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1 Einleitung

Bei der Evaluation des Inhaltes von Wissenschaftskommunikation können alle Formen der Kommunikation analysiert und bewertet werden. Das heißt Wissenschaftskommunikation, die sich auf wissenschaftliches Wissen und wissenschaftliche Arbeit innerhalb und außerhalb der institutionalisierten Wissenschaft konzentriert, ist Untersuchungsgegenstand (vgl. Schäfer et al. 2015, S. 13). Dabei kann die Evaluation Kommunikationsinhalte von verschiedenen Kommunikator:innen betreffen, welche mit der Kommunikation jeweils unterschiedliche Ziele verfolgen können. Die wichtigsten Wissenschaftskommunikator:innen sind Wissenschaftler:innen selbst, (Wissenschafts-)Journalist:innen sowie die Kommunikationsabteilungen wissenschaftlicher Einrichtungen (Wicke 2022). Darüber hinaus gibt es weitere Wissenschaftskommunikator:innen, wie Nichtregierungsorganisationen (NGOs), aktivistische Organisationen, Think Tanks oder an Wissenschaft interessierte Laien (Fähnrich 2018a, 2018b).

Wissenschaftskommunikation vermittelt das Verständnis von Wissenschaft in der Gesellschaft. Dabei erfüllt sie grundlegende Funktionen wie Information und Wissensvermittlung zu Forschung und Wissenschaft, die Legitimation der gesellschaftlich zur Verfügung gestellten (finanziellen) Ressourcen und bietet Bürger:innen ein Partizipationsforum für relevante Forschungsthemen (Bubela et al. 2009; Burns et al. 2003; Pfenning 2012). Ihre Ziele reichen von der Förderung eines größeren öffentlichen Verständnisses für und Engagement mit Wissenschaft, über die Schaffung von Akzeptanz und Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse, bis hin zum Reputationsmanagement von Wissenschaftler:innen und wissenschaftlichen Institutionen (Bubela et al. 2009; Burns et al. 2003). Die Evaluation von Wissenschaftskommunikation kann sich mitunter an der Erreichung dieser Ziele und ihrer Funktionalität orientieren.

Die Evaluation der öffentlichen Kommunikation von wissenschaftlichen Inhalten ist von großer Bedeutung, da sich deren Darstellung auf die Wahrnehmung, das Verständnis, die Einstellungen und auf das Vertrauen der Rezipient:innen in Bezug auf Wissenschaft und wissenschaftliche Themen auswirkt (Schäfer et al. 2019). Inhaltsbezogene Evaluationsmethoden können hier u. a. eine Systematisierung der vielfältigen Kommunikationsansätze nach deren Effizienz und Effektivität leisten und die Auswahl bestmöglicher Praktiken ermöglichen, um wissenschaftliche Inhalte optimal vermitteln zu können (Pfenning 2012; Ziegler et al. 2021).

Die Inhaltsanalyse und insbesondere die manuelle, standardisierte Inhaltsanalyse gilt als zentrale Methode der Kommunikations- und Wissenschaftskommunikationsforschung (Kessler und Schäfer 2022; Kessler et al. 2020). Erste inhaltsanalytische Analysen der Wissenschaftskommunikation entstanden in den späten 1960er Jahren an der Schnittstelle von Wissenschaftspädagogik, Wissenschaftssoziologie, Massenkommunikation und Museologie (Schäfer et al. 2019). Im Bereich der Evaluation von Wissenschaftskommunikation ist sie eine der am häufigsten angewendeten Methoden, sei es bei Fragen der Qualität, Akkuratheit oder Verzerrung von Kommunikation zu wissenschaftlichen Themen (Kessler und Schäfer 2022). Die Wichtigkeit und der häufige Einsatz wurden sowohl in Analysen von Tagungsbeiträgen als auch in Metaanalysen von Studien zur Wissenschaftskommunikation nachgewiesen (Kessler et al. 2020; Schäfer 2012).

