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Experimentelle Untersuchungen zur nervösen Atmungsregulation der Orthopteren (Saltatoria: Gryllidae)

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Zusammenfassung

  1. 1.

    Die abdominale Atmungsbewegung der Grille wird durch die Zusammenarbeit aller Hinterleibsganglien koordiniert. Jedes dieser Ganglien ist auch isoliert in der Lage, in dem zugehörigen Segment den Ex- und Inspirationsvorgang aufrechtzuerhalten. Die Impulse zur Atmungsmuskulatur und zu den Stigmen werden über die drei aus dem Ganglion entspringenden Nerven geleitet.

  2. 2.

    Bewegungsablauf, Rhythmus, Muskulatur und Innervation werden beschrieben.

  3. 3.

    Nach Halbierung des Segmentganglions fällt die Atmungsbewegung in dem zugehörigen Segment aus. Die verantwortlichen Neurone sind daher durch Querverbindungen miteinander verknüpft, und diese Koppelung ist für die synchrone Entladung beider Ganglienhälften notwendig.

  4. 4.

    Die modulierenden Impulse gelangen auf beiden Konnektivbahnen annähernd gleichzeitig zu den Ganglien. Im Bereich des abdominalen Bauchmarks findet keine Überkreuzung der Fasern statt. Es wird die Vermutung ausgesprochen, daß zur Impulsübertragung Interneurone verwendet werden, die mit allen abdominalen Ganglien Synapsen bilden.

  5. 5.

    Das Unterschlundganglion nimmt im gesamten nervösen Atmungssystem der Grille eine entscheidende Stelle ein. Nach seiner Ausschaltung sinkt die Atmungsfrequenz bedeutend ab und bleibt gesenkt. Das Ganglion wird — analog dem 1. Thorakalganglion der Libellen (Matula 1911) — als „Schrittmacher“ bezeichnet. In welcher Weise es den segmentalen Apparaten den Takt aufzwingt, ist noch ungeklärt.

  6. 6.

    Bei lokaler Reizung in verschiedenen Abschnitten des Protocerebrums konnten Atmungseffekte ausgelöst werden. Das Tier antwortete bei Reizung des gleichen Gebietes in gleicher Weise. Vier Gruppen von Reaktionen wurden beobachtet: Atmungssteigerung und Atmungshemmung ohne Beeinflussung anderer Vorgänge und Steigerung oder Hemmung der Atmung und der motorischen Aktivität.

  7. 7.

    Topographisch können 2 Felder abgegrenzt werden: Das erste umfaßt das Gebiet der Pars intercerebralis, die Brücke, den dorsalen Rand des Zentralkörpers und den Tractus corporis cardiaci. Reizstellen in diesem Areal modulieren auch bei höherer Reizstärke nur die Frequenz und Amplitude der Atmungsbewegung. Das zweite Feld umfaßt das restliche Protocerebrum. Es aktiviert oder hemmt Atmung und motorische Tätigkeit.

  8. 8.

    Bei länger dauernder zentral induzierter Atmungssteigerung antwortet das Tier mit einer Gegenreaktion während der Reizung. Die Frequenz wird vorübergehend gesenkt. Dieser Vorgang der Gegenregelung fehlt bei der Atmungshemmung.

  9. 9.

    Nach Reizende treten polyphasische Abklingvorgänge auf, wobei die Ausgangsfrequenz sowohl bei einer Atmungssteigerung als auch bei einer Hemmung nach 3–4 min erreicht wird. Diese Vorgänge entsprechen den Regelschwingungen technischer Systeme.

  10. 10.

    Es werden Versuche beschrieben, die zeigen, daß nicht in allen Fällen eine Atmungssteigerung oder Hemmung eine gleichsinnige Beeinflussung der Lokomotion nach sich ziehen muß.

  11. 11.

    Nur nach der Ausschaltung der Pilzkörper wird die Atmungsfrequenz zusammen mit der motorischen Aktivität gesteigert, nach Zerstörung des Zentralkörpers werden beide Vorgänge gedämpft. Kleine Herde im Gehirn nehmen keinen Einfluß auf die Regulation der Atmung, obgleich dort die verantwortlichen Neurone ausgefallen sind.

  12. 12.

    Die Feststellung, es gäbe in den Kopfganglien keine übergeordneten Atmungszentren, ist irreführend. In dieser Arbeit wird der Beweis erbracht, daß zur Koordination und Regulation der Atmung größere Gebiete des ZNS zusammenarbeiten, die in ihrer Gesamtheit den nervösen Atmungsapparat darstellen.

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Herrn Prof. Dr. K. v. Frisch in Verehrung gewidmet.

Mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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Huber, F. Experimentelle Untersuchungen zur nervösen Atmungsregulation der Orthopteren (Saltatoria: Gryllidae). Z. Vergl. Physiol. 43, 359–391 (1960). https://doi.org/10.1007/BF00298069

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