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Reproduktive Gesundheit

Eine Bilanz der Familienplanung in Deutschland

Reproductive health of women

Family planning and “reproductive rights” in Germany

  • Leitthema
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Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz Aims and scope

Zusammenfassung

Die Definition von reproduktiver Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) begründet sog. „reproduktive“ Rechte für Frauen und Männer und insbesondere das Recht, frei entscheiden zu können, ob sie Kinder, wann sie Kinder und wie viele Kinder sie haben. Im vorliegenden Beitrag wird die Umsetzung dieser Rechte bezogen auf ausgewählte Aspekte der Familienplanung in Deutschland bilanziert. Aus unterschiedlichen empirischen Erhebungen und offiziellen Registern werden Ergebnisse zu Kinderwunsch und Geburten, Empfängnisverhütung und Schwangerschaftsabbrüchen zusammengestellt und soziale Einflüsse auf die reproduktive Gesundheit (Bildung, Migrationshintergrund) diskutiert. Die Bilanz zeigt einen hohen Stand bezogen auf die Informiertheit und den Zugang zu Kontrazeptiva, aber auch Handlungs- und teilweise Forschungsbedarf: Zum einen werden mehr Kinder gewünscht, als tatsächlich geboren werden, und Kinderwünsche werden zurückgestellt, zweitens sollten die Zahl und die Rate von Schwangerschaftsabbrüchen weiter verringert werden, und drittens ist den sozialen Determinanten, die z. B. den Zugang zur Verhütung erschweren, mehr Aufmerksamkeit zu widmen, und spezifische Bedarfe von Migrantinnen sind stärker zu berücksichtigen.

Abstract

The WHO (World Health Organization) definition of reproductive health establishes reproductive rights for women and men. This includes the capability to reproduce and the freedom to decide, if, when, and how often to do so. In this article the implementation of these rights in Germany is evaluated, focusing on selected aspects of family planning. Findings from empirical studies, surveys, and official registers on fertility intentions, on births, on contraception, and on abortion are compiled. Moreover, the influence of social aspects on reproductive health (education, migration background) is discussed. Records show high standards regarding information and access to contraceptives; however, more action and research are needed in three regards. First, men and women have fewer children than they would like to have, and the desire to have (more) children is deferred systematically. Second, the number and rate of abortions should be reduced. And third, more attention should be paid to social determinants that influence the access to reproductive health. Furthermore, the special needs of migrants should be taken into account.

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Abb. 1

Notes

  1. Weitere Themen wie sexuell übertragbare Erkrankungen, HIV und Aids, Gewalt werden in anderen Beiträgen im vorliegenden Schwerpunktheft des Bundesgesundheitsblattes behandelt.

  2. Die gewünschte Kinderzahl wird überwiegend operationalisiert als Anzahl der geborenen Kinder plus Anzahl der zusätzlich gewünschten Kinder. Sie kann nicht unter der Zahl der geborenen Kinder liegen.

  3. Bis zum Alter von 20 Jahren übernimmt die Krankenkasse die Kosten für ärztlich verschriebene Verhütungsmittel. In einigen Kommunen Deutschlands werden bei über 20-jährigen Empfängerinnen staatlicher Unterstützung die Kosten für Verhütungsmittel übernommen.

  4. Ein Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland strafbewehrt (§§ 218f im Strafgesetzbuch), aber es werden unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen zugelassen. Zu den Bestimmungen siehe z. B. [21].

  5. N = 790 Schwangerschaften.

  6. Üblicherweise und im Folgenden definiert als Geburt in Deutschland oder Zuwanderung in einem Alter von unter 12 Jahren.

  7. Es handelt sich um eine Vergleichsgruppe westdeutscher 4 westdeutschen Städten, in denen die Zufallsstichprobe der Migrantinnen befragt wurde.

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Interessenkonflikt

Die korrespondierende Autorin weist auf folgende Beziehung hin: Die Autorin führt derzeit die Studie „frauen leben 3. Familienplanung im Lebenslauf“ für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung durch. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit besteht dabei nicht.

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Helfferich, C. Reproduktive Gesundheit. Bundesgesundheitsbl. 56, 192–198 (2013). https://doi.org/10.1007/s00103-012-1603-3

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