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Der Fundamentalsatz der Algebra

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Elementare Galois-Theorie
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Zusammenfassung

Die Polynomgleichung \(X^2 + 1 = 0\) besitzt im Zahlbereich der reellen Zahlen keine Lösung, wohl aber im Bereich der sogenannten komplexen Zahlen. In diesem Kapitel führen wir die komplexen Zahlen \(\mathbf {C}\) als im gewissen Sinne kleinstmögliche Erweiterung des Bereiches der reellen Zahlen ein, in dem die eben genannte Polynomgleichung eine Lösung besitzt. So wie wir die Gesamtheit der reellen Zahlen mit dem Zahlenstrahl gleichsetzen können, können wir die Gesamtheit der komplexen Zahlen mit der Zahlenebene gleichsetzen. Komplexe Zahlen sind also Punkte in einer Ebene. Markieren wir die Zahlen 0 und 1 in der Ebene, so nennen wir eine komplexe Zahl konstruierbar, wenn sich der zugehörige Punkt nur mit Zirkel und Lineal aus den beiden markierten konstruieren lässt Fragestellungen über die Lösbarkeit gewisser Konstruktionsaufgaben – etwa die Quadratur des Kreises – lassen sich damit auf algebraische Aussagen über die komplexen Zahlen zurückführen. Es ist eine erstaunliche Tatsache, dass in \(\mathbf {C}\) nicht nur \(X^2 + 1 = 0\) eine Lösung besitzt, sondern automatisch jede Polynomgleichung \(X^n + a_{n - 1} X^{n - 1} + \cdots + a_{1} X + a_0 = 0\) mit rationalen Koeffizienten \(a_0\), ..., \(a_n\), \(n \ge 1\). Dies ist die Aussage des sogenannten Fundamentalsatzes der Algebra. Am Ende dieses Kapitels geben wir für diesen Satz einen konstruktiven Beweis, der auf Martin Kneser zurückgeht. Eine komplexe Zahl, welche Lösung einer solchen Polynomgleichung über \(\mathbf {Q}\) ist, heißt algebraisch. Wir zeigen in diesem Kapitel unter anderem, dass konstruierbare Zahlen immer algebraisch sind, was ein Schlüssel für den Beweis der Unmöglichkeit der Quadratur des Kreises sein wird.

Trotz ihres Namens sind die komplexen Zahlen \(\mathbf {C}\) in gewisser Weise einfacher als die rationalen oder reellen Zahlen, denn in \(\mathbf {C}\) lassen sich Polynomgleichungen uneingeschränkt lösen.

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Literatur

  1. Kneser M (1981) Ergänzung zu einer Arbeit von Hellmuth Kneser über en Fundamentalsatz der Algebra. Math Z 177(2):285–287

    Article  MathSciNet  Google Scholar 

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Correspondence to Marc Nieper-Wißkirchen .

Appendices

Zusammenfassung

  • Die ganzen Zahlen entstehen aus den natürlichen Zahlen durch Hinzufügen von Zahlen, die Lösung von Gleichungen der Form \(X + a = b\) sind. Die rationalen Zahlen entstehen aus den ganzen Zahlen durch Hinzufügen von Zahlen, die Lösung von Gleichungen der Form \(a \cdot X = b\) sind. Ganz analog haben wir die komplexen Zahlen aus den reellen Zahlen durch Hinzufügen einer Zahl gewonnen, die Lösung der Gleichung \(X^2 + 1 = 0\) ist. Diese Lösung ist \(\mathrm {i}\), die imaginäre Einheit.

  • Eine algebraische Zahl ist eine komplexe Zahl, welche Lösung einer normierten Polynomgleichung mit rationalen Koeffizienten ist. Trivialerweise ist eine rationale Zahl eine algebraische Zahl. Damit sitzt der Zahlbereich \(\overline{\mathbf {Q}}\) der algebraischen Zahlen zwischen dem Zahlbereich der rationalen Zahlen und dem Zahlbereich der komplexen Zahlen. Es gibt algebraische Zahlen wie \(\sqrt{2}\), welche nicht rational sind. Später werden wir komplexe Zahlen kennenlernen, welche nicht algebraisch sind, die sogenannten transzendenten Zahlen. Die Inklusionen

    $$ \mathbf {Q} \subseteq \overline{\mathbf {Q}}\subseteq \mathbf {C} $$

    sind also jeweils echte Inklusionen.

