Da erst wenige automatisierte Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen in Betrieb sind, ist aktuell noch unklar, ob potenzielle Nutzer diese akzeptieren und ihnen vertrauen. Um diesen Fragen nachzugehen, wurde eine Feldstudie mit 24 (jeweils zwölf älteren und jüngeren) Teilnehmern durchgeführt, wobei ein automatisiertes Fahrzeug direkt mit einem von menschlicher Hand gesteuerten Gruppentaxi verglichen wurde. Benutzerakzeptanz und -erlebnis, Vertrauen sowie subjektives Zeitempfinden wurden sowohl vor als auch nach der Fahrt mit dem jeweiligen Transportmittel mit standardisierten Messverfahren und Interviews erfasst. Die Resultate zeigen, dass automatisierte Fahrzeuge in ähnlichem Ausmaß akzeptiert werden wie auch menschliche Fahrer, jedoch gerade jüngere Probanden aufgrund der geringeren Geschwindigkeit der neuen Technologie gegenüber noch skeptisch eingestellt sind. Für diese Zielgruppe wirkte sich jedoch eine Fahrt mit dem automatisierten Fahrzeug positiv auf das Vertrauen aus. Eine Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse ist für eine weitere Implementierung der Technologie zu empfehlen.

1 Einleitung

Automatisierte Fahrzeuge haben das Potenzial, das heute bekannte Mobilitätsverhalten von Grund auf zu verändern. Für den Endverbraucher entstehen eine Reihe an Vorteilen, etwa die Möglichkeit, während der Fahrt andere Tätigkeiten auszuführen oder Mobilität für die ältere Generation und/oder beeinträchtigte Menschen zu erhalten. Neben den positiven Aspekten, welche sich für Einzelpersonen ergeben, verspricht die Technologie auch Vorteile für die gesamte Gesellschaft. So sollen automatisierte Fahrfunktionen für mehr Sicherheit sorgen und durch intelligente Steuerung Staus vermeiden sowie Emissionen verringern (Innamaa et al. 2018). Für Mobilitätsanbieter bedeutet die Einführung automatisierter Fahrzeuge ebenfalls eine große Chance. Neue Verkehrskonzepte wie multi-modaler Verkehr, Erste/Letze Meile oder „Mobility on Demand“ (Mobilität auf Abruf, MoD) (Distler et al. 2018) könnten – richtig eingesetzt – dafür sorgen, dass Endkunden ihr Mobilitätsverhalten grundlegend ändern. Dabei könnte die klassische Abgrenzung zwischen öffentlichem und Individualverkehr verschwimmen oder in ferner Zukunft vollständig verschwinden.

All dies kann jedoch nur dann eintreten, wenn potenzielle Nutzer automatisierte Fahrzeuge auch akzeptieren, deren Fähigkeiten vertrauen und bereit sind, diese regelmäßig zu nutzen. Zum gegebenen Zeitpunkt kann davon jedoch nicht zwingend ausgegangen werden. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass viele Menschen dieser neuen Technologie noch skeptisch gegenüber stehen und ihr Erfolg keineswegs garantiert ist (Wintersberger et al. 2016). Einer österreichischen Studie zufolge glauben nur 19 % der Befragten, dass automatisierte Fahrzeuge mehr Sicherheit bieten, während 25 % der Ansicht sind, dass Softwarefehler bei deren Einsatz zu einer Steigerung der Unfallzahlen führen werden (Grießmeier 2016). Diese Resultate wurden von anderen Studien bestätigt. Teilnehmer einer international durchgeführten Fragebogenstudie gaben großteils (ca. 80 %) an, dass sie sich zu jedem Zeitpunkt und in jeder Situation die Möglichkeit wünschen, die Kontrolle über die Fahrfunktionen übernehmen zu können, während sich weniger als ein Viertel (ca. 22 %) vorstellen kann, ein Fahrzeug zu besitzen, welches gänzlich auf traditionelle Systeme zur Fahrzeugsteuerung (Lenkrad und Pedale) verzichtet. Auch daher wird bereits befürchtet, dass sich die Einführung und Demonstration von nicht perfekten Systemen sogar negativ auf die Bevölkerungsmeinung auswirken könnte (Distler et al. 2018). Automatisierte Shuttles wie jenes in Bad Birnbach haben schließlich noch mit diversen, sich teils aus technischen oder gesetzlichen Gründen ergebenden, Nachteilen zu kämpfen. Etwa verlangt das Gesetz in Deutschland momentan noch, dass ein Operator das Fahrzeug permanent überwacht und im Fehlerfall eingreifen kann. Auch ist aus Sicherheitsgründen die Reisegeschwindigkeit oft weit geringer als technisch möglich – ein Umstand, der sich mitunter negativ auf die Akzeptanz bestimmter Zielgruppen (z. B. jüngere Personen) auswirken könnte. Das Shuttle in Bad Birnbach (Typ EasyMile EZ10) hat eine Maximalgeschwindigkeit von 40 km/h, die Genehmigung erlaubte (zum Untersuchungszeitpunkt; Juli 2018) jedoch nur maximal 15 km/h. Bevor das in diesem Referenzprojekt angedachte Konzept auf andere Einzugsgebiete oder gar den innerstädtischen Bereich ausgeweitet werden kann, ist eine möglichst allumfassende Untersuchung nötig.

