Zusammenfassung
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1.
Eine Methode wird beschrieben, an fixierten Fliegen Eigenfrequenzen und Flügelfrequenzen zu messen.
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2.
Die Untersuchung der Thoraxmeclianik und Flügelbewegung von Calliphora zeigt eine Asymmetrie der Flügelbewegung, die von einem doppelten Schnappmechanismus des Flügelgelenks herrührt, das zwischen Pleura und Notum eingespannt ist.
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3.
Die Flügel haben eine bestimmte Eigenfrequenz, die mit sinkendem Trägheitsmoment ansteigt. Trägt man die Eigenfrequenz gegen das Trägheitsmoment in doppelt logarithmischem System auf, dann ergibt der Anstieg der Geraden eine funktionelle Beziehung von Fe ∼ J−0,39.
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4.
Die Eigenfrequenz der Flügel hängt von der Flügelstellung ab und liegt in der Größenordnung der normalen Flügelfrequenzen.
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5.
Die Dipteren fliegen nicht mit einer Frequenz, die oberhalb der maximalen Eigenfrequenz der Flügel liegt.
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6.
Der Thorax hat im Bereich der normalen Flügelfrequenzen keine Resonanzstellen. Er kann in erzwungenen Schwingungen bis mindestens 2000 Hz schwingen.
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7.
Die Flügelfrequenz fixierter Fliegen steigt mit der −0,22sten Potenz des Trägheitsmomentes an.
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8.
Die Thoraxfrequenz fixierter Fliegen kann durch aufgeprägte Schwingungen mitgenommen und synchronisiert werden.
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9.
Die Flügelfrequenz fixierter und freifliegender Dipteren wird vom Trägheitsmoment und von der Grundspannung der indirekten Flugmuskeln kontrolliert. Die Grundspannung dieser Muskeln kann während des Flugs in bestimmten Grenzen beliebig verändert werden.
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10.
Die indirekte Flugmuskulatur kann als Kippsystem verstanden werden, dessen Eigenfrequenz von der Muskelbelastung, Muskelspannung und den verfügbaren Metabolismen abhängt.
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11.
Die Halteren haben Eigenfrequenzen, die vom Trägheitsmoment und von der Halterenstellung abhängen. Mit steigender Amplitude der Haltere verschiebt sich die Eigenfrequenz nach höheren Frequenzen, was die Halteren als nichtlineares Schwingsystem charakterisiert.
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12.
Oberhalb der maximalen Grenzeigenfrequenz können die Halteren nicht mehr vom Thorax zu erzwungenen Schwingungen angeregt werden; sie schwingen dann in ihrer Spontanfrequenz.
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Die vorliegende Arbeit wurde unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Manfred Lüdicke am Zoologischen Institut der Universität Heidelberg ausgeführt. Für das grobe Interesse, das Herr Prof. Dr. Lüdicke am Fortgange dieser Arbeit zeigte, möchte ich ihm an dieser Stelle herzlich danken.
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Danzer, A. Der Flugapparat der Dipteren als Resonanzsystem. Zeitschrift für vergleichende Physiologie 38, 259–283 (1956). https://doi.org/10.1007/BF00341301
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