1 Einführung

Die gesetzliche Pflicht zur Absicherung der Kostenrisiken, die durch Pflegebedürftigkeit entstehen, besteht in Deutschland erst seit 1995 und hatte vornehmlich zum Ziel, die hohe Inanspruchnahme der steuerfinanzierten „Hilfe zur Pflege“ zu reduzieren.Footnote 1 Der Eintritt von Pflegebedürftigkeit bringt in vielen Fällen hohe finanzielle Belastungen mit sich, für die bis 1995 viele Bürger nicht bzw. unzureichend vorgesorgt hatten. In der Folge mussten diese Bürger zur Finanzierung der Pflegekosten auf die gesamtgesellschaftliche Hilfe zurückgreifen, wenn ihr eigenes Einkommen und Vermögen nicht zur Deckung der Ausgaben ausreichten. Die Inanspruchnahme der Hilfe zur Pflege wäre in vielen Fällen bei ausreichender Vorsorge zu vermeiden gewesen. Die Pflicht zur Absicherung der Kostenrisiken aus Pflegebedürftigkeit war somit ein richtiger Schritt, um die Gesellschaft davor zu schützen, Belastungen tragen zu müssen, die durch rechtzeitige individuelle Vorsorge nicht entstanden wären.

Allerdings wurde die Pflegeversicherung als Teilleistungsabsicherung ausgestaltet, die nicht alle Kostenblöcke im stationären Bereich abdeckt: Die gesetzliche Pflegeversicherung sollte die pflegebedingten Aufwendungen finanzieren, während die Kostenbestandteile Unterkunft und Verpflegung von den Pflegebedürftigen selbst bzw. ihren Angehörigen getragen werden sollten. Die Bundesländer sollten die für die Pflegeheime nötigen Investitionskosten mitfinanzieren. Die von den Versicherten zu tragenden Eigenanteile sollten also ursprünglich nur die sogenannten „Hotelkosten“ umfassen (vgl. Rothgang und Domhoff 2019). Die von den Versicherten zu tragenden Eigenanteile sind jedoch in den letzten Jahren stark angestiegen und umfassen inzwischen alle Kostenblöcke im stationären Bereich, was zu wiederholten gesellschaftlichen Diskussionen und Reformbemühungen geführt hat.

Im vorliegenden Kapitel werden nach einer kurzen Darstellung der Ausgestaltung und der vorherrschenden Probleme des gesetzlichen Pflegeversicherungssystems diese Diskussionsstränge aufgegriffen und bisherige Reformansätze danach betrachtet, inwiefern sie − ggf. implizit − bestimmte Solidaritätsnormen zugrunde legen. Darauf aufbauend werden diese Reformansätze aus ökonomischer Sicht bewertet und nach unterschiedlichen Vorstellungen von Solidarität eingeordnet.

2 Funktionsweise/Probleme der gesetzlichen Pflegeversicherung

Der nachfolgende Abschnitt basiert auf der Arbeit von Arentz et al. aus 2019.

2.1 Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung

Die gesetzliche Pflegeversicherung wurde 1995 analog zur Krankenversicherung in zwei verschiedenen Finanzierungssystemen eingeführt. Während die Soziale Pflegeversicherung (SPV) als Umlageverfahren aufgebaut wurde, folgt die Private Pflegepflichtversicherung (PPV) dem Anwartschaftsdeckungsverfahren.

In der SPV ist mit etwa 73 Millionen Versicherten die große Mehrheit der Bevölkerung abgesichert. Der Beitrag ist einkommensabhängig (bis zur Beitragsbemessungsgrenze Stand 2022 von 4837,50 Euro/Monat); der Beitragssatz wird jeweils zur Hälfte vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer abgeführt.Footnote 2 Versicherte, die eine Rente beziehen, tragen den vollen Beitragssatz selbst. Derzeit liegt der allgemeine Beitragssatz bei 3,05 Prozent bzw. für Kinderlose bei 3,3 Prozent. Für kinderlose Erwachsene wird ab der Vollendung des 23. Lebensjahrs ein Beitragszuschlag von 0,25 Prozentpunkten erhoben (SGB XI, § 55 Abs. 3).

Dieser Beitrag wurde zur Finanzierung der neuesten Reform ab 2022 auf 0,35 Prozentpunkte angehoben (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz).

Wie in der Krankenversicherung werden Ehepartner und Kinder ohne eigenes Einkommen oder mit einer geringfügigen Beschäftigung (450 Euro/Monat) beitragsfrei mitversichert. Seit 2015 gibt es zusätzlich einen Pflegevorsorgefonds, in den 0,1 Prozentpunkte der Beitragseinnahmen fließen. Der Fonds soll dazu dienen, die durch die Demografie zu erwartenden Beitragssatzsteigerungen ab 2035 abfedern. Ab 2022 soll auch ein Bundeszuschuss von anfänglich eine Milliarde Euro in die Pflegeversicherung fließen, um den steigenden Finanzierungsbedarf der SPV teilweise abzudecken.

