1 Einführung

Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine aktualisierte und erweiterte Version des DIW Wochenberichts „Immer mehr ältere Haushalte sind von steigenden Wohnkosten schwer belastet“ (Romeu Gordo et al., 2019).

Viele Menschen setzen auf Wohneigentum, um für ihr Alter vorzusorgen. Selbstgenutztes Wohneigentum geht mit Vorteilen einher: Die monatlichen Wohnkosten sind in der Regel geringer als beim Wohnen zur Miete, da keine Mietzahlungen geleistet werden müssen; Wohneigentum bietet die Perspektive, dauerhaft in der eigenen Wohnung/dem eigenen Haus leben zu können, da anders als bei Mietwohnungen kaum forcierte Wohnungswechsel drohen können; und Wohneigentum wird meist als wertsichernde Anlageform betrachtet, insbesondere in Zeiten niedriger Zinsen und steigender Kaufpreise für Immobilien. Nichtsdestotrotz fallen auch bei Eigentümerhaushalten Wohnkosten für selbstgenutzte Immobilien an, vor allem, wenn neben dem Wert der Immobilie ein gewisser Wohnstandard erhalten werden soll. Die monatlichen Wohnkosten für Eigentümerhaushalte können unterteilt werden in Verbrauchskosten (laufende Kosten für Heizung und Warmwasser sowie Kosten für Frischwasser/Abwasser, Müllabfuhr und Straßenreinigung etc.) und in Kosten für Instandhaltung (z. B. Ersetzen einer alten Heizungsanlage durch Einbau einer neuen) und Modernisierung (z. B. nachträglicher Anbau von Balkons). Falls das Wohneigentum schuldenfrei ist, also keine Zins- und Tilgungszahlungen geleistet werden müssen – und das ist bei der großen Mehrheit (rund 85 %) der Eigentümerhaushalte mit einer Referenzperson ab 65 Jahren der Fall – sind die Wohnkosten im Alter für Eigentümerhaushalte niedriger als für Mieterhaushalte (vgl. jüngst z. B. Nowossadeck & Engstler, 2017; Romeu Gordo et al., 2019). Die knappe Mehrheit der Haushalte mit einer Referenzperson ab 65 Jahren lebt heute im Eigentum.

Mieterhaushalte müssen neben den Verbrauchskosten monatlich einen Mietzins entrichten. Von einem Anstieg der Mieten sind insbesondere Mieterhaushalte betroffen, die in eine neue Wohnung/ein neues Haus umziehen. Aber auch Bestandsmieterhaushalte sind von steigenden Wohnkosten betroffen, etwa wenn sie einen Staffelmietvertrag haben, die Vermieter jährliche Mietanpassungen vornehmen oder wenn die Miete aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen erhöht wird. Ältere Menschen wechseln zwar seltener die Wohnung als jüngere (vgl. z. B. Kohli et al., 2008; Teti et al., 2012), sie sind aber vermutlich nicht seltener von einem Anstieg der Wohnkosten durch Modernisierung betroffen, denn sie leben durchschnittlich deutlich länger in ihren Wohnungen und damit überdurchschnittlich häufig in Immobilien, bei denen Instandhaltungs- sowie auch Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Zudem sind ältere Mieterhaushalte ebenso wie jüngere von dem Anstieg der Nebenkosten betroffen, der in den letzten Jahren besonders stark ausgefallen ist. Aber sind die Wohnkosten bei den Mieterhaushalten älterer Menschen stärker gestiegen als bei den Eigentümerhaushalten? Und wie sieht es mit der relativen Belastung durch Wohnkosten aus, also der Entwicklung der Wohnkosten im Verhältnis zur Entwicklung der Alterseinkommen, im Vergleich von Eigentümer- und Mieterhaushalten mit einer Referenzperson ab 65 Jahren?

