1.1 Gentherapieforschung

Der umfassende Aufschwung der klinischen Gentherapie seit ca. 2010 (vgl. „Fünfter Gentechnologiebericht“Footnote 1) hat sich in den vergangenen Jahren fortgesetzt und konsolidiert. Der daraus resultierende breite Einstieg großer Biotech- und Pharmafirmen führte zu einer deutlich verbesserten materiellen und technologischen Basis, sowohl im Bereich der „klassischen“ Gentherapie als auch bei den neuen Techniken des Genome-Editing somatischer Zellen. Weiterhin bleiben jedoch die Entwicklung und Bereitstellung geeigneter Gentransfertechnologien für beide Ansätze eine Conditio sine qua non für die Effizienz und Sicherheit sowie für die breite Anwendbarkeit in der klinischen Versorgung von Patienten. Hier wird es auch in Zukunft keine einfache Lösung für alle Anwendungen geben, sondern spezielle genetische Vehikel (Vektoren) für die jeweilige klinische Gentherapiestrategie. In Deutschland tätige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Bereich der Vektorforschung und der Gentransfertechnologien sind seit Langem international führend. Auch in angewandten Feldern wie beim Genome-Editing, der adoptiven Immuntherapie oder der HIV-Gentherapie kommen international führende Arbeiten aus Deutschland. Hier machen sich die Verbindung von grundlagenwissenschaftlicher und anwendungsorientierter Forschung in vielen Instituten sowie die ausgezeichnete Vernetzung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit Klinikerinnen und Klinikern innerhalb Deutschlands sehr bezahlt. Zu Einzelheiten verweisen wir auch auf eine kürzlich erschienene PublikationFootnote 2 führender deutscher Gentherapieforscherinnen und -forscher, die einen sehr detaillierten Überblick über den Stand der Gentherapieforschung in Deutschland gibt.

Empfehlungen

Das Beispiel CRISPR/Cas demonstriert eindrücklich, dass scheinbar plötzliche wissenschaftliche Durchbrüche auf jahrzehntelanger Grundlagenforschung beruhen. Auch viele erfolgreiche deutsche Gentherapieprojekte basieren auf langfristig etablierten und geförderten Forschungsnetzwerken.Footnote 3 Die Förderung solcher Forschungsstrukturen im Bereich der Gentherapie sollte daher sowohl von der DFG als auch vom BMBF unbedingt fortgesetzt werden.

1.2 Klinische Translation

Leider muss trotz der positiven Positionierung deutscher Forschender in der Grundlagenforschung konstatiert werden, dass sich, was die klinische Translation gentherapeutischer Konzepte betrifft, der Rückstand Deutschlands (und generell Europas) gegenüber China, aber auch den USA (mit einem ähnlichen rechtlichen und forschungsethischen Rahmen) weiter vergrößert hat. Dies lässt sich sehr klar an der im direkten Vergleich deutlich geringeren Zahl klinischer Studien illustrieren, die von Deutschland aus initiiert werden (siehe Tab. 2.1). Das betrifft sowohl Studien, die von Firmen durchgeführt werden, als auch in besonderem Maße solche, die aus akademischen Institutionen heraus initiiert werden (sog. Investigator-initiated-Trials, IITs). Für die relativ langsame Umsetzung selbstentwickelter und präklinisch erfolgreich getesteter Strategien in klinischen IITs wurde eine Reihe unterschiedlicher Ursachen ausgemacht, die zum Teil für ganz Europa gelten, zum Teil aber auch spezifisch für Deutschland sind. Auf europäischer Ebene gelten strengere RegularienFootnote 4 im Vergleich selbst zu den USA. Diese sorgen für höhere Kosten und größeren Aufwand und verursachen einen immer größeren Abstand zwischen der Anzahl der klinischen Studien, obwohl in den USA keinesfalls geringere Standards an die Patientensicherheit angelegt werden als in der EU. Den höheren Kosten steht in Deutschland eine vergleichsweise zurückhaltende Finanzierung durch öffentliche und private Geldgeber sowie die Industrie gegenüber. Zugleich fehlen hiesigen Hochschulen alternative Finanzquellen wie sie z. B. in den USA mit dem ausgeprägten Alumni-und Spendersystem existieren, sodass Universitäten dort viel eher in der Lage sind, eigene Studien zu initiieren.