In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, ob ein mit niedriger Geschwindigkeit operierendes, automatisiertes Shuttle von potenziellen Nutzern akzeptiert wird und wie sich dieses in Punkto Benutzererlebnis und Vertrauen von etablierten Transportmitteln, wie einem manuell gesteuerten Gruppentaxi, unterscheidet. Die Studie versucht des Weiteren herauszufinden, ob (und inwieweit) sich eine initiale Systemnutzung positiv auf relevante Akzeptanzkriterien auswirkt, wobei speziell demographische Aspekte (unterschiedliche Altersgruppen) betrachtet werden. Um diese Fragen zu beantworten, wurden 24 Personen (zwölf Senioren und zwölf jüngere Probanden) bei einer Fahrt mit dem Shuttle von unserem Forschungsteam begleitet. Vor und nach der Fahrt wurden die Erwartungen und Impressionen der Probanden sowohl mit standardisierten Fragebögen als auch in Form von semi-strukturierten Interviews erhoben. Zusätzlich waren sämtliche Probanden auch Passagiere einer (zeitlich) vergleichbar langen Fahrt in einem von einem menschlichen Fahrer gesteuerten Gruppentaxi (siehe Abb. 6.1), wobei in der zweiten Fahrt die gleiche Kombination aus Evaluierungswerkzeugen zum Einsatz kam, um einen direkten Vergleich zu ermöglichen.

Abb. 6.1
figure 1

Automatisiertes Shuttle (EasyMile EZ10, links) sowie das für den Vergleich verwendete manuell gesteuerte Gruppentaxi (VW Multivan, rechts), jeweils inkl. Innenraumaufnahme

In diesem Kapitel werden Details dieser Benutzerstudie vorgestellt. Im ersten Teil werden für die Studie relevante Konzepte inklusive ihrer in der Wissenschaft gängigen Definitionen eingeführt, sowie die Ergebnisse anderer Forschungsarbeiten zu diesem Thema diskutiert. Anschließend wird die durchgeführte Studie im Detail erklärt und die Resultate erörtert. Das Kapitel schließt mit einer ausführlichen Diskussion der gewonnenen Erkenntnisse.

2 Akzeptanz und Benutzererlebnis von automatisierten Fahrzeugen

Automatisiertes Fahren an sich ist erstmal „nur“ eine Technologie, die es einem Fahrzeug erlaubt, je nach dem Automatisierungsgrad (SAE 2018), teilweise oder gänzlich die Fahraufgabe ohne menschlichen Operator auszuführen. Je nach Implementierung unterscheidet man zwischen verschiedenen Konzepten wie „personal automated vehicles“ (Personen besitzen ihr eigenes Fahrzeug), „shared automated vehicles“ (kein Privatbesitz, aber persönliches Fahrzeug nach Wunsch und Verfügbarkeit) oder „shared automated rides“ (auch genannt „micro-transit“ bzw. Mikrotransit; automatisierte Shuttles als Teil des öffentlichen Verkehrs) (Litman 2017). Die zu untersuchende Situation wird somit am besten von Letzterem (Mikrotransit) beschrieben, welche von den drei Konzepten als die günstigste, jedoch auch als die langsamste und am wenigsten Komfort bietende Lösung beschrieben wird (Litman 2017). Im Folgenden werden die für die durchgeführte Studie relevanten Konzepte Akzeptanz, Vertrauen, sowie Benutzererlebnis für den Kontext des automatisierten Fahrens definiert.

