Zusammenfassung
Kreditrationierung wird als eine Situation definiert, in der bei gegebenem Zins ein Nachfrageüberschuß nach Krediten besteht, ohne daß es — gegen einen höheren Zins — zu einer Erhöhung des Angebots kommt. Bei dieser Situation reicht der Zins als Instrument zur Koordination von Angebots- und Nachfrageentscheidungen nicht aus; die Allokation von Krediten wird durch eine Mengenbeschränkung herbeigeführt1. Diese Beschränkung kann in Form einer Kürzung oder durch eine vollständige Ablehnung des nachgefragten Betrages erfolgen. Im ersten Fall spricht man von Teilrationierung oder Rationierung vom Typ I, im zweiten von Vollrationierung oder Rationierung vom Typ II. Je nachdem, ob Rationierung als Gleichgewichts- oder als Anpassungsphänomen auftritt, unterscheidet man zwischen gleichgewichtiger und dynamischer Rationierung. Liegt die Rationierung bei jeder Zinshöhe vor, so wird sie als “redlining” bezeichnet2.
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In der Literatur wird der Begriff der Kreditrationierung zuweilen weiter abgegrenzt und mit Nachfra-geüberschuß zum herrschenden Zinssatz gleichgesetzt (siehe z. B. Baltensperger, 1978, S. 172 oder Ritthaler, 1979, S. 1). Diese Bezeichnung grenzt den Untersuchungsgegenstand — die Mengenrationierung als Folge einer mangelnden Preisanpassung — unzutreffend ab, denn sie kann auch die marktübliche Preisrationierung mit den entsprechenden Preis- und Mengenanpassungen bezeichnen.
Die Bezeichnungen Typ I- und Typ II-Rationierung gehen auf Keeton (1979, S. 9) zurück, die Verwendung des redlining-Begriffs im Rahmen der Theorie der Kreditrationierung auf Stiglitz/Weiss (1981, S. 406f.).
Einen kurzen Überblick über die availability doctrine gibt Jaffee (1971, S. 16ff.). In Lindbeck (1959) wird sie ausführlicher behandelt.
Koskela (1979) betrachtet zwar in seiner Analyse die Eigenkapitaleinbringung im Investitionsprojekt als Variable, behandelt sie aber als fixe exogene Größe. Damit ist sie für den Kreditgeber hinsichtlich der nachgefragten Menge und des Zinses nicht entscheidungsrelevant.
Für eine implizite Funktion f(x,y) = 0 gilt für die erste und die später benötigte zweite Ableitung: wobei f[.] die Ableitungen nach den Argumenten [.] darstellen. Siehe z. B. Fichtenholz (1978, S. 430f.).
Ein weiterer gegen das Hodgman-Modell vorgebrachter Einwand stellt die Relevanz der Analyse grundsätzlich in Frage. Kreditrationierung entsteht im Modell als Folge einer Verweigerung des Kreditgebers, einen höheren Kreditbetrag als den erwarteten Investitionsertrag zur Verfügung zu stellen. Kreditrationierung tritt also auf, wenn die Insolvenz des Kreditnehmers absolut sicher ist. Chase (1961, S. 325) hat argumentiert, daß es bei dieser absolut sicheren Insolvenz unwahrscheinlich ist, daß eine Nachfrage überhaupt zustande kommt oder, graphisch ausgedrückt, es unwahrscheinlich ist, daß die Nachfragekurve die Angebotskurve im zinsunelastischen Bereich schneidet. Dieser Vorwand hat jedoch keinen Bestand, da die Erwartungen hinsichtlich der Investitionserträge beim Kreditnehmer und -geber i. d. R. unterschiedlich sein werden (vgl. Hodgman, 1961, S. 328).
Der Hodgman-Ansatz hat noch eine Erweiterung durch die explizite Berücksichtigung der Marktform erfahren. Ryder (1962, S. 477ff.) hat gezeigt, daß im Monopson-Fall weitere Annahmen erforderlich sind, damit die Rationierungslösung zustande kommt. Hat der Nachfrager eine monopsonistische Stellung am Kreditmarkt inne, so werden seine Kosten durch die Angebotskurve wiedergegeben (siehe z. B. Ott, 1984, S. 201ff.). Seine Grenzkosten dr/dL betragen im Rationierungspunkt nach (14) Wenn sein Grenznutzen aus dem Krediterhalt nach dem Gesetz der erwerbswirtschaftlichen Nachfrage den Grenzkosten entsprechen soll, um den Nutzen zu maximieren, dann ist diese Bedingung vor dem Rationierungspunkt erreicht. Damit es in diesem Fall zur Rationierung kommt, bedarf es einer Unstetigkeit in der Verteilungsfunktion oder eines unstetigen Kreditbetrages in einem Punkt unterhalb der Grenznutzen-Grenzkosten-Bedingung (vgl. Ryder, 1962, S. 478f.). Diese Resultate bleiben auch im Fall des preisdifferenzierenden und des bilateralen Monopols erhalten (vgl. Hodgman, 1962, S. 488ff.). Eine Einbeziehung der Marktform in die Analyse wird für die allgemeinere Form des “variable size”-Investitionsfalles in Abschnitt 1.4 ausführlich behandelt.
Neben dem hier angeführten Beispiel zeigt Fischer (1986, S. 68ff.) anhand einer stetigen Gleichverteilung, daß auch im umgekehrten Fall des hohen Ausfallrisikos das Kriterium keine sinnvolle Entscheidungsgrundlage darstellt.