Empfehlungen

Mit dem Ziel der effizienteren klinischen Umsetzung der erfolgreichen akademischen Gentherapieforschung in Deutschland empfiehlt die AG die Implementierung strukturierter Programme zur Förderung der Translation innovativer zell- und gentherapeutischer Ansätze. Wie der Erfolg der CAR-T-Zelltherapien bei zuvor unheilbaren Krebserkrankungen gezeigt hat, besitzen Gentherapien in einigen Bereichen ein bahnbrechendes Potenzial und können schnell neue Standards definieren. Gleiches gilt für die Behandlung verschiedener bislang unheilbarer monogener Erbkrankheiten, die oft mit erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität verbunden sind.

Die vom Deutschen Bundestag angestoßene Translationsinitiative im Bereich Gen- und Zelltherapie ist unbedingt zu unterstützen. Wir halten weiterhin den Aufbau mehrerer Kompetenzzentren in Analogie zu den Deutschen Gesundheitszentren für essenziell, um die Entwicklung der Gentherapie auf breiter Basis zu fördern.

1.3 Zulassungsstudien und lizenzierte Gentherapien

Im Gentherapiefeld sind breite Fortschritte ersichtlich, die sich u. a. in der international beträchtlich gestiegenen Zahl klinischer Studien, insbesondere auch der Zulassungsstudien (Phasen IIb und III), sowie deren oft positiven (Zwischen-)Ergebnissen widerspiegeln. Entsprechend sind für die kommenden Jahre weitere Zulassungen in unterschiedlichen Bereichen der Medizin zu erwarten – vor allem in der Krebsgentherapie (zelluläre Immuntherapie, onkolytische Viren) wie auch bei der Behandlung monogener Erbkrankheiten.

Wie bereits im letzten Gentherapieband (2011)Footnote 5 und in den Gentechnologieberichten 4Footnote 6 und 5Footnote 7 von uns antizipiert, sind inzwischen auch in Europa eine Reihe von Gentherapien zugelassen, sowohl (und vorrangig) in der Hämatologie/Onkologie als auch bei monogenen Erbkrankheiten. Allerdings bleiben in Deutschland bzw. Europa die Zahlen der lizenzierten Therapien wie auch ihrer tatsächlichen Anwendungen aus unterschiedlichen GründenFootnote 8 hinter denen in den USA und China zurück; in einzelnen Fällen wurden sogar bereits zugelassene Therapien wieder vom europäischen Markt zurückgezogen.Footnote 9

Neben der oft beeindruckenden Wirksamkeit machen die neu zugelassenen Gentherapeutika auch weiterhin mit ihren hohen Preisen und den daraus teilweise resultierenden Konflikten und Gerechtigkeitsfragen Schlagzeilen. Neue lizenzierte Gentherapeutika erwarben jeweils den zweifelhaften Ruhm als „teuerste Arzneimittel der Welt“ – von der ersten „1-Mio.-$-Spritze“ Glybera® (zur Behandlung einer sehr seltenen Stoffwechselstörung, Lipoproteinlipase-Defizienz) über Zolgensma® (zur Behandlung der spinalen Muskelatrophie), das 2020 die 2-Mio.-$-Grenze überschritt, bis zu Hemgenix® (zur Therapie der Hämophilie B, einer Form der „Bluterkrankheit“), das im November 2022 zu einem Preis von 3,5 Mio. US$ in den USA zugelassen wurde. Diese sehr hohen Therapiekosten können sich unmittelbar auf die Patientenversorgung auswirken, und das nicht nur in ärmeren Regionen der Welt. So ließ die Firma uniQure ihre Zulassung für das Präparat Glybera® auslaufen, da es sich zu dem Preis von 1 Mio. € nicht kommerziell vermarkten ließ. Weil sich Firma und Kostenträger in Europa nicht auf einen für beide Seiten akzeptablen Preis einigen konnten, nahm Bluebird Bio Zynteglo® vom europäischen Markt.Footnote 10 In den USA kostet die Therapie ca. 2,8 Mio. US$, ein Mehrfaches der ebenfalls kurativen allogenen Stammzelltransplantation.Footnote 11 Es mag überraschen, dass die Kostenträger die zum Teil höheren Preise für Zolgensma® und Hemgenix® akzeptiert haben. Allerdings existieren für die beiden damit behandelten monogenen Erbkrankheiten entweder gar keine alternativen therapeutischen Ansätze („unmet medical need“) oder die Kosten der Gentherapien erscheinen angesichts der bisherigen (kumulativen) Behandlungskosten bei diesen Krankheiten adäquat.

