Zusammenfassung
Als wichtigste Vorbedingung publizistischer Arbeit gilt die im Grundrecht der Bundesrepublik Deutschland verankerte Pressefreiheit, die in Artikel 5 des Grundgesetzes2 in Form der Meinungs- und Informationsfreiheit festgehalten wird. Durch die Existenz dieses Grundrechtes werden Journalisten in eine Sonderstellung erhoben:
„Sie manifestiert sich in den beschriebenen Privilegien, die von praktischen Vorrechten, wie dem Auskunftsanspruch, bis zum (umstrittenen) Zugeständnis einer Rolle als ‘Wächter der Demokratie’ reichen. Die institutionelle Garantie der Pressefreiheit gibt dem Journalismus als einzigem Beruf darüber hinaus eine grundgesetzlich geschützte Existenzgarantie.“ (Donsbach 1979: 32)
„ Durch die Pressefreiheit soll sichergestellt werden, daß die Presse (wie die übrigen Massenmedien) ihre Rolle als ‘Medium’ und ‘Faktor’ im Prozeß der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung wahrnehmen kann.“ Heinz Pürer1
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Literatur
Pürer; Raabe 1996: 267.
Art.5, Abs 1 GG: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ (Grundgesetz 1994: 14)
Konkret wird Artikel 5 GG begrenzt von Artikel 1 GG (Menschenwürde), Artikel 2 GG (Persönlichkeitsrechte) und Artikel 3 GG (Gleichberechtigung). (Vgl. dazu auch Rhl 1998: 22, Fußnote 3.)
Kleffel 1994, S. 79.
„JournalistInnen stehen nicht unter dem Schutz von UN oder EU. Zwar verwenden sich die internationalen Regierungen (...) für inhaftierte oder ausgewiesene JournalistInnen, präventive Schutzmaßnahmen aber sind nicht möglich.“ (Eichen 1997: 20)
Konferenz fr Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Im Jahr 1994 wurde die KSZE umbenannt in OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Es handelt sich bei der Institution nicht um eine Organisation mit eigenen, ständig vorhandenen Organen. Die OSZE hat keinen bürokratischen Unterbau, sondern existiert in aufeinanderfolgenden Konferenzen. Seit Januar 1998 ist Freimut Duve der erste Medienbeauftragter der OSZE und soll auf Grundlage der 1975er Akte und den Folgekonferenzen einen Konsens zwischen den inzwischen 54 Mitgliedstaaten ermöglichen. (Vgl. Reiss 1998: 44f) Der Medienbeauftragte soll das Prinzip der freien Meinungsäußerung als internationales Menschenrecht umsetzen. (Vgl. OSZE 1997: Beschluss Nr. 193) Freimut Duve beschreibt seine Arbeit folgendermaßen: „Dies ist ein Auftrag zur Kooperation, zugleich ein Auftrag zur Sensibilisierung íür die schwierige und leidvolle Geschichte der Freiheit des Wortes in all unseren Staaten.“ (Freimut Duve in einer Rede in Kopenhagen am 19.12.1997) Kernthema bleibt die Verbesserung der journalistischen Arbeitsbedingungen. Rechtlich gesicherte Mittel bei Nichteinhaltung und Nichtverwirklichung der Programmatik gibt es aber nicht.
„Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder ldeen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein.“ (Artikel 10,1 Europäische Menschenrechtskonvention, zitiert nach Bäbler 1984: 27, Randelzhofer 1991: 164; vgl. Randelzhofer 1991: 160)
Die in den Grundsätzen eins bis zwölf aufgeführten Zitate entstammen dem Originaltext der Empfehlung des Europarats, zitiert nach Journalist 1997: H. 5, 62ff. Das englische Original wird zitiert nach Council of Europa 1996b: 2ff.