  • Die algebraischen Zahlen sind abgeschlossen unter Addition, Multiplikation und Inversenbildung. Ist zum Beispiel x die Lösung einer normierten Polynomgleichung mit rationalen Koeffizienten und y die Lösung einer weiteren normierten Polynomgleichung, so gibt es eine dritte normierte Polynomgleichung, welche \(x + y\) als Lösung hat.

  • Jede normierte Polynomgleichung algebraischer Zahlen hat in den algebraischen Zahlen eine Lösung. Dies ist die Aussage des Fundamentalsatzes der Algebra. Insbesondere sind die algebraischen Zahlen abgeschlossen unter Ziehen beliebiger Wurzeln. Besondere Bedeutung haben die n-ten Einheitswurzeln, das sind diejenigen komplexen Zahlen \(\zeta \), sodass \(\zeta ^n = 1\) ist. Für jede natürliche Zahl \(n \ge 0\) gibt es genau n dieser n-ten Einheitswurzeln.

  • Die komplexen Zahlen bilden die Punkte einer Zeichenebene, in denen die Punkte 0 und 1 markiert sind. Die Punkte, die aus den vorgegebenen Punkten 0 und 1 mit Zirkel und Lineal konstruiert werden können, heißen konstruierbar. Da jeder Punkt einer komplexen Zahl entspricht, können wir also auch von konstruierbaren Zahlen sprechen.

  • Die konstruierbaren Zahlen bestehen aus den rationalen Zahlen und allen komplexen Zahlen, die daraus durch wiederholte Anwendung der Grundrechenarten und dem Ziehen von Quadratwurzeln erhalten werden können. Insbesondere ist jede konstruierbare Zahle auch algebraisch.

Aufgaben

Über Polynomgleichungen

2.1

Zeige, dass \(\sqrt{3}\) keine rationale Zahl ist.

2.2

Zeige, dass \(\sqrt{12}\) keine rationale Zahl ist.

2.3

Zeige, dass \(\root 3 \of {25}\) keine rationale Zahl ist.

2.4

Zeige, dass eine ganze Zahl \(a\) genau dann eine \(n\)-te Wurzel in den rationalen Zahlen besitzt, wenn \(a\) eine \(n\)-te Wurzel in den ganzen Zahlen besitzt.

2.5

Zeige, dass jede rationale Lösung einer normierten Polynomgleichung mit ganzzahligen Koeffizienten eine ganze Zahl ist.

2.6

Sei

$$ X^n + a_{n - 1} X^{n - 1} + \cdots + a_1 X + a_0 = 0 $$

eine normierte Polynomgleichung mit ganzzahligen Koeffizienten. Zeige, dass jede ganzzahlige Lösung ein Teiler von \(a_0\) sein muss.

2.7

Seien rationale Zahlen \(x_1\), ..., \(x_n\) gegeben. Konstruiere eine Polynomgleichung vom Grade \(n\) mit rationalen Koeffizienten, welche \(x_1\), ..., \(x_n\) als Nullstellen besitzt.

2.8

Zeige, dass jede normierte Polynomgleichung ungeraden Grades mit rationalen Koeffizienten in den reellen Zahlen eine Lösung besitzt.

2.9

Gib eine normierte Polynomgleichung vierten Grades mit rationalen Koeffizienten an, welche in den reellen Zahlen keine Lösung hat.

2.10

Gib eine normierte Polynomgleichung fünften Grades mit rationalen Koeffizienten an, welche als einzige Nullstelle die Zahl \(1\) hat.

2.11

Gib eine Polynomgleichung mit ganzzahligen Koeffizienten an, die \(\root 7 \of {3 + \root 3 \of {4}}\) als Lösung besitzt.

2.12

Gib eine Polynomgleichung mit ganzzahligen Koeffizienten an, welche die reelle Zahl \(\cos 15^\circ \) als Lösung besitzt.