2 Einsatz der Inhalts- und Medienanalyse im Bereich der Evaluation von Wissenschaftskommunikation

Die Methode der Inhaltsanalyse wurde erstmals in Berelsons soziologischem Werk von 1952 theoretisch fundiert vorgestellt: „Content analysis is a research technique for the objective, systematic, and quantitative description of the manifest content of communication“ (Berelson 1952, S. 18). Heute unterscheiden sich die Methodendefinitionen in einigen Punkten von Berelsons erstem Vorschlag: Nach Früh (2017) ist die Inhaltsanalyse eine empirische „Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen, meist mit dem Ziel einer darauf gestützten interpretativen Inferenz auf mitteilungsexterne Sachverhalte“ (S. 29). Methodenhandbücher, welche die Methode eingehend beschreiben und reflektieren, sind bspw. von Brosius et al. (2016), Früh (2017), Rössler (2017) sowie Scheufele und Engelmann (2009).

Die Untersuchungsgegenstände von Inhaltsanalysen sind in der Regel Medienprodukte. Dies können Artikel aus Tageszeitungen sein, Rundfunksendungen, Filme, Werbespots, aber auch Twitter-, Instagram- und Facebook-Postings, Nutzer:innenkommentare unter Online-Beiträgen etc. Sämtliche Formen von textlichen oder visuellen Inhalten, die öffentlich kommuniziert werden, können analysiert werden.

Inhaltsanalysen lassen sich nach ihrem Standardisierungsgrad unterscheiden in qualitative Inhaltsanalysen, welche dezidiert die Individualität einzelner spezifisch ausgewählter Medienangebote berücksichtigen, und quantitative Inhaltsanalysen, welche quantifizierend bzw. messend vorgehen und meistens auf größere Stichproben angewendet werden (Rössler 2017; Scheufele und Engelmann 2009). Die quantitative/standardisierte Inhaltsanalyse reduziert die Komplexität der Berichterstattung, indem sie formale und inhaltliche Merkmale großer Textmengen erfasst und reduktiv analysiert, d. h. auch deren zentrale Muster herausarbeitet (Brosius et al. 2016; Rössler 2017). Bei der manuellen Inhaltsanalyse wird die Codierung, im Gegensatz zur automatisierten Inhaltsanalyse, nicht durch einen Computer durchgeführt, sondern durch menschliche Codierer:innen. Die automatisierte (computergestützte) Inhaltsanalyse hat in der Kommunikationswissenschaft in den vergangenen Jahren zwar an Bedeutung gewonnen (Rössler 2017; Wirth et al. 2015), Studien im Bereich der Evaluation von Wissenschaftskommunikation lassen sich allerdings bisher nur vereinzelt finden.

