Zusammenfassung
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1.
Das Pteropusauge ist ein typisches Nachtauge. Der makroskopische und mikroskopische Bau des Auges, insbesondere der Chorioidalkegel, wurde erstmals vermessen. Die Sehzellendichte der Stäbchenretina beträgt im Mittel 634 000/mm2. Der Ziliarmuskel ist stark reduziert. Eine Fovea fehlt.
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2.
Das Helligkeitsunterscheidungsvermögen ist gut ausgebildet und entspricht dem anderer untersuchter Tiere und des Menschen: Im Schwarzbereich 0 gegen 7% relat. Weißgehalt, im mittleren Graubereich 25% gegen 48%, im Weißbereich 76% gegen 100% relat. Weißgehalt.
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3.
Die Sehschärfe des Flughundes entspricht der anderer Dämmerungstiere und beträgt im Hellen 18 min.
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4.
Die Sehschärfe nimmt mit der Helligkeit nur langsam ab und läßt den steilen Abfall zwischen 100 und 0,01 asb, wie er für StäbchenZapfen-Retinae typisch ist, vermissen. Die Sehschärfe ist im Bereich des Nachtsehens relativ viel besser als bei Tagtieren und beim Menschen, ab 10−6 asb sogar absolut besser als die menschliche.
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5.
Die absolute Lichtempfindlichkeit liegt bei 4·10−7 asb.
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6.
Das Aktivitätsoptimum der Flughunde liegt im dunklen Dämmerlicht zwischen 10−3 und 10−5 asb.
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7.
Den Flughunden fehlt ein Akkommodationsmechanismus. Dies wird durch einen dioptrischen Apparat hoher Brechkraft und großer Tiefenschärfe ausgeglichen.
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8.
Das Flughundauge ist mit +2 dioptr schwach weitsichtig. Die Brechkraft des Auges beträgt 144 dioptr. Dem Sehschärfewinkel entspricht eine retinale Bildgröße von 36,5μ.
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9.
Die verbleibenden Möglichkeiten einer physiologischen Bedeutung der Aderhautkegel werden diskutiert.
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Neuweiler, G. Bau und Leistung des Flughundauges (Pteropus giganteus gig. Brünn.). Zeitschrift für vergleichende Physiologie 46, 13–56 (1962). https://doi.org/10.1007/BF00340352
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