2.1 Akzeptanz

Benutzerakzeptanz ist einer der kritischen Faktoren, welche den Erfolg technischer Systeme bestimmen (Davis 1993). Sie ist für automatisiertes Fahren von besonderer Bedeutung, da die damit einhergehenden Konsequenzen für den Verkehr nicht nur einzelne Nutzer, sondern die gesamte Gesellschaft betreffen. Davis definiert Benutzerakzeptanz von Technologieprodukten als die Absicht (Intention) eines Benutzers, ein konkretes System, abhängig von seiner inneren Einstellungen, auch tatsächlich zu nutzen (Davis 1993). Hierfür postulierte er das „Technology Acceptance Model“ (TAM), welches auf dem „Psychological Attitude Paradigm“ (Fishbein und Ajzen 1975) basiert. Das Modell verbindet für die Systemnutzung relevante Kriterien – die wahrgenommene Nützlichkeit („perceived usefulness“, PU) und der wahrgenommene Bedienkomfort („perceived ease of use“, PEOU) beeinflussen die Einstellung gegenüber dem Produkt („attitude towards using a system“, ATT, affective response), welche wiederum zu tatsächlichem Gebrauch bzw. Nichtgebrauch führt („Intent“, behavioral response). Über die Jahre wurde das Modell immer weiter verfeinert (siehe TAM2, Venkatesh und Davis 2000, bzw. TAM3, Venkatesh et al. 2003). Belanche, Casalo und Flavian (2012) fügten dem Modell einen weiteren, für die Nutzung von sicherheitskritischen Systemen essenziellen, Aspekt hinzu: Vertrauen. Durch das Einbinden von Unsicherheit und Verwundbarkeit in das Modell kann somit ein Kausalzusammenhang von Vertrauen mit den oben genannten Modellparametern hergestellt werden.

2.2 Vertrauen

Technologievertrauen wiederum wird im Untersuchungskontext üblicherweise als die Einstellung bezeichnet, sich in einer von Unsicherheit und Verletzlichkeit charakterisierten Situation auf einen digitalen Agenten zum Erreichen seiner persönlichen Ziele zu verlassen (Lee und See 2004). Vertrauen bildet sich durch analytische und gefühlsbedingte Prozesse, wobei Benutzer immer auch Analogien zu bereits bekannten Systemen suchen (Lee und See 2004). Vertrauen existiert somit auf verschiedenen Ebenen und wird von Erfahrungen vor („dispositional trust“), während („situational trust“) und nach („learned trust“) direkter Systeminteraktion beeinflusst (Hoff and Bashir 2015). Ziel der Forschung zu diesem Thema ist es, das subjektive Vertrauen eines Benutzers auf den richtigen Level zu bringen, um sowohl Misstrauen (führt zur Nichtbenutzung) als auch Übervertrauen (führt zur unsachgemäßen Nutzung unter falschen Voraussetzungen) zu unterbinden (Muir 1987; Parasuraman und Riley 1997). Während Übervertrauen als äußerst wichtiges Thema aktuell in vielen Studien im Kontext des automatisierten Fahrens bearbeitet wird (Wintersberger et al. 2018a), spielt es in dem in dieser Arbeit untersuchten Szenario kaum eine Rolle, da es sich bei den Nutzern von „shared automated rides“ um reine Passagiere handelt, die nicht in das System eingreifen. Damit stellt Übervertrauen in der gegebenen Situation kein Sicherheitsrisiko dar.

