Zusammenfassung
Bei Futterwahlversuchen mit zwei Hunden ist es nicht möglich gewesen, freie Erinnerung nachzuweisen.
Beide haben beim Bindfadenversuch am Gitter primär einen Fuß durchgesteckt, gescharrt und — wenn auch nicht sofort — das Futter dadurch herangezogen.
Ein 40 cm langes Gitterstück, das sie vom Futter trennte, haben beide ohne weiteres umgangen.
Danach wurde am Gitter Fleisch so niedergelegt, daß es nur durch einen Umweg erlangt werden konnte, während ein Stück Biskuit allein durch Scharren am Faden erreichbar war. Beide Hunde beherrschten das Scharren, kannten den Umweg und strebten nach dem Fleisch. Sie haben aber nicht in allen Fällen sofort den Umweg eingeschlagen. Obwohl sie die Lockmittel nahe vor sich sahen, haben sie sich zwischen den beiden Handlungsmöglichkeiten zunächst nicht nach dem voraussichtlichen Ergebnis entschieden. Das taten sie erst, als sie Gelegenheit zu Erfahrungsbildung gehabt hatten.
Eine Gittertür konnte entweder hochgehoben oder vorgeklappt werden. Beide Hunde haben das schnell gelernt. Sie bekamen dann jenseits des Gitters zwei Futtersorten so vorgelegt, daß sie die eine nur durch Hochschieben, die andere nur durch Vorklappen erreichen konnten. Nach kurzem Lernen haben die Hunde ihr Tun und Lassen nach dem jeweiligen, ihnen aus der Erfahrung bekannten Erfolg gerichtet. Sie taten es aber nicht mehr, als das Gitter mit Papier bespannt und die Lockmittel ihren Blicken entzogen waren. Unter diesen Umständen konnten sie nicht behalten, was der Erfolg ihres Handelns gewesen war.
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Fischel, W. Das Verhalten von Hunden bei doppelter Zielsetzung und doppelter Handlungsmöglichkeit. Z. f. vergl. Physiologie 19, 170–182 (1933). https://doi.org/10.1007/BF00338357
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