Die klassische manuelle, standardisierte Inhaltsanalyse lässt sich in der Durchführung in vier Phasen einteilen: Planungs-, Entwicklungs-, Anwendungs- und Auswertungsphase. Sobald Forschungsfragen und Untersuchungsgegenstände definiert sind, legen die Forschenden in der ersten Phase der Planung fest, welche (medialen) Inhalte (Analyse- und Codiereinheiten) sie untersuchen wollen und wie gegebenenfalls eine Stichprobe aus der Grundgesamtheit gezogen wird (Früh 2017; Rössler 2017). Die Ausarbeitung des Untersuchungsinstrumentes, d. h. des Codebuchs, ist in der Entwicklungsphase zentral. Dies ist die Phase der Operationalisierung, d. h. des Messbarmachens der relevanten Konstrukte. Um intersubjektive Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, muss das Codebuch umfassende Definitionen der formalen und inhaltlichen Variablen und Ausprägungen, genaue Codieranweisungen und auch Codierbeispiele enthalten (Brosius et al. 2016). Die Variablenauswahl und -bildung wird in der standardisierten Inhaltsanalyse theoriegeleitet vorgenommen. Die Variablen werden kontextabhängig und induktiv interpretiert und codierbare Ausprägungen erstellt (Kessler et al. 2022). Das so entwickelte Codebuch wird in der Testphase umfangreichen Prüfungen im Hinblick auf Vollständigkeit, Reliabilität und Anwendbarkeit unterzogen. Bevor die Phase der Anwendung, die Hauptcodierung, beginnt, findet eine systematische und umfangreiche Reliabilitätsüberprüfung statt. Hier wird die Inter- und/oder Intracoderreliabilität gemessen und kontrolliert, ob die Codierer:innen ein gemeinsames inhaltliches Verständnis der Variablen haben und jeweils das Gleiche codieren bei demselben Untersuchungsmaterial. Die Inhaltsanalyse endet mit der Phase der (deskriptiven und statistischen) Auswertung der Daten inklusive der Darstellung und Interpretation der Ergebnisse. Ziel der Inhaltsanalyse ist, neben der Beschreibung der Inhalte auch darüber hinaus Schlussfolgerungen (Inferenzen) bspw. hinsichtlich des historischen, politischen oder sozialen Kontextes, der Kommunikator:innen oder Rezipient:innen zu ermöglichen. Ein Vorteil der Inhaltsanalyse ist, dass sie ein zeitunabhängiges, nicht-reaktives Verfahren ist, d. h. ihr Untersuchungsgegenstand verändert sich nicht. Sie ist so beliebig reproduzierbar und modifizierbar. Wichtigste Gütekriterien, um die Qualität der Inhaltsanalyse, d. h. der Messung und des Untersuchungsinstrumentes zu kontrollieren, sind die der Reliabilität und Validität (Brosius et al. 2016; Rössler 2017; Scheufele und Engelmann 2009). Die Reliabilität betrifft die Zuverlässigkeit der Messung bei wiederholter Anwendung des Messinstrumentes. Die Validität betrifft die Gültigkeit der Messung und gibt an, ob das Instrument tatsächlich auch das misst, was es messen soll.

Qualitative und quantitative Inhaltsanalysen werden im Feld der Wissenschaftskommunikationsforschung gleichermaßen eingesetzt (Kessler et al. 2020; Schäfer 2012). Die Studien untersuchen häufig die Darstellung von wissenschaftlichen Themen in einzelnen Medien und Ländern mit einer klaren Ausrichtung auf westliche Länder und deren Printmedien (für einen Überblick siehe Schäfer 2012). In letzter Zeit werden Analysen von wissenschaftsbezogenen Medieninhalten traditioneller Medien zunehmend durch Studien zur Online- und Social-Media-Kommunikation ergänzt (Kessler und Schäfer 2022; Wicke 2022). Die meisten Studien sind Ein-Disziplin-Analysen, die hauptsächlich (mehr als 80 %) Naturwissenschaften oder verwandte Forschungsfelder als Untersuchungsgegenstände haben (Kessler und Schäfer 2022; Schäfer 2012).