Insgesamt unterstreicht die steigende Zahl an Zulassungen das enorme Potenzial der Gentherapie, gerade im Bereich bisher unheilbarer Krankheiten. Zugleich ist ein umfassender und uneingeschränkter Zugang zu den oft lebensrettenden Therapien selbst in Industrieländern wie Deutschland bisher nicht durchgehend gewährleistet. Neben den hohen Preisen sind dafür auch fehlende GMP-Herstellungskapazitäten für Vektoren wie auch genmodifizierte Zellen verantwortlich.

Empfehlungen

Im Interesse der Patientinnen und Patienten sollten Bedingungen etabliert werden, die einen uneingeschränkten Zugang zu neuartigen, evidenzbasierten Therapien, deren Entwicklung über viele Jahre mit Steuermitteln gefördert wurde, sicherstellen. Zugleich ist es notwendig, in kurzer Zeit ausreichende Kapazitäten für die Herstellung unterschiedlicher Gentherapeutika (sowohl für die Vektorproduktion als auch für die Generierung genmodifizierter Zellen) in Deutschland zu schaffen. Dabei könnten, je nach der unmittelbaren Zielstellung, unterschiedliche Modelle (Point of Care, PPP, zielgebundene Subventionen) zum Einsatz kommen.

1.4 Keimbahninterventionen

Seit den 1990er-Jahren wurden KeimbahninterventionenFootnote 12 im wissenschaftlichen Diskurs eher abgelehnt. Im Vordergrund standen ethische Einwände, die vor allem die Sorge adressierten, dass unvorhergesehene Folgen für künftige Generationen aus solchen Eingriffen entstehen können und in die Integrität möglicher kommender Generationen eingegriffen wird. Je nach Debatte und Ausrichtung des Diskurses standen Argumentationen mit Blick auf die Menschenwürde, Selbstbestimmung oder Natürlichkeitsüberlegungen im Vordergrund. Dammbruchargumente wurden vor allem in Bezug auf Forderungen nach einzelnen gezielten Eingriffen vorgebracht. Seit der Stellungnahme der nationalen Akademien der Wissenschaften (NASEM) aus 2017 ist der Diskurs eher durch eine grundsätzliche Befürwortung geprägt, wobei die Bedingung gestellt wird, dass Risiken besser untersucht und eingeschätzt werden müssten. Auch der Deutsche Ethikrat hat sich 2019 mehrheitlich dafür ausgesprochen, Modifikationen der menschlichen Keimbahn zur Verhinderung schwerster Erbkrankheiten nicht von vornherein auszuschließen, sofern eine hinreichend sichere Anwendung gewährleistet ist. Hier zeigt sich eine Verlagerung der Debatte, die für bioethische Diskurse in den letzten 150 Jahren nicht unüblich ist. Zweckorientierte Argumente überlagern wertorientierte Debatten und moralische Fragen werden durch einen Risikodiskurs ersetzt.Footnote 13 Es ist jedoch fraglich, wann und ob eine Keimbahnintervention überhaupt als hinreichend sicher gelten kann. Vor dem Hintergrund, dass keine klinischen Studien möglich sowie die Auswirkungen eines Eingriffs vergleichsweise weitreichend sind und zudem nicht nur ein Individuum, sondern auch zukünftige Generationen betreffen, kann bestritten werden, dass das Sicherheitsargument tatsächlich temporär ist. Außerdem kann auch gegen eine zukünftige Anwendung von Keimbahninterventionen eingewendet werden, dass nach deutscher Rechtslage praktisch kaum eine medizinische Indikation besteht. Die Präimplantationsdiagnostik (PID) bietet (zumindest den allermeisten) mit schweren Erbkrankheiten genetisch belasteten Paaren eine Möglichkeit, ein eigenes gesundes Kind zu bekommen. Die PID, insbesondere die mit ihr verbundene Selektion und Verwerfung von Embryonen, ist zwar ethisch umstritten, setzt dafür aber künftige Kinder und deren Nachkommen nicht den kaum abschätzbaren und damit immer erheblich größeren Risiken einer Keimbahnintervention aus.