„Journalists shall be considered as civilians and shall be protected as such.“ (Council of Europe 1996b:1)
Reporter ohne Grenzen, zitiert aus dem Internet; Homepage vom 3.6.98, Seite 1: http://fgidecl.tuwien.ac.at/media/rog/rog_aufgaben.htm Zum jetzigen Zeitpunkt anerkennen theoretisch 188 Staaten das Genfer Dokument.
„Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht umfasst die Freiheit, Meinungen unangefochten anzuhängen und Informationen und Ideen mit allen Verständigungsmitteln ohne Rücksicht auf Grenzen zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.“ (Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, zitiert nach Randelzhofer 1991: 152)
„Unter Propaganda ist wiederholte öffentliche Anstiftung in großem Maße zu verstehen.“ (Bäbler 1984: 29)
Ein derartiger Presseausweis wird von der Regierung ausgestellt, in deren Staat der Journalist lebt, dem er angehört oder in dem sich sein Medium befiindet. Dem Staat ist freigestellt, ob er diesen Ausweis aushändigt. Die Bundesrepublik Deutschland führt ein solches Verfahren nicht durch. (Vgl. Randelzhofer 1991: 660; Gerschel 1991: 24)
Die in den Artikeln I bis XI aufgeführten Inhalte entstammen dem Originaltext der Mediendeklaration und werden hier wiedergegeben nach Bäbler 1984: 45.
„The exercise of freedom of opinion, expression and information, recognized as an integral part of human rights and fundamental freedom, is a vital factor in the strengthening of peace and international understanding.“ (Nordenstreng; Hannikaien 1994: 273ff)
„It is essential that journalist and other agents of the mass media, in their own country or abroad, be assured of protection guaranteeing them the best conditions for the exercise of their profession“. (Nordenstreng; Hannikaien 1994: 273ff)
„It is important that the points of view presented by those who consider that the information published or disseminated about them has seriously prejudiced their effort to strengthen peace and international understanding“. (Nordenstreng; Hannikaien 1994: 273ff)
Lütkehaus 1991: 10.
Die Methoden, die dabei benutzt werden, sind offensive, defensive und repressive Maßnahmen, Drohungen oder Beschwichtigungen, Gängelung, Zensur. Verwendet werden sie je nach momentaner Situation. (Vgl. Saxer 1995: 2060
Durch den kontrollierten Transport der Reporter an die Front und zu Geschehnissen werden Zugänge zu anderen Gebieten untersagt. Vielerorts werden Ereignisse für die Medienmannschaften inszeniert und nur das gezeigt, was Journalisten sehen sollen. (Vgl. Foggensteiner 1993: 72–77)
„Die paradoxe Kommunikation im Krieg mit dem Gegner erfordert absolute Kontrolle über Informationen.“ (Kunczik 1995: 102)
„The first condition, news which is freely assembled, is never satisfied in situations of war or conflict. Access to the facts, to the battlefields, to the consequences of military actions, depends on the goodwill of the military commanders.“ (Doornaert 1993: 6)
Innerhalb von Sammelbecken konnte sich eine gewisse Anzahl an ausgewählten Reportern aufalten. Der Kontrollmechanismus bestand darin, dass grundsätzlich der Zugang zum Kampfgebiet untersagt wurde. In den „national media pools“ waren nur erfahrene Pentagon-Korrespondenten zugelassen. (Vgl. Virilio 1993: 63; Beham 1996: 94, 96, 97, 110)
Die Regeln, nach denen sich die Journalisten richten mussten, wurden in den Pentagon-Vorschriften zur Operation Wüstensturm festgehalten. Im Original heißen diese Grundregeln „Operation Desert Shield Ground Rules“. (Vgl. Schwilk 1991: 69–72; epd Kirche und Rundfunk Nr. 6, 26.1.1991, 26f) Darin wurde aufgelistet, worüber nicht berichtet werden durfte: Zahlenangaben von Truppen, Waffensysteme, vorrätige Munition, geplante Luftangriffe, Operationen, Methoden und Ergebnisse der Armee, Truppenbewegungen, Angriffsziele, Wirksamkeit der feindlichen Tarnung. Dies alles wurde unter dem Deckmantel der Sicherheit geheimgehalten. In den Pentagon-Richtlinien wurde aufgefhrt, dass für die Journalisten eine offizielle Begleitung notwendig war, um den Sicherheitsstandard zu erfllen. Nur mit Genehmigungen war der Zutritt zum US-Kampfgebiet möglich. Im Wortlaut liest sich diese Vorschrift folgendermaßen: „Medienvertreter, die nicht Mitglieder des offiziellen CENT-COMMedienpools sind, erhalten keinen Zugang zu den vorderen Gebieten.“ (Schwilk 1991: 72) Wer sich nicht an die Grundregeln des US-Verteidigungsministeriums hielt, wurde als „nicht autorisierte Person“ ausgewiesen.