Ein großer Teil der Studien, welche Inhaltsanalysen nutzen, baut auf normativen Annahmen zur Rolle der Massenmedien und Kommunikator:innen in der Gesellschaft auf. Vor diesem Hintergrund beschäftigen sich viele Inhaltsanalysen mit Berichterstattungsstilen oder -qualität und untersuchen, wie effektiv und adäquat Kommunikationsangebote Bürger:innen mit wissenschaftsbezogenen Informationen versorgen, um eine Meinungsbildung in der demokratischen Gesellschaft zu ermöglichen (Kessler et al. 2022). Themenspezifische Studien in der Wissenschaftskommunikationsforschung fokussieren entsprechend dabei – noch mehr als Studien in anderen thematischen Bereichen – die Frage, wie qualitativ, evidenzbasiert, akkurat bzw. verzerrt die wissenschaftlichen Themen, Ereignisse oder Befunde dargestellt werden und welche Themenaspekte, Frames, Akteur:innen, oder Meinungen in der Berichterstattung vorkommen (Kessler und Schäfer 2022). Darunter fallen bspw. Studien, die einen Vergleich von In- und Output zwischen wissenschaftlichen Artikeln, Hochschul-Pressemitteilungen und Nachrichtenbeiträgen vornehmen (Heyl et al. 2020; Sumner et al. 2014, 2016). Weitere Analysegegenstände inhaltsanalytischer Untersuchungen im Feld entstammen der digitalen institutionellen Kommunikation, wie Facebook- und Twitter-Posts sowie Websites von Hochschulen (Bélanger et al. 2013; Metag und Schäfer 2019; Zhang und O'Halloran 2013). In jüngster Zeit stützen sich Studien zudem auf computergestützte Inhaltsanalysen. So führten bspw. Walter et al. (2019) im Rahmen einer Twitter-Netzwerkanalyse eine automatisierte Inhaltsanalyse von Tweets von Wissenschaftler:innen zum Klimawandeldiskurs durch. Im Vergleich zu den journalistischen und institutionellen Formen der Wissenschaftskommunikation liegt bislang aber noch wenig Forschung zu den Kommunikationsinhalten von alternativen Wissenschaftskommunikator:innen vor (Fähnrich 2018b; Kessler et al. 2020; Schäfer et al. 2019).

3 Analyseschwerpunkte der Inhalts- und Medienanalysen im Bereich der Evaluation von Wissenschaftskommunikation und ihrer Begleitforschung

Inhaltsanalytische Studien von Wissenschaftskommunikation, die auch zu deren Einordnung und Evaluation herangezogen werden, weisen eine große Vielfalt an Analysepunkten bzw. Forschungsfoki auf. Häufige Analyseschwerpunkte sind:

  1. 1.

    Studien, die verschiedene Modi der Wissenschaftskommunikation identifizieren und evaluieren: So wird bspw. erfasst, wie medialisiert oder popularisiert die Berichterstattung ist (Peters et al. 2013; Rödder und Schäfer 2010; Weingart 2012). Bei der Medialisierung orientiert sich die Wissenschaftsberichterstattung verstärkt an Logik und Normen des Mediensystems (d. h. auch weniger nach denen des Wissenschaftssystems). Daraus folgt, dass diese Berichterstattung oft durch gesellschaftspolitische oder kulturelle Ereignisse ausgelöst wird, sich weniger auf wissenschaftliche Quellen stützt und konfrontativer sowie konfliktreicher ist (Peters 1994; Schäfer 2009). Popularisierung ist dadurch gekennzeichnet, dass wissenschaftliche Informationen (meist sehr positiv) präsentiert werden, die von Wissenschaftler:innen oder JournalistInnen erklärt, aber nicht problematisiert oder kritisch hinterfragt werden (Schäfer 2009). Diese Art der Berichterstattung wird nicht nur danach beurteilt, wie akkurat, sondern auch wie verständlich Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung vermittelt werden (Gerhards und Schäfer 2011; Kohring 1997). Dies gelingt bspw. Wissenschaftsblogs häufig gut: Blog-Autor:innen nähern sich ihren Themen in einem alltagsnahen Stil und wechseln Erklärungen mit persönlichen Meinungen sowie humorvollen Bemerkungen ab, sodass Leser:innen ohne wissenschaftlichen Hintergrund die Inhalte verstehen können sollen (Kouper 2010; Mahrt und Puschmann 2014).

  2. 2.