Insgesamt sind die Mieten in Deutschland in den letzten Jahren stark gestiegen. Beispielsweise haben sich die Angebotsmieten von 2005 bis 2018 im Durchschnitt laut Marktanalyse des privaten Beratungsunternehmens Empirica AG um 33 % erhöht (Empirica AG, 2020).Footnote 1 Trotz jährlicher Rentenanpassung gilt das nicht für die Alterseinkommen. So sind die durchschnittlichen Zahlbeträge der Gesetzlichen Rentenversicherung laut Deutscher Rentenversicherung im gleichen Zeitraum nur um 24 % gestiegen (Deutsche Rentenversicherung Bund, 2020). Es ist also anzunehmen, dass mehr und mehr ältere Menschen eine höhere relative Wohnkostenbelastung zu tragen haben, durch die eine Überbelastung droht, und zwar insbesondere den älteren Mieterinnen und Mietern.Footnote 2

In diesem Beitrag werden die relative Wohnkostenbelastung und ihre Entwicklung seit Mitte der 1990er Jahre bei älteren Menschen ab 65 Jahren beleuchtet, und zwar differenziert für Mieterhaushalte und Eigentümerhaushalte (Abschn. 16.3). Insbesondere gehen wir der Frage nach, für welche Gruppen älterer Haushalte die Wohnkosten zu einem Problem werden, weil für die Wohnkosten große Anteile der Einkommen beansprucht werden, also eine finanzielle Überbelastung durch zu hohe Wohnkosten zu beobachten ist (Abschn. 16.4).

2 Daten und Operationalisierung der Wohnkosten

2.1 Sozio-oekonomisches Panel (SOEP)

Datengrundlage für diesen Beitrag sind die Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), einer repräsentativen jährlichen Wiederholungsbefragung privater Haushalte in Deutschland (Goebel et al., 2019). In die Analyse gehen Privathaushalte mit einer Referenzperson im Alter ab 65 Jahren ein. Die Referenzperson ist im SOEP die Person, die Antworten zum Haushaltsfragebogen gemacht hat.

Insgesamt umfasst unsere Stichprobe 59.098 Haushaltsbeobachtungen mit einer Referenzperson im Alter ab 65 Jahren, die über 22 Jahre verteilt sind.Footnote 3 So haben wir zum Beispiel 1161 Haushalte im Jahr 1996, 3060 Haushalte im Jahr 2008 und 3657 Haushalte im Jahr 2018 analysiert. Von den Privathaushalten mit einer Referenzperson im Alter von 65 und mehr Jahren sind im Jahr 2018 mehr als die Hälfte (57 %) Einpersonenhaushalte: Von allen Privathaushalten in dieser Altersgruppe sind 39 % Haushalte alleinlebender Frauen und 18 % Haushalte alleinlebender Männer, 42 % sind Paarhaushalte und lediglich 1 % der Haushalte sonstige Haushaltskonstellationen.

2.2 Was geht ein in die Berechnung der Wohnkostenbelastung?

Im SOEP werden jährlich Informationen zu Wohnkosten erhoben. In die Berechnung der monatlichen Wohnkosten der Mieterhaushalte (Euro pro Monat) gehen folgende Bestandteile ein:

  • Monatliche Kaltmiete

  • Kosten für Heizung und Warmwasser

  • Umlagekosten, also Kosten für Wasser/Abwasser, Müllabfuhr etc.

In die Berechnung der monatlichen Wohnkosten der Eigentümerhaushalte (Euro pro Monat) gehen folgende Bestandteile ein:

  • Kosten für Heizung und Warmwasser

  • Umlagekosten, also Kosten für Wasser/Abwasser, Müllabfuhr, Hausverwaltung, etc.

  • Kosten für Instandhaltung und Modernisierung

Das SOEP enthält Informationen über die Instandhaltungskosten der Wohnung nur für Eigentümerhaushalte, da davon ausgegangen wird, dass die Instandhaltungskosten der Mieterhaushalte in deren Mietzahlungen enthalten sind. Bis 2015 bezog sich die konkrete Formulierung im Fragebogen nur auf die „Instandhaltungskosten“, ab 2015 wurde sie um die „Modernisierungskosten“ erweitert. Die Umlagekosten für die Hausverwaltung wurden bis 2014 explizit erhoben. Ab 2016 wurde aber die Formulierung der Frage nach den allgemeinen Umlagekosten erweitert, damit die Befragten diese Kosten ebenfalls berücksichtigen. Die Kosten für Strom werden im SOEP erst ab 2010 erhoben (vgl. Lozano Alcántara & Romeu Gordo, 2020); wir haben sie für den gesamten Untersuchungszeitraum nicht berücksichtigt, um den Anstieg der Wohnkosten nicht zu überschätzen.

