Zusammenfassung
Der Beitrag untersucht auf Grundlage ethnografisch erhobener Daten die Arbeit von größtenteils selbstständigen Kosmetiker*innen. Diese stellen langfristige intime Beziehungen zu ihren Kund*innen her, die rhetorisch und im Arbeitshandeln Freundschaften ähneln. Die Chiffre der „Freundschaft“ verweist auf eine Form von Arbeit, die, so die These des Beitrags, organisational über das Konzept der Emotionsarbeit hinausgeht, weshalb der Begriff der Beziehungsarbeit eingeführt wird. Anhand des empirischen Materials werden zunächst Verkürzungen im Forschungsstand zu Emotionsarbeit und Interaktionsarbeit in der (solo‑)selbstständigen, prekären, feminisierten Arbeit aufgezeigt und es wird daraufhin vorgeschlagen, die Arbeit, „wie eine Freundin zu sein“, als Beziehungsarbeit zu konzipieren. Der Begriff der Beziehungsarbeit soll die unsichtbare und entgrenzte Arbeit als Bedingung und Folge der Dienstleistung, die jenseits der kosmetischen Behandlungen stattfindet, empirisch und theoretisch anschlussfähig machen. Damit werden auch die paradoxen Anforderungen an die Arbeitenden in der Kommodifizierung von feminisierten reproduktiven Tätigkeiten aufgezeigt und diskutiert, wie die Kosmetiker*innen die in der kapitalistischen Organisation von Arbeit immanenten Grenzziehungen von reproduktiver und produktiver Arbeit verhandeln und re-justieren.
Abstract
This article draws on ethnographic research in order to analyse the work that beauticians—most of whom are self-employed—undertake in order to establish long-lasting relationships with their clients, which often resemble friendships. I argue that the code “friendship” exceeds the notion commonly discussed as emotional labour organisationally. Drawing on ethnographic data, shortcomings in light of solo-self-employed, precarious, feminized work will be identified within the literature of emotional labour and interactive service work. In an attempt to overcome these shortcomings, I suggest the term “relationship work” in order to adequately research the invisible boundary work behind the actual service work. In so doing, I show how service workers face contradictory challenges in the process of commodifying gendered reproductive work such as beauty work. Furthermore, I discuss how beauticians negotiate and adjust the boundaries between reproductive and productive work that are integral to the capitalist organisation of work.
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1 Einleitung
„In here we share everything. Nothing is off limits. Family, gossip, money, and especially men“, sagt die Kosmetiksalonbesitzerin in dem 2015 erschienenen Spielfilm „Beauty Shop“. Mit einem Glätteisen in der Hand ergänzt sie augenzwinkernd: „And believe me, we got ways of making you talk.“ Nagel‑, Friseur- und Kosmetikstudios sind feminisierte, intime Räume, in denen eine Dienstleistung verkauft wird – Verschönern, Pflegen, Umsorgen – und (meist) Frauen unter sich sind und reden. Oder wie ein „Zeit online“-Titel vom 18. April 2020 zu einer Reportage über die Situation von Kosmetikstudios während der Corona-Pandemie schreibt: „Maniküre heißt Freundschaft“ (von Uslar 2020).
Die Semantik der Freundschaft zeigt sich auch in dem von mir 2016 und 2017 erhobenen Material einer „multi-sited ethngoraphy“ (Marcus 1995; Nadai and Maeder 2005; ausführlich Kap. 2) in Kosmetik- und Nagelstudios. Von diesem Material ausgehend analysiert der Artikel, wie die Semantik der Freundschaft – die Kundin als beste Freundin – als Chiffre für die Beziehungen zwischen Dienstleistenden und ihren Kund*innen in Kosmetikstudios funktioniert. Die Kosmetiker*innen beschreiben das Verhältnis zu ihren Kund*innen damit, wie deren Freund*innen bzw. gar besser als solche zu sein; in den Worten einer von mir während meiner ethnografischen Forschung interviewten Kosmetikerin: „Es geht wirklich schnell. Von einer Minute zu der anderen ist der Kunde (sic!) schon meine beste Freundin.“
Diesem zunächst profanen Befund soll hier unter der Frage soziologisch nachgespürt werden, was es für die verrichtete Arbeit bedeutet, wenn eine Arbeitsbeziehung zwischen Dienstleister*in und Kund*in mit der Referenz der Freundschaft beschrieben wird, wenn also ein wesentlicher Moment der professionellen Selbstbeschreibung in der Chiffre einer privaten Beziehung besteht. Damit, so die dahinterstehende Annahme, werden auch die für die Herausbildung kapitalistischer Geschlechterverhältnisse konstitutiven Grenzen zwischen privat und öffentlich und die darin immanenten Ungleichheiten berührt (vgl. grundlegend Aulenbacher et al. 2012; Federici 2006). Professionalisierung spielt für das Feld der Kosmetikarbeit eine wichtige Rolle, weil die Ausbildung nicht standardisiert und die Berufsbezeichnung nicht geschützt ist. Formell fehlen Strukturen und Institutionen, aus denen sich das professionelle Selbstverständnis der Arbeitenden schöpfen könnte. Dieser Umstand verschärft sich, da die Mehrzahl der Kosmetiker*innen solo-selbstständig arbeitet und die Arbeit folglich individualisiert und prekär ist (zu prekärem Unternehmertum: Bührmann und Pongratz 2010). Für einen ähnlich konturierten wachsenden DienstleistungsmarktFootnote 1, die „personal concierge services“ in den USA, kommt Rachel Sherman (2010) zu dem Ergebnis, dass die mehrheitlich Dienstleisterinnen in der Beschreibung ihrer eigenen Arbeit eine „occupational rhetoric“ verwenden und die Referenz von Frauenarbeit vermeiden, um der damit verbundenen Entwertung zu entgehen. Für den Bereich der Kosmetikarbeit zeigt sich in den hier untersuchten Daten, dass die Kosmetiker*innen teilweise den Referenzrahmen von Weiblichkeit und reproduktiver Arbeit in der professionellen Selbstdarstellung meiden, diesen jedoch über den Umweg der Freundschaftsrhetorik aufgreifen. Der Rückgriff auf Freundschaft – „private Beziehungen“ – als Referenz für die notwendige professionelle Rhetorik (Professionalisierung von Dienstleistungen: Weihrich und Dunkel 2012) ist paradox und verweist auf Kontinuitäten vergeschlechtlichter Arbeit (allgemeiner Überblick: Degele 2005). Mit Karina Becker, die den Verkauf von Tupperware als Erwerbsarbeit untersucht, lässt sich dies auch als „Kommodifizierung des Privatlebens“ (Becker 2016, S. 113) deuten, mit Buschmeyer und Tolasch (2014) als Form der professionellen Intimität, die aber, wie gezeigt werden wird, durch die Referenz privater Intimität deren Grenzen neu justiert. Aus historischer Perspektive ist Geschlechterdifferenz konstitutiver Bestandteil sowie Folge der kapitalistischen Organisation von Gesellschaft, die Arbeit in Erwerbsarbeit (produktive Arbeit) und Hausarbeit (reproduktive Arbeit) polarisiert. Analog dazu wird Geschlecht als Differenz organisiert, reproduktive Tätigkeiten werden als „Liebesdienst“ (Bock und Duden 2000) feminisiert und abgewertet, hingegen wird Erwerbsarbeit auf dem freien Markt organisiert. Diese Differenz wirkt auch in der Vermarktlichung reproduktiver Tätigkeiten weiter (Lutz 2010) und führt zu geschlechtsspezifischen Fragmentierungen auf dem Arbeitsmarkt (Gottschall 2009). Wie die Arbeitenden mit dieser Differenz und den darin eingeschriebenen Abwertungen und Ungleichheiten umgehen, zeigt sich auf paradoxe Weise in der Semantik der Freundschaft als Chiffre nicht-standardisierter, prekärer und feminisierter Kosmetikarbeit.
