Zusammenfassung
Ausgehend vom Desiderat, den „institutionelle[n] […] Charakter […] der Schule zum Fall“ zu machen, geht es im folgenden Beitrag auf Basis des Textes zweier Schulgesetze um die Frage, inwiefern es möglich ist, „anhand konkreter Protokolle schulischer Wirklichkeit […] die in aller Regel eher makrologisch diskutierte[.] schultheoretisch zentrale[.] Frage[.] nach dem Verhältnis zwischen schulischer Eigenlogik und gesellschaftlicher (administrativer/bürokratischer/politischer) Determination empirisch-mikrologisch zu wenden“.
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Notes
- 1.
Der folgende Text bezieht sich auf die Problemstellung des zusammen mit Sascha Kabel auf der AG-Kasuistik-Tagung am 27.09.2018 gehaltenen Vortrags: „Die Institutionalität der pädagogischen Praxis und ihre Rekonstruierbarkeit in außerunterrichtlichen und unterrichtlichen Dokumenten schulischer Wirklichkeit.“ Anders als im Vortrag steht hier die Rekonstruktion der Schulgesetze im Zentrum; den methodologischen und objekttheoretischen Fragen wurde auf dieser Basis neu nachgegangen.
- 2.
Das Datum bilden jeweils die zum Forschungszeitpunkt 2013 vorliegenden aktuellsten Versionen der Gesetzestexte; inzwischen vorgenommene Änderungen sind noch nicht rekonstruiert worden, weshalb noch zu prüfen wäre, ob und inwiefern diese zu einem anderen Rekonstruktionsergebnis führen würden. Basis der hier komprimiert wiedergegebenen Einblicke in die Genese der Ergebnisse der Fallrekonstruktionen ist zusammen mit weiteren Fallstudien der empirische Teil einer bildungstheoretisch gewichteten Dissertation (Hünig 2014), deren beide Teile sich in der Vorbereitung der Veröffentlichung befinden.
- 3.
Ob die Kontrastivität zwischen den Deutungsmustern der Schulgesetze der Länder Bayern und Bremen ggf. größer ist, wäre zu prüfen.
- 4.
Die Schulform entspricht mit der späteren Selektion der Schüler*innen dem insbesondere in der Bildungsreform der 1960er- und 1970er-Jahre schulpolitisch prägenden sozialdemokratischen Anspruch der Entkoppelung von sozialer Herkunft und Bildungschancen. Die Referenzdaten zu oben angeführtem Vergleich stammen aus: Statistisches Bundesamt (2013).
- 5.
Schulgesetz für Baden-Württemberg (SchG) in der zum 02.07.2013 aktuellsten verfügbaren Fassung der Gesamtausgabe, welche derjenigen Fassung vom 01.08.1983 entspricht und deren Stand als letzte berücksichtigte Änderung diejenige durch Artikel 1 des Gesetzes vom 24.04.2012 (GBl. S. 209) enthält.
- 6.
Hessisches Schulgesetz (Schulgesetz ‒ HSchG) in der Fassung vom 14. Juni 2005, Stand: zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Dezember 2012 (GVBl. S. 645).
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Hünig, R. (2021). Schule als (Un-)Fall? Eine schulpädagogische Perspektive zur Frage der Rekonstruierbarkeit des institutionellen Charakters von Schule am Beispiel von zwei Schulgesetzen. In: Bender, S., Dietrich, F., Silkenbeumer, M. (eds) Schule als Fall. Rekonstruktive Bildungsforschung, vol 25. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27459-7_2
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