In der PPV sind automatisch alle privat Krankenversicherten versichert, freiwillig in der GKV Versicherte haben innerhalb der ersten drei Monate die Wahl, ob sie sich in der SPV oder in PPV gegen das Pflegekostenrisiko absichern. Die Finanzierung der PPV folgt dem sogenannten Anwartschaftsdeckungsverfahren. Dabei werden die Prämien so berechnet, dass sie – gleichbleibende Rechnungsgrundlagen vorausgesetzt − über den Lebenszyklus der Versicherten real konstant bleiben. Diese Berechnungsmethodik führt in jüngeren Jahren zu Prämien, die über den für diese Altersjahre risikoäquivalenten Prämie liegen, während die Prämien im Alter unter den dann eigentlich erforderlichen risikoäquivalenten Prämien liegen. Die in jüngeren Jahren erwirtschafteten Prämienüberschüsse werden am Kapitalmarkt angelegt und bilden die sogenannten Alterungsrückstellungen, die im Alter aufgelöst werden, um die Prämiendefizite auszugleichen. Aufgrund gesetzlicher Regelungen ist das System der PPV kein reines Anwartschaftsdeckungsverfahren mit risikoäquivalenten Prämien, sondern es kommen verschiedene Umlageelemente hinzu (vgl. § 110 Abs. 3 SGB XI).

Versicherungen müssen hier alle Personen aufnehmen, die berechtigt sind, eine private Pflegepflichtversicherung abzuschließen (Kontrahierungszwang), Vorerkrankungen dürfen nicht ausgeschlossen werden und eine Prämiendifferenzierung ist nur nach Eintrittsalter erlaubt. Zusätzlich dürfen keine Prämien erhoben werden, die über dem Höchstbeitrag in der Sozialen Pflegeversicherung liegen. Kinder sind analog zur SPV beitragsfrei gestellt. Auch nicht-erwerbsfähige Ehepartner sind zu ermäßigten Prämien versichert, wenn sie 1995 in die PPV eingetreten sind. Bei ihrer Einführung wurden in der PPV Leistungen auch an bereits Pflegebedürftige ausbezahlt. Für damals 80-Jährige und ältere Personen wurden keine Alterungsrückstellungen mehr gebildet. Diese Personengruppen mussten lediglich die Maximalprämien in Höhe des SPV-Höchstbeitrags leisten.

Der Höchstbeitrag hat in den beiden Versicherungssystemen damit unterschiedliche Funktionen. Während er in der SPV vermeiden soll, dass der Beitrag für den Versicherten zu einer reinen Steuer wird, weil Beitragsleistung und Leistungen aus der Versicherung in keinem Zusammenhang mehr stehen, hat er in der PPV eine Sozialfunktion. Er kappt hier die Prämienbelastung insbesondere für ältere Jahrgänge, die ansonsten bei der Einführung der Pflegeversicherung sehr hohe Prämien zu leisten gehabt hätten.

2.2 Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung

Im Gegensatz zur Krankenversicherung unterscheiden sich Soziale Pflegeversicherung und Private Pflegepflichtversicherung nicht auf der Leistungsseite. Diese ist in beiden Systemen als Teilleistungsabsicherung angelegt und die Leistungen sind für beide Versicherungsgruppen identisch: Entscheidend ist die festgestellte Schwere der Pflegebedürftigkeit (ausgedrückt in sogenannten Pflegegraden) und das Versorgungssetting (ambulant/stationär). Danach werden unterschiedlich hohe, absolute Beträge von der Pflegeversicherung ausgezahlt. Diese Pauschalen decken in der Regel nicht die gesamten anfallenden Pflegekosten, sodass für den Versicherten sogenannte Eigenanteile an den Pflegekosten entstehen.

2.3 Probleme der gesetzlichen Pflegeversicherung

Die Ausgestaltung der SPV als Umlageverfahren wird angesichts der demografischen Verschiebungen in der Bevölkerung auch ohne weitere Leistungsausdehnungen zu starken Beitragsanstiegen führen, weil einer steigenden und im Vergleich deutlich höheren Zahl von Leistungsempfängern immer weniger Erwerbstätige gegenüberstehen. Die demografischen Strukturverschiebungen waren bereits bei Einführung der Pflegeversicherung bekannt, wurden jedoch bei der Entscheidung zum Finanzierungsverfahren vernachlässigt. Aufgrund der sehr ausgeprägten Altersabhängigkeit der Pflegekosten ist die SPV noch deutlich stärker von den demografischen Trends beeinflusst als die Gesetzliche Krankenversicherung, was einen entsprechend stärkeren Druck auf die Beitragssätze ausüben wird.