Empirisch zeigt sich, dass die Referenz der Freundschaft für Dienstleistungsarbeit mit organisationalem Aufwand und einer komplexen Form der Entgrenzung von Arbeit einhergeht, die gleichsam ihre Bedingung darstellt. Durch diesen Befund, so die These des Beitrags, verkompliziert sich der Gegenstand dessen, was nach dem bisherigen Forschungsstand meist als Emotionsarbeit (Hochschild 1979) und/oder Interaktionsarbeit (Böhle 2011) bezeichnet wird. Dieser Verkomplizierung soll konzeptionell begegnet werden, indem der Begriff der „Beziehungsarbeit“ vorgeschlagen wird. Diese reicht über die beiden genannten Konzepte hinaus und erweitert sie um zwei Aspekte – Organisation der Arbeit und Entgrenzung – die nachfolgend auch die Struktur des Beitrags bilden. Nach einer Einführung in das Feld der Kosmetikarbeit, in das empirische Material und das Forschungsdesign (Kapitel 2) wird das Konzept der Beziehungsarbeit in drei Schritten erarbeitet, die jeweils die Verkürzungen der Begriffe/Konzepte Emotions- und Interaktionsarbeit in Diskussion mit den von mir erhobenen Daten aus den Kosmetikstudios darstellen (Kapitel 3):
Erstens wird gezeigt, wie sich die rhetorisch referierte Freundschaft in der Arbeitspraxis darstellt. Als wesentliche Dimensionen erweisen sich hierbei in der Analyse der Kosmetikarbeit Intimität und Vertrauen, damit sich die Kund*innen wie Freund*innen fühlen. Dieses Ergebnis lässt sich mithilfe des Forschungsstands zu Emotions- und Interaktionsarbeit soziologisch deuten, der hier eingeholt wird (3.1).
Darüber hinaus aber zeigt sich in der Analyse zweitens, dass das Gefühl der Freundschaft nicht nur in der unmittelbaren Dienstleistungssituation hergestellt, sondern darüber hinaus in der Organisation der Dienstleistung von den Arbeitenden berücksichtigt werden muss. Die geleistete Arbeit weist über das Uno-actu-Prinzip von Dienstleistungen (Pongratz 2012) hinaus; vielmehr stellen die Gefühle in der Arbeit als modus operandi die Bedingung der Dienstleistung dar, bilden aber gleichsam das Produkt eben dieser als opus operatum (3.2).
Deshalb wird drittens vorgeschlagen, diesen empirischen Befund mit dem Begriff der „Beziehungsarbeit“ konzeptionell anschlussfähig zu machen. Der Begriff der Beziehungsarbeit, so die These, trägt nicht nur dem in 3.2 analysierten organisationalen Aufwand Rechnung, sondern bildet auch die daraus folgende zeitliche und sozial-emotionale Entgrenzung der Arbeit mit ab (3.3). Diese führt zu spezifischen Arbeitsbelastungen, worin sich wiederum Kontinuitäten vergeschlechtlichter Arbeit zeigen.
Der Begriff Beziehungsarbeit setzt konzeptionell neue Impulse für die Erforschung nicht-standardisierter, vergeschlechtlichter, (rassifizierter) neuer Erwerbsformen im Dienstleistungssektor, wie im Fazit (4) resümiert wird.
2 Das Kosmetikstudio als Feld: Datenerhebung und Methode
Grundlage der Analyse stellt ethnografisches Material dar, das bestehend aus teilnehmenden Beobachtungen, leitfadengestützten Interviews, Fotos und Dokumentenanalyse 2016 und 2017 als „multi-sited-ethnography“ (Marcus 1995; Nadai and Maeder 2005) erhoben wurde.Footnote 2 Auch aufgrund der wenigen Daten zu Kosmetikarbeit in Deutschland wurde ein ethnografisches Design gewählt, das ermöglicht, ein bisher kaum erforschtes Feld explorativ zu erschließen. Kosmetikarbeiten – Gesichtspflege, Maniküre, Pediküre, Haarentfernung und Nageldesign – zählen zu den körpernahen ästhetischen Dienstleistungen und verkaufen die Pflege und Verschönerung des Körpers. Als Beruf ist der Begriff „Kosmetiker*in“ ebenso wie „Nageldesigner*in“ nicht geschützt,Footnote 3 wodurch auch Institutionen der Professionalisierung und der Begrenzung von Marktrisiken wie das Kammerwesen fehlen.Footnote 4 Kosmetikstudios unterliegen allein der Gewerbeordnung; der Gegenstand der Arbeit ist formell nicht festgelegt, sondern muss von den Arbeitenden gemeinsam mit den Kund*innen ausgehandelt werden. Aufgrund der fehlenden institutionellen Regelungen ist Kosmetikarbeit ein niedrigschwelliger Einstiegsberuf, v. a. für migrantische Arbeitende, die keinerlei Abschlüsse für den Gewerbeschein nachweisen oder anerkennen lassen müssen. Die Sozialstruktur des hier vorliegenden Samples ist sehr divers, reicht von inländischen Arbeitenden mit Hochschulreife zu solchen, die erst vor Kurzem nach Deutschland gekommen sind und den Beruf als Einstieg in den Arbeitsmarkt nutzen. Einige der Kosmetiker*innen waren alleinstehend, andere hatten Familie.
Die fehlende Berufsordnung und der hohe Grad an Solo-Selbstständigkeit machen die Arbeit prekärFootnote 5: mit 137.000 Selbstständigen, was 38 % der Erwerbstätigen ausmacht, steht die Branche (unter dem Stichwort Körperpflege) auf Platz vier der Arbeiten mit dem höchsten Anteil an Selbstständigen (Maier und Ivanov 2018), wobei die informell Selbstständigen hier nicht berücksichtigt werden. Der Anteil der Solo-Selbstständigen liegt bei 116.000, also knapp 85 %; von den 137.000 Selbstständigen sind 118.000, also etwas mehr als 85 %, Frauen. Kosmetiker*in ist ein Beruf mit niedrigem Einstiegsgehalt (der Median beträgt 21.820 € Brutto, Pilgram 2018). Zudem lassen sich viele hybride Beschäftigungskonstellationen im Feld finden: Die Solo-Selbstständigen Kosmetiker*innen vermieten oder mieten teilweise Arbeitsplätze oder arbeiten noch geringfügig beschäftigt in anderen Studios (zu hybriden Beschäftigungsverhältnissen siehe Bührmann et al. 2018; Manske 2018).
