Skip to main content
Log in

Beiträge zur Lichtorientierung und zur Frage des Farbensehens der Planarien

  • Published:
Zeitschrift für vergleichende Physiologie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

  1. 1.

    In von oben oder unten her auffallendem Licht bevorzugen sehende und geblendete Planarien auf einem Untergrunde aus aneinanderstoßenden, gleich ausgedehnten hellen und dunklen Flächen die dunklen Anteile, und zwar um so stärker, je größer die Beleuchtung der Hellflächen ist. Bei dieser phobischen Orientierung zum Dunkeln wirken zwei Faktoren zusammen: Die vorwiegend an die Augen gebundenen Schreckreaktionen an der Dunkelhellgrenze bei reaktionslosem Übertritt in entgegengesetzter Richtung, und die zum größeren Anteil dem „Haut lichtsinn“ zuzuschreibende Photokinese (auf Hell größere Geschwindigkeit, auf Dunkel größere Neigung zur Ruhe zu gehen).

  2. 2.

    Im waagerechten gerichteten Bogenlicht reagieren sehende und geblendete Planarien negativ tropotaktisch, die sehenden jedoch weit genauer als die geblendeten.

  3. 3.

    Dasselbe gilt für die Quecksilberlampe. Ihr ultravioletter Strahlenanteil (Schwarzfilter, UV) treibt und richtet Sehende und Geblendete mindestens ebensogut wie das volle Quarzlicht (Qu) und besser als das sichtbare Licht der Quecksilberlampe (Bethanaphtholfilter, ns), bei einem Intensitätsverhältnis in absolutem Maß von UV∶ns∶Qu = 1∶8∶188. Sowohl die für die Güte der Orientierung besonders verantwortlichen Augen wie die an der Photokinese stark mitwirkende Haut sind also hochgradig ultraviolettempfindlich. Für die Schmerzhypothese Werners spricht nichts.

  4. 4.

    In jedem Licht, am stärksten im Ultraviolett, gehen treibende wie richtende Impulse sowohl von den Augen wie von der Haut aus. Die Anteiligkeit beider ist artlich verschieden. Dendrocoelum richtet sich genauer als Planaria lugubris; bei jener kommt der Haut ein größerer richtender Anteil zu als bei dieser.

  5. 5.

    Die beiden Richtmechanismen, die phobische wie die topische Orientierungsweise, sind sowohl von den Augen wie von der Haut her auslösbar. Sie bessern sich nach Blendung in jedem der untersuchten Lichter gleicherweise nicht sprunghaft zur Zeit des Sichtbarwerdens des Augenpigments, sondern allmählich und stetig. Der Anstieg des Richtvermögens beginnt schon, bevor die Regeneration des Auges äußerlich sichtbar wird. Vermutlich beruht die Besserung auf der Regeneration von Lichtsinneszellen im noch pigmentlosen Auge.

  6. 6.

    Zur Frage des Farbensehens wurden erstens Auflichtversuche mit Farbpapieren neben Schwarz nach Beuther wie auch neben Weiß angestellt. Die Strudelwürmer bevorzugen im Durchschnitt aller Besuche den jeweils dunkleren Untergrund, d. h. im Verteilungsversuch Farbe gegen Schwarz das Schwarz, auf Farbe gegen Weiß die Farbe. Die von Beuther behaupteten reinen, von Helligkeitsbeantwortung ungetrübten Farbreaktionen („Gelbholdheit“, „Blauscheu“) wurden nicht bestätigt.

  7. 7.

    Sehende Planarien besuchen jedoch die langwelligen Farben Rot bis Gelbgrün und Purpur sicher häufiger, Blaugrün bis Tiefblau sicher seltener, als es dem durchschnittlichen Farbbesuch der Versuchsreihen (gegen Schwarz bzw. gegen Weiß) entspricht. Für geblendete Tiere war dieselbe Beziehung weit weniger deutlich, teils aber doch schwach erkennbar. Man könnte sie entweder auf Farbreaktionen im Sinne Beuthers beziehen, die dann aber von stärkeren Antworten auf die Helligkeiten überdeckt sein müßten, oder den Planarien nur Helligkeitssinn zuerkennen; dann müssen ihnen die langwelligen Farben und Purpur dunkler erscheinen als der kurzwellige Bezirk von Blaugrün bis Tiefblau.

  8. 8.

    Die unter dieser Annahme zu fordernden heterochromen Helligkeitsgleichungen fanden sich wirklich: Es zeigten im Verteilungsversuch gleiche Anziehungskraft die Filterlichter Gelb 1900 Lux und Blau 225 Lux, Gelb 2000 Lux und volles Quarzlicht; ebenso hatten im Zweilichterversuch mit gegenständigen parallelstrahligen Lichtbündeln gleiche Richtkraft (tropotaktische Gleichgewichtseinstellung) Rot 261 Lux und Blau 0,96 Lux, Gelb 4800 Lux und Blau 645 Lux, Rot 100 Lux und reines Ultraviolett (Quecksilberlampe mit Schwarzfilter), endlich Gelb 500 Lux und volles Quarzlicht.