Als Haushaltseinkommen werden die monatlichen Nettoeinkommen berücksichtigt. Die entsprechende Abfrage im SOEP lautet: „Wie hoch ist das monatliche Haushaltseinkommen aller Haushaltsmitglieder heute?“ Es folgen diese Erläuterungen: „Bitte geben Sie den monatlichen Nettobetrag an, also nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben. Regelmäßige Zahlungen wie Renten, Wohngeld, Kindergeld, BAföG, Unterhaltszahlungen usw. rechnen Sie bitte dazu! Falls nicht genau bekannt: Bitte schätzen Sie den monatlichen Betrag.“

Die monatliche Wohnkostenbelastung wird berechnet, indem die monatlichen Wohnkosten durch das monatliche Haushaltsnettoeinkommen dividiert werden. In diesem Beitrag steht die Wohnkostenbelastung somit jeweils für die relative Belastung. Die absolute Höhe der Wohnkosten wird in Euro pro Monat berichtet. Die relative Wohnkostenbelastung wird im Folgenden dargestellt als Anteil des Haushaltsnettoeinkommens, das für die Deckung der Wohnkosten aufgebracht wird. Um potenzielle Messfehler zu reduzieren, wird der maximale Wert der Wohnkostenbelastung auf 50 % gedeckelt. Insbesondere bei Haushalten, für die im SOEP sehr geringe Einkommensangaben vorliegen, wird die relative Wohnkostenbelastung sonst möglicherweise stark überschätzt.

Für die Analysen nach Einkommensquintilen werden die Haushalte mit einer Referenzperson im Alter ab 65 Jahren, geordnet nach der Höhe ihres Äquivalenzeinkommens, in fünf gleich große Gruppen aufgeteilt, wobei das erste Quintil die Haushalte mit den niedrigsten Äquivalenzeinkommen umfasst, das fünfte Quintil jene mit den höchsten Äquivalenzeinkommen.

3 Entwicklung der Wohnkostenbelastung von älteren Haushalten seit Mitte der 1990er Jahre

3.1 Wie hat sich die Wohnkostenbelastung seit 1996 in Deutschland entwickelt?

Die relative Wohnkostenbelastung der Mieterhaushalte ist über den gesamten hier betrachteten Zeitraum von 1996 bis 2018 höher als diejenige der Eigentümerhaushalte (Abb. 16.1). Für Mieterhaushalte zeigt sich ein deutlicher Anstieg der relativen Wohnkostenbelastung: Sie lag 1996 noch bei 26,8 % und hat im Jahr 2018 einen Wert von durchschnittlich 30,2 % erreicht. Sie liegt damit im Durchschnitt bereits über dem kritischen Schwellenwert von 30 %, der eine starke Belastung durch Wohnkosten anzeigt. Für Eigentümerhaushalte zeigt sich dagegen kein Anstieg der relativen Wohnkostenbelastung, im Gegenteil: Sie liegt mit 15,7 % im Jahr 2018 sogar wieder unter dem Wert von 1996 (18,6 %).

Abb. 16.1
figure 1

(Quelle: SOEP v35, 1996–2018, eigene Berechnungen, gewichtet)

Relative Wohnkostenbelastung von älteren Haushalten 1996 bis 2018.

Es lässt sich festhalten, dass die Differenz der durchschnittlichen Wohnkostenbelastung zwischen Mieterhaushalten und Eigentümerhaushalten mit einer Referenzperson im Alter von 65 und mehr Jahren über die Zeit zugenommen hat. Bei den Mieterhaushalten ist die Wohnkostenbelastung nicht nur höher als bei den Eigentümern, sondern sie ist auch – anders als bei den Eigentümerhaushalten – über den betrachteten Zeitraum hinweg deutlich angestiegen.