Das ethnografische Forschungsdesign wurde iterativ in drei Phasen durchgeführt, die gewonnenen Daten mittels der „Grounded Theory“ (Strauss und Corbin 1996) in ebenfalls mehreren Phasen iterativ ausgewertet (zum Verhältnis von Ethnografie und Grounded Theory siehe Charmaz und Mitchell 2007; Timmermans und Tavory 2007). Die erste Feldphase bestand aus einer teilnehmenden Beobachtung während eines mehrwöchigen Wochenendkurses zu Gesichtspflege in einer privaten Kosmetikschule sowie einem Interview mit einer Kursleiterin, die ihr Studio soloselbstständig führt. In der zweiten Feldphase wurden sechs leitfadengestützte Interviews geführt (davon zwei mit abhängig Beschäftigten, zwei mit selbstständigen Kosmetiker*innen, die Angestellte beschäftigen, und zwei Interviews mit soloselbstständigen Kosmetiker*innen) sowie weitere teilnehmende Beobachtungen während Behandlungen unternommen. Ergänzt wurden die Daten um das Abo der brancheneigenen Zeitschrift „My Beauty Business“, einen Besuch der jährlich in München stattfindenden Messe „Beauty Forum“ sowie einem letzten Interview mit einer soloselbstständigen Kosmetikerin mit Studio im eigenen Zuhause, die auch Teilnehmerin des Kurses Gesichtspflege der ersten Feldphase war („theoretical sampling“). Insgesamt besteht der Datenkorpus aus acht leitfadengestützten Interviews (Dauer zwischen 60 und 120 min), ca. 70 Seiten Feldnotizen, Chatverläufen mit Schüler*innen der Kosmetikschule, Fotos, Zeichnungen, Materialsammlungen sowie der Zeitschrift „My Beauty Business“, die sich explizit an Selbstständige und Gründer*innen der Branche richtet. Das gesamte Datenmaterial wurde, wie oben erwähnt, nach der Grounded Theory kodiert.
3 Von der Arbeit, wie eine Freundin zu sein
Wie in der Einleitung beschrieben, erklären die Kosmetiker*innen in den Interviews das Verhältnis zu ihren Kund*innen damit, wie – oder gar besser als – ein*e gute*r Freund*in zu sein. „Deine Nageldesignerin siehst du doch öfter als deine beste Freundin“, erklärt eine selbstständige Nageldesignerin im Interview und während einer Behandlung ergänzt ihre Kundin: „Hier geht es um so viel mehr als nur Nägel machen, schreib das auf.“ Die Nageldesignerin erzählt später im Interview, sie wolle ein „freundschaftliches Studio“ haben. Die Referenz der Freundschaft wird mit der Häufigkeit der Treffen und der Intimität der Gespräche begründet. Dabei betonen die Arbeitenden, „besser“ als eine Freundin zu sein, noch intimere Gespräche zu führen, noch mehr Vertrauen zu ermöglichen: „So offen wie mit mir konnte sie wahrscheinlich nicht mal mit einer Freundin drüber reden“, fasst die Angestellte einer medizinkosmetischen Praxis ihre Erfahrung mit einer langjährigen Kundin zusammen. Eine andere Kosmetikerin versteht ihre Rolle ähnlich: „[…] dass dir manchmal, denk ich, Patienten auch Dinge erzählen, die sie vielleicht nicht mal einer guten Freundin erzählen.“ Der einzige Mann im Sample sagt über seine Kundinnen, diese wären „wie Freundinnen“ und begründet seine enge Beziehung zu diesen mit seiner sexuellen Identität: „Ich hab’ den Pluspunkt, ich bin halt Mann […] und ich bin schwul. Also so der beste Freund der Frau und ich versteh auch jede Frau.“ Die Aussagen der Arbeitenden in Bezug auf ihre Kund*innen ließen sich zunächst als professionelle Rhetorik deuten, die jener ähnelt, die Rachel Sherman (2007) in ihrer Ethnografie zu Arbeitenden in Luxushotels findet. Deren professionelles Selbstverständnis folge, so Sherman, dem Credo „Better than your mother“. Die Fachzeitschrift „My Beauty Business“, die sich an Selbstständige und Gründer*innen richtet, zitiert eine erfolgreiche Kosmetikerin im Portrait mit folgenden Worten: „Zudem schalten wir über Social Media via Facebook und Instagram Werbung und verkörpern für unsere Kundinnen ein ‚Freundinnen‘-Image.“Footnote 6 Wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen werden, ist die Chiffre der Freundschaft aber nicht bloße Rhetorik, sondern Teil einer Arbeitspraxis, die versucht, den Kund*innen das Gefühl zu geben, als würden sie von einer Freundin behandelt. Die geleistete Arbeit kann somit als Emotions- bzw. Interaktionsarbeit gelten.
3.1 Intime Beziehungen: die Semantik der Freundschaft als Emotions- und Interaktionsarbeit
Freundschaften zeichnen sich durch Intimität aus, die laut Buschmeyer und Tolasch (2014) durch Vertrauen und ein exklusives Wissen gekennzeichnet ist (Definition im Anschluss an Zelizer 2010). Buschmeyer und Tolasch unterscheiden in ihrer Analyse der Intimität in körpernahen Dienstleistungen professionelle und private Intimität und untersuchen deren Grenzziehung und Überschreitung im Arbeitshandeln. Im Kosmetikstudio zeigt sich, dass die Referenz der Freundschaft tatsächlich vor allem auf geteiltem Wissen und Vertrauen beruht, das aber einseitig ist. So wird in der Kosmetikschule gelehrt, dass die Arbeitenden ihre eigenen Probleme „an der Garderobe lassen“ sollten, so die Lehrerin. Gleichsam aber sollen die Kund*innen dazu ermutigt werden, intime Erfahrungen und Emotionen zu teilen. Das führt dazu, dass die Arbeitenden, folgt man der begrifflichen Unterscheidung von Buschmeyer und Tolasch, in der Herstellung professioneller Intimität Elemente privater Identität übernehmen: Ihre Kund*innen sollen sich bei ihnen wie bei einer Freundin fühlen. Nach Buschmeyer und Tolasch (2014) ist das „[…] besondere an Dienstleistungen als professionelle Beziehungen, dass anders als in privaten Beziehungen, eine Ungleichheit zwischen den Beteiligten herrscht und beibehalten wird“ (ebd., S. 11). Hinzu kommt für das Feld der körpernahen Dienstleistungen, dass nicht nur emotionale Intimität hergestellt wird, sondern dass diese erst die körperliche Intimität ermöglicht: So berichten die Kosmetiker*innen in den Interviews, dass das Vertrauen, den Körper (an mitunter intimen Stellen) bearbeiten zu lassen, wesentlich von der zuvor etablierten emotionalen Beziehung abhängig ist. Deren Gelingen, so eine selbstständige Kosmetikerin, die während der Arbeit interviewt wurde, erfordere einen Raum „ohne Männer“. Nicht zuletzt, weil die Berufsbezeichnung nicht geschützt ist, müssen die (selbstständig) Arbeitenden das Vertrauen der Kund*innen gewinnen. Dies geschieht vor allem über intime Gespräche, die selbst zum Zweck der Dienstleistung werden: „Die Leute kommen vor allen Dingen wegen dem Reden“, erklärt eine andere selbstständige Kosmetikerin im Interview. In den Studios scheint es ein unausgesprochenes Übereinkommen zwischen den Dienstleistenden und ihren Kund*innen zu geben, dass Letztere, sobald sie ihren Platz am Nageltisch oder der Liege zur Gesichtsbehandlung einnehmen, anfangen, über sich selbst zu sprechen. Der Gegenstand der Dienstleistung, der Böhle (2006) folgend in der Interaktion erst festgelegt werden muss, ist nicht nur die Behandlung des Körpers, sondern das damit verbundene vertraute Gespräch. In der Schule lernen die Kosmetiker*innen das Ausfüllen von Anamnesekarten bei einem Erstgespräch, dessen Bedeutung eine Kosmetikerin im Interview so erklärt: „Dass man die Kundin nicht sofort in eine Kabine führt; und einfach anfängt, irgendwas zu machen. Sondern dass man sich wirklich hinsetzt, mit ihr einen Tee trinkt, und mit ihr abklärt, um was geht es?“
Die Herstellung von Vertrauen und Intimität lässt sich als Emotionsarbeit beschreiben, die – das zeigt auch der Forschungsstand – konstitutiver Teil ästhetischer Körperarbeit ist: „Although clients access the salon for a specific treatment, part of the experience they desire is to be listened to and to be able to off-load emotional issues in a relationship which, while often bearing a superficial resemblance to friendship, is actually a carefully managed piece of emotional labor“ (Black 2004, S. 7).