„Selbständige Recherche außerhalb der Pools war kaum möglich oder wurde sogar gewaltsam verhindert. Die Medien betrieben daher insgesamt eine Berichterstattung aus der Perspektive des Militärs (...).“ (Birkeneder 1997: 15)
„Dort [in den Pools, Anm.] werden sie von jenen Offizieren kontrolliert, die sie selbst — ihren eigenen Vorstellungen von Pressefreiheit entsprechend — eigentlich kontrollieren wollen. So wird Krieg erst richtig schön.“ (Schmiederer 1991: 57)
„Der in Artikel 5 Grundgesetz festgelegte Grundsatz ‘Eine Zensur findet nicht statt’ verpflichtet die Bundesregierung nach Meinung des DJV politisch und moralisch, diesen Grundsatz auch weltweit zu vertreten. Ein Hinweis auf die Kriegslage darf nicht als Vorwand dienen. (...) Der DJV sieht die Gefahr, daß Journalistinnen und Journalisten durch die Zensur ungewollt zu Handlangern des Militärs werden. (...) Die Schäden, die durch die Mißachtung der Pressefreiheit entstehen, wiegen nach Auffassung des DJV schwerer als die befürchtete Zusatzinformation fr die jeweilige Gegenseite.“ (Originaltext des DJV, zitiert nach medium 1/91: 11)
In der Erklärung vom 20.2.1991 verurteilt der Presserat die Einschränkungen, da diese mit dem Grundsatz der Unterrichtung der Öffentlichkeit nicht vereinbar seien. Eigene Recherche sei — wie auch die Überprüfung von Informationen — unmöglich. Der Presserat gab fr alle beteiligten Redaktionen die Empfehlung heraus, einen Vermerk der Berichterstattung anzuhängen, wonach auf die Zensur hingewiesen wird. (Deutscher Presserat 1991: 12) Zahlreiche Printmedien folgten dem Aufruf und druckten auf der ersten Seite eine Erklärung zu Militärzensur und Regelmentierungen der Korrespondenten ab. (Vgl. Hesse 1994: 8)
„Seit dem Bestehen von Militärzensur zeigen sich Journalisten darin erfinderisch, sie zu unterlaufen. Diese Arbeitsweise kommt einer Spionagetätigkeit schon sehr nahe. Das beginnt beim Eindringen in ein Krisengebiet“. (Foggensteiner 1993: 85)
Acht Monate lang verhandelte das amerikanische Verteidigungsministerium mit Vertretern von Presse, Rundfunk und Agenturen über eine Veränderung der Bestimmungen. Im Mai 1992 wurde ein Grundsatzpapier ausformuliert: „Die amtliche Zensur soll künftig (wieder) auf das militärisch erforderliche Mindestmaß reduziert werden. Die im Golfkrieg üblich gewordenen Berichterstattergruppen (Reporter Pools) sollen die Ausnahme sein und nach 24 bis 36 Stunden wieder aufgelöst werden.“ (Lerg 1992: 407)
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Richter, S. (1999). Presserechtliche Dimension. In: Journalisten zwischen den Fronten. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-07811-1_2
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