Zusammenfassung
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1.
Während der Entwicklung von Rana temporaria ist die Retinomotorik der Zapfen und des Pigments erstmalig bei 14 mm langen Larven nachweisbar; als erste werden die Zapfen beweglich, dann das Pigment, während die Stäbchen erst bei vollmetamorphosierten Tieren zu wandern beginnen.
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2.
Bei im Dunkeln aufgezogenen Larven, welche helladaptiert und danach dunkeladaptiert werden, bleiben die Zapfen und später auch die Stäbchen in Hellstellung, während das Pigment in Dunkelstellung geht. Die Dunkelaufzucht verhindert also allein die Dunkelwanderung der Sehzellen; ähnlich, wenn auch weit schwächer, wirkt Aufzucht im Rotlicht. Da nach früheren Untersuchungen (Knoll 1953) die Dunkelaufzucht allein die Ausbildung des Sehpurpurs im Stäbchenapparat beeinflußt, wird vermutet, daß seine Resynthese auch die Dunkelwanderung der Zapfen fördert.
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3.
Die Bewegungen der Sehzellen und des Pigments sind nicht immer miteinander gekoppelt.
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4.
Bei der Helladaptation an verschiedenfarbiges Licht wandern die Zapfen bei Larven am stärksten im gelben Licht, unabhängig davon, in welchen Aufzuchtbedingungen die Tiere aufwachsen.
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5.
Die Pupille der Larven und der eben metamorphosierten Frösche ist noch unbeweglich. Der Pupillenreflex bildet sich in der Ontogenese vermutlich erst mehrere Monate nach der Metamorphose aus.
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6.
Die positive Phototaxis der Larven läßt sich durch die Aufzuchtbedingungen nicht mit Sicherheit beeinflussen; sie wird nur zum Teil vom Auge ausgelöst.
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7.
Auch das zeitliche Auflösungsvermögen des Froschauges entwickelt sich parallel mit dem Wachstum der Stäbchen und Zapfen. Die Larvennetzhaut verhält sich dabei relativ mehr wie eine reine „Zapfennetzhaut“, d. h. ihre Verschmelzungsfrequenzen sind, auch im Bereich des vorwiegenden Dämmerungssehens, relativ hoch. Mit dem Wachstum des Stäbehenäpparates aber sinkt sie im Bereich der niedrigen Intensitäten (Dämmerungssehen) immer mehr. Im Bereich der höheren steigt sie ebenso an (Zapfensehen). Dunkelaufzucht, die nach allen bisherigen Befunden (Knoll 1953) allein den ontogenetisch jüngeren Stäbchenapparat beeinflußt, verzögert abermals diese Entwicklung, so daß die kritischen Verschmelzungsfrequenzen der „Dunkeltiere“ auf vergleichbaren Entwicklungsstufen höher als bei Normaltieren sind.
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Digeser-Knoll, M. Über die Entwicklung einiger Funktionen im Auge des Grasfrosches (Rana temporaria L.) und ihre Beeinflussbarkeit durch Aufzucht in verschiedenen Lichtbedingungen. Zeitschrift für vergleichende Physiologie 38, 219–237 (1956). https://doi.org/10.1007/BF00341299
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