Zusammenfassung
Seit der Öffnung der „Mauer”, vor allem aber seit der deutschen Vereinigung im Jahre 1990 steht immer auch die Frage nach der politischen Kultur als geronnene Wert- und Überzeugungssysteme (Kaase 1983) der wieder vereinten Deutschen zur Diskussion. Hat die mehr als vierzigjährige Sozialisation in völlig gegensätzlichen Gesellschaftssystemen unterschiedliche Werthaltungen und politische Einstellungen hervorgebracht? Konnten kulturelle Gemeinsamkeiten die Phase der staatlichen Teilung überdauern? Werden vielleicht sogar mit der Betonung der Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschen tatsächliche Ähnlichkeiten in den Vorstellungen vom gesellschaftlich Wünschenswerten (Kluckhohn 1951) zu wenig perzipiert? Oder ist für uns Deutsche ein beschwerlicher kultureller Anpassungsprozeß unausweichlich, in dem regional mobilisierte Friktionen und Konflikte eher die Regel denn die Ausnahme sein werden? Wird die politische Kultur der neuen Bundesrepublik in Zukunft eine fragmentierte oder eine in ost- und westdeutsche Subkulturen gespaltene sein (Gabriel 1996)? Fragen, denen sich der vorliegende Beitrag nähern will. Dabei wird anhand empirischer Befunde zu Werthaltungen und politischer Problemwahrnehmung von Eliten und Bevölkerung gezeigt werden, daß die Qualität der gesellschaftlichen Integration fünf Jahre nach der deutschen Einheit differenziert beurteilt werden muß.
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Literatur
Zum ausführlichen Wortlaut der Antwortvorgaben vgl. Frage 93, Fragebogen im Anhang.
Geißler (1993) faßt darunter u.a. den Apparat des Staatssicherheitsdienstes, die Bürokratien von SED und Massenorganisationen, fast alle Offiziere und Berufssoldaten der NVA, die meisten Richter und Staatsanwälte, einige Lehrer und viele Wissenschaftler sowie die Angehörigen des Staatsapparates.
Für diese und die folgende Typenbezeichnung danke ich der Anregung von Max Kaase.
Das Problembewußtsein von der desintegrierenden Wirkung ungezügelten Partikularismus’ in modernen Gesellschaften durchzieht die Kommunitarismus-Debatte in ihren radikalen und liberalen Spielarten wie ein roter Faden. Durch in der Modernisierungslogik angelegte Individualisierungsschübe werden Gemeinschaftsbindungen und der moralische Gehalt intersubjektiver Zusammenhänge als von Unterminierung bedroht und nicht mehr permanent betrachtet, was in unterschiedlichen Alternativen der gesellschaftlichen Wert-Erneuerung schlußfolgert (u.a. Maclntyre 1987; Etzioni, 1988; 1995; Schmalz-Bruns 1992; Rieger, 1993; Honneth 1993).
Es gehört nicht zur Zielstellung dieses Beitrages, die Debatte um Inglehart’s Wertewan-deltheorie nachzuzeichnen oder einen weiteren theoretischen oder methodologischen Beitrag in dieser Diskussion zu leisten (Klein 1995; Inglehart/Klingemann 1996; Bürklin/Klein/Ruß 1996). Die allgemeine Bedeutung von Wertorientierungen in der Kon-zeptualisierung von Inglehart als verhaltenssteuernde Einflußgrößen, zum Beispiel im Bereich der politischen Beteiligung, ist belegt (Barnes/Kaase 1979; Inglehart 1989b; Bauer 1993).
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Kaina, V. (1997). Wertorientierungen im Eliten-Bevölkerungsvergleich: Vertikale Distanzen, geteilte Loyalitäten und das Erbe der Trennung. In: Eliten in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09920-8_12
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