Empfehlungen

Die AG hält Keimbahninterventionen durch Genome-Editing mit Auswirkungen auf geborene Menschen für derzeit nicht vertretbar. Sie sieht auch zukünftig, zumindest vor dem Hintergrund der deutschen Rechtslage zur PID, praktisch kaum eine medizinische Indikation für eine solche Anwendung. Der Schutz von Embryonen in vitro sollte nach Ansicht der AG nicht über die Gesundheit von Behandelten und deren Nachkommen gestellt werden.

Das Verbot von Keimbahninterventionen in Deutschland ergibt sich aus dem Embryonenschutzgesetz. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass das bestehende Verbot der Keimbahnintervention auf Basis der Fortschritte z. B. im Bereich induzierter pluripotenter Stammzellen und deren Differenzierbarkeit in Keimbahnzellen, technisch umgangen werden kann. Dies müsste bei einer möglichen Novellierung des Embryonenschutzgesetzes beachtet werden.

1.5 Ungeprüfte Stammzelltherapien

Ungeprüfte Stammzelltherapien sind stammzellbasierte Therapien, die nicht im Rahmen klinischer Studien auf ihre Sicherheit und Wirksamkeit geprüft wurden und als Therapie daher keine behördliche Zulassung haben. Sie werden in zunehmendem Maße über das Internet international kommerziell angeboten und von Patientinnen und Patienten in schwierigen und oft verzweifelten Lebenssituationen nachgefragt und in Anspruch genommen. Ungeprüfte Stammzelltherapien berufen sich, oft ohne Datenbasis, auf das regenerative und therapeutische Potenzial von Stammzellen, können aber nicht nur wirkungslos, sondern sogar gefährlich sein. Die rechtlichen Möglichkeiten, gegen ungeprüfte Stammzelltherapieangebote vorzugehen oder sie zu unterbinden, sind begrenzt. Je nach Beschaffenheit des Stammzellpräparates, der Anwendung und angeblichen Wirkungsweise und dem Land, in dem die Behandlung erfolgt, sind klinische Studien, Zulassung und Genehmigung rechtlich für ihre Vermarktung nicht unbedingt erforderlich.

Die sich aus ungeprüften Stammzelltherapieangeboten ergebende Problematik wird in zunehmendem Maße international und national von Stammzellforscherinnen und -forschern wahrgenommen und diskutiert. Die International Society for Stem Cell Research (ISSCR), das German Stem Cell Network (GSCN) und das Stammzellnetzwerk.NRW haben webbasierte Informationsplattformen eingerichtet, auf denen sich Patientinnen und Patienten sowie Interessierte über zugelassene Stammzelltherapien und Risiken ungeprüfter Stammzelltherapien informieren können.

Empfehlungen

Die in wachsendem Maße international angebotenen und nachgefragten ungeprüften Behandlungsangebote mit Stammzellen sehen wir mit großer Sorge. Ein leichtfertiger Umgang mit Stammzellen und die Applikation von ungenügend charakterisierten Stammzellpopulationen in Patientinnen und Patienten sind unverantwortlich und gefährlich. Wir empfehlen eine möglichst breite Aufklärung von Interessierten und Betroffenen über den augenblicklichen Stand der Stammzellforschung und eine klare Abgrenzung der geprüften Stammzelltherapien von ungeprüften Stammzelltherapieangeboten. Patientinnen und Patienten sollten in die Lage versetzt werden, Chancen und Risiken der Behandlungen selbst einschätzen zu können.

