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Zwischen Verberuflichung und Professionalität* Professionalisierungsdynamiken und Anerkennungskämpfe in der sozialen Welt der Erzieherinnen und Weiterbildner

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Engagement für die Erwachsenenbildung

Zusammenfassung

„In der pädagogischen Forschung konzentriert man sich auf den Verlauf und die Wirkung von pädagogischen Interventionen. Es interessiert das ‚Dazwischen‘, d.h. die Beziehung im Verlauf von pädagogischen Prozessen“ (Gieseke 2010: 238). Das hier von Wiltrud Gieseke angedeutete und insbesondere für die Erwachsenenbildung entwickelte Konzept der Perspektivverschränkung (vgl. Heuer/Siebers 2007) markiert „ein Methodenarrangement (…) der empirischen Forschung, das sich durch eine besondere Nähe zu den spezifischen Problemen der in der Erwachsenenbildung praktisch Tätigen auszeichnet“ (Nolda 2007: 61). Der damals unter der Spezifik didaktischer Lernforschung für Studierende zu Fallanalysen entwickelte Ansatz, sollte „Absicht und Realität“ von Handlungen zueinander stellen und die Vielzahl von Akteuren bei der Realisierung „pädagogischen Handelns“ über die Situationsbezogenheit hinaus, „ganzheitlich“ berücksichtigen (Gieseke 1985, vgl. Schmidt-Lauff 2007). Gieseke insistiert auf die „Tiefenstruktur, das innere pädagogische Handlungsmuster, dem Exemplarität unterstellt wird“ (Gieseke 1990: 77), wobei sich die Forschung, so Wiltrud Gieseke, konsequent vor Entlarvung oder Bloßstellung der Praxis hüten sollte. Die diesem Beitrag zugrunde liegende Schlüsselthese lautet, dass das Konzept auch eine Verbreitung in der erziehungswissenschaftlichen Forschung im Allgemeinen verdient und seine professionsspezifische Umsetzung zwangsläufig zu einer komparativ angelegten pädagogischen Berufsgruppenforschung führen würde.

* Der Beitragstitel entstammt einem Aufsatz von Wiltrud Gieseke (2008): „Zwischen Verberuflichung und Professionalität: 50 Jahre Support für die Profession Erwachsenenbildung. In: Nuissl, E. (Hrsg.) (2008): 50 Jahre für die Erwachsenenbildung. Bielefeld: Bertelsmann 45-62

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Notes

  1. 1.

    Eine wichtige Grundlage für den vorliegenden Beitrag liefert das Projekt PAELL „Pädagogische Erwerbsarbeit im System des Lebenslangen Lernens“. In der im Rahmen des Projektes durchgeführten Studie (im Wissenschaftlichen Beirat u.a. vertreten: Wiltrud Gieseke) werden erstmalig unterschiedliche pädagogische Berufsgruppen in ihren Haltungen und Einstellungen miteinander verglichen und in Beziehung gesetzt, nämlich Erzieher/innen, Lehrer/innen unterschiedlicher Schulformen und des zweiten Bildungsweges, Mitarbeiter/innen der Erwachsenenbildung und der außerschulischen Jugendbildung sowie Hochschullehrende. Die Fragestellungen zielen auf unterschiedliche Ebenen des beruflichen Handelns und der beruflichen Selbstaufklärung. Die zentralen Themen betreffen die Arbeitsbedingungen, die kollektive Selbstwirksamkeit sowie die Kooperationsbereitschaft der pädagogischen Berufsgruppen. Neben Aussagen, welche Varianten der bildungsbereichsübergreifenden Zusammenarbeit bereits realisiert sind und Einschätzungen zum Selbst- und Fremdbild, wurde untersucht, welche Bedeutung das Lebenslange Lernen für die jeweilige pädagogische Berufsgruppe hat und in welcher Form sich diese in der pädagogischen Arbeit niederschlägt. Die bisherigen Befunde zeigen (vgl. Nittel/Schütz 2010, Nittel/Schütz/Fuchs/Tippelt 2011), dass sich die qualitativen und quantitativen Daten wechselseitig ergänzen, so dass eine mehrperspektivische Interpretation möglich ist.

  2. 2.

    Das Forschungsdesign der Studie setzt sich aus einer quantitativ, schriftlichen Fragebogenerhebung und dem qualitativen Verfahren der Gruppendiskussionen zusammen. Insgesamt wurden 27 Gruppendiskussionen geführt und 1.601 pädagogisch Tätige in Bayern und Hessen schriftlich befragt. Die schriftliche Befragung erfasst die persönlichen und individuellen Einstellungen und Haltungen der Befragungsteilnehmer/innen. Im Gegenzug dazu liefern die qualitativen Daten in Form von vollständig wörtlich transkribierten Gruppendiskussionen Hinweise über das kollektiv geteilte Berufswissen der pädagogischen Akteure. In den Gruppendiskussionen wurden sowohl Realgruppen, als auch künstliche Gruppen gebildet, um mögliche Störfaktoren, wie bestehende hierarchische Konflikte im Team, zu vermeiden. Die Gruppengröße variierte zwischen drei bis zehn Personen. Anhand eines problemorientierten Diskussionsleitfadens wurden die Teilnehmenden teilweise mittels diskrepanter oder gar widersprüchlicher Positionen zu unterschiedlichen Themenkomplexen konfrontiert, an denen sie sich gleichsam abarbeiten mussten. Das Material wurde sowohl inhaltsanalytisch (vgl. Mayring 2008) als auch rekonstruktiv (vgl. Bohnsack 2002, Glaser/Strauss 1967) ausgewertet.

  3. 3.

    Berufliche Selbstbeschreibungen konzipieren wir als eine Wissensform, die sich aus individuellen beruflichen Einstellungsmustern und kollektiv geteilten Orientierungen und Haltungen zusammensetzt (vgl. Nittel/Schütz/Tippelt 2008). Dabei dienen diese nicht nur der Abgrenzung gegenüber anderen Berufsgruppen, sondern sind auch ein Medium, um Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber das professionelle Mandat und die berufliche Lizenz transparent zu machen (vgl. Nittel 2002: 137). Berufliche Selbstbeschreibungen unterstützen mitunter Legitimationsprozesse für das eigene, berufliche Handeln, denn sie verdeutlichen im Medium der Narration „was man tut“ und welche beruflichen Kernaktivitäten hierfür benötigt werden. Gleichzeitig liefern sie eine Begründung dafür, „warum man etwas tut“ und mit welchem Ziel dies geschieht. Auch eignen sich Selbstbeschreibungen dazu, Vorstellungen über die eigene Berufskultur und das Selbstbild der Berufsvertreter zu bekommen (vgl. Hartig 2010: 114).

  4. 4.

    Dies sind die Erzieher/innen, die Grundschullehrer/innen, Lehrer/innen der Sekundarstufe I sowie der Sekundarstufe II, Berufsschullehrer, Mitarbeiter der außerschulischen Jugendbildung, Hochschullehrende sowie Weiterbildner.

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Nittel, D., Schütz, J. (2013). Zwischen Verberuflichung und Professionalität* Professionalisierungsdynamiken und Anerkennungskämpfe in der sozialen Welt der Erzieherinnen und Weiterbildner. In: Käpplinger, B., Robak, S., Schmidt-Lauff, S. (eds) Engagement für die Erwachsenenbildung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19116-4_11

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