Zusammenfassung
Vor hundert Jahren schien die Welt der Rechtsvergleichung noch in Ordnung; die Stimmung war euphorisch. Auf dem Rechtsvergleicher-Kongress 1900 in Paris nannte Josef Kohler1 die Rechtsvergleichung die „Blüte der heutigen Jurisprudenz“. Sie fasse jedes nationale Recht als ein „Glied der Menschenkultur“ auf, als ein Mittel zur „Bildung der Menschheit“2. Aber von der Begeisterung für das im Ausland heute „boomenden“ Fach3 ist bei uns nicht viel geblieben. Dieses berühmten Kongresses vor hundert Jahren wurde in Deutschland nirgendwo gedacht (wohl aber in Cambridge); selbst die traditionelle „Rechtskreislehre“ hat ihren Glanz verloren4. Wir sonnen uns zwar darin, dass die Rechtsvergleichung über das Zivilrecht hinaus in das Verwaltungsrecht5 und das Verfassungsrecht gelangt6. Doch in unseren „trade schools“ mit ihrer unkontrollierten Detailfülle und Falllösungstechnik7, die wir „juristische Fakultäten“ nennen, ist davon nur gelegentlich etwas zu spiiren8. Rechtsvergleichung befördert die akademische Karriere nicht.
„Und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.“ (Joh 21,18)
„Warum geht ihr aus? — Um heimzufinden!“
Meister Eckart, 1260–1328
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Literatur
Grossfeld/Theusinger, Josef Kohler, RabelsZ 64 (2000), 696
Josef Kohler, Über die Methode der Rechtsvergleichung, 1. Congres international du droit compare, Proces verbaux, 1905, S. 18f. = Grünhuts Zeitschrift 28 (1901), 273
H. Patrick Glenn, Legal Traditions of the World, Oxford 2000; Legrand, Fragments on Law — as — Culture, 1999; John C. Reitz, How to Do Comparative Law, American J. Comp. L. 46 (1998), 617; James Gordley, Is Comparative Law a Distinct Discipline? Ibid. 607; Vivian Curran, Dealing in Difference: Comparative Law’s Potential for Broadening Legal Perspectives, ibid. 657
Zweigert, Zur Lehre von den Rechtskreisen, in: XXth Century Comparative and Conflict Law, FS Yntema, 1961, S. 42; Scholler, Bedeutung der Lehre vom Rechtskreis und die Rechtskultur, ZvglRWiss 99 (2000), 373
Starck, Rechtsvergleichung im öffentlichen Recht, JZ 1997, 1021; Eberle, Comparative Public Law: A Time that Has Arrived, FS Grossfeld, 1999, 175
Wahl, Verfassungsvergleichung als Kulturvergleichung, FS. Quaritsch, 2000, 163
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Grossfeld, B. (2001). Einleitung. In: Rechtsvergleichung. Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften, vol 374. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01780-6_1
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