  9. 9.

    Ermüdungsversuche mit einem Partner solcher helligkeitsgleicher Farblichtpaare nach Hamilton verliefen in allen versuchten Modifikationen gleich ergebnislos. Eine farbspezifische Ermüdbarkeit war nicht erweisbar.

  10. 10.

    Der Nachweis eines Farbensehens ist demnach nach allen verwendbaren, heute bekannten Methoden — Dressierbarkeit ist für Strudelwürmer bisher unbekannt — nicht gelungen.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Literaturverzeichnis

  • Beuther, E.: Über die Einwirkung verschiedenfarbigen Lichts auf Planarien. Sitzgsber. Abh. naturforsch. Ges. Rostock III. F. 1 (1926).

  • Doflein, I.: Chemotaxis und Rheotaxis bei den Planarien. Z. vergl. Physiol. 3, 62–112 (1925).

    Google Scholar 

  • Erhardt, A.: Beitrag zu den Helligkeitsreaktionen von Planaria lugubris. Biol. Zbl. 52, 321–329 (1932).

    Google Scholar 

  • Graber: Fundamentalversuche über die Helligkeits- und Farbenempfind lichkeit augenloser und geblendeter Tiere. Sitzgsber. Akad. Wiss. Wien, Math.-naturwiss. Kl. 87, 201–236 (1883).

    Google Scholar 

  • Hamilton, W. F.: A Direct Method of Testing Color Vision in Lower Animals. Proc. nat. Acad. Sci. U.S.A. 8, 350–353 (1922).

    Google Scholar 

  • Haug, G.: Die Lichtreaktionen der Hydren. Z. vergl. Physiol. 19, 246–305 (1933).

    Google Scholar 

  • Hesse, R.: Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung bei niederen Tieren. II. Die Augen der Plathelminthen, insonderheit der trikladen Turbellarien. Z. Zool. 62, 527–582 (1897).

    Google Scholar 

  • Jaenichen, E.: Beiträge zur Kenntnis des Turbellarienauges. Z. Zool. 62, 250–288 (1897).

    Google Scholar 

  • Koehler, O.: Über das Farbensehen von Daphnia pulex. Z. vergl. Physiol. 1, 84–174 (1924).

    Google Scholar 

  • - Jber. Physiol. 1926, 866, 867.

  • —: Beiträge zur Sinnesphysiologie der Süßwasserplanarien. Z. vergl. Physiol. 16, 606–756 (1932).

    Google Scholar 

  • - Ber. Biol. 23 (1933), Referat über Merker und Gilbert S. 763–765.

  • Light, Earl V.: Photoreceptors in Mya arenaria, with special reference to their distribution, structure, and function. J. Morph. a. Physiol. 49, 1–43 (1930).

    Google Scholar 

  • Lillie, F. R.: Notes on regeneration and regulation in planarians. Amer. J. Physiol. 6, 129–141 (1901).

    Google Scholar 

  • Loeb, J.: Zur Theorie der physiologischen Lichtwirkungen. Pflügers Arch. 66 (1897).

  • Mast: Light and the behaviour of organisms. New York 1910.

  • Merker u. Gilbert: Die Widerstandsfähigkeit von Süßwasserplanarien im ultraviolettreichen Licht. Zool. Jb., Abt. allg. Zool. 50, 479–556 (1932).

    Google Scholar 

  • —: Das Sehvermögen unserer Süßwasserplanarien im langwelligen Ultraviolett. Zool. Jb., Abt. allg. Zool. 51, 441–504 (1932).

    Google Scholar 

  • Müller, H. L. H.: Untersuchungen zur Biologie der Diplopoden. I. Die Lichtreaktionen von Julus fallax und Polydesmus complanatus. Zool. Jb., Abt. Physiol. 40, 399–487 (1924).

    Google Scholar 

  • Parker u. Burnett: The reactions of planarians with and without eyes to light. Amer. J. Physiol. 4, 373–385 (1901).

    Google Scholar 

  • Taliaferro: Reactions to Light in Planaria maculata with special reference to the structure and the function of the eyes. J. of exper. Zool. 31, 59–116 (1920).

    Google Scholar 

  • Walter, H. E.: The reactions of planarians to light. J. of exper. Zool. 5, 35–162 (1908).

    Google Scholar 

  • Werner: Reizphysiologische Untersuchungen an Planarien im ultravioletten Licht. Zool. Jb., Abt. Zool. Physiol. 43, 41–68 (1927).

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Additional information

Dissertation der Philosophischen Fakultät der Universität Königsberg Pr.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Cite this article

Lemke, G. Beiträge zur Lichtorientierung und zur Frage des Farbensehens der Planarien. Z. f. vergl. Physiologie. 22, 298–345 (1935). https://doi.org/10.1007/BF00339087

Download citation

  • Received:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/BF00339087

Navigation