Bereits in den letzten Jahren ist der Beitragssatz stark angestiegen: seit Einführung der Pflegeversicherung hat sich der Beitragssatz verdreifacht, innerhalb der letzten fünf Jahre ist der Beitragssatz um einen ganzen Prozentpunkt gestiegen. Dies ist vor allem den seit 2008 wiederholten Reformen in der Pflegeversicherung geschuldet, die stetige Leistungsverbesserungen mit sich gebracht haben und eine Ausweitung der anspruchsberechtigten Leistungsempfänger zur Folge hatte. Angesichts der schon heute hohen Summe der Sozialversicherungsabgaben für die Erwerbstätigengeneration sind weitere Anstiege des Beitragssatzes der SPV problematisch, da gesamtwirtschaftlich negative Rückwirkungen auf den Arbeitsmarkt zu erwarten sind. Zudem ist die Einkommensumverteilung (ebenso wie in der GKV) in der SPV nicht treffsicher: durch die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) wird nur ein Teil der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit abgerufen. Die Versicherungspflichtgrenze ermöglicht gerade den Leistungsträgern den Übertritt in die PPV und durch die Ehepartnermitversicherung in Verbindung mit der BBG entstehen Umverteilungswirkungen zulasten geringerer Einkommen.

Von den demografischen Strukturverschiebungen ist die PPV deutlich weniger betroffen als die SPV. Doch auch dort werden die älteren Versicherten durch die Kappung der Prämien auf die Höchstbeiträge von den jüngeren Versicherten unterstützt. Jede Leistungserhöhung führt dazu, dass die Prämien angepasst werden müssen und dies in deutlich höherem Maße für ältere Jahrgänge, da die im Vergleich zum höheren Leistungsniveau fehlenden Alterungsrückstellungen in einem deutlich kürzeren Zeitraum nachfinanziert werden müssen. Da diese Prämiensteigerungen unabhängig von der wirtschaftlichen Lage des Versicherten beim Höchstbeitrag gekappt werden, entstehen in solchen Fällen Prämiendefizite, die durch die jüngeren Kohorten getragen werden, deren Prämien noch nicht den Höchstbeitrag erreichen.Footnote 3

2.4 Nicht versicherte Leistungen: Eigenanteile in der Pflege

Die aktuelle Ausgestaltung der Pflegeversicherung entspricht einer Versicherung mit Selbstbehalten, die allerdings der Höhe nach unbestimmt sind. Einen Teil der Kosten trägt die Versicherung in Form der Pauschalen − die verbleibenden Kosten müssen die Pflegebedürftigen in Form von sogenannte Eigenanteilen selbst finanzieren. In der Vergangenheit sind die Eigenanteile der Pflegebedürftigen an den Pflegekosten bei stationärer Versorgung in Pflegeheimen nicht nur absolut, sondern auch prozentual kontinuierlich gestiegen (vgl. Kochskämper et al. 2019). Footnote 4

Können diese Eigenanteile nicht aus eigenen Mitteln oder mit Unterstützung von Angehörigen finanziert werden, erhalten Pflegebedürftige die sogenannte „Hilfe zur Pflege“, die aus Steuermitteln finanziert wird. Die Hilfe zur Pflege ist Teil der Sozialhilfe, die der Absicherung des soziokulturellen Existenzminimums dient. Bevor diese greift, müssen die Pflegebedürftigen bzw. ihre Ehepartner zunächst eigenes Einkommen und Vermögen (bis auf ein Schonvermögen) einsetzen, bevor sie Anspruch auf die Hilfe zur Pflege haben.Footnote 5

In Kombination mit der Hilfe zur Pflege ist somit eine Versorgung im Pflegefall immer gewährleistet. Trotzdem ist die Höhe der Eigenanteile seit Jahren Gegenstand kontroverser Debatten und wissenschaftlicher Reformvorschläge.Footnote 6

Zudem wurden jüngst weitere Reformen zur Reduzierung der Eigenanteile unternommen. Neben der Einschränkung der Beteiligung der Familienangehörigen an der Finanzierung der Eigenanteile ist mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz eine Version des Sockel-Spitze-Tauschs in die Pflegeversicherung übernommen worden: Die Pflegeversicherung trägt im Fall der stationären Pflege im ersten Jahr fünf Prozent des pflegebedingten Anteils, im zweiten Jahr 25 Prozent, im dritten Jahr 45 Prozent und für die Folgejahre 70 Prozent. Dabei werden Pflegezeiten, die vor dem 1. Januar 2022 bereits im Pflegeheim angefallen sind, voll berücksichtigt. Getragen werden diese Kosten von allen beitragszahlenden Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung sowie der Mitglieder der Privaten Pflegepflichtversicherung.

Im Folgenden sollen die gesellschaftlichen Debatten und Reformen anhand von sozialpolitischen Kriterien eingeordnet werden.