Emotionsarbeit meint im Anschluss an Arlie Hochschild den Aufwand, bestimmte Gefühle bei sich selbst und bei anderen zu erzeugen oder zu unterdrücken, was sich hier in dem Gefühl ausdrückt, Zeit mit einer Freundin zu verbringen:
„By ‚emotion work‘ I refer to the act of trying to change in degree or quality an emotion or feeling. To ‚work on‘ an emotion or feeling is, for our purposes, the same as ‚to manage‘ an emotion or to do ‚deep acting‘. Note that ‚emotion work‘ refers to the effort – the act of trying – and not to the outcome, which may or may not be successful.“ (Hochschild 1979, S. 561)
Emotionsarbeit bezieht sich als Begriff auf die reine Arbeit der Gefühlsproduktion und -unterdrückung, zunächst unabhängig von Kommodifizierung, Organisation und Professionalisierung der Arbeit, ob sie also privat oder als Teil von Erwerbsarbeit verrichtet wird. Der Kontext von Hochschilds Untersuchungen an amerikanischen Flugbegleiter*innen in den 70er-Jahren ist hier besonders relevant, weil Hochschild die These aufstellt, dass die in der Dienstleistung geleistete Emotionsarbeit ähnlich der Emotionsarbeit ist, die Frauen im Privaten verrichten. Diese, so Hochschild weiter, wird durch die Expansion des Dienstleistungssektors vermarktlicht und somit Teil von Arbeitsanforderungen. Die Emotionsarbeit bleibt dabei aber unsichtbar bzw. erfordert eine Re-Evaluierung dessen, was als Arbeit gilt und damit wertschöpfend ist. Die professionelle Emotionsarbeit ähnelt, wie auch die Chiffre der Freundschaft im Kosmetikstudio, privaten Emotionen. Im Anschluss an Hochschild sind zahlreiche empirische Studien und theoretische Debatten entstanden, die diese These kritisieren bzw. ergänzen (für einen Überblick: Penz und Sauer 2016; kritische Debatten bei Bolton und Boyd 2003; Brook 2010). Empirisch spezifisch, das zeigt der breite Forschungsstand zu Emotionsarbeit, muss analysiert werden, in welchem organisationalen Zusammenhang Gefühle kommodifiziert und kontrolliertFootnote 7 werden und inwiefern diese in Kontinuität zu welchen privaten feminisierten Emotionen stehen. Ein Großteil der Forschung im Anschluss an Hochschild untersucht Emotionsarbeit als von Unternehmen gesteuert und ausgebeutet (z. B. Leidner 1999); ebenso wird in der deutschsprachigen Dienstleistungsforschung davon ausgegangen, dass „Dienstleistungsgebende“ „typischerweise als abhängig Beschäftigte im Auftrag einer Organisation“ (Kutzner, Jacobsen und Goldmann 2009, S. 159) agieren. Damit werden vor allem jene nicht berücksichtigt, die informell und/oder selbstständig einer feminisierten Dienstleistungsarbeit nachgehen und die Spezifika einer solchen Arbeit werden analytisch nicht erfasst. Auch Rachel Lara Cohen (2010b) plädiert im Fazit ihrer vergleichenden Analyse zu selbstständig und abhängig beschäftigten Friseur*innen dafür, Emotionsarbeit abhängig von der Erwerbsorganisation differenziert zu analysieren. Denn Emotionsarbeit ist für Selbstständige, wie Abschnitt 3.2 zeigt, Teil der Erwerbsstrategie zur Stabilisierung prekärer Arbeitsbedingungen.
In der deutschsprachigen Arbeitssoziologie wird Dienstleistungsarbeit auch als „Interaktionsarbeit“ (Weihrich und Dunkel 2012) bezeichnet, die einen wesentlichen Bestandteil personenbezogener Dienstleistungen bzw. „front line work“ ausmacht (Böhle 2011). In seiner Definition von Interaktionsarbeit als zugleich rational zweckgerichtet und subjektivierend nimmt Böhle die im Forschungsstand zu Emotionsarbeit fehlenden organisationalen Dimensionen von Arbeit in den Blick:
Sie [Interaktionsarbeit] hat damit eine instrumentelle, zweck-gerichtete Ausrichtung. Dies beinhaltet auch, dass Interaktionsarbeit eine Reihe von Gemeinsamkeiten mit sonstiger Arbeit hat. Sie kann, ebenso wie sonstige Arbeit, betriebsförmig, als Erwerbsarbeit und abhängige Beschäftigung oder selbstständige Beschäftigung organisiert werden und wird in ihrer konkreten Ausprägung durch die Arbeitsorganisation und technische Arbeitsmittel bestimmt. (Böhle 2011, S. 457)
Böhle (2011, ebd.) betont zudem die Notwendigkeit der gegenseitigen Abstimmung und Festlegung des Gegenstands der Dienstleistung als wesentliches Merkmal eben dieser. Dies ist insbesondere in einem Feld wie der Kosmetikarbeit relevant, wo die Regelungen und Formalia der Arbeit niedrig gehalten sind und das Ziel der Dienstleistung nicht durch Unternehmen bzw. Management festgelegt und kontrolliert wird. Durch freundschaftliche Gefühle wird das Gelingen – wesentliches Motiv der Interaktionsarbeit bei Böhle – der intimen Dienstleistung vereinfacht, wenn nicht sogar ermöglicht. Auch Dunkel und Weihrich (2013) betonen die Reziprozität der Interaktionsarbeit und die Notwendigkeit beiderseitiger Koordination zum Gelingen. Dunkel und Rieder (2003) versuchen die Geschlechtlichkeit von Interaktionsarbeit einzufangen und beziehen sich explizit auf die Kritik der Frauen- und Geschlechterforschung am verengten Arbeitsbegriff der Arbeitssoziologie. Sie schließen des Weiteren an das Konzept „doing gender“ (West und Zimmerman 1987) an. Durch den mikrosoziologischen Zugang werden jedoch die in die Tätigkeit und Struktur der Dienstleistung eingeschriebene Geschlechtlichkeit und die (De‑)Kommodifizierungsbewegung, wie oben skizziert, vernachlässigt: „Männlichkeit oder Weiblichkeit können im Arbeitsprozess, z. B. im Rahmen von Gefühlsarbeit, eingesetzt werden, um bestimmte Ziele (z. B. Kundenzufriedenheit) erreichen zu können“ (Dunkel und Rieder 2003, S. 7). Heike Jacobsen kritisiert, dass „bei der Konzentration auf die Mikroebene der sozialen Interaktion jedoch leicht aus dem Blick [gerät], dass die Grenzstellensituation nicht ohne die organisationalen Strukturen und Strategien zu verstehen ist. […] Hier sind noch sehr viele Fragen offen“ (Jacobsen 2010, S. 219). Die Historie der geschlechterdifferenzierenden Arbeitsteilung wird im Konzept der Interaktionsarbeit vernachlässigt; in Hochschilds Theorie ist sie der Ausgangspunkt. Hingegen berücksichtigen die Forschungen zu Interaktionsarbeit die Bedeutung organisationaler Strukturen, die im Anschluss an Hochschild oft pauschal korporativ subsumiert werden.