Abb. 2.12
figure 12

Das Calabische Dreieck

2.13

Eugenio Calabi\(^{18}\) hat ein nichtgleichseitiges, gleichschenkliges Dreieck gefunden, in welchem sich drei gleich große, größte Quadrate gemäß Abb. 2.12 einschreiben lassen. Zeige, dass das Verhältnis \(x\) der längsten zu einer der beiden kürzeren Seiten die Gleichung \(2 X^3 - 2 X^2 - 3 X + 2 = 0\) erfüllt.

Die komplexen Zahlen

2.14

Berechne die Inverse der komplexen Zahl \(4 + 3 \, \mathrm {i}\).

2.15

Sei \(z \ne 0\) eine komplexe Zahl, deren Real- und Imaginärteil rationale Zahlen sind. Zeige, dass \(z^{-1}\) ebenfalls rationalen Real- und Imaginärteil hat.

2.16

Zeige, dass der Realteil einer komplexen Zahl \(z\) durch \(\frac{1}{2} (z + \overline{z})\) und dass der Imaginärteil durch \(\frac{1}{2 \mathrm {i}} (z - \overline{z})\) gegeben ist.

2.17

Zeige formal die zuerst von Rafael Bombelli\(^{19}\) gefundene Gleichheit

$$ (2 \pm \sqrt{-1})^3 = 2 \pm \sqrt{- 121} $$

und diskutiere, welche Vorzeichen der Quadratwurzeln jeweils zu wählen sind.

2.18

Sei \(z\) eine invertierbare komplexe Zahl. Folgere die Gleichheit

$$ \overline{z}^{-1} = \overline{z^{-1}} $$

aus der Multiplikativität der komplexen Konjugation.

2.19

Zeige, dass für zwei reelle Zahlen \(a\) und \(b\) genau dann die Wurzel \(\sqrt{a^2 + b^2}\) nahe bei null ist, wenn sowohl \(\left| a\right| \) und \(\left| b\right| \) nahe bei null sind. Zeige also:

wobei \(\delta \) und \(\epsilon \) reelle Zahlen sind.

2.20

Interpretiere die Multiplikation mit der imaginären Einheit \(\mathrm {i}\) als geometrische Operation in der gaußschen Zahlenebene.

2.21

Erkläre, warum \(\left( {\begin{matrix} \cos \alpha &{} - \sin \alpha \\ \sin \alpha &{} \cos \alpha \end{matrix}}\right) \) eine Drehung um den Winkel \(\alpha \) um den Ursprung der gaußschen Zahlenebene beschreibt. Folgere sodann die Additionstheoreme

$$\begin{aligned} \cos (\alpha _1 + \alpha _2)&= \cos \alpha _1 \, \cos \alpha _2 - \sin \alpha _1 \, \sin \alpha _2, \\ \sin (\alpha _1 + \alpha _2)&= \cos \alpha _1 \, \sin \alpha _2 + \sin \alpha _1 \, \cos \alpha _2 \end{aligned}$$

aus der bekannten Formel für das Produkt von Matrizen.

2.22

Zeige, dass die Polynomgleichung \(X^2 + X + 1 = 0\) in den reellen Zahlen keine Lösung besitzt.

2.23

Konstruiere einen minimalen Zahlbereich \(\mathbf {R}(\omega )\), welcher die reellen Zahlen und eine Lösung \(\omega \) der Polynomgleichung \(X^2 + X + 1 = 0\) enthält und in welchem Addition und Multiplikation definiert sind, welche Addition und Multiplikation reeller Zahlen fortsetzen und für die ebenfalls die einschlägigen Gesetze der Arithmetik gelten. Zeige, dass \(\omega ^3 = 1\) in \(\mathbf {R}(\omega )\) gilt und dass es in \(\mathbf {R}(\omega )\) eine Lösung der Gleichung \(X^2 + 1 = 0\) gibt.

Algebraische Zahlen

2.24

Ist \(\cos 10^\circ \) eine algebraische Zahl?

2.25

Gib eine normierte Polynomgleichung mit rationalen Koeffizienten an, welche \(\sqrt{2} + \root 3 \of {7}\) als Lösung besitzt.

2.26

Gib eine nichttriviale Polynomgleichung mit ganzzahligen Koeffizienten an, welche \(\sqrt{3} \cdot \root 3 \of {7}\) als Lösung besitzt.

