://doi.org/10.1007/BF00341376
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