Dass die Organisation der Arbeit einen wesentlichen Mediator in der Intensität und Form der geleisteten Emotionsarbeit darstellt, zeigt die weiter oben bereits angeführte Studie von Rachel Cohen:
Thus, whilst all stylists attempt to accommodate client demands, the way stylists ‚do being friends‘ with clients varies by employment relation, insofar as this involves performing favours that extend beyond the formal requirements of hairstyling work. Self-employed stylists with interests in client income and repeat custom are more likely to inconvenience themselves more frequently in order to accommodate clients, and to do this outside normal work spaces and times. (Cohen 2010b, S. 210)
Ebenso wie in Cohens Forschung leisten die Arbeitenden im hier untersuchten Feld, das lässt sich zunächst resümieren, emotionale Arbeit und Interaktionsarbeit, um ihren Kund*innen das Gefühl zu geben, „ihr Herz ausschütten zu können“ (in den Worten einer Kosmetikerin). Die dadurch hergestellte professionelle Intimität verweist auf eine Form privater Intimität (Freundschaft), die konstitutiv für die Bearbeitung des Körpers und zudem stark vergeschlechtlicht ist. Daraus lassen sich zwei Einsichten formulieren: Erstens ist es durch die Referenz einer privaten Beziehung erforderlich, die hergestellte Intimität immer wieder auch zu begrenzen, wie in 3.3 gezeigt werden wird (vgl. hierzu ausführlich von Bose und Klein 2020; Buschmeyer und Tolasch 2014). Zweitens sind Gefühle hier sowohl die Bedingung als auch das Produkt der Dienstleistung – modus operandi und opus operatum.
3.2 Freundschaft als Arbeit – Grenzen organisieren und überschreiten
Die ethnografischen Daten zeigen, dass Emotions- und Interaktionsarbeit nicht nur in der unmittelbaren Dienstleistungssituation während der Körperbehandlung geleistet wird, sondern dass die Arbeitenden die Freundschaftsgefühle aufgrund der Organisation der Arbeit bisweilen auch dauerhaft herstellen (institutionalisieren) müssen. Dies geschieht vor allem über Stammkundschaft (vgl. hierzu ausführlich Klein 2019), deren Bedeutung bereits in der Kosmetikschule vermittelt wird. Dort lernen die Schüler*innen, Hauterkrankungen und Allergien genauso wie den „Geburtstag der Kundin“ auf Anamnesekarten zu notieren, „um ihr dann ein kleines Geschenk machen zu können“, so die Lehrerin. Ebenso empfiehlt die Zeitschrift „My Beauty Business“, Stammkund*innen zwischendurch mit einem Smoothie oder einem Blumenstrauß zu überraschen: „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft.“Footnote 8 Diese Form der unsichtbaren Arbeit drückt eine besondere Art der Fürsorge aus, wie Rachel Sherman (2007) mit Bezug auf Arbeitende in Luxushotels schreibt: „Labor can also be demonstrated in the absence of workers“ (ebd., S. 40). Damit geht die Dienstleistungsarbeit über das „uno actu“-Prinzip hinaus. Uno actu meint, dass „Produktion und Konsumtion der Leistung nicht konsequent getrennt [sind] wie in der Güterproduktion, sondern […] weitgehend parallel [erfolgen]“ (Pongratz 2012, S. 19). Die insbesondere für Selbstständige erforderliche Mehrarbeit gegenüber der eigentlichen Dienstleistungssituation (Produktion) bleibt als solche unsichtbar – strukturell, aber auch kulturell, weil die Thematisierung der Mehrarbeit den Freundschaftscharakter der Dienstleistungsbeziehung gefährden würde.
Auch wenn Selbstständige Angestellte haben, kann Arbeit kaum abgegeben und delegiert werden, weil dies den Exklusivitätsanspruch der Freundschaft gefährden würde, wie folgender Interviewausschnitt verdeutlicht:
Die erzählen dann ihre ganzen Probleme und Geschichten mit Männern und Kindern und Ding und Dang; also man hört auch sehr viel, man muss auch sehr diskret sein, es ist auch nicht gut, wenn man da rum ratscht und also man muss gut zuhören, aber auch sich unterhalten können. Und des merk ich halt so mit den Mitarbeitern. Weil eigentlich wollen ja alle Kunden zu mir. Weil erstens kann ich’s besser wie alle andern, ganz klar; hab ja die Erfahrung und ich bin ein sehr penibler Typ; und die Leute kommen vor allen Dingen wegen dem Reden. Also ich muss zumindest dann immer mal vorbeischauen, hallo, wie geht’s und paar Fragen und das ist so wichtig, dass der Kunde das Gefühl hat, er wird gemocht und hofiert und sie wollen halt am liebsten alle Chef-Behandlung, wie im Krankenhaus und so diese Ratschereien halt.
Für die Kund*innen zur Verfügung zu stehen, besteht aus Sicht der Interviewten aus zwei Komponenten: Fachlich, weil nur sie die beste Behandlung garantieren kann, und emotional, weil die Kund*innen kommen, um mit ihr zu reden. Die Organisation der Arbeit weist über die Interaktion hinaus und muss von den Selbstständigen angesichts der erwünschten Gefühle moderiert werden.
Dass sie für emotionale Arbeit auch außerhalb der Arbeitszeit zur Verfügung stehen, berichten auch die beiden abhängig beschäftigten Interviewpartnerinnen.Footnote 9 Beide erzählen von der Schwierigkeit, sich gegenüber den Kund*innen abzugrenzen, die nicht nur während der Behandlung ihre Gefühle „abladen“, sondern auch jenseits dieser die Kosmetikerinnen um Rat bitten. Eine der beiden abhängig beschäftigten Interviewpartnerinnen berichtet, dass sie gelegentlich Stammkund*innen ihre private Nummer gebe:
Oder die schreibt dann zum Beispiel, sie muss jetzt ihren Termin absagen, weil ihr Hund muss operiert werden; und sie macht sich so Sorgen; und sie möcht’ ihn da nicht alleine lassen. Dann bin ich auch so und sag: Mensch, wie ist denn die OP gelaufen; ja, geht’s dem Hund gut, also des is halt manchmal vielleicht auch einfach so dieses i‑Tüpfelchen mehr.
