Zusammenfassung
Lebensweltorientierung gehört zu den zentralen Konzepten der Sozialpädagogik und ethnographische Methoden können der forschenden Erkundung fremder Lebenswelten dienen. Auf diese Weise tragen ethnographische Methoden zur Professionalisierung bei, denn sie schenken den Perspektiven der Adressaten pädagogischen Handelns besondere Aufmerksamkeit. Lebensweltorientierung meint, daß sich die sozialpädagogische Arbeit an der individuellen Situation der Adressaten orientiert, ihre Lebenslage und Lebensverhältnisse analysiert, ihr Bewußtsein und ihre emotionale Befindlichkeit konzeptionell berücksichtigt. Dabei sollen pädagogische Normen zurücktreten, um der Dignität des Alltags der Klienten Geltung zu verschaffen. Aber wie lassen sich jene Lebenswelten, in denen Menschen leben, ihre Denk-, Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Handlungsmuster erfassen und in die pädagogische Arbeit einbeziehen? Im Zentrum steht dabei das Verstehen. Verstehen ist für pädagogisches Handeln konstitutiv. Personen, mit denen wir pädagogisch arbeiten, suchen wir zu verstehen, indem wir sie im Kontext ihrer jeweiligen Lebenswelten betrachten. Der Beitrag fragt danach, in welcher Weise sich das Verstehen fremder Welten organisieren läßt und interessiert sich exemplarisch für die Verhaltensmuster von Jugendlichen in subkulturellen Gruppen.
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Friebertshäuser, B. (2000). Ethnographische Methoden und ihre Bedeutung für die Lebensweltorientierung in der Sozialpädagogik. In: Ethnographische Methoden in der Jugendarbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-01256-6_2
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