3.2 Entwicklung der Wohnkosten und der Einkommen von älteren Haushalten

Die relative Wohnkostenbelastung eines Haushalts berechnet sich aus den monatlichen Wohnkosten im Verhältnis zum monatlichen Einkommen. Es stellt sich also die Frage, ob der beschriebene Anstieg der Wohnkostenbelastung allein durch einen besonders starken Anstieg der Wohnkosten bedingt wird oder auch durch die schwächere Entwicklung der Einkommen im beobachteten Zeitraum von 1996 bis 2018. Betrachten wir zunächst die Entwicklung der Wohnkosten, wiederum getrennt für Mieterhaushalte und für Eigentümerhaushalte mit einer Referenzperson im Alter von 65 und mehr Jahren.

Die Wohnkosten in Euro sind für die Mieterhaushalte stärker angestiegen als für die Eigentümerhaushalte mit einer Referenzperson im Alter von 65 und mehr Jahren (Abb. 16.2): Der Anstieg von 234 € im Jahr 1996 auf 523 € im Jahr 2018 bedeutet mehr als eine Verdoppelung der Wohnkosten der Mieterhaushalte. Die Wohnkosten der Eigentümerhaushalte älterer Menschen sind lediglich von 276 € auf 425 € gestiegen, das entspricht einem Anstieg um das 1,5-Fache in diesem Zeitraum.

Abb. 16.2
figure 2

(Quelle: SOEP v35, 1996–2018, inflationsbereinigte Werte [100 = 2016], eigene Berechnungen, gewichtet)

Wohnkosten von älteren Haushalten 1996 bis 2018 (Euro pro Monat).

Die Haushaltsnettoeinkommen sind für die Eigentümerhaushalte real deutlich stärker angestiegen als für die Mieterhaushalte (Abb. 16.3): Eigentümerhaushalte mit einer Referenzperson im Alter von 65 und mehr Jahren verfügen 2018 über ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 2656 € (1996: 1240 €). Mieterhaushalte verfügen im höheren Alter nur über ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1911 € (1996: 954 €).

Abb. 16.3
figure 3

(Quelle: SOEP v35, 1996–2018, inflationsbereinigte Werte [100 = 2016], eigene Berechnungen, gewichtet)

Haushaltsnettoeinkommen von älteren Haushalten 1996 bis 2018 (Euro pro Monat).

Es ist also davon auszugehen, dass der Anstieg der relativen Wohnkostenbelastung bei den Mieterhaushalten zum Teil bedingt ist durch die schwächere Einkommensentwicklung bei den älteren Mietern und Mieterinnen (zur Einkommensentwicklung siehe auch Grabka et al., 2019).

4 Relative Wohnkostenbelastung nach Gruppen

4.1 Wie weit verbreitet sind hohe Wohnkostenbelastungen?

Nicht alle Haushalte von Referenzpersonen im Alter ab 65 Jahren sind mit hohen Wohnkostenbelastungen konfrontiert, die Hälfte der Haushalte hat sogar nur eine geringe relative Belastung von unter 20 % (29 % der Haushalte sogar von unter 10 %) zu tragen (Abb. 16.4). Dies sind ganz überwiegend Eigentümerhaushalte (46 % gegenüber 9 % bei den Mieterhaushalten mit einer relativen Wohnkostenbelastung von unter 10 %). Über alle Haushalte älterer Menschen hinweg sind jedoch 16 % durch Wohnkosten finanziell überbelastet, weitere 14 % sind durch Wohnkosten finanziell schwer belastet.

Abb. 16.4
figure 4

(Quelle: SOEP v35, 2018, eigene Berechnungen, gewichtet)

Relative Wohnkostenbelastung von älteren Haushalten 2018.

Vor allem Mieterhaushalte sind im Alter durch Wohnkosten finanziell überbelastet. Bei mehr als einem Viertel der Mieterhaushalte liegt die relative Wohnkostenbelastung sogar bei über 40 % (Abb. 16.4). Zudem sind Einpersonenhaushalte im Alter deutlich häufiger durch Wohnkosten überbelastet als Paarhaushalte. Während von den Alleinlebenden mit 22 % fast ein Viertel eine Wohnkostenbelastung von 40 % oder mehr tragen muss, sind es bei den Paarhaushalten lediglich 9 %. Zudem sind durch relative Wohnkosten von 30 bis unter 40 % immerhin 17 % der Alleinlebenden belastet, während es bei Paarhaushalten nur 11 % sind. Eine niedrige Wohnkostenbelastung von unter 10 % haben hingegen nur 24 % der Alleinlebenden, aber 36 % der Paarhaushalte.

