Zusammenfassung
Einführungen in die Erziehungswissenschaft und Geschichten der Pädagogik rekurrieren regelmäßig auf Klassiker des Fachs, um grundlegende Begriffe und Theorien zu explizieren. Da die Begriffe, die klassische Texte anbieten, oft durch eine deskriptiv-normative Doppelstruktur gekennzeichnet sind, eignen sie sich besonders für propädeutische Zwecke. Darüber hinaus können Klassiker auch für professionelle pädagogische Akteure ihr Reflexionspotential entfalten, insofern klassische Theorien den Prozess der Vergewisserung über die eigenen Überzeugungen dieser Akteure anregen und unterstützen. Dies wird im Ausgang von Friedhelm Brüggens Strukturen pädagogischer Handlungstheorie sowie im Anschluss an die aktuelle Debatte über beliefs erörtert. Dabei werden Überzeugungen nicht als die zu überwindende Schwundstufe evidenzbasierten Wissens verstanden. Vielmehr wird gezeigt, dass die Differenzierung in evidenzbasiertes Wissen einerseits und andererseits Überzeugungen zur kognitiven Struktur der Moderne gehört. Überzeugungen sind wesentlich für das kulturelle Selbstverständnis von professionellen pädagogischen Akteuren.
Abstract
Introductions into educational science often return to classics of pedagogics to explain founding concepts and theories. As classical concepts often show a double structure of description and norm they are especially appropriate for preparatory courses of beginners. Moreover, classics can also stimulate and support professional pedagogical actors when developing and rethinking their beliefs. This will be shown by referring to Friedhelm Brüggen’s Strukturen pädagogischer Handlungstheorie and to the current discussion on beliefs. Beliefs will not be understood as a zero grade of evidence-based knowledge that has to be overcome. Instead it will be shown that it is part of the cognitive structure of modernity to distinguish between evidence-based knowledge on the one hand and beliefs on the other. Beliefs are essential for the cultural self-understanding of professional pedagogical actors.
Notes
Ich spreche im folgenden von „Klassikern“ in der männlichen Form, da die von mir hier verhandelte Problematik, soweit ich sehe, von den Autorinnen, die etwa in den von H.-E. Tenorth (2010) herausgegebenen Bänden „Klassiker der Pädagogik“ vorkommen, nicht bearbeitet wird.
Es wird nicht vorausgesetzt, dass alle Erziehungswissenschaftler/innen gewissermaßen als Angehörige einer homogenen Gruppe agieren, wenn sie sich auf klassische Texte beziehen. Vielmehr ist die prinzipielle Möglichkeit gemeint, mit Hilfe klassischer Texte in grundlegende Fragen der Erziehung einzuführen oder bestimmte erzieherische Probleme zu vertiefen, die zumindest einige Erziehungswissenschaftler/innen (ausweislich ihrer Veröffentlichungen) nutzen.
Auch im folgenden beziehe ich mich wiederholt zustimmend auf Miriam Schleifer McCormick, ohne allerdings ihre sämtlichen pragmatistischen Prämissen und die Konsequenzen daraus zu teilen. Wesentliche Anregungen verdankt der Text dem Aufsatz von György Márkus.
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Hellekamps, S. Propädeutik, Problematisierung und Überzeugungen. Zur Bedeutung von Klassikern in der Pädagogik. Z Erziehungswiss 20, 5–20 (2017). https://doi.org/10.1007/s11618-016-0681-7
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