    Studien, die die Genauigkeit der Berichterstattung gemessen an wissenschaftlichen Standards evaluieren: Diese Studien versuchen, die Genauigkeit der Medienberichterstattung über Wissenschaft zu bewerten, indem sie diese mit wissenschaftlichen Publikationen oder Pressemitteilungen vergleichen. Studien, welche dies im Online-Kontext untersuchen, sind oft getrieben von der Annahme, dass der Mangel an Qualitätskontrolle und journalistischem Gatekeeping im Internet zu minderwertigen, fälschlichen Darstellungen wissenschaftlicher Themen führen könnte (Barr 2011; Cacciatore et al. 2012). Ein Schwerpunkt dieser Medieninhaltsanalysen ist die Untersuchung der Unsicherheitsdarstellung von wissenschaftlicher Evidenz bei verschiedenen strategischen Kommunikator:innen, in unterschiedlichen Medien und/oder in Bezug auf verschiedene wissenschaftliche Themen (Cacciatore et al. 2012; Dudo et al. 2011; Guenther et al. 2019; Kessler 2016; Mellor 2010; Stocking und Holstein 2009). Deren Ergebnisse zeigen, dass die Medienberichterstattung in der Regel bis zu einem gewissen Grad von wissenschaftlichen Publikationen abweicht, übertrieben und sensationalisiert ist (z. B. Knudsen 2005), Erkenntnisse vereinfacht (Brechman et al. 2009) und Unsicherheiten oft gar nicht oder unzureichend darstellt (Dudo et al. 2011; Guenther et al. 2019; Kessler 2016; Stocking und Holstein 2009).

    Inhaltsanalysen mit Fokus auf der Evaluation der externen Kommunikation wissenschaftlicher Einrichtungen ziehen zur Erfolgsbestimmung von Reputationsbemühungen in der Regel die Berichterstattung überregionaler Medien als Indikator heran (Friedrichsmeier et al. 2015). Eines der etabliertesten Evaluationstools ist diesbezüglich die Medienresonanzanalyse (Zerfaß und Volk 2019; Raupp und Vogelgesang 2009). Zudem wird häufig die Darstellung eines Forschungsthemas in wissenschaftlichen Journals mit den dazugehörigen Pressemitteilungen und mit der anschließenden journalistischen Berichterstattung verglichen (Brechman et al. 2009, 2011; Bubela und Caulfield 2004; Sumner et al. 2014, 2016; Winters et al. 2019; Yavchitz et al. 2012). Diese Inhaltsanalysen zeigen u. a., dass übertriebene Darstellungen in Medienberichten mit Übertreibungen in Pressemitteilungen zusammenhängen. Zudem werden wichtige Details der wissenschaftlichen Studien, wie Finanzierung und Studienlimitationen, bereits in den Pressemitteilungen der wissenschaftlichen Einrichtungen weitgehend nicht thematisiert (Brechman et al. 2011; Sumner et al. 2014; Winters et al. 2019).

  3. 3.

    Studien, die die Darstellung, das Framing und die Bewertung von Wissenschaft und wissenschaftlichen Erkenntnissen analysieren und evaluieren: Um zu ermitteln, wie wissenschaftliche Themen medial konstruiert werden und welche Aufmerksamkeit welchen Themenaspekten zuteilwird, werden (meist quantitativ angelegte) Inhaltsanalysen im Print- (Bohr 2020; Lopera und Moreno 2014; Shea 2015; Vestergård und Nielsen 2016) und Online-Kontext (Erviti et al. 2020; Lörcher und Taddicken 2017; Taddicken et al. 2019) durchgeführt. Die Framing-Forschung hat gezeigt, dass in der Medienberichterstattung ein und dieselben Themen hierbei unterschiedlich gerahmt werden können, d. h. spezifische Aspekte eines Themas ausgewählt und hervorgehoben werden (z. B. Gerhards und Schäfer 2011 für Humangenom-Forschung; Kessler 2016 für Medizin; Nisbet et al. 2003 für Biotechnologie; Ruhrmann et al. 2015 für molekulare Medizin; Schäfer und O'Neill 2017 für Klimawandel; Taddicken et al. 2020 für autonomes Fahren). Die mediale Darstellung von Wissenschaft und wissenschaftlichen Themen wird zudem dahingehend analysiert, wie kritisch bzw. positiv sie ist (Schäfer 2009; Vestergård und Nielsen 2017) und auch inwiefern geschlechtliche und ethnische Diversität repräsentiert werden (Bal und Sharik 2019).