Während die Beziehungspflege mit den Stammkund*innen für die Selbstständigen erwerbsstrategische Momente aufweist, ist diese für die abhängig Beschäftigten Mehrarbeit („i-Tüpfelchen“), die sich weniger eindeutig als Bedingung der Erwerbssituation deuten lässt.Footnote 10 Für die Selbstständigen ist die Pflege der Stammkundschaft bedeutsam, weil dadurch die Prekarität der (Solo‑)Selbstständigkeit abgemildert werden soll (auch Cohen 2010a). So berichten die Kosmetiker*innen, dass die „Treue“ der Stammkund*innen bei Erwerbsunterbrechungen Kontinuität sichere (ausführlich dargestellt in Klein 2019). Einerseits wird die radikale Marktabhängigkeit durch die sozialen Beziehungen moderiert und zusätzlich mit der Stammkundschaft soziales Kapital akquiriert – dem selbstständigen Nageldesigner aus dem Sample wurden von einer Kundin neue Räumlichkeiten in einer schönheitschirurgischen Praxis zur Miete vermittelt. Andererseits aber führt dies zu neuen Anforderungen an die Arbeitenden in der Organisation der Arbeit: Kund*innen nicht abgeben zu können, diesen genug Zeit einzuräumen, Termine auch außerhalb der Arbeitszeit zu vergeben. Viele Selbstständige berichten von Konflikten, wenn Kund*innen nicht ihre Wunschtermine bekommen wegen Urlaub oder Elternzeit (zu diesen sogenannten „payoffs“ auch Cohen 2010a, S. 77 f.), und wie dadurch die Beziehung gefährdet wird. Analog zur Semantik der Freundschaft berichten Kosmetiker*innen auch über die Konflikte in den Beziehungen mit Kund*innen, wie das Beispiel von der selbstständigen Nageldesignerin mit dem „freundschaftlichen Studio“ zeigt:
Die Mädels, die dreh- manche verändern sich auch ganz schön. Weil’s auch schlimm ist, jaja du bist so gut mit manchen, du bist so dicke und irgendwann zerstreitest du dich auch mal mit denen.
Die engen sozialen Beziehungen führen zu Erwartungen an die Arbeitenden, derer sich diese mit Rekurs auf ihren professionellen Status nicht entledigen können; denn dieser schöpft sich aus der vermeintlich privaten Beziehung der Freundschaft. Dass private Beziehungen paradoxerweise Teil der Kommodifizierungs- und Professionalisierungsstrategie sind, ist der Struktur des Berufs Kosmetiker*in immanent. Der Rückgriff auf das private Netzwerk, Freund*innen und Familie ermöglicht den Aufbau eines Kundenstamms während der Gründung, der dann umgekehrt Teil des privaten Netzwerkes wird. Karina Becker analysiert die „Kommodifizierung des Privaten“ für den Verkauf von Tupperware als Erwerbsarbeit und zeigt dabei, wie soziale Beziehungen eine Ressource der Erwerbsarbeit sind, aber auch zum „Nullsummenspiel“ werden (Becker 2016, S. 115). Stellen diese Beziehungen Netzwerke und soziales Kapital, Treue und Loyalität zur Verfügung, erhöhen sie gleichzeitig die Arbeitsbelastung. Die Bedingung und die Folge von Stammkund*innenbeziehungen sind räumliche, zeitliche und insbesondere sozial-emotionale Entgrenzungen (nachfolgend 3.3). Um diese Dimensionen der Arbeit mitabzubilden – erhöhter organisatorischer Aufwand und die daraus folgende Entgrenzung – wird der Begriff der BeziehungsarbeitFootnote 11 vorgeschlagen. Mit Beziehungsarbeit ist eine Form emotionaler Arbeit gemeint, die den organisationalen Aufwand im Kontext der prekären Erwerbsstruktur und des Beschäftigungsverhältnisses mitberücksichtigt, langfristig und auf Dauer individualisiert angelegt ist und über das Uno-actu-Prinzip der Dienstleistungssituation hinausreicht.
3.3 Beziehungsarbeit – Grenzen neu verhandeln
Sind die Beziehungen zu den Kund*innen als „Freundschaften“ erfolgreich etabliert, folgt daraus eine Form der Entgrenzung der Arbeit, die ihrerseits schon die Bedingung für das Gelingen der Beziehung war. Diese Entgrenzung äußert sich zeitlich und emotional (allgemein zur Entgrenzung bei Solo-Selbstständigen Egbringhoff 2003). Zeitlich insofern, als außerhalb der Dienstleistungssituation diese organisiert werden muss, sowie an Feiertagen, spät abends und am Wochenende gearbeitet werden muss, um den Wünschen der Kund*innen gerecht zu werden, die durch die „Freundschaft“ mehr als eine standardisierte Dienstleistung erwarten. Das berichten alle Interviewten und einige teilnehmende Beobachtungen fanden feiertags und am Wochenende statt. Sozial-emotionale Entgrenzung meint zum Beispiel die Erfahrung der oben zitierten abhängig beschäftigten Kosmetikerin, auch außerhalb ihrer Arbeitszeiten für Terminwünsche und Trost zur Verfügung zu stehen. Die daraus folgende Belastung beschreibt eine andere abhängig Beschäftigte so, dass ihr Freund ihr „nicht mehr von seinem Tag erzählen [durfte], weil [sie] schon so viele Geschichten gehört“ hatte. Wenn Arbeitsbeziehungen wie Freundschaften sind, laufen Freundschaften und andere private Beziehungen Gefahr, Arbeit zu werden. Entgrenzung bedeutet hier, dass Arbeit, die aus dem Privaten schöpft, nur noch schwer von diesem abgegrenzt werden kann. Über die Sorgen ihrer Kund*innen gesteht eine Interviewpartnerin: „Das interessiert mich nicht die Bohne.“ Eine Nageldesignerin sagt nach einer Behandlung, die teilnehmend beobachtet wurde, über ihre Kundin: „Wenn du nur solche hast, bist du fertig am Abend.“. Die Arbeit, eine Freundin zu sein, besteht damit aus einer weiteren Komponente, nämlich sich von den daraus resultierenden, langfristigen und vertrauensvollen Beziehungen wieder abzugrenzen. Auf die Entgrenzung der Arbeit als Bedingung und Folge der Freundschaftssemantik und der daraus resultierenden Intimität und Erwartung folgt die Notwendigkeit der Abgrenzung. Die Entgrenzung in der Körperarbeit ist sozial und emotionalFootnote 12 und unterscheidet sich damit grundlegend von der für „white collar“-Berufe untersuchten Entgrenzung. Cohen beschreibt es mit diesen Worten: „Bringing files home rarely involves colleagues or clients entering the home, and does not turn family and friends into clients“ (Cohen 2010a, S. 78).
Der Anspruch bzw. das Selbstverständnis, für Kund*innen wie eine Freundin zu sein, ist gewissermaßen die „feeling rule“ (Hochschild z. B. 2003; auch Koch 2013) der hier untersuchten Dienstleistung. Diese Gefühlsregel der Freundschaft ist hochgradig ambivalent, denn sie enthält Momente der Anstrengung und ist gleichsam essenzieller Bestandteil des Alltags der Arbeitenden, was sich sowohl an der Latenz der Aussagen als auch an der Struktur des Berufs beobachten lässt: „Emotion work becomes an object of awareness most often, perhaps, when the individuals’s feelings do not fit the situation, that is, when the latter does not account for or legitimate feelings in the situation“ (Hochschild 2003, S. 96). Erst wenn die Kosmetiker*innen bemerken, wie anstrengend die Arbeit des Zuhörens und Mitfühlens ist, wird der Arbeitscharakter ihrer Tätigkeit deutlich, der ja zunächst eben genau durch die Referenz privater Freundschaft verschleiert bleibt. Dass Freundschaft wesentlicher Bezugsrahmen der Sozialität im Kosmetikstudio ist, lässt sich auf den reproduktiven Charakter der Arbeit und die damit einhergehende Semi-Professionalisierung und kaum geregelte Kommodifizierung zurückführen. Arbeiten, die durch die kapitalistische geschlechterdifferenzierende Organisation von Tätigkeiten historisch und mehrheitlich unentlohnt im Privaten verrichtet werden, bleiben durch die Assoziation des Liebesdiensts abgewertet.Footnote 13 Geschlecht ist einerseits Ressource der Arbeit, indem es als Kategorie den geteilten Bezugspunkt des exklusiven femininen Raums darstellt, und wird andererseits zum professionellen Risiko für die Arbeitenden, deren Arbeit sie zurück in den Bereich des „Liebesdiensts“ führt.Footnote 14
Paradox ist, dass die Ermöglichung körperlicher und emotionaler Nähe qua Freundschaftssemantik die Bedingung der Bearbeitung des Körpers darstellt, die Mittel der Professionalisierung aber aus dem Privaten schöpfen und nicht professionalisierend wirken. Dieser Zirkelschluss liegt in der Logik vergeschlechtlichter Arbeit begründet und lässt sich für eine Vielzahl reproduktions- bzw. haushaltsnaher Tätigkeiten nachweisen. So zeigen Cohen und Wolkowitz (2018) in vergleichenden Analysen, dass „Hair“ und „Care“ als feminisierte Arbeitsbereiche insbesondere materiell durch ähnliche Logiken konstituiert sind. Aber auch feminisierte Arbeit, die weniger stark den Körper involviert, wie der Verkauf von Tupperware, lässt sich – das zeigen die Analysen von Karina Becker (2016) – als Bewegung aus Kommodifizierung und De-Kommodifizierung darstellen. Mit Miriam Glucksmanns Analyserahmen der „total organisation of work“ (Glucksmann 2005, 2013) lässt sich diese Bewegung als elementarer Bestandteil in der Organisation von Arbeit verstehen, die sich durch „interconnectedness across boundaries between paid and unpaid work, market and non-market, formal and informal sectors“ (Glucksmann 2005, S. 28) auszeichnet.
