Skip to main content

Glänzende Zukünfte – Kristalline Versprechen des Computerspiels

  • Chapter
  • First Online:
Science MashUp: XR – Gesellschaft – Utopien
  • 775 Accesses

Zusammenfassung

Kristalle und Computerspiele stehen in einem besonderen Wechselverhältnis. Sie sind nicht nur Symbol und Topos auf dem Bildschirm, sondern Teil der Hardware, vor allem in Form von Halbleiterkristallen, wie dem monokristallinen Silizium, das zur Chipproduktion benötigt wird. Wie realisiert sich dieses Wechselspiel des Kristalls auf symbolischer und materieller Ebene und inwiefern schreibt sich eine romantische und christliche Mythologie des Kristalls in die verschiedenen Ebenen ein? Mit Methoden der Kultur- und Medienwissenschaft wird der Kristall als Mythos sowohl auf semantischer als auch auf materieller Ebene befragt. Computerbauteile und vor allem Grafikkarten, die für die Gaming-Branche hergestellt werden, arbeiten mit der Semantik und mit den Metaphern von technologischer Erhabenheit und rufen durch red–green–blue-Beleuchtung (RGB-Beleuchtung) kristalline Glitzer- und Glanzeffekte hervor. Bei dem Kristall handelt es sich um ein utopisches Versprechen materieller Immaterialität und Zeitlosigkeit, der jedoch als Rohstoff unter körperlicher Schwerstarbeit meist in ausbeuterischen Verhältnissen gewonnen und verarbeitet wird. Während der Kristall in der Computerspielkultur als materielles, utopisches Versprechen und Artefakt eines technologischem Fortschrittsglaubens gehandhabt wird, sucht der Beitrag die Kehrseite dieser Utopien zu beschreiben, sowie ihre historischen Kontinuitäten aufzudecken.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 64.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Das erste von Crystal Dynamics entwickelte Spiel der Tomb Raider Serie ist Tomb Raider: Legend (Eidos Interactive, 2006).

  2. 2.

    Apperley und Jayemane bezeichnen diese Tendenz der Game Studies als ihren „material turn“ (vgl. Apperley & Jayemane, 2012). Jüngst haben kulturwissenschaftliche und medienökologische (vgl. Guins, 2014) oder designtheoretische Ansätze (vgl. Guins, 2020) innerhalb der Game Studies für eine Destabilisierung und Neujustierung in der Forschung gesorgt. Für diesen Artikel ist insbesondere das erstarkte Interesse an der Materialität von Computerspielen relevant (vgl. GamesCoop, 2020). Auch Christian Huck beschreibt die Notwendigkeit einer Kulturgeschichte von Computerspielen, die kulturelle Praktiken und Ästhetiken von Hardware in den Fokus rückt: „Eine […] Kulturgeschichte des Motherboards steht noch aus: Auch Platinen sind verlötete Kultur. Auch Software und Algorithmen, so wird die Kulturwissenschaft des 21. Jahrhunderts sichtbar machen müssen, sind keinesfalls reine Mathematik, sondern Anwendungen – und damit von den kulturellen und sozialen Gegebenheiten abhängig“ (Huck, 2018, S. 178–179).

  3. 3.

    Z. B. Bejeweled (PopCap Games, 2000), Die Sims (EA Games, 2000), Final Fantasy (Square, 1987), Sonic the Hedgehog (Sega, 1991).

  4. 4.

    Z. B. The Legend of Zelda (Nintendo, 1986), The Great Giana Sisters (Rainbow Arts, 1987), Crash Bandicoot (Sony Computer Entertainment, 1996).

  5. 5.

    Minecraft (Mojang Studios, 2011), Diablo II (Blizzard Entertainment, 2000), World of Warcraft (ebd., 2004), Genshin Impact (miHoYo, 2020).

  6. 6.

    Final Fantasy VII (Square Enix, 1997), Final Fantasy XII (ebd., 2006), Tomb Raider (Eidos Interactive, 1996),Tomb Raider III (ebd. 1998), Die Sims 4 (Electronic Arts, 2014).

  7. 7.