  4. 4.

    Der Paradigmenwechsel in der Diskussion um das Verhältnis von Wissenschaft und Öffentlichkeit – weg von der Annahme eines Informations- und Kompetenzdefizits bei den Bürger:innen, dem sogenannten „Defizitmodell“, hin zu partizipativen Ansätzen im Sinne einer öffentlichen Auseinandersetzung mit der Wissenschaft (für einen Überblick, siehe Akin 2017; Schmid-Petri und Bürger 2019) – führte dazu, dass vermehrt die Dialogizität und Funktionalität der Wissenschaftskommunikation evaluiert wird. Neuere Studien konzentrieren sich auf die Online-Kommunikation von Wissenschaftler:innen und wissenschaftlichen Einrichtungen, die es ermöglicht, direkt mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Inhaltsanalysen untersuchen, wie sich Wissenschaftler:innen auf Social Media engagieren und wie sie interagieren (Hara et al. 2019; Jahng und Lee 2018; Jünger und Fähnrich 2019; Walter et al. 2019). Dabei werden häufig die Inhalte und deren kommunikative Funktion analysiert, der Grad und die Arten des Engagements der Wissenschaftler:innen und ihre Beziehung zu Nutzer:innen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Wissenschaftler:innen vor allem einseitig kommunizieren und oftmals keinen Dialog mit der Öffentlichkeit herstellen (Jahng und Lee 2018; Jünger und Fähnrich 2019; Walter et al. 2019). Auch Wissenschaftsblogs werden von Wissenschaftler:innen tendenziell dazu genutzt, sich selbst zu positionieren (Mahrt und Puschmann 2014; Shema et al. 2012).

    Die Forschung zur Wissenschaftskommunikation wissenschaftlicher Einrichtungen untersucht in Bezug auf die Social-Media-Praktiken üblicherweise community-bezogene Aspekte wie die Anzahl der Likes und Freund:innen/Abonnent:innen sowie den Inhalt von Postings (Bélanger et al. 2013; Linvill et al. 2012, 2015; Su et al. 2017). Die Interaktion mit Follower:innen wird häufig hinsichtlich ihres informativen und dialogischen Potenzials analysiert. Bisherige Befunde deuten darauf hin, dass auch von Institutionen neue Medienplattformen bisher eher zur Informationsverbreitung als zum Engagement mit Stakeholder:innen genutzt werden (Lee und VanDyke 2015; Lee et al. 2017).

    Nicht nur die Wissenschaftskommunikation der wissenschaftlichen Einrichtungen, sondern auch die der Wissenschaftsmuseen und NGOs zielt darauf ab, in ihren Kommunikationsansätzen und -strategien nutzer:innen- und dialogzentrierter zu werden. Inhaltsanalytische Studien zeigen jedoch, dass die meisten Wissenschafts- und Naturkundemuseen auf Webseiten und soziale Medien in einer traditionellen, einseitig geprägten Informationsübermittlung ihre Exponate und Aktivitäten bewerben (Capriotti et al. 2016; Jarreau et al. 2019; Jensen 2013). Auch NGO-Webseiten werden meist nur für die Bildungs- und nicht für die Aktivierungskommunikation genutzt (Yang und Taylor 2010).

