Zusammenfassung
Philosophie und Naturwissenschaft, Naturrecht und Rationalismus arbeiteten zusammen, um in ganz Europa die Gebildeten der Kirche und allem historisch Gewordenen zu entfremden. Denn auf allen Gebieten wollte die „Aufklärung“ von rein vernünftigen, aprioristischen, unbewiesenen und unbeweisbaren Sätzen aus Staat, Recht, Kirche, Schule, die Welt umgestalten, ohne Respekt vor verlebten Einrichtungen, aber auch ohne jedes Verständnis für das historisch Gewordene. Am konsequentesten drang diese Richtung in der aufgeklärten Selbstherrschaft durch, die Friedrich der Große über Preußen führte, ohne allerdings etwas an der ständischen Struktur der Gesellschaft zu ändern, nur daß sie alle Stände gleichmäßig der Krone und dem von ihr vertretenen Staatszweck unterwarf. Kursachsen dagegen blieb auch jetzt ständisch-föderativ; nur soweit die Monarchie selbständig schalten konnte, brachte sie die Grundsätze der Aufklärung zu praktischer Geltung. Dafür blieb der Dresdner Hof unter Friedrich August II.(1733–1763) der glänzendste Deutschlands, damals ein Hof durchaus italienischen Gepräges, der seine Hauptstadt vollends zum „deutschen Florenz“ umwandelte und mit seiner feinen Sitte beständig auch auf Leipzig einwirkte. So behauptete Leipzig seinen Ruf als „Sitz der gebildeten Lebensart“, als Vorort der Literatur und als die vorzüglichste Pflegstätte eines reinen guten Deutsch, auch als Gottscheds Ruf durch den Streit mit den Schweizern und den Abfall der sich um die „Bremer Beiträge“ scharenden jungen Literaten erschüttert wurde; einen Mann von dem Ansehen Gellerts († 1769) als Lehrer aller Stände, besonders des Bürgertums, hatte Deutschland sonst nicht aufzuweisen, und auch die Universität, der er seit 1751 angehörte, bewahrte ihre Bedeutung, obwohl sie wie früher von Halle, so jetzt von dem 1737 neugegründeten Göttingen in mancher Beziehung überflügelt wurde.
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Kaemmel, O. (1909). Unter der Herrschaft der Aufklärung. In: Geschichte des Leipziger Schulwesens. Geschichte des Geistigen Lebens in Leipzig. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15973-5_4
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