3 Solidargemeinschaft − Versicherung vs. Steuerzahler

Zur Einordnung der Debatte lohnt sich zunächst eine vergleichende Betrachtung der unterschiedlichen Solidaritätsgemeinschaften in einer Versicherung und in der Gesellschaft. Denn in politischen Diskussionen wird oft auf „Solidarität“ verwiesen, um die gesamtgesellschaftliche Unterstützung bestimmter Gruppen oder Personenkreise zu begründen. Aus ökonomischer Sicht gilt es jedoch, die Konsequenzen und mögliche Nebenwirkungen einer solchen finanziellen Unterstützung zu berücksichtigen.

In der politischen Diskussion wird bisher nicht explizit erklärt, welche Art der Solidarität in der Pflegeversicherung bzw. im Zusammenspiel mit der Hilfe zur Pflege angestrebt wird. Die bisherigen Reformbemühungen − wie beispielsweise die angestrebte Begrenzung der Eigenanteile im stationären Bereich und die Beschränkung des Rückgriffs auf das Einkommen der Kinder bzgl. der Eigenanteile − deuten auf eine Gleichsetzung von Pflegebedürftigkeit mit finanzieller Bedürftigkeit hin und suggerieren damit eine Unterstützungswürdigkeit aufgrund von Pflegebedürftigkeit. Dieser Zusammenhang sollte dann aber auch transparent kommuniziert und von politischer Seite explizit zur Diskussion gestellt werden. Die Notwendigkeit einer Debatte über diese Frage steigt auch durch die weiter zu erwartenden Kostensteigerungen in der Pflege, insbesondere durch den für die Attraktivität der Pflegeberufe notwendigen Anstieg der Löhne und der angestrebten Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Aus versicherungsökonomischer Sicht ist die Frage relevant, welches Risiko innerhalb der Versichertengemeinschaft versichert wird und in welchem Umfang. Das Ziel der Pflegeversicherung ist die Absicherung des Einzelnen gegen hohe Pflegekosten bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit. Die Versicherung transformiert das Pflegekostenrisiko − also das Risiko bei Pflegebedürftigkeit, eine sehr hohe finanzielle Belastung tragen zu müssen − in vergleichsweise niedrige monatliche Beiträge bzw. Prämien, die unabhängig davon zu zahlen sind, ob die Versicherten pflegebedürftig werden oder nicht.

Die Versichertengemeinschaft wird durch den Abschluss der Versicherung bestimmt. Der Vertragsabschluss ist damit als Beitritt zu einer Solidargemeinschaft zu verstehen. Die versicherungsimmanente Umverteilung findet statt zwischen Versicherten, die pflegebedürftig werden, und Versicherten, die keine oder geringe Leistungen in Anspruch nehmen müssen. Bei den versicherten Leistungen spielt nicht die ökonomische Situation des Betroffenen eine Rolle, sondern der Eintritt eines im Versicherungsvertrags definierten Schadensfalles. Unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation erhalten Versicherte die vereinbarten Leistungen, für die sie im Laufe ihrer Versichertenzeit entsprechende Beiträge bzw. Prämien entrichtet haben.

Bei den Eigenanteilen handelt es sich damit umgekehrt explizit um nicht versicherte Bestandteile der Pflegekosten.

Die in der jüngsten Reform geplante Deckelung der Eigenanteile zulasten der Pflegeversicherung kommt einer unmittelbaren Leistungsausdehnung für alle Versicherten gleich. Für diese Leistungen haben die bisher Versicherten keine Beitragsleistungen erbracht und damit keine Ansprüche erworben. Die pflegenahen Jahrgänge bzw. die bereits Pflegebedürftigen haben auch keine Möglichkeit mehr, diese Leistungen nachzufinanzieren. Dies bedeutet, dass die unmittelbare Reduktion der Eigenanteile zu Einführungsgeschenken für diese Generationen führt, die von den jüngeren Generationen finanziert werden müssen – und zwar sowohl in der SPV als auch in der PPV – sofern bei letzterer die Leistungsausdehnung dazu führt, dass die Prämien für die älteren Versicherten über den Höchstbeiträgen lägen, aber dort zulasten der jüngeren Kohorten gekappt werden.

Solche Einführungsgewinne werden zuweilen als Vorteil gesehen, weil auch ältere Jahrgänge unmittelbar Leistungen aus dem System beziehen können. In der Pflegeversicherung geht es aber nicht darum, überhaupt eine Pflegeversorgung bei Pflegebedürftigkeit zu gewährleisten. Die Versorgung der Pflegebedürftigen war zu keinem Zeitpunkt aus finanziellen Gründen gefährdet.Footnote 7 Es handelt sich vielmehr um eine finanzielle Entlastung der Betroffenen und der Sozialhilfeträger, denn die Pflegeleistungen selbst wurden auch vor dem Beschluss zur Deckelung der Eigenanteile erbracht.