Die aus dem in 3.2 aufgezeigten Organisationsaufwand resultierende zeitliche und emotional-soziale Entgrenzung der Arbeit lässt sich weder mit dem Konzept der Emotionsarbeit noch der Interaktionsarbeit vollumfänglich abbilden. Buschmeyer und Tolasch (2014) zeigen, wie die professionelle Intimität ständig Gefahr läuft, durch die private Intimität, die ihrerseits integraler Bestandteil der Professionalität ist, vereinnahmt und unterminiert zu werden. Dadurch werden die Arbeitenden verletzbar und müssen als Teil ihrer Arbeitspraxis Grenzen nicht nur überschreiten (lassen), sondern sie auch ständig neu ziehen (auch in Bose und Klein 2020). Bedeutsam wird die Entgrenzung des „do being friends“ (Cohen 2010b) mit Blick auf die Organisationsform der Arbeit, deren spezifische Professionalisierung durch die ihrerseits entprofessionalisierend wirkende Bedingung der Intimität zu einem, so nennt es Karina Becker (2016), „Nullsummenspiel“ führt.
Die emotionale Arbeit als Teil der ersuchten Dienstleistung ist nicht beliebig austauschbar, sondern wird durch Persönlichkeiten verkörpert. Beziehungsarbeit ist komplex, kann kaum standardisiert, routiniert oder externalisiert werden. Denn „wie eine Freundin“ zu sein bedeutet auch, eine bestimmte Freundin zu sein – daraus resultieren Anforderungen wie z. B. „eine eigene Persönlichkeit entwickeln“, so eine abhängig Beschäftigte, bzw. „authentisch sein“, wie eine Nageldesignerin ihren Erfolg beschreibt (auch nachzulesen bei Sharma und Black 2001, S. 922, sowie Becker 2016). Beziehungsarbeit bedeutet nicht, eine beliebige verhätschelnde und umsorgende Kosmetikerin für den Moment der Dienstleistung darzustellen, sondern einen bestimmten individuellen Typus über die Interaktion hinaus zu verkörpern und diesen in der Organisation der Arbeit zu berücksichtigen.
Wie die dargestellten Beispiele zeigen, geschieht die Beziehungsarbeit nicht nur in actu, sondern erfordert von den Arbeitenden, ihre Praxis entsprechend zu organisieren. So übersteigt die Arbeit zeitlich und sozial die Interaktion der Dienstleistung: Geburtstage notieren (wie in der Kosmetikschule gelehrt wird), Erreichbarkeit für Ratschläge auch außerhalb der Arbeitszeit, Organisation der Behandlung (Auslagerung bestimmter Tätigkeiten an Untermieter*innen/Angestellte, ohne Exklusivität zu gefährden) sind Teil der zusätzlichen „Mental Load“ der ausgeübten Profession. Als Negativfolie der „Freundin“ dient die „VIP-Kundin“, die das Prinzip der Exklusivität überstrapaziert und „wie eine Diva behandelt werden möchte“, so eine andere Kosmetikerin im Interview. Dies ist ein Verweis auf die Fragilität der Freundschaft, die auch durch die Kund*innen verletzt werden kann und zu einem „Einfrieren“ der Beziehungsarbeit führt (vgl. auch Cohen 2010b). Eine selbstständige Nageldesignerin spricht, wie weiter oben bereits zitiert, davon, sich mit den „Mädels“ zu „zerstreiten“. Legt man das Konzept der Interaktionsarbeit an, zeigt sich hier, wie das Gelingen der Dienstleistung von dem nicht formal festgelegten beiderseitigen Einverständnis über den Modus der Arbeit bedingt ist. Konkret: Die „Freundschaft“ als Bedingung und Beleg der gelungenen Dienstleistungsbeziehung wird gefährdet, wenn die „VIP“-Kundin zu sehr verwöhnt werden will und sich die Illusion der Reziprozität nicht aufrechterhalten lässt. Durch die Semantik der Freundschaft, so das Fazit, wird der erhebliche Mehraufwand, der mit der Erwerbsarbeit verbunden ist, zusätzlich unsichtbarFootnote 15: „[…] the friend designation is undermined by the market relationship which it conceals“ (Cohen 2010b, S. 213). Gefallen und Geschenke sind nicht zu trennen von den strukturellen Bedingungen, unter denen sie ausgetauscht werden. Sie sind unabdingbarer Teil der hier untersuchten Erwerbsarbeit, wirken jedoch dekommodifizierend. Der Erwerbscharakter der Arbeit wird durch die Beziehungsarbeit unsichtbar, gerade weil dahinter Arbeit steckt. Feminisierte, körpernahe Arbeiten („hair und care“) müssen durch die Historie der geschlechterdifferenzierenden Arbeitsteilung Professionalität erst mühsam erringen; die Professionalisierungsstrategien aber kommodifizieren das Private und fallen so zurück auf dekommodifizierende Semantiken wie Freundschaft. Die Professionalisierungsstrategie, mit Exklusivität und Vertrauen eine Arbeitspraxis aufzuwerten, bleibt dem kulturellen Bezugsrahmen des Privaten verhaftet und führt zu neuen Abwertungen, De-Kommodifizierungen und Entgrenzung von Arbeit. In anderen Worten: Wie eine Freundin zu sein, kann nicht in Rechnung gestellt werden.Footnote 16
4 Fazit
Mittels ethnografisch erhobener Daten in Kosmetikstudios und einer -schule wurde gezeigt, dass die von den Kosmetiker*innen geleistete Arbeit, für die Kund*innen wie oder besser als eine Freundin zu sein, erheblichen Mehraufwand in der Arbeitsorganisation bedeutet, der über das Uno-actu-Prinzip von Dienstleistungen hinausweist und zu einer spezifischen Form von Entgrenzung führt. Beziehungsarbeit dient hier als Begriff, den organisationalen Aufwand sowie die folgenreiche zeitliche und sozial-emotionale Entgrenzung begrifflich zu fassen. Diese ist Teil professioneller Intimität, die aber, um zu gelingen, private Intimität referiert. Beziehungsarbeit enthält in Abgrenzung zum Begriff der Emotionsarbeit organisationale, soziale und zeitliche Elemente von Arbeit, die über die Dienstleistungssituation hinausweisen. Der Begriff der Interaktionsarbeit, so wurde gezeigt, bildet die vergeschlechtlichte Struktur und Wechselwirkung von privaten und professionellen Gefühlen nicht ab. Beziehungsarbeit ist auf Dauer angelegt, stabilisiert prekäre und hybride Erwerbsverläufe und lässt sich als Erwerbsstrategie analysieren. Dies meint im Feld der Kosmetik zweierlei: die nötigen Voraussetzungen zur intimen Bearbeitung des Körpers in einer Semi-Profession zu schaffen (Vertrauen) sowie die Kund*innen langfristig an die Arbeitenden zu binden (Kontinuität).
„Nothing is off limits“ – damit wurde das professionelle Selbstverständnis der Schönheitssalonbesitzerin Gina aus dem Film „Beauty Shop“ zu Anfang zitiert; „Maniküre ist Freundschaft“ (Uslar 2020). Wie die Analyse des ethnografischen Materials aus dem Feld der Körperpflege zeigt, liegen die Grenzen der hier untersuchten Arbeit nicht in der Intimität der Gespräche zwischen den Dienstleistenden und ihren Kund*innen, sondern in der Thematisierung eben dieses Umstands. Der Freundschaftsbegriff dient in der Berufspraxis der Kosmetiker*innen als Chiffre für die Beziehungen zu den Kund*innen. Dabei ist die Freundschaft modus operandi und opus operatum der Dienstleistung zugleich – Ersteres, wenn die semiprofessionelle, nicht institutionalisierte und formalisierte Körperbearbeitung durch die Aufrufung von Freundschaft in actu ermöglicht wird; Letzteres, wenn Ausbildung und Struktur des Berufes immer wieder zurückverweisen auf Freundschaft als Bedingung der Praxis selbst. Hier zeigen sich Kontinuitäten vergeschlechtlichter Arbeit als permanenter Grenzgang zwischen Erwerbsarbeit und Freundschaftsdienst bzw. Kompetenz und Eigenschaft und der darin immanenten Abwertung bzw. Anerkennung. Grenzziehungen und -überschreitungen von und in Arbeit erweisen sich im Feld der Kosmetikarbeit als Gegenstand der Arbeit selbst. Das trifft, so die Vermutung, auf viele weitere reproduktionsnahe, (neue,) informelle und semiformelle Arbeiten zu. Zu untersuchen bleibt, welche organisationalen Anforderungen auf welche Gefühlsregime treffen und was dies für die zu verrichtende (unsichtbare) Beziehungsarbeit bedeutet.
Notes
Forschung im Rahmen eines laufenden Promotionsprojekts am Institut für Soziologie der LMU München, betreut von Prof. Paula-Irene Villa Braslavsky.
Die einzige Ausnahme bildet die sogenannte medizinische Fußpflege (Podologie).
Hierdurch auch mangelnde Interessensvertretung, vgl. Pongratz und Abbenhardt (2018).
Ausgabe 06/2018; nur für Abonnenten zugänglich.
Unter dem Stichwort der Arbeitskontrolle wird auch ein Großteil der angelsächsischen Forschung zu emotional labor publiziert, die in Tradition der Labor Process Theory insbesondere der Frage empirisch und theoretisch nachgeht, inwiefern es überhaupt möglich ist, Emotionen durch das Management zu kontrollieren und damit potenziell auszubeuten (Bolton 2010).
http://media.beauty-forum.com/epaper_mybb/2017/05/FB44EEC84/MYDE1705_online_Teaser.pdf (letzter Zugriff 25.11.2019).
Dass es auch für die abhängig Beschäftigten schwer ist, sich hier abzugrenzen, lässt sich möglicherweise damit erklären, dass alle interviewten Kosmetiker*innen von hybriden Erwerbskonstellationen berichten, die Kund*innen aus dem Angestelltenverhältnis, also bei Gründung, versuchen mitzunehmen, auch wenn dies rechtlich problematisch ist.
Möglicherweise profitieren abhängig Beschäftigte durch die Beziehungspflege von (mehr) Trinkgeld; das wurde aber von den beiden Interviewten in dem hier vorliegenden Sample nicht thematisiert.
Der Begriff taucht in wissenschaftlichen Untersuchungen bisher kaum auf, allenfalls in der Pädagogik und sozialen Arbeit, womit aber auf einen nicht vergleichbaren Bezugsrahmen von Erwerbsarbeit verwiesen wird.
Die Entgrenzung im untersuchten Feld lässt sich auch körpersoziologisch untersuchen, vgl. hierzu Bose und Klein (2020). Auch die räumliche Entgrenzung, wie hier von Cohen angedeutet, spielt in dem Feld insofern eine Rolle, als dass viele der Kosmetiker*innen von zu Hause oder mobil arbeiten. Beide Aspekte können hier aus Platzgründen nicht weiter ausgeführt werden Zur Entgrenzung von Arbeit grundlegend: Voß (1998) sowie Gottschall und Voß (2005).
Vgl. hierzu beispielsweise Auth (2013).
Die paradoxe Bedeutung der Kategorie Geschlecht für die Arbeit, als Ressource und Risiko, wird insbesondere in intersektionalen Analysen evident. So zeigt Miliann Kang in ihrer Ethnografie zu koreanischen Nagelstudios in New York, wie Gender und Race je nach Standort und Publikum der Studios unterschiedlich verkörpert wird, eine Ressource darstellt, die gleichzeitig immer gegen die damit verbundene Abwertung arbeiten muss (Kang 2010). Die Arbeiten von Encarnacion Guttierez Rodriguez (z. B. 2014) zu migrantischen Haushaltsarbeiterinnen zeigen die Komplexität dieser Kategorien aus affekttheoretischer Perspektive. Aufgrund der Beschaffenheit des Samples und des explorativen Charakters der Ethnografie können hier keine systematischen Argumente zur intersektionalen Funktion der Kategorie Geschlecht gemacht werden, die aber an anderer Stelle in der induktiven Analyse des Materials eine wesentliche Rolle spielen. Der hier vorliegende Text konzentriert sich insbesondere auf die organisationalen Aspekte der Chiffre Freundschaft, die aber mit Sicherheit von einer differenzierten Analyse je nach sozialer Position der Arbeitenden profitieren würde.
Die These der Unsichtbarkeit von Arbeit u. a. vorgetragen gem. mit Tanja Carstensen auf der ILPC Vienna 2019 https://www.ilpc.org.uk/Previous-Conferences/View-Abstract/aid/2964 sowie als Veröffentlichung in Vorbereitung.
Mit Dank an Hans Pongratz für diese treffende Formulierung!.
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Danksagung
Ich danke Leoni Billina, Studentin am Institut für Soziologie der LMU, für Korrekturen und Mitarbeit am Text und dem LMU Mentoring Programm für die Förderung und die dadurch ermöglichte Beschäftigung von Leoni Billina. Ebenso danke ich Alexandra Rau (EKWEE LMU) für unzählige kluge Gedanken, Kritik und unermüdliches Lesen und Svenja Paulsen für das finale und sehr intensive Lektorat.
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Klein, I. Von der Arbeit, wie eine Freundin zu sein. Österreich Z Soziol 45, 465–484 (2020). https://doi.org/10.1007/s11614-020-00425-w
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