2.27

Sei \(z\) eine Lösung der Polynomgleichung

$$ X^3 - \sqrt{2 - \root 3 \of {4}} \, X^2 + 3 = 0. $$

Gib eine normierte Polynomgleichung mit rationalen Koeffizienten an, welche \(z\) als Lösung besitzt.

2.28

Zeige, dass die Polynomgleichung \(X^3 - 2 X + 5 = 0\) genau eine reelle Lösung \(x\) besitzt. Zeige weiter, dass \(x\) eine invertierbare algebraische Zahl ist, und gib eine normierte Polynomgleichung mit rationalen Koeffizienten an, welche \(x^{-1}\) als Lösung besitzt.

2.29

Seien \(x\) und \(y\) algebraische Zahlen, welche Lösungen normierter Polynomgleichungen mit rationalen Koeffizienten von Graden \(n\) beziehungsweise \(m\) sind. Gib eine Abschätzung des Grades an, den eine normierte Polynomgleichung mit rationalen Koeffizienten höchstens haben muss, damit sie \(x \cdot y\) als Lösung besitzt.

2.30

Sei \(x\) eine rationale Zahl, welche zugleich eine ganze algebraische Zahl ist. Zeige, dass \(x\) dann sogar eine ganze Zahl ist.

2.31

Seien \(a_0, \dotsc , a_{n - 1}\) rationale Zahlen. Sei \(z\) eine transzendente Zahl. Zeige, dass dann auch \(z^n + a_{n - 1} z^{n - 1} + \cdots + a_1 z + a_0\) eine transzendente Zahl ist.

Komplexe Einheitswurzeln

2.32

Sei \(\zeta \) eine vierte Einheitswurzel, und sei \(\theta \) eine sechste Einheitswurzel. Zeige, dass \(\zeta \cdot \theta \) eine zwölfte Einheitswurzel ist.

2.33

Seien \(m\) und \(n\) zwei positive natürliche Zahlen, deren größten gemeinsamen Teiler wir mit \((m, n)\) bezeichnen. Sei \(\zeta \) eine \(m\)-te und \(\theta \) eine \(n\)-te Einheitswurzel. Zeige, dass \(\zeta \cdot \theta \) eine \(k\)-te Einheitswurzel ist, wobei \(k = \frac{m n}{(m, n)}\).

2.34

Wie viele zehnte Einheitswurzeln \(\zeta \) gibt es, sodass alle anderen zehnten Einheitswurzeln eine ganzzahlige Potenz von \(\zeta \) sind?

2.35

Sei \(n\) eine natürliche Zahl. Sei \(\upvarphi (n)\) die Anzahl der zu \(n\) teilerfremden natürlichen Zahlen kleiner als \(n\). (Die Funktion \(\upvarphi (n)\) heißt eulersche \(\upvarphi \)-Funktion.) Zeige, dass die Anzahl der \(n\)-ten Einheitswurzeln \(\zeta \), sodass jede andere \(n\)-te Einheitswurzel eine ganzzahlige Potenz von \(\zeta \) ist, durch \(\upvarphi (n)\) gegeben ist.

2.36

Sei eine algebraische Zahl \(z\) in der Form \(z = r \, \mathrm {e}^{\varphi \mathrm {i}}\) mit einer positiven reellen Zahl \(r\) und einer reellen Zahl \(\varphi \) gegeben. Zeige, dass \(r\) eine algebraische Zahl ist.

2.37

Gib alle komplexen Lösungen von \(X^6 + 1 = 0\) in der Form \(a + b \, \mathrm {i}\) an, wobei \(a\) und \(b\) jeweils reelle Zahlen sind.

2.38

Gib eine normierte Polynomgleichung an, deren Lösungen genau die Ecken eines regelmäßigen Siebenecks in der komplexen Ebene sind, dessen Zentrum der Ursprung der Ebene ist und dessen eine Ecke durch die komplexe Zahl \(1 + \frac{1}{2} \mathrm {i}\) gegeben ist.

2.39

Zeige, dass die Gleichung \(X^3 + X^2 + X + 1 = 0\) genau drei komplexe Lösungen besitzt, und zwar alle vierten Einheitswurzeln bis auf \(1\).