Im nächsten Abschnitt wird diskutiert, welche Solidaritätsvorstellungen hinter den bereits erfolgten und angedachten Reformen der Pflegeversicherung stehen könnten und es wird aufgezeigt, welche Grenzen im Sinne von unerwünschten Nebenwirkungen die Orientierung an diesen Vorstellungen haben könnten.

3.1 Gesellschaftliche Unterstützung bei finanzieller Bedürftigkeit

Für das Ziel, jedem Bürger das sozio-kulturelle Existenzminimum zu garantieren, ist das steuerfinanzierte Sozialhilfesystem zuständig. Im Rahmen der Pflege übersetzt sich dieses Prinzip in der Garantie, eine Versorgung im Falle der Pflegebedürftigkeit bei gleichzeitiger finanzieller Bedürftigkeit zu gewährleisten. Die Sozialhilfe lässt sich als gesellschaftlich finanzierte Einkommensabsicherung begreifen (vgl. Roth 2002, S 70 f.).

Dahinter steht der Gedanke, dass die Gesellschaft solidarisch mit jenen ist, die sich den gesellschaftlich als angemessen angesehenen Standard nicht aus eigener Kraft leisten können. Finanziert wird dieses sozio-kulturelle Existenzminimum über das Steuersystem, das die Steuerzahler je nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben heranzieht.

Da die Leistungen der Hilfe zur Pflege über Steuermittel finanziert werden, die grundsätzlich auch an anderer Stelle gemeinwohlorientiert eingesetzt werden könnten, ist eine treffsichere Unterstützung der wirtschaftlich Bedürftigen angezeigt. Gesellschaftliche Mittel zielgenau einzusetzen hilft somit zuallererst den Bedürftigsten der Gesellschaft, da dann c. p. mehr Mittel zur Verfügung stehen, um diese zu unterstützen. Werden Mittel auch für Bürger eingesetzt, die diese Mittel nicht benötigen, sinkt das zur Verfügung stehende Umverteilungsvolumen. Die Opportunitätskosten einer nicht treffsicheren Umverteilung liegen somit in einer unzureichenden Unterstützung der Bedürftigsten oder in einer Überbeanspruchung der Solidargemeinschaft der Steuerzahler, weil sie mehr zur Finanzierung der Umverteilung herangezogen werden, als eigentlich im Hinblick auf die tatsächlich Bedürftigen notwendig ist.

Aus Perspektive dieser gesamtgesellschaftlich finanzierten Mindestabsicherung ist nicht der Eintritt eines bestimmten Schadensfalls – wie Pflegebedürftigkeit − allein das Kriterium, um Hilfebedarf zu begründen, sondern dessen letztendliche Konsequenz im Sinne einer Versorgungslücke aufgrund zu geringer eigener finanzieller Mittel. Für das Ziel, die pflegerische Versorgung sicherzustellen, ist daher die Frage maßgeblich, welche finanziellen Mittel zum Erreichen dieser Versorgung fehlen. Das Kriterium der Unterstützung durch die Solidargemeinschaft der Steuerzahler ist die wirtschaftliche Situation der Betroffenen, die durch die Bedürftigkeitsprüfung erfasst wird. Zu beachten ist, dass diese Norm der Solidarität wechselseitig ist (vgl. auch Roth 2002, S. 88 ff.).

Die Solidar-Gemeinschaft gewährt nämlich eine am soziokulturellen Minimum orientierten Unterstützung für die Hilfebedürftigen. Diese wiederum bemühen sich, die Unterstützungsbedarfe im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu beschränken und die Solidargemeinschaft somit nicht „unnötig“ zu beanspruchen. Dies bedeutet im Rahmen der Pflege, dass Pflegebedürftige bzw. ihre direkten Angehörigen zunächst eigene Mittel einsetzen sollten, um den Hilfebedarf und damit die Beanspruchung der Solidargemeinschaft der Steuerzahler zu begrenzen.

3.2 Gesetzliche Pflegeversicherung als Lebensstandardversicherung?

Die aktuellen Reformen der Pflegefinanzierung gehen in die Richtung, Einkommensverluste bzw. Vermögensverzehr aufgrund von Pflegebedürftigkeit aufzufangen, indem die nicht versicherten Eigenanteile reduziert werden. Im Vordergrund steht damit nicht ausschließlich, die Pflegeversorgung sicherzustellen. Die Versorgung ist wie bereits erwähnt immer garantiert, ob sie nun selbst oder über die Hilfe zur Pflege finanziert wird.

Die gesellschaftliche Finanzierung von Leistungen mit dem Ziel, Einkommensverluste zu verringern, könnte mit dem Anspruch begründet werden, den nun ohnehin vom Schicksalsschlag einer Pflegebedürftigkeit betroffenen Menschen mehr finanzielle Spielräume zu gewähren und nicht auch noch den Verbrauch von Reserven zuzumuten. Jedes zusätzliche Umverteilungskriterium, das über die wirtschaftliche Bedürftigkeit hinausgeht, führt allerdings dazu, dass bei gegebenen Mitteln für einkommensschwächere Personen weniger Unterstützung möglich ist.