    Bazerman (2002) analysiert die Rolle von Ausstellungen in der Stabilisierung neuer Technologien am Beispiel Thomas Edisons elektrischem Licht, insbesondere in Kap. 10.

  8. 8.

    „Beide Welten werden körperlich nicht zusammenschmelzen, ich werde mich niemals in meinem Avatar entkörpern. Warum sollte ich auch. Ich sitze am Schreibtisch, wenn ich spiele, koche mir Nudeln in der Küche, telefoniere mit meinen Eltern. Aber ich kann aus Computerspielen etwas über Menschen erfahren. Die Spiele erzählen etwas über Ökonomie, über Klassenbewusstsein und Klassenhass, über sexuelle Rollenbilder und Zwänge und Lösungsansätze einer jungen Mittelschicht“ (Walther, 2018, S. 132).

  9. 9.

    „[S]ome must labor invisibly for others of us to feel, if not actually be, free and empowered through technology use: technoscience is, indeed, an integrated circuit, one that both separates and connects laborers and users, and while both genders benefit from cheap computers, it is the flexible labor of women of color, either outsourced or insourced, that made and continue to make this possible” (Nakamura, 2014, S. 919). Zum Abbau des Minerals Coltan, dessen Wichtigkeit als Rohstoff in der Elektronikindustrie sowie den soziopolitischen Konsequenzen des Coltan Abbaus, insbesondere sexueller Gewalt gegen Frauen* in der Demokratischen Republik Kongo (vgl. Shapiro, 2019).

  10. 10.

    Ein YouTube Werbevideo demonstriert das Glanzverhalten der Grafikkarte, und wird neben der wiederholten Betonung dessen kristallinen Looks als „Dazzling Angel“ vorgestellt. Hier handelt es sich ebenfalls um ein christlich mythologisches Symbol, das Transzendenz verkörpert – materielle Immaterialität (vgl. PalitMedia, 2020).

  11. 11.

    ARGB steht für adressable red green blue LEDs, also Leuchtdioden, die in diesem Farbspektrum leuchten, sowie bei Bedarf gezielt von den User*innen angesteuert werden können.

  12. 12.

    „[D]ie Steinseite des Reliquiars [lässt] eine Interpretation über ihre Edelsteinsymbolik zu. Die Zwölfzahl der großen Edelsteine und ihre Farbigkeit verweisen unter anderem auf die Zahl der Apostel – hier wäre Christus in ihrer Mitte durch die Reliquie und das Material Kristall repräsentiert –, das himmlische Jerusalem und die Herrschaft nach dem Jüngsten Tag“ (Kurtze, 2017, S. 146).

Literatur

  • Apperley, T., & Jayemane, D. (2012). Game Studies’ Material Turn. Westminster Papers, 9(1), 5–25.

    Article  Google Scholar 

  • Bazerman, C. (2002). The Languages of Edison’s Light. The MIT Press.

    Google Scholar 

  • Beil, B. (2012). Avatarbilder: Zur Bildlichkeit des zeitgenössischen Computerspiels. Transcript.

    Book  Google Scholar 

  • Clüver, C., Kanderske, M., Schemer-Reinhard, T., & Walsdorff, F. (2020). SPIEL|MATERIAL. Zur Einführung Navigationen. Zeitschrift für Medien- und Kulturwissenschaften, 20(1), 7–20.

    Google Scholar 

  • Crystal Dynamics (o.D.). Crystal Dynamics Studio https://www.crystald.com/studio. Zugegriffen: 15. Juni 2021.

  • Demtröder, W. (1996). Experimentalphysik 3. Atome, Moleküle und Festkörper. Springer-Verlag.

    Google Scholar 

  • GamesCoop (Hrsg.) (2020). SPIEL|MATERIAL. Navigationen. Zeitschrift für Medien- und Kulturwissenschaften, 20(1).

    Google Scholar 

  • Guins, R. (2014). Game After. A Cultural Study of Video Game Afterlife. The MIT Press.

    Book  Google Scholar 

  • Guins, R. (2020). Atari Design. Impressions on Coin-Operated Video Game Machines. Bloomsbury.