Die Bedingung zweiter Ordnung ist analytisch nicht immer eindeutig bestimmt: Während bei Risikoneutralität und -aversion der Ausdruck stets negativ ist, ist bei Risikosympathie sein Vorzeichen unbestimmt, da in diesem Fall der erste Term positiv, der zweite negativ ist. Hier wird davon ausgegangen, daß der zweite Term den ersten überwiegt, so daß die Maximierungsbedingung stets erfüllt ist.
Eine Analyse des Marktgleichgewichts auf Märkten für heterogene Güter unternimmt Rosen (1974). Das in diesem Abschnitt vorgestellte, an Koskela (1979) angelehnte Modell weist eine deckungsgleiche Vorgehensweise mit Rosens Analyse von Konsumgütermärkten auf.
Koskela (1979) berücksichtigt in seiner Analyse im Unterschied zu Keeton (1979) die Eigenkapitalbeteiligung als Variable, nimmt sie jedoch als gegeben an und beschränkt somit die Analyse — wie Keeton (1979) — auf den Zins und die Kredithöhe. Eine endogene Behandlung des Eigenkapitals nebst Zins und Kredithöhe unternimmt er mit den gleichen Ergebnissen des hier dargestellten Modells in Koskela (1976, S. 81ff. u. 1983). Für eine endogene Behandlung des Eigenkapitals siehe weiter unten Abschnitt 1.5.
Die Angebotsfunktion für den variable-size-Fall, wie sie in den Modellen von Koskela und Keeton Anwendung findet und in dieser Arbeit durch die Berücksichtigung der Kreditsicherheiten leicht modifiziert dargestellt wird, geht auf Jaffee (1971, S. 57ff.) zurück.
Die hier für den Fall abnehmender Skalenerträge abgeleiteten Eigenschaften der Kreditangebotsfunktion gelten auch für den von Jaffee (1971) untersuchten Fall konstanter Skalenerträge z′ = 1, z″ = 0.
Zu einer Darstellung von Verhaltensweisen der Marktteilnehmer und Marktform siehe z. B. Ott (1984, S. 52ff.).
Auch Koskela (1979, S. 77f.) hat das Monopolmodell von Jaffee/Modigliani (1969) und Jaffee (1971) bei der Behandlung von Kreditmärkten als Märkte für heterogene Güter integriert und Rationierung auch für den variable-size-Fall abgeleitet. Er geht bei der Beweisführung anders als diese Arbeit vor: Seine Begründung basiert auf der Gegenüberstellung von Erträgen und Kosten einer Kreditvergabe.
Die Ableitung dieser Bedingung für den fixed-size-Fall verläuft völlig analog. Siehe hierzu Nahr (1980, S. 216ff.).
Zu einer Analyse mit stochastischen Kreditsicherheiten siehe Azzi/Cox (1976) und Barro (1976).
Dies ist ein Aspekt, der im Beitrag von Azzi/Cox (1976), in dem die Existenz der Kreditrationierung in Frage gestellt wird, nur marginale Erwähnung findet (vgl. Azzi/Cox, 1976, S. 917). In der Replik von Jaffee/Modigliani (1976) wird er dagegen besonders betont: “borrowers generally face constraints on the availability of collateral and equity, or can provide them only at a rising marginal costs. Thus, even when the borrower chooses the optimal amount of collateral or equity, there remains a residual risk of default and the possibility of credit rationing.” (Jaffee/Modigliani, 1976, S. 919).
Smith (1972) und Azzi/Cox (1976) kommen in ihren Modellen zu dem eindeutigen Ergebnis (math), da sie von der Annahme konstanter Skalenerträge ausgehen. Im Fall konstanter Skalenerträge ist wegen z″ = 0 der Ausdruck eindeutig positiv.
Die Entgegnung Baltenspergers (1976) auf Smiths Beitrag wird diesem nicht gerecht. Baltensperger kritisiert die von Smith bei Vernachlässigung des Eigenkapitalanteils in der Gewinnfunktion des Kreditgebers abgeleitete Pareto-Ineffizienz der Walras-Lösung und nimmt diese Kritik als Ausgangspunkt seiner Argumentation, um zu zeigen, daß bei Festschreibung des Eigenkapitalanteils die vom Markt erbrachte Lösung Pareto-optimal ist. Er läßt unerwähnt, daß die von Smith gewählte Konstruktion, den Gewinn des Kreditgebers in einem ersten Schritt nur in Abhängigkeit der Kredithöhe und des Zinssatzes zu formulieren, dazu dient, das Anreizproblem modellmäßig zu erfassen, und daß in einem zweiten Schritt dieses Anreizproblem als Argument für eine Rationierung oder eben für eine Festschreibung des Eigenkapitals zur Herbeiführung einer optimalen Allokation dient. Auf beide Lösungen weist Smith ausdrücklich hin und leitet exemplarisch die Pareto-Optimalität für den Rationierungsfall ab (siehe Smith (1972, S. 482) u. Smith [1976]). Zu Baltenspergers Entgegnung und zu einer Würdigung des Beitrages von Smith (1972) siehe auch Jaffee(1972) und Terberger (1987, S. 109ff.).
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Oulad-Youssef, N. (1999). Kreditrationierung bei symmetrischer Informationsverteilung. In: Kreditrationierung in Entwicklungsländern. Empirische Finanzmarktforschung / Empirical Finance. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08667-3_2
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