Von der stärkeren Finanzierung der Eigenanteile über die Pflegeversicherungen profitieren naturgemäß neben den wirtschaftlich stärkeren Personen auch solche mit geringeren Einkommen. Da jede Mittelverwendung mit anderen konkurriert, muss jedoch beachtet werden, dass die Tatsache allein noch nicht genügt, dass auch Bedürftige von einer sozialpolitisch ausgerichteten Maßnahme profitieren. Die Frage ist vielmehr, ob es gerechtfertigt werden kann, dass auch Personen mit höherem Einkommen profitieren und dadurch c. p. für wirtschaftlich schlechter gestellte Menschen weniger Mittel bereitgestellt werden bzw. eine Mehrbelastung der Versicherten in Kauf genommen wird.

Diese Opportunitätskosten lassen sich leichter auf analytischer Ebene aufzeigen als in der praktischen Gestaltung erfahrbar machen: denn jede Mittelzuwendung auch für die einkommensstärkeren Menschen ist sichtbar, aber die Nebenwirkungen sind weniger unmittelbar ersichtlich und werden daher auf politischer Ebene auch eher vernachlässigt.

Als weiteres Argument zugunsten einer stärkeren Finanzierung der Eigenanteile über die Pflegeversicherung wird auch die Vermeidung der SozialhilfeFootnote 8 bzw. hier die Hilfe zur Pflege als Ziel angeführt. Oft wird dies damit begründet, dass die Inanspruchnahme dieser Leistungen stigmatisierend sei und daher vermieden werden sollte. Der Grundgedanke der Sozialhilfe bzw. der Hilfe zur Pflege ist indes gerade, ein Niveau an Versorgung bereitzustellen, das gesellschaftlichen Vorstellungen von einem menschenwürdigen Leben gerecht wird. Jeder Bürger, der wirtschaftlich bedürftig ist, hat Anspruch auf diese Leistungen, es handelt sich dabei nicht um Bittstellertum. Zudem besteht im Gegensatz zur Sozialhilfe, die je nach vorherigem Einkommen eine starke Veränderung der Einkommenssituation für die Bezieher mit sich bringt, in der Hilfe zur Pflege gerade kein Unterschied in der Versorgung der Pflegebedürftigen. Sie erhalten alle dieselbe Versorgung im Pflegeheim, ob sie die Eigenanteile nun selbst oder über die Hilfe zur Pflege finanzieren.

Die Unterstützung Bedürftiger ist im Versicherungssystem weniger sichtbar als im Sozialhilfesystem, weil sie einem Automatismus unterliegt und keiner individuellen Prüfung unterliegt. Mithin wird eine „Stigmatisierung“ der Bedürftigen erfolgreich vermieden. Die Vermeidung einer „stigmatisierenden“ Sozialhilfe für Bedürftige durch die Ausweitung der Leistungen in der Pflegeversicherung geht jedoch damit einher, dass auch Bürger unterstützt werden, die nicht bedürftig sind, und dies ggf. von Bürgern, die weniger wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aufweisen, weil die Umverteilungsströme in der Pflegeversicherung nicht systematisch an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichtet sind.

Neben dem Stigmatisierungsargument wird mitunter auch problematisiert, dass Pflegebedürftige gezwungen sein könnten, ihr Vermögen für die Pflegekosten einzusetzen. Dieser Vermögensverzehr ist zwar heute schon in vielen Fällen im Falle des Bezugs der Hilfe zur Pflege eingeschränkt, zumindest Immobilienvermögen wird stärker geschont als anderes Vermögen (vgl. Regelungen in SGB 12, § 90).

Die Auflösung von Vermögen scheint in der öffentlichen Debatte aber als besonders einschneidend erachtet zu werden. Dies lässt sich psychologisch erklären: Insbesondere ein Eigenheim steht für eine Lebensanstrengung in besonderem Maße und ist ein emotional besetztes Gut. Es in Folge einer Pflegebedürftigkeit zu verlieren und nicht weitervererben zu können, geht aufgrund der emotional belastenden Verlusterfahrungen mit psychischen Belastungen einher und wird teilweise als unfair erachtet.

Die Reduzierung der Eigenanteile und die weitgehende Schonung von Immobilienvermögen in der Hilfe zur Pflege erlauben es, diese monetären und psychologischen Folgen für die Pflegebedürftigen abzumildern. Allerdings führt dies unmittelbar zu einem Anstieg der Leistungsausgaben in der Pflegeversicherung und damit zu den Erfordernissen, Beiträge bzw. Prämien oder Bundeszuschüsse anzuheben. Diese Beitragsanstiege werden auch von Personen bezahlt, die deutlich weniger finanzielle Mittel und Vermögen haben als die begünstigten Personen.

