Zusammenfassung
Wenn heute in der Sozialwissenschaft über das Normalarbeitsverhältnis (NAV) diskutiert wird, spricht man weniger über seinen Wandel, sondern fast nur über seine Erosion oder seine Krise. Es überwiegen Vorstellungen, dass sich das NAV der Vergangenheit zugunsten einer Vielfalt von Arbeitsverhältnissen auflöst, die kein gemeinsames Band mehr zusammenhält, so dass es auch keinen Sinn mehr mache, von einem dominierenden Modell der Arbeitsverhältnisse auszugehen. Wenn man genauer hinschaut, verbergen sich in dieser Krisendiskussion sehr unterschiedliche Argumentationsstränge, die sich wie folgt zusammenfassen lassen. Erstens wird behauptet, dass die Bedeutung des NAV zurückgegangen ist. Zweitens wird prognostiziert, dass das NAV in Zukunft weiter an Bedeutung verlieren wird. Drittens wird die Auffassung vertreten, dass das NAV es gar nicht wert sei, verteidigt zu werden. Dafür werden folgende, wiederum sehr verschiedene Gründe genannt: Das NAV wird als Ausdruck paternalistischer Machtverhältnisse gesehen, die zu überwinden seien; das NAV wird wegen seiner starren Regulierungen als wichtigstes Hemmnis der Entfaltung der Marktkräfte bezeichnet und schließlich wird gesagt, dass die nachwachsende Generation nicht mehr mit dem Sicherheitsdenken ihrer Eltern behaftet sei und sich eine flexiblere Arbeitswelt wünsche. Nur in wenigen Beiträgen (z. B. Bosch 1986; Wagner 2000b) werden Überlebenschancen des NAV und Anknüpfungspunkte für entsprechendes politisches Handeln gesehen sowie Leitbilder für ein neues zukunftsfähiges NAV formuliert.
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Bosch, G. (2002). Auf dem Weg zu einem neuen Normalarbeitsverhältnis? — Veränderung von Erwerbsläufen und ihre sozialstaatliche Absicherung. In: Gottschall, K., Pfau-Effinger, B. (eds) Zukunft der Arbeit und Geschlecht. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11911-1_5
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