    Die Funktionen der Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere von alternativen Wissenschaftskommunikator:innen, werden zunehmend im Hinblick auf Informationsvermittlung und Beziehungsaufbau evaluiert. So wird bspw. untersucht, inwiefern Organisationen ihre Webseiten als Instrument für Medienarbeit, Spender:innenbeziehungen und Beziehungen zu Freiwilligen nutzen (Jun 2011; Yeon et al. 2007). Weitere Dimensionen dieser Inhaltsanalysen sind Interaktionsmöglichkeiten, die Nützlichkeit der Informationen für die Mitglieder und Freiwilligen, für die Öffentlichkeit und die Medien, sowie die Steigerung der Besucher:innenzahlen, die Generierung von Gegenbesuchen und die Leitbilder (Taylor et al. 2001; Yang und Taylor 2010). Inhaltsanalytische Methoden werden auch angewendet, um die dialogischen Strategien der Organisationen bei der Nutzung von Social Media-Plattformen wie Twitter und Facebook und ihre Beziehungen zu Stakeholder zu analysieren (Cho et al. 2014; Waters und Jamal 2011; Waters et al. 2009). Zur Evaluation von organisatorischen Informationsstrategien und PR-Aktivitäten auf Facebook wurden dann mitunter Informationsverbreitung und Involvement (Waters et al. 2009) sowie die Anzahl von Likes, Shares und Kommentaren zu den Postings codiert (Cho et al. 2014). Die Studie von Castillo-Esparcia et al. (2015) evaluierte bspw. die Performance von Think Tanks in sozialen Medien und sieht dabei Verbesserungsbedarf in allen gemessenen Dimensionen, d. h. in Bezug auf Sichtbarkeit, Reichweite, Interaktivität und Engagement.

4 Ausblick und Forschungslücken

Inhaltsanalysen inkl. Medienanalysen sind eine etablierte Methode im Bereich der Evaluation von Wissenschaftskommunikation und sie werden dies auch bleiben. Zukünftige inhaltsanalytische Studien könnten sich aber noch mehr den bisher nur wenig systematisch erforschten Gegenständen zuwenden, wie z. B. der Evaluation der Wissenschaftskommunikation in nicht-westlichen Ländern und von Disziplinen jenseits der Naturwissenschaften (Kessler und Schäfer 2022).

Da die Organisationskommunikation von wissenschaftlichen Einrichtungen und alternativen Kommunikator:innen wie Umweltaktivist:innen zwar zunimmt (Schäfer und Fähnrich 2020), aber in der Forschung noch nicht viel Aufmerksamkeit erhält (Fähnrich 2018b; Schäfer und Fähnrich 2020; Schäfer et al. 2019), könnte auch dieser Forschungsbereich der strategischen Wissenschaftskommunikation differenzierter untersucht werden. Studien zu Hochschulkommunikation betrachten bisher oft nur spezifische Kommunikationskanäle wie deren Webseiten oder Social-Media-Auftritte und berücksichtigen nicht die zugrunde liegenden Kommunikationskonzepte und deren Ziele (Metag und Schäfer 2017), sodass kein umfassendes Bild gezeichnet werden kann. Es mangelt zudem an langfristigen Analysen, die Veränderungen in der Hochschulkommunikation identifizieren (Zhang und O'Halloran 2013). Oftmals konzentrieren sich die Evaluationen der Kommunikation von wissenschaftlichen Institutionen auf die praktische Anwendbarkeit ihrer Erkenntnisse und lassen theoretische Grundlagen vermissen. Sie können daher nur bedingt verallgemeinert werden (Metag und Schäfer 2019).

Eine zukünftige Herausforderung ist auch die Evaluation neuer Formen der Wissenschaftskommunikation wie z. B. Science Center, Science Slams, Wissenschaftsfestivals oder Wissenschaftspodcasts (Fähnrich 2017; Wicke 2021). Um deren Rezeption und Wirkung besser zu verstehen, z. B. hinsichtlich der öffentlichen Wahrnehmung von Wissenschaft oder einer Erhöhung der scientific literacy, sollten auch die innerhalb solcher Formate kommunizierten Inhalte inhaltsanalytisch betrachtet werden (Wicke 2022).

Methodisch ist es empfehlenswert, zukünftig Forschungsinstrumente, d. h. Codebücher, vermehrt open access zu teilen und replizierend anzuwenden (Kessler und Schäfer 2022).Footnote 1 Bislang haben die meisten Einzelstudien individuelle Instrumente entwickelt, sodass wenig Standardisierung herrscht, was eine Vergleichbarkeit oder themenübergreifende Evaluation der Wissenschaftskommunikation erheblich erschwert.