Dass die Wohnkostenbelastung im Alter von Alleinlebenden häufig höher ist als von Paarhaushalten, kann auch mit dem Familienstand zusammenhängen. Witwen und Witwer bleiben häufig in der ehemals gemeinsamen Wohnung, die bei fast gleichbleibenden Kosten nun aus dem Einkommen nur einer Person finanziert sein will (ähnlich nach Trennung und Scheidung), das Haushaltseinkommen sinkt also, während die Wohnkosten weitgehend unverändert bleiben – daher steigt die relative Wohnkostenbelastung. Da kleinere Wohnungen mit geringerer Wohnfläche nicht unbedingt kostengünstiger sind – im Gegenteil, meist ist die Miete bei neuen Mietverhältnissen deutlich höher als die Miete für die alte größere Wohnung aus einem langjährig laufenden Mietvertrag –, ist ein Wohnungswechsel zur Anpassung der Wohnfläche meist finanziell unattraktiv. Neben fehlenden finanziellen Anreizen gibt es aber auch noch zahlreiche andere Gründe, warum Menschen auch nach Verlust des Partners oder der Partnerin in einer möglicherweise zu großen Wohnung wohnen bleiben, z. B. die gemeinsamen Erinnerungen, der Wunsch, im vertrauten Umfeld zu verbleiben, und die sozialen Beziehungen in der Nachbarschaft.

Alleinlebende Männer ab 65 Jahren sind darüber hinaus zu gleichen Anteilen durch sehr hohe Wohnkosten überbelastet (22 %) wie alleinlebende Frauen ab 65 Jahren (Abb. 16.4), wobei jedoch die Zahl alleinlebender Frauen im Alter (39 % der älteren Haushalte im Jahr 2018) die Zahl alleinlebender Männer (18 % der älteren Haushalte im Jahr 2018) bei weitem übersteigt. Dass der Anteil derjenigen mit der geringsten relativen Wohnkostenbelastung von unter 10 % des Einkommens bei den alleinlebenden Männern wiederum höher ist als bei den alleinlebenden Frauen, dürfte vor allem daran liegen, dass Frauen im Vergleich über deutlich geringere Alterseinkommen verfügen als Männer.

Schließlich sind diejenigen Haushalte im Alter häufig durch Wohnkosten überbelastet, die über geringe Alterseinkommen verfügen (Abb. 16.4). Von den 20 % der Haushalte mit den niedrigsten Einkommen (1. Quintil) sind zwei Drittel stark durch Wohnkosten belastet: 20 % von ihnen tragen Wohnkosten von 30 bis unter 40 %, 40 % sogar Wohnkosten von 40 % und mehr ihres Einkommens. Anhand dieser Befunde wird deutlich, dass insbesondere Haushalten aus dem untersten Einkommensquintil nach Begleichung der Wohnkosten wenig finanzieller Spielraum bleibt. Zwar gibt es auch beim Einkommensquintil mit den höchsten Einkommen 7 % Haushalte, deren Wohnkostenbelastung 40 % oder mehr beträgt, allerdings bleibt diesen Haushalten dank der höchsten Einkommen trotzdem noch mehr verfügbares Einkommen für alle anderen Ausgaben. Gleichzeitig zeigt sich, je höher die Einkommen, desto größer der Anteil von Haushalten mit einer geringen Wohnkostenbelastung von unter 10 %. Beim Einkommensquintil mit den höchsten Einkommen (5. Quintil) liegt die Wohnkostenbelastung von fast der Hälfte (48 %) unter 10 %.