2.40

Zeige, dass die Gleichung \(X^{n - 1} + X^{n - 2} + \cdots + X + 1 = 0\) genau \(n - 1\) komplexe Lösungen besitzt, und zwar alle \(n\)-ten Einheitswurzeln bis auf die \(1\).

2.41

Folgere die Additionstheoreme für die Sinus- und die Kosinusfunktion aus der Identität \(\mathrm {e}^{y_1 \mathrm {i}} \cdot \mathrm {e}^{y_2 \mathrm {i}} = \mathrm {e}^{(y_1 + y_2) \mathrm {i}}\).

Konstruktionen mit Zirkel und Lineal

2.42

Zeige, dass alle ganzen gaußschen Zahlen ganze algebraische Zahlen sind.

2.43

Zeige, wie sich eine Strecke der Länge \(\frac{1}{3}\) aus einer Strecke der Länge \(1\) konstruieren lässt.

2.44

Zeige, wie sich eine Strecke der Länge \(\root 4 \of {7}\) aus einer Strecke der Länge \(1\) konstruieren lässt.

2.45

Konstruiere einen Winkel von \(15^\circ \).

2.46

Sei \(z\) eine Lösung von \(X^4 + X^3 + X^2 + X + 1 = 0\). Zeige, dass \(z + z^{-1}\) eine Lösung von \(X^2 + X - 1 = 0\) ist.

2.47

Zeige, dass die vier Lösungen von \(X^4 + X^3 + X^2 + X + 1 = 0\) allesamt konstruierbare komplexe Zahlen sind.

2.48

Gib eine Konstruktionsanleitung für das regelmäßige Fünfeck.

2.49

Seien \(x\), \(x'\), \(y\), \(y'\) vier komplexe Zahlen mit \(x \ne x'\) und \(y \ne y'\). Sei \(K_1\) der Kreis durch \(x'\) und mit Mittelpunkt \(x\), und sei \(K_2\) der Kreis durch \(y'\) und mit Mittelpunkt \(y\). Seien \(K_1\) und \(K_2\) verschieden. Gib explizite Formeln für den oder die beiden Schnittpunkte der Kreise \(K_1\) und \(K_2\) an.

Der Fundamentalsatz der Algebra

2.50

Sei \(z_n\) eine konvergente Folge komplexer Zahlen. Warum ist \(\lim \limits _{n \rightarrow \infty } \left| z_n\right| = \left| \lim \limits _{n \rightarrow \infty } z_n\right| \)?

2.51

Sei \(f(z)\) eine komplexe Polynomfunktion, das heißt, sei \(f(z) = a_n z^n + a_{n - 1} z^{n - 1} + \cdots + a_1 z + a_0\) für eine komplexe Zahl \(z\) und mit komplexen Koeffizienten \(a_0\), ..., \(a_n\). Zeige, dass \(f(z)\) bezüglich des komplexen Betrages stetig ist, das heißt, zeige:

$$ \forall C> 0\, \forall \epsilon> 0\, \exists \delta > 0\, \forall z, z'\ \text {mit}\ \left| z\right| , \left| z'\right| \le C : \left| z - z'\right|< \delta \implies \left| f(z) - f(z')\right| < \epsilon , $$

wobei \(C\), \(\epsilon \) und \(\delta \) reelle Zahlen und \(z\) und \(z'\) zwei komplexe Zahlen sind.

2.52

Sei \(q\) eine komplexe Zahl. Beweise die Formel \(\sum _{k = 0}^{n - 1} q^k = \frac{1 - q^n}{1 - q}\).

2.53

Gib eine Abschätzung des Betrages aller komplexen Lösungen von \(X^4 - 2 X^3 + 5 X^2 - 4 X + 5 = 0\) von oben an.

2.54

Sei \(X^n + a_{n - 1} X^{n - 1} + \cdots + a_1 X + a_0 = 0\) eine normierte Polynomgleichung mit komplexen Koeffizienten. Zeige, dass jede komplexe Lösung \(z\) in der abgeschlossenen Scheibe vom Radius \(1 + \max \left\{ \left| a_0\right| , \dotsc , \left| a_{n - 1}\right| \right\} \) liegt.

2.55

Im obigen Beweis des Fundamentalsatzes der Algebra taucht die Zahl \(3\) immer wieder auf. Kann sie durch eine andere Zahl ersetzt werden?