Die regulatorische Einordnung ungeprüfter Stammzelltherapien erweist sich im Einzelfall als schwierig. Der Gesetzgeber hat im Jahr 2019 per Gesetz zur Sicherheit in der Arzneimittelversorgung eine Anzeige-, Dokumentations- und Meldepflicht eingeführt, die auf solche Therapien Anwendung finden kann. Die Wirkung dieser gesetzlichen Regelungen, aber auch die dem europäischen und nationalen Gesetzgeber zur Verfügung stehenden faktischen und normativen Handlungsmöglichkeiten sind zu evaluieren, bevor weitere Reformen auf europäischer oder nationaler Ebene ins Auge gefasst werden.

1.6 Organoide in der Zell- und Gentherapie

Organoide sind dreidimensionale Zellkulturen, die aus Stammzellen entstehen und zumindest teilweise Funktionen eines Organs oder Gewebes abbilden.

Organoide bieten als humane Krankheitsmodelle und Testsysteme für Screenings großes Potenzial, Tierversuche in Zukunft zu ergänzen oder sogar für bestimmte Fragen zu ersetzen. Sie stellen realistischere Modelle dar für Erkrankungen, die in Tieren nicht vorkommen, und ermöglichen zudem einen besseren Zugang zur Erforschung humanspezifischer Erreger oder Erkrankungen wie z. B. Alzheimer oder Parkinson oder bestimmter Hautkrankheiten, für die keine Tiermodelle existieren. In Bezug auf Wirkstoff- und Arzneimittelscreenings in Toxikologie und Pharmakologie, bei denen bereits heute humane 2D-Zellkulturen breit ergänzend zu Tierversuchen eingesetzt werden, könnten Organoide als komplexe 3D-Zellkulturen Nachteile beider Methoden aufwiegen; sie sind einerseits physiologisch relevanter als 2D-Kulturen und andererseits kostengünstiger in der Durchführung, humanrelevanter und ethisch vertretbarer als Tierversuche.

Für die Zelltherapie sind Organoide interessant, weil sie erstens ermöglichen, Zelltypen herzustellen, die anders nicht kultivierbar sind, zweitens Zellen im Verband hergestellt werden können, und drittens einige Zellen in Form von Organoiden schonend vermehrt werden können. Organoide können auch genetisch verändert werden und bieten somit die Möglichkeit, genetische Erkrankungen in vitro zu studieren, wie auch in Zukunft die Chance, gentherapeutische Ansätze zu realisieren. Langfristig wird damit ermöglicht, genetische Defekte in den betreffenden, therapeutisch relevanten Zellen zu korrigieren, bevor sie für ein Transplantat in Frage kommen.

Empfehlungen

Die Nutzung von Organoiden als Krankheitsmodelle und Testsysteme für toxikologische und pharmakologische Screenings hat das Potenzial, Tierversuche in Grundlagenforschung und pharmazeutischer Industrie zu ergänzen und teilweise zu ersetzen. Vor dem Hintergrund des international anerkannten Prinzips der 3R („replacement, refinement, reduction“) und dessen Umsetzung durch die EU-Richtlinie „[...] zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere“ (2010/63/EU) ist es wichtig, dass Alternativmethoden durch entsprechende Förderungen entwickelt, validiert und dann eingesetzt werden. Hierfür sind auch die rechtlichen Vorgaben für den sog. Verbraucherschutz bezüglich Verträglichkeit und Toxikologie zu überprüfen und anzupassen.

Zukünftige Zelltherapien werden auf vielen Jahren Grundlagenforschung zur Differenzierung von Stammzellen und der (Selbst-)Organisation von Zellen in Organoiden und Geweben basieren. Die Förderungen sollten in diesem Bereich ausgeweitet werden und zusätzlich zu den bestehenden Fördermöglichkeiten gezielt Forschungsverbünde und/oder Zentren zur Erforschung menschlicher Gewebe und Organoide geschaffen werden, da diese Forschung synergistisch sowohl den Ersatz von Tierversuchen nach dem 3R-Prinzip als auch die Entwicklung von Zelltherapien vorantreibt.