4.2 Bei welchen Gruppen sind hohe Wohnkostenbelastungen ein Problem?

Im Folgenden unterscheiden wir die Haushalte von Alleinlebenden und Paarhaushalten nach Einkommenssituation. Problematisch erscheint die Überbelastung durch hohe Wohnkosten vor allem für ältere Alleinlebende mit niedrigen Einkommen (Abb. 16.5). Von ihnen trägt fast die Hälfte (46 %) Wohnkosten in Höhe von 40 % und mehr des Nettoeinkommens. Bei den Paarhaushalten im ersten Einkommensquintil sind es immerhin mit 27 % auch mehr als ein Viertel, die durch Wohnkosten überbelastet sind. Dass hohe relative Wohnkostenbelastungen insbesondere bei Haushalten mit geringeren Einkommen zum Problem werden, liegt unter anderem daran, dass deren finanzieller Spielraum insgesamt sehr gering ist, was auch Verbesserungen und Anpassungen ihrer Wohnsituation – sei es durch Umzug oder durch Modernisierung – erschwert. Zudem kann bei einem hohen oder sehr hohen Einkommen auch ein höherer Anteil auf die Wohnkosten entfallen, ohne dass deshalb die Lebenshaltung insgesamt infrage gestellt wäre.

Abb. 16.5
figure 5

(Quelle: SOEP v35, 2018, eigene Berechnungen, gewichtet)

Relative Wohnkostenbelastung nach Haushaltsgröße und Einkommensquintilen 2018.

Im Folgenden unterscheiden wir innerhalb der Mieterhaushalte und innerhalb der Eigentümerhaushalte nach Einkommensquintil (Abb. 16.6). Es wird abermals sehr deutlich, dass vor allem Haushalte mit geringeren Einkommen durch Wohnkosten stark überbelastet sind: Bei den Mieterhaushalten im 1. Einkommensquintil tragen mehr als die Hälfte (53 %) Wohnkosten von 40 % und mehr. Im 2. Einkommensquintil ist es ein Viertel (25 %), das durch Wohnkosten überbelastet ist. Bei den Eigentümerhaushalten stellt sich die Situation tatsächlich weniger drastisch dar, aber auch hier liegt ein starker Einkommensgradient vor: Von den Eigentümerhaushalten aus dem untersten Einkommensquintil tragen immerhin 14 % Wohnkosten von 40 % und mehr ihres Einkommens, aus dem 2. Einkommensquintil liegt der vergleichbare Wert bei 10 %. Es sind somit vor allem die Mieterhaushalte aus den unteren Einkommensquintilen, bei denen die hohe Belastung durch Wohnkosten ein Problem ist. Bei diesen Mieterhaushalten können bereits kleine Anstiege der Kosten zu einer existenziellen Notsituation führen.

Abb. 16.6
figure 6

(Quelle: SOEP v35, 2018, eigene Berechnungen, gewichtet)

Relative Wohnkostenbelastung nach Eigentümerstatus und Einkommensquintilen 2018.

5 Fazit

In diesem Beitrag haben wir dargestellt, dass die relative Wohnkostenbelastung für ältere Menschen seit 1996 angestiegen ist, und zwar insbesondere für Mieterhaushalte. Es ist eine Polarisierung zwischen Eigentümer- und Mieterhaushalten zu beobachten, in der sich eine deutliche Zunahme der sozialen Ungleichheit im Alter widerspiegelt (vgl. auch Nowossadeck & Engstler, 2017). Schließlich bildet die stark steigende relative Wohnkostenbelastung insbesondere der älteren Mieterhaushalte nicht nur die steigenden Kosten für Mieten inklusive Nebenkosten ab, sondern auch die Zunahme der Ungleichheitsverteilung der Alterseinkommen, die über die letzten Dekaden für Deutschland zu beobachten ist. Darüber hinaus ist die Eigentümerquote unter den Haushalten mit höheren Einkommen angestiegen, wobei in der Gruppe der Mieterhaushalte über die Jahre eher die Haushalte mit unterdurchschnittlichen Einkommen verbleiben. Theoretisch könnten unsere Befunde einer steigenden Wohnkostenbelastung bei Mieterhaushalten ausschließlich auf diesen Kompositionseffekt zurückgehen, allerdings zeigen entsprechende Analysen über alle Altersgruppen, dass nach Kontrolle des Kompositionseffekts die Wohnkosten der Mieter im Vergleich zu den Wohnkosten der Eigentümer in den letzten Jahrzehnten sehr wohl stärker gestiegen sind (Dustmann et al., 2018).

Um Abhilfe für jene älteren Menschen zu schaffen, die finanziell überbelastet werden, sind erstens Maßnahmen notwendig, die daran ansetzen, dass Wohnen bezahlbar bleibt, und zwar auch für alleinlebende ältere Menschen. Neben der Knappheit von Wohnraum – und der „einfachen“ Lösung des Baus von ausreichend Wohnungen – gibt es noch viele weitere Gründe, warum die Wohnkosten in den vergangenen Jahren stark angestiegen sind. Einer der Gründe ist, dass nach der Finanzkrise 2008 weltweit immer mehr Menschen und Finanzakteure nach sicheren Geldanlagen gesucht haben, und der Kauf von Immobilien zu Niedrigzinszeiten vergleichsweise attraktiver wurde. Durch die steigende Nachfrage wurden die Preise in die Höhe getrieben. Ein weiterer Grund für steigende Wohnkosten ist, dass in Teilen des Wohnungsmarktes Renditen erzielt werden. Ob mit dem Wohnen überhaupt Gewinne erzielt werden sollen oder nicht, weil es sich beim Wohnen eigentlich um ein Grundrecht handelt, ist eine politisch stark umkämpfte Frage.Footnote 4 Zumindest könnten Genossenschaftsmodelle, die ohne Gewinnerzielung auskommen, steigenden Wohnkosten am Wohnungsmarkt entgegenwirken. In Städten mit einem hohen Anteil an kommunalem, nicht profitorientiertem Wohnen sind die Mieten eher noch bezahlbar, ein gutes Beispiel hierfür ist etwa Wien.

Unter den privaten Vermieterinnen und Vermietern gibt es auch jene, die sich mit Mieteinnahmen ihre Alterseinkommen aufbessern. Während es nach unseren Ergebnissen einerseits als sinnvolle Altersvorsorgestrategie erscheint, Immobilieneigentum zu erwerben, um im Alter Kosten einzusparen durch das Bewohnen einer selbstgenutzten Immobilie, verursacht jedoch andererseits ein Teil dieser privaten Vermieterinnen und Vermieter die steigenden Kosten für Mietwohnungen mit, wenn sie die Mieten erhöhen, um ihre eigenen Einkommen aufzubessern. Nach unseren Berechnungen auf Basis des SOEP gehören immerhin gut zwei Drittel der Mietwohnungen in Deutschland privaten Vermieterinnen und Vermietern mit wenigen Mietobjekten.

Es sind zweitens Maßnahmen notwendig, die sichere Alterseinkommen für alle ermöglichen, vor allem durch eine Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung mit Umlagefinanzierung und solidarischer Umverteilung.Footnote 5 Stärker auf die dritte Säule der Altersvorsorge zu setzen führt umgekehrt dazu, dass Menschen unter anderem Eigentum erwerben, um eine Rendite aus der Vermietung zu erwirtschaften, oder sich an börsengehandelten Immobilienfonds etc. beteiligen. Durch die von der Politik verursachte Schwächung der ersten Säule wird die soziale Ungleichheit im Alter zunehmen. Gleichzeitig ist die Absenkung des Sicherungsniveaus in der ersten Säule neben diskontinuierlichen Erwerbsverläufen einer der Hauptgründe für Armut im Alter (vgl. Vogel & Künemund, 2018). Darüber hinaus können steigende Wohnkosten die Armutslagen im Alter deutlich verschärfen (Lozano Alcántara & Vogel, 2021).

Flankierend können Maßnahmen wie Sozialtransfers für Haushalte mit geringen Einkommen eingesetzt werden, etwa Verbesserungen beim Wohngeld, damit auch ältere Menschen mit geringen Einkommen ihre Wohnungen dauerhaft behalten können. Dass Menschen im Alter in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können, ist wichtig, weil die Wohnung mit steigendem Alter zunehmend zum zentralen Lebensmittelpunkt wird, der auch mit vielen Erinnerungen verknüpft ist und Orientierung gibt. Darüber hinaus bestimmt die Wohnsituation entscheidend über die Lebensqualität in dieser Lebensphase mit (Oswald et al., 2011). Auch vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung und der mit dem langen Leben einhergehenden längeren Wohndauern sollten wir alle Interesse an einer verantwortungsvollen Wohnungs- und Alterssicherungspolitik haben.