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Die Entstehung und biologische Bedeutung der subjektiven Zeiteinheit, — des Momentes

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Zusammenfassung

  1. 1.

    Der Moment ist die kleinste Zeitspanne der Wahrnehmung und verursacht das Phänomen der Verschmelzung von aufeinanderfolgenden Reizen oberhalb einer bestimmten Geschwindigkeit der Reizfolge; deshalb läßt sich durch die Messung der Verschmelzungsfrequenz von Reizen die Größe des Momentes bestimmen (S. 204–205).

  2. 2.

    Da die Verschmelzungsfrequenzen von optischen und akustischen Reizen beim Menschen in der gleichen Größenordnung liegen (etwa 18 Reize pro Sekunde), wird die Möglichkeit einer gemeinsamen Ursache für diese Erscheinung erwogen und dadurch Anlaß zu einer Untersuchung über die Verschmelzungsfrequenz von Berührungsreizen gegeben (S. 206–207).

  3. 3.

    Die Verschmelzung von Berührungsreizen findet bei etwa 18 Reizen pro Sekunde statt. Die Verschmelzungsfrequenz weist an den verschiedenen gemessenen Stellen der Körperhaut keine Unterschiede auf und ist somit von der Hautbeschaffenheit unabhängig (S. 208).

  4. 4.

    Die Tatsache, daß die Verschmelzung von optischen, akustischen und taktischen Reizen bei der gleichen Frequenz (etwa 18 Reize pro Sekunde) erfolgt, führt zu der Hypothese von einer zentralen Ursache dieser Erscheinung, die vermutlich durch die Arbeitsweise („Rezeptionsträgheit“) des Nervensystems entsteht (S. 209–210).

  5. 5.

    Die Beeinflussung des Nervensystems durch Gifte verlängert den Moment von 1/18 bis zu 1/12 Sek., was für die Richtigkeit der obigen Hypothese spricht (S. 211–213).

  6. 6.

    Die Verschiedenartigkeit der Tiere und ihrer Umwelten läßt auf Unterschiede in der Größe ihres Momentes schließen (S. 214).

  7. 7.

    Der Moment der Weinbergschnecke: Helix pomatia L. wird durch Berührungsreize gemessen und auf etwa 1/4 Sek. bestimmt (S. 215–216).

  8. 8.

    In der Umwelt der Schnecke laufen alle Vorgänge nahezu fünfmal so schnell ab, wie sie mit unserem menschlichen Auge wahrgenommen werden (S. 217–218).

  9. 9.

    Der Moment des Kampffisches: Betta splendens Reg. wird durch die Verschmelzung von optischen Reizen mittels einer stroboskopischen Scheibe mit veränderlichen Schlitzweiten gemessen und auf etwa 1/30 Sek. beziffert (S. 219–220).

  10. 10.

    Unabhängig von den verschiedenen Schlitzgrößen der stroboskopischen Scheibe ist die Verschmelzungsgrenze von optischen Reizen beim Kampffisch die gleiche und wird in Parallele zu derselben schon bekannten Erscheinung beim Menschen gesetzt. Die Messungen des Momentes bei verschiedenen Temperaturhöhen des Wassers (18, 5–33°) ergeben die gleichen Resultate, lediglich plötzliche Temperaturschwankungen verursachen Veränderungen des Momentes (S. 221–224).

  11. 11.

    Die Verbindungen der einzelnen durch aufeinanderfolgende Reize im Nervensystem, hervorgerufenen „Empfindungen“ miteinander genügt noch nicht zur Entstehung einer Verschmelzung, erst die Größe der Differenz zwischen einer abklingenden Empfindung und dem Maximum einer nachfolgenden Empfindung bildet das Kriterium für die Verschmelzung (S. 225–228).

  12. 12.

    Oberhalb der Versehmelzungsgrenze von Berührungsreizen wird eine Vibration wahrgenommen; die untere Grenze des Vibrationssinnes wird durch den Moment gebildet (S. 229–230).

  13. 13.

    Die obere Grenze des Vibrationssinnes liegt je nach der Hautbeschaffenheit in verschiedener Höhe (Fuß 450, Lippen 1500 Hertz) und ist durch den mechanischen Bau der Haut bedingt (S. 231–232).

  14. 14.

    Reize von kürzerer Dauer als ein Moment können nicht durch ihre verschiedene Länge voneinander unterschieden werden, sondern erscheinen alle gleichlang—gleiche Reizmenge vorausgesetzt (S. 233–238).

  15. 15.

    Reize von kürzerer Dauer als ein Moment können von länger als ein Moment dauernden Reizen trotz verschiedener Reizmengen voneinander unterschieden werden, da der. eine Reiz nur einen Moment ausfüllt, der andere dagegen mehrere (S. 233–238).

  16. 16.

    Mit Hilfe des Momentes wird demnach die Länge von Reizen geschätzt und der Zeitliche Ablauf von Vorgängen in der Umwelt eines Lebewesens wahrgenommen (S. 239–241).

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Brecher, G.A. Die Entstehung und biologische Bedeutung der subjektiven Zeiteinheit, — des Momentes. Z. f. vergl. Physiologie 18, 204–243 (1932). https://doi.org/10.1007/BF00338160

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