Mit dem bisher gängigen Verständnis von sozialer Gerechtigkeit, wo finanziell besser gestellte Personen mehr zahlen als finanziell schwächere Personen, lässt sich eine derartige Subventionierung von Vermögenden nicht begründen. Dann müsste die schwere physische und psychologische Belastung der Pflegebedürftigkeit als Argument dienen, dieser Belastung nicht auch noch den Verlust des Vermögens hinzuzufügen. Ob dies gesamtgesellschaftlich konsensfähig ist, müsste zumindest diskutiert werden. Zu beachten wäre dann auch, dass nicht alleine die Pflegebedürftigkeit psychische Kosten verursacht, sondern eine Reihe von Lebensrisiken und Lebens-Umständen. Wollte man die Bürger entsprechend ihrer psychischen Kosten stärker finanziell entlasten, setzt diese eine Berücksichtigung aller Lebensrisiken und deren Vergleichbarkeit (Objektivierung) voraus.

Aber selbst wenn man die Vermeidung von Vermögensverlusten oder Stigmatisierung anstrebt, müssen für eine umfassende Diskussion die Folgen dieser Entscheidung offengelegt werden. Auch ohne diese Leistungsausweitungen erwarten die Beitragszahler in der SPV allein aufgrund des demografischen Wandels schon Beitragsanstiege, die wiederum Auswirkungen auf die Arbeitskosten und damit die Beschäftigung haben. Will man Beitragsanstiege vermeiden, müssen mehr Steuerzuschüsse in die Pflegeversicherung fließen (dann allerdings konsequenter Weise auch in die PPV). Steuermittel, die in die Pflege fließen und zwar nicht für die Versorgung, sondern um Vermögen und Einkommen der Pflegebedürftigen zu schonen, können nicht für andere gemeinwohlorientierte Zwecke genutzt werden. Dazu gehört bspw. der Bildungssektor oder Investitionen in den Klimaschutz. Beides ist notwendig, um ein nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen, was wiederum den Sozialversicherungen nutzt.

3.3 Absicherung der Eigenanteile in ergänzender Versicherung

Wenn man die psychische Belastung vermeiden möchte, die durch den Vermögensverzehr durch Pflegebedürftigkeit entsteht, kann man schon heute über Pflegezusatzversicherungen vorsorgen. Dies geht mit einer entsprechenden Prämienzahlung einher, die dem Risiko und dem Versicherungsumfang entspricht. Die Verbreitung der Pflegezusatzversicherung ist allerdings (nicht nur) in Deutschland nicht besonders hoch, was auf verschiedene Ursachen zurückzuführen ist (vgl. Pestieau und Ponthière 2012). Neben der in Deutschland möglichen Vollversicherungsillusion – also der Annahme, dass die gesetzliche Pflegeversicherung alle Kosten bei Pflegebedürftigkeit deckt – könnte die geringe Verbreitung von Zusatzversicherungen auch dem Umstand geschuldet sein, dass Bürger lieber unspezifisch vorsorgen, statt auf eine Versicherung zu bauen, die nur im Pflegefall auszahlt. Gerade besser Verdienende könnten diese unspezifische Pflegevorsorge in Form von Aktiensparen oder Immobilienerwerb betreiben bzw. betrieben haben. Für eine unspezifische Vorsorge spricht, dass Bürger mehr Freiheiten haben, für den Pflegefall über selbst gewählte Vorsorgeformen vorzusorgen. Diese unspezifische Vorsorge kann dann bei ausbleibender Pflegebedürftigkeit für sonstige Zwecke genutzt bzw. vererbt werden (wie bspw. bei Immobilieninvestitionen als Altersvorsorge). Allerdings geht diese Flexibilität zu Lasten der Gesellschaft, wenn im Pflegefall nicht eingefordert wird, diese unspezifische Vorsorge auch für die Finanzierung der Eigenanteile in der Pflege einzusetzen. Wenn solche Mittel nicht mehr eingesetzt werden müssen, weil die Eigenanteile reduziert werden, wird dies auch von wirtschaftlich weniger Leistungsfähigen finanziert, entspricht also einer Umverteilung von unten nach oben. Andere werden in Hoffnung auf gesellschaftliche Unterstützung nicht für den Pflegefall vorsorgen bzw. vorgesorgt haben (Freerider-Problematik). Wenn Letzteres als gravierendes Problem erachtet wird, sollte eine verpflichtende zusätzliche Vorsorge erfolgen bzw. eingefordert werden, aufgebautes Vermögen auch einzusetzen.