Anmerkungen

  1. 1.

    Ein solcher Zahlbereich wird kommutativer Halbring genannt.

  2. 2.

    Hippasos von Metapont, 6./5. Jhd. vor Christus, griechischer Mathematiker, Musiktheoretiker und Philosoph.

  3. 3.

    Pythagoras von Samos, etwa 570–495 v. Chr., griechischer Philosoph.

  4. 4.

    Die Äquivalenz \(\lnot (z_1 = z_2) \iff z_1 \ne z_2\), genauer, die Implikation \(\lnot (z_1 = z_2) \implies z_1 \ne z_2\), ist konstruktiv dagegen falsch: Nur weil ich zeigen kann, dass zwei komplexe Zahlen nicht gleich sein können, finde ich noch lange keine Zahl \(\epsilon > 0\), sodass \(\left| z_1 - z_2\right| \ge \epsilon \).

  5. 5.

    Formuliert in der Epsilontik der klassischen Analysis bedeutet dies: \(\forall \epsilon> 0\, \exists \delta > 0\, \forall a, b \in \mathbf {R}{:} \left( \left| a\right| , \left| b\right|< \delta \implies \sqrt{a^2 + b^2} < \epsilon \right) \). In der Nichtstandardanalysis (etwa nach Edward Nelson, 1932–2014, US-amerikanischer Mathematiker) formuliert sieht dies so aus: \(\forall a, b \in \mathbf {R}{:} \left( a, b \approx 0 \implies \sqrt{a^2 + b^2} \approx 0\right) \).

  6. 6.

    Augustin-Louis Cauchy, 1789–1857, französischer Mathematiker.

  7. 7.

    Eine cauchysche Folge ist eine Folge \((z_n)\), das heißt eine Funktion, die jeder natürlichen Zahl n eine komplexe Zahl \((z_n)\) zuordnet, so dass \(\left| z_n - z_{n'}\right| \rightarrow 0\), wenn \(n, n' \rightarrow \infty \). Eine Folge ist ein Spezialfall einer allgemeineren Konstruktionsvorschrift. Eine Funktionsvorschrift \(n \mapsto z_n\) muss nämlich unabhängig von irgendwelchen Wahlen sein.

  8. 8.

    Jean-Robert Argand, 1768–1822, französischer Buchhändler und Mathematiker.

  9. 9.

    Wir sagen ein Argument und nicht das Argument, da \(\alpha _1\) offensichtlich nicht eindeutig bestimmt ist: Mit \(\alpha _1\) ist zum Beispiel auch \(\alpha _1 + 2 \uppi \).

  10. 10.

    Es gibt komplexe Zahlen, deren Transzendenz sich wesentlich leichter zeigen lässt als die Transzendenz von \(\uppi \) (die sogenannten liouvilleschen Zahlen), allerdings ist die Transzendenz von \(\uppi \) für uns viel interessanter.

  11. 11.

    Damit gilt für zwei algebraische Zahlen x und y auch im konstruktiven Sinne, dass \(x = y \vee x \ne y\).

  12. 12.

    Leonhard Euler, 1707–1783, schweizerischer Mathematiker.

  13. 13.

    Der Mathematiker spricht auch von einer Adjunktion einer Wurzel von \(-1\), also einer Lösung der Gleichung \(X^2 + 1 = 0\).

  14. 14.

    Thales von Milet, ca. 624–ca. 546 v. Chr., griechischer Philosoph, Mathematiker und Astronom.

  15. 15.

    Euklid von Alexandria, ca. 360–280 v. Chr., griechischer Mathematiker.

  16. 16.

    Gabriel Cramer, 1704–1752, schweizerischer Mathematiker.

  17. 17.

    Wir folgen im Wesentlichen Martin Knesers (1928–2004, deutscher Mathematiker) Beweis in [1].

  18. 18.

    Eugenio Calabi, *1923, italienisch-amerikanischer Mathematiker.

  19. 19.

    Rafael Bombelli, 1526–1572, italienischer Mathematiker.

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Nieper-Wißkirchen, M. (2020). Der Fundamentalsatz der Algebra. In: Elementare Galois-Theorie. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-60934-7_2

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