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Die Bedeutung der Situation im kooperativen Handeln

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Offene Ordnung?

Part of the book series: Wissen, Kommunikation und Gesellschaft ((WISSEN))

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Zusammenfassung

Kooperative Handlungen sind soziale Handlungen, bei denen die an ihnen Beteiligten etwas miteinander tun. Soziale Handlungen unterscheiden sich von individuellen Handlungen dadurch, dass sich die Akteure in ihrem Tun am Verhalten anderer orientieren. DarĂ¼ber hinaus sind kooperative Handlungen spezifische soziale Handlungen, insofern bei ihnen etwas mit anderen zusammen getan wird. In diesem Sinne ist das, was die Akteure kooperativer Handlungen tun, strukturell und im Sinne eines Minimalbegriffs als ein Mitmachen anzusprechen.

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Notes

  1. 1.

    Dies entspricht Max Webers klassischer Definition des sozialen Handelns als ein »Handeln […], welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist« (Weber 1921/22: 1).

  2. 2.

    In Ă¼berzeugender Weise fĂ¼hrt Schmid ( < link rid="bib10" > 2005 < /link > : 16 ff.) dieses Beispiel aus.

  3. 3.

    Die unterschiedliche handlungstheoretische Bedeutung der Situation als Näherbestimmung oder konstitutive Bestimmung einer Handlung thematisiert bereits Thomas von Aquin als repugnantia conditionalis und repugnantia specialis. Vgl. hierzu auch die interessante Studie von Thomas Nisters ( < link rid="bib9" > 1992 < /link > ).

  4. 4.

    FĂ¼r die Analyse kooperativer Handlungen spielt die Frage, welchem Typ von Kooperationshandeln paradigmatische Bedeutung zugesprochen wird – und das heiĂŸt nicht zuletzt: an welchen Beispielen sich die handlungstheoretischen Reflexionen orientieren –, eine wichtige Rolle. So orientiert sich z. B. die Debatte des kollektiven Handelns in der neueren analytischen Philosophie zunächst an Beispielen der ersten Art wie dem gemeinschaftlichen Tragen eines Klaviers (vgl. Tuomela/Miller1988) oder dem gemeinsamen Kochen einer Sauce Hollandaise (vgl. Searle < link rid="bib12" > 1990 < /link > ). Die in diesen Konzeptionen getroffene Entscheidung fĂ¼r einen ontologischen Individualismus wird jedoch nicht zuletzt aufgrund einer differenzierten WĂ¼rdigung von Beispielen der zweiten Art kritisiert (vgl. Stoutland < link rid="bib14" > 1997 < /link > ).

  5. 5.

    Diese Unterscheidung entspricht Stoutlands Differenzierung zwischen Handlungen, die »sowohl von Individuen als auch von sozialen Akteuren verrichtet werden können«, und Handlungen, die nur »soziale Akteure ausfĂ¼hren können« (Stoutland < link rid="bib14" > 1997 < /link > : 49/271).

  6. 6.

    Anschlussfähig hieran sind einige Ausdeutungen von Jo Reichertz in seinem Beitrag im vorliegenden Sammelband.

  7. 7.

    Siehe kritisch zur Verhältnisbestimmung von kollektiver Intention und entsprechender Situationsdefinition auch den Beitrag von Wil Martens im vorliegenden Sammelband.

  8. 8.

    Konzeptionen eines individualistischen Verstehens finden sich freilich keineswegs exklusiv bei Vertretern der analytischen Handlungstheorie. Auch Phänomenologen wie Alfred SchĂ¼tz ( < link rid="bib11" > 1932 < /link > ) in seiner Grundlegung einer verstehenden Soziologie gehen in ihren sozialphilosophischen Analysen vom individuellen Bewusstsein der Handlungsträger aus. AusfĂ¼hrlicher dazu: Mertens (2005: 16 f.). Hollis selbst (vgl. 1994: 19/35) nennt als Vertreter des individualistischen Verstehensansatzes beispielsweise Jon Elster. Wenn hier Vertreter der analytischen Theorie des kollektiven Handelns als Referenzautoren genannt werden, dann deshalb, weil sie die derzeitige philosophische Diskussion des kooperativen Handelns wesentlich bestimmen.