2.3 Benutzererlebnis (UX)

Sowohl Akzeptanz als auch Vertrauen beeinflussen das Benutzererlebnis (User Experience, UX), welches laut ISO-9241-210 als „Wahrnehmungen und Reaktionen einer Person, die aus der tatsächlichen und/oder der erwarteten Benutzung eines Produkts, eines Systems oder einer Dienstleistung resultieren“, definiert wird, wobei derartige Wahrnehmungen sowohl vor, während, als auch nach der Nutzung mit einbezogen sind. UX integriert somit holistisch sämtliche Produkterfahrungen lange vor und nach dem konkreten Produkterlebnis. Dies ist im Kontext des automatisierten Fahrens besonders relevant, da bis dato nur wenige Menschen die Möglichkeit hatten, in einem derartigen Fahrzeug Passagier zu sein, während permanente Medienberichterstattung über dieses Thema die Meinung beeinflusst. Werden die für digitale Produkte relevanten Grundbedürfnisse (Hassenzahl et al. 2010) bei der Benutzung eines automatisierten Fahrzeuges erfüllt, führt dies zu positiven Erfahrungen und somit positiver UX (Frison et al. 2017). Während negative Erlebnisse dazu führen können, dass ein Benutzer ein System nicht weiter nutzt, sorgt ein positives Nutzererlebnis für die nötige Motivation, um ein Produkt mit Freude zu nutzen und es aktiv weiterzuempfehlen (Moser 2013).

2.4 Verwandte Studien zu Akzeptanz und User Experience

Aufgrund fehlender existierender Systeme wurden Studien zum Thema Akzeptanz und UX in automatisierten Fahrzeuge bisher vorwiegend in Form von Umfragen oder Fahrsimulatorstudien untersucht. Rödel et al. (2014) evaluierten diese Kriterien in einer Online-Umfrage mit 336 Probanden – mit dem Ziel, herauszufinden, wie sich unterschiedliche Automatisierungsstufen auf das Benutzererlebnis auswirken. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Akzeptanz und UX mit zunehmendem Automatisierungsrad sinken, wobei jedoch anzumerken ist, dass existierende Erfahrungen mit Fahrassistenzsystemen auch zu mehr Akzeptanz gegenüber automatisiertem Fahren führt (Rödel et al. 2014). Ein Vergleich zwischen automatisierten und manuell gesteuerten Fahrzeugen wurde von Wintersberger et al. (2016) in einem Fahrsimulator durchgeführt. 48 Probanden mussten als Beifahrer eine Fahrt entweder mit a) einem automatisierten Fahrzeug, b) einem männlichen oder c) einem weiblichen Fahrer durchführen. Die Studie kam zu dem Schluss, dass sich zwischen den drei Fahrten keine relevanten Unterschiede hinsichtlich Akzeptanz und Benutzerzufriedenheit (gemessen mit quantitativen Daten wie Herzratenvariabilität und Emotionserkennung sowie standardisierten Fragebögen und Interviews) ergeben, und potenzielle Nutzer somit „bereit für automatisierte Fahrzeuge sind“ (Wintersberger et al. 2016). Während viele existierende Arbeiten automatisierte, private Personenkraftwagen evaluieren, gibt es jedoch auch bereits Studien, welche explizit auf neuartige Mobilitätskonzepte wie Mikrotransit beziehungsweise automatisierte Mobilität auf Abruf (AMoD) abzielen. Distler et al. (2018) untersuchten, wie sich Akzeptanz- und UX-Kriterien (in Form psychologischer Bedürfnisse) vor und nach der Fahrt mit AMoD verändern. Ihre Ergebnisse zeigen, dass eine hohe Erwartungshaltung gegenüber automatisierten Fahrzeugen existiert, jedoch sank die Bewertung der wahrgenommenen Nützlichkeit nach der Fahrt. Benutzer hatten zwar keine relevanten Sicherheitsbedenken, empfanden AMoD jedoch nicht als besonders effektiv. Nordhoff et al. (2018) untersuchten Benutzererlebnisse in einem realen automatisierten Shuttle. Die Ergebnisse legen nahe, dass sich die Erwartungen nicht mit den Erfahrungen nach der Probefahrt deckten, obwohl sie dem Konzept prinzipiell positiv gegenüber standen. Die Teilnehmer wiesen dabei speziell auf die Wichtigkeit der Reisezeit für ihre Wahl des Transportmittels hin. Ein weiterer relevanter Punkt bei der Untersuchung von automatisierten Fahrzeugen ist die Einbeziehung verschiedener Nutzergruppen mit ihren speziellen Bedürfnissen und Erwartungen. Eine Studie von Frison et al. (2018a), welche explizit ältere und jüngere Probanden einbezog, zeigte, dass beide Altersgruppen eine grundsätzlich positive Erwartungshaltung gegenüber automatisierten Fahrfunktionen aufweisen, jedoch aufgrund unterschiedlicher kognitiver und physischer Belastungsgrenzen unabhängig betrachtet werden sollten.