Ein weiterer Grund für die geringe Absicherung kann auch der Tatsache geschuldet sein, dass die genaue Höhe der zu versichernden Eigenanteile nicht bekannt ist, weil unklar ist, wie hoch die Absicherung aus dem gesetzlichen Teil in Zukunft sein wird. Die bestehenden Pflegezusatzversicherungen sind in ihrer überwiegenden Zahl in Pflegetagegeldversicherungen, die wie die Pflegeversicherung feste Beträge auszahlen, die nicht zwingend die im Pflegefall notwendigen Ausgaben decken. Eine Lösung für dieses Problem wäre die von Kochskämper et al. (2019) vorgeschlagene Eigenanteilsversicherung. Diese würde die Pflegeversicherung in zwei Säulen gliedern.

Die erste Säule bestünde aus der bisherigen SPV und PPV und die zweite Säule entspräche einer Eigenanteilsversicherung, die kapitalgedeckt finanziert wird. Die gesetzliche Pflegeversicherung würde in diesem Modell einen gesetzlich festgelegten prozentualen Anteil an den Gesamtkosten tragen, die Eigenanteilsversicherung den verbleibenden Anteil, sodass die Gesamtkosten über beide Säulen finanziert sind. Die Eigenanteilsversicherung ist an das System der bestehenden PPV angelehnt, das auch eine sozialpolitische Flankierung vorsieht.

Der Vorteil einer Umstellung auf eine Zwei-Säulen-Strategie liegt neben der Absicherung der Eigenanteile in der Möglichkeit, die Mischung aus Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren so festzulegen, dass Belastungen im Umlageverfahren der sozialen Pflegeversicherung für die jüngeren und zukünftigen Generationen nicht weiter ansteigen bzw. je nach Ausgestaltung sogar verringert werden. Somit kann die Lastverschiebung zwischen den Generationen im Umfang der kapitalgedeckt finanzierten Leistungen begrenzt werden, ohne den Leistungsumfang insgesamt einzuschränken.

Wird die Absicherung der Eigenanteile dagegen − wie jetzt zumindest teilweise geplant − im Umlageverfahren eingeführt, zahlen dies die jüngeren Generationen, während die pflegebedürftigen und pflegenahen Jahrgänge unmittelbar Leistungen erhalten, für die sie mit ihren Beitragszahlungen keinen Anspruch erworben haben. Zudem birgt dieser Weg die Gefahr von ad-hoc Leistungskürzungen in der Zukunft, wenn die finanziellen Belastungen für die jüngeren Generationen zu hoch werden.

4 Fazit

Angesichts der demografischen Strukturveränderungen in der Gesellschaft und den damit einhergehenden finanziellen Belastungen insbesondere für jüngere Kohorten ist es wichtig, gesellschaftlich finanzierte Unterstützung über Transfers zielgenau nur denjenigen zukommen zu lassen, die sie wirklich benötigen.

Reformen mit dem Ziel, die Eigenanteile an den Pflegekosten über eine verstärkte Absicherung in der Pflegeversicherung abzusenken, werden die Belastungen für die jüngeren Kohorten noch verschärfen. Die Vermeidung von Einkommens- bzw. Vermögensverlusten mag aus psychologischer Sicht nachvollziehbar sein. Aber die Kosten dieser Umverteilung ohne Bedürftigkeitsprüfung sind hoch und zwar unabhängig davon, ob sie über Steuern oder über Beiträge finanziert werden: zum einen fehlen dann Steuer- oder Beitragsmittel für die tatsächlich Bedürftigen. Zum anderen können andere gesellschaftlich erwünschte Ziele wie Investitionen in den Klimaschutz oder eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung des Bildungsbereichs schlechter erreicht werden, wenn ein Teil der Steuermittel für die Finanzierung der Versorgung von Pflegebedürftigen verwendet wird, die dieser Hilfe nach sozialpolitischen Kriterien nicht bedürfen.

Die in der politischen Diskussion stehenden Eigenanteile lassen sich schon heute außerhalb der gesetzlichen Pflegeversicherung absichern; angesichts der demografischen Verschiebungen sollte diese Absicherung auch nicht im Umlageverfahren erfolgen. Entsprechende Reformvorschläge, die über die heute bestehenden Pflegezusatzversicherungen hinausgehen, könnten auch eine Neujustierung zwischen Umlage- und Kapitaldeckung ermöglichen und damit gegebenenfalls auch eine Entlastung heute junger und künftiger Generationen sowie eine stärkere Nachhaltigkeit erreichen. In jedem Fall sollte eine stärkere gesellschaftspolitische Debatte darüber stattfinden, welche Form von Solidarität in der Pflegeversicherung unter Beachtung der sozialpolitischen Umverteilungswirkungen angestrebt werden soll. Der bisher eingeschlagene Weg führt zur einseitigen Belastung jüngerer Generationen, ohne dass gleichzeitig systematisch die tatsächlich bedürftigen Bürger von den Reformen profitieren.