  9. 9.

    Siehe dazu auch die strukturlogische Situationsbestimmung von Andreas Ziemann im vorliegenden Sammelband.

  10. 10.

    Ebenso wie beim MissglĂ¼cken von Sprechakten die zustande kommende Handlung im Kontext des Sprechaktes bewertet wird (ein Versprechen etwa, das unter Verletzung der Aufrichtigkeitsbedingung gegeben wird, zählt als Versprechen), werden missglĂ¼ckende Fälle situativ geforderter Kooperation mit Blick auf den kooperativen Kontext beurteilt.

  11. 11.

    Die hier und im Folgenden skizzierten Ăœberlegungen schreiben sich nicht zuletzt auch in die dem Sammelband zugrunde liegende Problemstellung »offener Ordnung« ein. Auch mir geht es, anders formuliert, um das analytische Interesse an Sachverhalten – wie sie Ziemann in seiner Einleitung andeutet -, in denen antagonistische Ziele oder nicht auf Kooperation gerichtete Intentionen und sogar die Verweigerung von Kooperation trotzdem zu kooperativen Handlungen und zu einer Kooperation ermöglichenden Situationsordnung fĂ¼hren können.

  12. 12.

    Vgl. Mertens ( < link rid="bib6" > 1999 < /link > ); zum Folgenden auch ders. (2012). Um Missverständnisse zu vermeiden, ersetze ich hier den dort verwendeten Begriff des produktiven Handelns durch den des innovativen Handelns, den ich – ebenfalls im Unterschied zu dem zuvor genannten Artikel – in Abgrenzung zur Rede von einem kreativen Handeln gebrauche.

  13. 13.

    Hollis selbst verweist auf das sechste Buch von John Stuart Mills »A System of Logic« (vgl. 1994: 10 f./24 f.).

  14. 14.

    Den Begriff Ă¼bernimmt Baltzer von Luhmann, versteht ihn seinerseits aber nicht systemtheoretisch.

  15. 15.

    Siehe dazu Baltzer ( < link rid="bib1" > 1999 < /link > : 177): »Ein bestimmtes Gemeinschaftshandeln kann man demnach nicht vorhaben oder erwarten wie eine individuelle Handlung. DaĂŸ eine Handlung eine gemeinschaftliche ist, setzt voraus, daĂŸ die im Einzelfall erfolgenden Teilhandlungen tatsächlich aufeinander abgestimmt sind. Sind sie dies nicht, scheitert das Gemeinschaftshandeln.  >  Gemeinschaftlichkeit  <  ist unter diesem Blickwinkel ein Erfolgsprädikat, das durchgängig nur im konkreten ProzeĂŸ zu haben oder zu verfehlen ist.«

  16. 16.

    Dieses Moment hat Harry G. Frankfurt ( < link rid="bib3" > 1978 < /link > ) in seinem guidance-Konzept einzufangen versucht.

  17. 17.

    Dass es dazu im gewählten Beispiel unter normalen Bedingungen kaum kommen kann, dĂ¼rfte mit den später unter (3) skizzierten institutionellen Vorgaben der Situation (am Tresen in der Kneipe) zusammenhängen.

  18. 18.

    Ingo GĂ¼nzler und Jörn MĂ¼ller danke ich herzlich fĂ¼r ihre kritische LektĂ¼re einer frĂ¼hen Fassung dieses Artikels.

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Mertens, K. (2013). Die Bedeutung der Situation im kooperativen Handeln. In: Ziemann, A. (eds) Offene Ordnung?. Wissen, Kommunikation und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01528-2_5

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