    Book  Google Scholar 

  • Heilmann, T. (2017). Worin haust ein Computer? Über Seinsweisen und Gehäuse universaler diskreter Maschinen. In C. Bartz, T. Kaerlein, M. Miggelbrink, & C. Neubert (Hrsg.), Gehäuse: mediale Einkapselungen (S. 35–52). Wilhelm Fink.

    Google Scholar 

  • Huck, C. (2018). LAN-Partys. Gemeinsam einzeln sein. Eine exemplarische Konstellation, in der sich Populärkultur ereignet, mit Pizza Quatsch und Cola. Kultur & Gespenster, 19, 155–179.

    Google Scholar 

  • Kirschenbaum, M. (2008). Mechanisms. New Media and the Forensic Imagination. The MIT Press.

    Google Scholar 

  • Kurtze, A. (2017). Durchsichtig oder durchlässig. Zur Sichtbarkeit der Reliquien und Reliquiare des Essener Stiftsschatzes im Mittelalter. Michael Imhof Verlag.

    Google Scholar 

  • Leswing, K. (2021). Nvidia sold $155 million in crypto mining chips last quarter, but PC gaming remains its biggest market. https://www.cnbc.com/2021/05/26/nvidia-pc-gaming-still-more-important-than-crypto-for-revenue.html. Zugegriffen: 23. Juni 2021.

  • Nakamura, L. (2014). Indigenous Circuits: Navajo Women and the Racialization of Early Electronic Manufacture. American Quarterly, 66(4), 919–941.

    Article  Google Scholar 

  • Palit (o.D.) Palit Products - GeForce RTX™ 3080 GameRock OC https://eu.palit.com/palit/vgapro.php?id=3787&lang=de. Zugegriffen: 9. Apr. 2021.

  • Prange, R. (1994). Das Kristalline Sinnbild. In V. Lampugnani & R. Schneider (Hrsg.), Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 1950. Expressionismus und Neue Sachlichkeit (S. 68–97). Hatje.

    Google Scholar 

  • Prange, R. (1995). Das Kristalline. In C. Vitali (Hrsg.), Ernste Spiele: Der Geist der Romantik in der deutschen Kunst 1790–1990 (S. 608–615). Oktagon.

    Google Scholar 

  • Scheerbart, P. (2014 [1914]). Glass House Letters, 1920. In J. McElheny & C. Burgin (Hrsg.), Glass! Love!! Perpetual Motion!!! A Paul Scheerbart Reader (S. 130–143). University of Chicago Press.

    Google Scholar 

  • Schmundt, H. (1996). Strom, Spannung, Widerstand. Hyperfictions – die Romantik des elektronischen Zeitalters. In M. Klepper, R. Mayer, & E. Schneck (Hrsg.), Hyperkultur. Zur Fiktion des Computerzeitalters (S. 44–67). Walter de Gruyter.

    Google Scholar 

  • Schneider, B. (2009). Wissenschaftsbilder zwischen digitaler Transformation und Manipulation. Einige Anmerkungen zur Diskussion des „digitalen Bildes“. In M. Hessler & D. Mersch (Hrsg.), Logik des Bildlichen. Zur Kritik der ikonischen Vernunft (S. 188–200). Transcript.

    Chapter  Google Scholar 

  • Shapiro, R. (2019). Transnational Networks of Literacy and Materiality: Coltan, Sexual Violence, and Digital Literacy. College English, 82(2), 204–255.

    Google Scholar 

  • Walther, T. (2018). Wer stiehlt, wird erschossen. Kultur & Gespenster, 19, 131–135.

    Google Scholar 

  • Willis, C. (1986). Skyscraper Utopias: Visionary Urbanism in the 1920s. In J. Corn (Hrsg.), Imagining Tomorrow. History, Technology, and the American Future (S. 164–187). The MIT Press.

    Google Scholar 

Medien

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Kerim Dogruel .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2022 Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Dogruel, K. (2022). Glänzende Zukünfte – Kristalline Versprechen des Computerspiels. In: Hooffacker, G., Bigl, B. (eds) Science MashUp: XR – Gesellschaft – Utopien. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35531-9_4

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-35531-9_4

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-35530-2

  • Online ISBN: 978-3-658-35531-9

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics