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Der Weg in den Untergang in Christian Schüles Das Ende unserer Tage (2012) und in Muhammad Rabies Otared (2015)

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Abstract

The theoretical considerations about the relationship between sovereignty and homo sacer of the Italian philosopher Giorgio Agamben serve the analysis of the German novel Das Ende unserer Tage (2012) (The End of Our Days) by the German author Christian Schüle and the Arabic novel Otared (2015) (Mercury) by the Egyptian writer Muhammad Rabie, because there are relevant parallels between the dystopian images in both novels and the theoretical approach of Agamben. Furthermore, the dystopian visions can be traced back to a repressive reality, which many people today cannot escape. The paper aims to compare the influence of terrible social visions on the development of the characters of both novels.

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Notes

  1. Der Name der Hauptfigur Otared bezieht sich auf den heißen Planeten Merkur und verweist im übertragenen Sinn auf die tägliche Hölle und die willkürliche Tötung der einfachen Bürger auf den Straßen Kairos während der Tage der Revolution 2011 und danach (vgl. Klappentext des arabischen Romans Otared 2016).

  2. Agamben übernimmt seinen Terminus homo sacer aus dem römischen Recht. Aus historischer Sicht ist homo sacer derjenige, der wegen eines Delikts angeklagt wurde, aber es ist nicht erlaubt, ihn zu opfern. Wer ihn aber tötet, wird nicht verurteilt. Daher nennt man einen schlechten Menschen sacer (vgl. Agamben 2002, 81).

  3. Zitiert wird aus dem Roman Das Ende unserer Tage, Schüle (2012) mit der Sigle (DT, Seitenzahl).

  4. Zitiert wird aus dem Roman Otared, Rabie (2016) mit der Sigle (O, Seitenzahl). Die arabischen Zitate wurden, sofern nicht anders vermerkt, von der Verfasserin des Beitrages vom Arabischen ins Deutsche übersetzt. Erwähnenswert wurde der Roman Otared von Robin Moger vom Arabischen ins Englische im Jahre 2016 übersetzt. Siehe dazu: https://global.oup.com/academic/product/otared-9789774167843?cc=us&lang=en. [17.12.2018]

  5. In den letzten Jahrzehnten weisen die melancholischen Fassungen der Welt vermehrte Aufmerksamkeit in der deutschen Literaturszene auf, z.B. 2040 (2007) von Norbert Leithold, Ich werde hier im Sonnenschein und im Schatten (2008) von Christian Kracht, Corpus Delicti (2009) von Juli Zeh, Subs (2011) von Thor Kunkel, Kruso (2014) von Lutz Seiler, und Sergia - Sklaven des 22. Jahrhunderts (2014) von Katja Brinkert, Wir waren hier (2016) von Anna Rademacher, Macht (2016) von Karen Duve und Leere Herzen (2017) von Juli Zeh. Seit der Januar-Revolution 2011 in Ägypten ist die literarische Bearbeitung des Themas Wende und deren unaufhörlichen Konsequenzen auf die ägyptische Gesellschaft gang und gäbe, z.B. Ahmed Khalid Towfiks Roman Im Flur der Mäuse (2016) Der beste Erzähler der Stadt (2014) des ägyptischen Schriftstellers Omar Hazik und der Roman Die Warteschlange (2012) der ägyptischen Schriftstellerin Basma Abdelaziz. Auch die arabische Literatur befasst sich zunehmend in den letzten Jahren mit den bedrückenden Folgen der andauernden Umbrüche in der arabischen Welt seit dem sogenannten arabischen Frühling 2011, mit denen man keine positiven Zukunftserwartungen vorausschauen kann, z.B. der Roman 2084. Die Geschichte des letzten Arabers (2016) des algerischen Schriftstellers Wasini al-A‘raj und der Roman Der zweite Krieg des Hundes (2016) des palästinensischen Schriftstellers Ibrahim Nasruallah.

  6. Christian Schüle (1970) studierte Philosophie, Soziologie und Politikwissenschaft. Er ist Schriftsteller und Essayist. Heute lehrt er Kulturwissenschaft an der Universität der Künste in Berlin. Von seinen Veröffentlichungen sind Das Ende unserer Tage (Roman, 2012), Das Ende der Welt. Von Ängsten und Hoffnungen in unsicheren Zeiten (Buch, 2012) und die Essays Heimat. Ein Phantomschmerz, Was ist Gerechtigkeit heute? und Wir haben die Zeit. Denkanstöße für ein gutes Leben. Siehe dazu: http://www.mare.de/index.php?article_id=4470&setCookie. [02.12.2018]

  7. Der bewusst gewählte Name könnte sich eventuell auf den deutschen Philosophen Oswald Spengler und dessen Werk „Der Untergang des Abendlandes“ (1920) beziehen.

  8. Muhammad Rabie (1978) studierte Ingenieurwesen. Sein Romandebüt “Amber Planet” (2010) erhielt den Preis von Sawiris Cultural Award Competition 2011. Im Jahre 2012 ist sein zweiter Roman mit dem Titel Year of the Dragon (Dt. Das Jahr des Drachen) erschienen. Zuletzt erschien sein dritter Roman Otared im Jahre 2015. Sein Roman Otared steht auf der Shortliste von „The International Prize for Arabic Fiction“ im Jahre 2016. Siehe dazu: http://www.al-akhbar.com/node/253558. [24.11.2018]

  9. Peter Wenzel zufolge könne ein literarischer Text an den Merkmalen mehrerer Gattungen partizipieren. Die Gattungen seien keine festen Entitäten, sondern offene Systeme, die sich nicht mehr trennscharf voneinander unterscheiden können (vgl. Wenzel 2004: 214).

  10. figure a
  11. In dieser Rede geht es um den Versuch des Bundespräsidenten, die Bürger zur Teilnahme an einem Projekt für den Zusammenhalt der deutschen Demokratie zu ermutigen. Dadurch können die Bürger ihre Gedanken zum Ausdruck bringen und die Möglichkeit haben, die gemeinsam gedachten Lösungen und Verbesserungsvorschläge in Kraft setzen. „Denn Demokratie lebt vom Mitmachen. Demokratie lebt von Menschen, die sich für andere einsetzen und Verantwortung tragen.“ Siehe dazu: http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Christian-Wulff/Reden/2011/03/110312_Rede_Anlage.pdf?__blob=publicationFile&v=3. [02.01.2019]

  12. Das Gebäude der Hamburger Gummi-Waaren Compagnie gilt als Symbol der Harburgs Industriegeschichte und steht exemplarisch für das Zeitalter der Industrialisierung. Dieses alte Gebäude ist verkauft worden und die neuen Investoren haben vor, den Altbauten in ein Wellnesszentrum zu wandeln. Siehe dazu: https://www.abendblatt.de/hamburg/harburg/article205529197/Baudenkmal-in-Harburg-ist-Sondermuell.html. [24.08.2018]

    Schüle schreibt in einer Anmerkung am Ende des Romans: „Diese Firma war und ist realexistent und befand sich eine zeitlang nachweislich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Schilderungen basieren auf Beobachtungen am Ort sowie auf Gesprächen mit damals Beteiligten. Alle im Zusammenhang mit der Kammfabrik dargestellten Personen sind jedoch rein fiktiv.“ (DT, 398)

  13. Die Bezeichnung „Zombiegesellschaft“ geht auf den deutschen Soziologen Ulrich Beck zurück. Beck zufolge sind die Zombie-Kategorien und Zombie-Institutionen zwar tot, aber noch am Leben. Siehe dazu Jonathan Rutherford: “Zombie Categories: An Interview with Ulrich Beck,” 202–213. http://sk.sagepub.com/books/download/individualization/n14.pdf. [24.08.2018]

  14. figure b
  15. Die wesentliche biopolitische Struktur der Moderne zeigt sich, so Agamben, in der Entscheidung über den Wert und den Unwert des Lebens. Diese Entscheidung kann nur der Machthaber treffen und gibt ihm die Möglichkeit, auf das Leben der Individuen zuzugreifen (vgl. Agamben 2002, 146).

  16. Die vier Texteinlagen im Roman, die durch Kursivschrift unterschieden werden, gelten als Mevissens Beobachtungen für das Geschehene. In diesen Textstellen nimmt der Regisseur das Verhalten der dargestellten Personen unter die Lupe, insbesondere das Verhalten von Hertz, der sich zwar die Krise der Stadt zunutze macht, ist sich aber gleichzeitig bewusst, dass es keine Möglichkeit für eine verbesserte Lage gibt.

  17. figure c

    .

  18. Begriffe wie „Ellbogengesellschaft, „Anspruchsdenken“ und „Egoismus“ weisen auf das Thema Wertewandel hin, das in der Öffentlichkeit damit verbunden ist, nun sei der Anfang vom Ende gekommen (vgl. Abels 2010, 49f.).

Literaturverzeichnis

Primärliteratur

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Asaad, H. Der Weg in den Untergang in Christian Schüles Das Ende unserer Tage (2012) und in Muhammad Rabies Otared (2015). Neohelicon 46, 331–345 (2019). https://doi.org/10.1007/s11059-019-00473-6

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