Zusammenfassung
Der Beitrag stellt ein praxeologisches Forschungsdesign vor, durch das Tanz(-vermittlung) in seinen Vollzugswirklichkeiten -empirisch beforscht werden kann. Das in dem Forschungsprojekt entwickelte Analysemodell kann Tanz(-vermittlung) als diskursiv geprägtes und materielles Geschehen entlang von acht Kategorien analytisch aufschlüsseln und multi-dimensional perspektivieren. Bildungsrelevante Momente im Rahmen Kultureller Bildung werden damit als transsituativ und -sequenziell konzeptioniert.
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Notes
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Das vom BMBF geförderte Forschungsprojekt wurde gemeinsam von Prof. Dr. Yvonne Hardt (Hochschule für Musik und Tanz Köln), Prof. Dr. Nils Neuber (Westfälische Wilhelms-Universität Münster), Dr. Claudia Steinberg (Johannes Gutenberg-Universität Mainz) und Prof. Dr. Martin Stern (Philipps-Universität Marburg) geleitet.
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Die Auswertung der Daten erfolgte induktiv in Anlehnung an die Verfahren der Grounded Theory (Strauss und Corbin 1996) mittels offener Codierung und zirkulärem Aufbrechen der Beobachtungs- und Befragungsdaten. Die dabei vorwiegend thematisch erschlossenen In-Vivo-Codes werden in Anlehnung an Glaser und Strauss (1967) zu theoretischen Codes weiterentwickelt und das Datenmaterial entlang dieser abermals aufgebrochen. Darüber hinaus werden thematische Fokussierungen durch bildungstheoretische Dimensionen vorgenommen (u. a. formbezogenes vs. taskbezogenes Arbeiten, Explorieren vs. Experimentieren, Arbeit mit Einschränkungen) sowie mittels Fragen nach kompositorischen Strategien, Partizipation/Selbst-Beteiligung, Diversität von Leistungskonzepten, Identität und Reflexivität in Bezug auf Bewegung, die als grundlegend für die weiteren Zielstellungen gelten. In Anlehnung an Kelle und Kluge (1999) werden dazu Fallrekonstruktionen und Fallkontrastierungen vorgenommen, die zur empirisch begründeten Entwicklung von Typen führen sollen. Damit soll die Spannung zwischen einem „Eintauchen“ in das empirische Material und einer theoretischen Fokussierung von Themen und Kategorien produktiv gemacht werden, indem explizit theoretische Fragen in den Prozess der Datenanalyse einbezogen werden (vgl. Ezzy 2002, S. 104–107) und um im Sinne einer „Methodologie der Praxeologisierung“ (Schmidt 2012, S. 26) theoretische Annahmen durch die Empirie gegenzulesen.
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Praktiken bezeichnen wiedererkennbare und überindividuelle Vollzugsmuster, die sich praktisch und performativ organisieren sowie auf die in ihnen vermittelten und angeeigneten Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsformen (vgl. Rode 2020).
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Hardt, Y. et al. (2020). Körperlich-sinnliche Welterzeugung erforschen – Methodische Reflexionen zur Entwicklung eines analytischen Modells Kultureller Bildung im Tanz. In: Pürgstaller, E., Konietzko, S., Neuber, N. (eds) Kulturelle Bildungsforschung. Bildung und Sport, vol 24. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30602-1_6
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