Zusammenfassend legen verwandte Studien nahe, dass es im Kontext des automatisierten Fahrens nicht reicht, die allgemeine Akzeptanz von Technologie zu untersuchen, sondern wechselseitige Bedürfnisse und Erlebnisse in einem nutzerzentrierten Ansatz zu betrachten sind. Dabei sind vor allem Experimente im Realbetrieb notwendig, um die in Umfragen und Fahrsimulatoren gewonnenen Erkenntnisse auf Validität zu untersuchen.

3 Haushaltsbefragung

Im Rahmen der in Kap. 9 vorgestellten Haushaltsbefragung (N = 201) wurden auch Fragen zum von Belanche et al. (2012) erweiterten TAM-Modell inkludiert. Dabei wurden zwei Altersgruppen (mit gleicher Split-Bedingung wie bei der nachfolgend präsentierten Feldstudie; Jung <35, Alt >58 Jahre) gebildet. Die Resultate der statistischen Auswertung zeigen, dass jüngere Befragte (N = 27) das Shuttle signifikant weniger nützlich finden (PU, U = 3843,0, z = 4,04, p < 0,001) und diesem auch weniger vertrauen (Trust, U = 3165,0, z = 2,58, p = 0,01) als ältere (N = 73) Teilnehmer. Jedoch ergibt sich auch, dass sämtliche Personen, welche angaben, das Shuttle schon einmal verwendet zu haben (n = 115), alle Faktoren des TAMs signifikant besser bewerteten als jene, die noch nicht mit dem Shuttle mitgefahren sind (N = 86, siehe Tab. 6.1).

Tab. 6.1 Personen, welche das Shuttle bereits nutzten, bewerteten dieses in sämtlichen Dimensionen des TAMs besser als jene, welche noch keine Erfahrungen damit gemacht hatten

4 Feldstudie

Um einen genaueren Einblick in die Erwartungen bestimmter Nutzergruppen vor und deren Beurteilung nach der Fahrt mit einem automatisierten Shuttle zu erhalten, wurde eine Feldstudie durchgeführt. Bei dem in der Studie betrachteten Fahrzeug handelt es sich um einen vollautomatisierten Kleinbus vom Typ EasyMile EZ10 (siehe Abb. 6.1), welcher seit Oktober 2017 im bayerischen Bad Birnbach im Regelbetrieb im Einsatz ist. Die gefahrene Strecke verbindet vier Haltestellen, welche in einer achtminütigen Fahrt das Stadtzentrum mit der Rottal-Terme verbindet. Dabei fährt der Bus mit einer Höchstgeschwindigkeit von etwa 12 km/h und bietet Platz für sechs Passagiere. Aufgrund gesetzlicher und zulassungstechnischer Restriktionen ist permanent ein Operator an Bord, welcher im Fehlerfall eingreifen, etwa den Notstopp betätigen oder manuell Hindernisse umfahren, kann.

4.1 Methode und Forschungsfragen

Die Studie untersucht Benutzerakzeptanz/Vertrauen, subjektives Zeitempfinden (zur Evaluierung des Effekts der langsamen Fahrgeschwindigkeit) sowie Nutzungserlebnis (UX) zweier Zielgruppen (Jung und Alt) vor und nach der Fahrt mit dem automatisierten Bus. Zusätzlich wird ein direkter Vergleich mit einem manuell gesteuerten Gruppentaxi durchgeführt (siehe Studienplan in Abb. 6.1). Dabei war es nötig, für die Fahrt mit dem manuellen Fahrzeug eine vergleichbare Alternativroute zu bewältigen. Es wurde darauf geachtet, bei gleichem Start- und Endpunkt eine längere Route mit ähnlicher Fahrtdauer zu definieren, um bei der Fahrt mit dem manuellen Gruppentaxi eine höhere Geschwindigkeit zu erreichen. Gleichzeitig sollte für Probanden nicht der Eindruck entstehen, dass bewusst lange Umwege gefahren werden. Aufgrund der Topologie der Umgebung konnte eine Strecke mit exakt gleicher Fahrtdauer nicht gefunden werden – eine Fahrt durch die am Ende gewählte Alternativroute dauerte je nach Verkehrslage ca. 6–7 Minuten.

Für die Erfassung der zu untersuchenden Konstrukte wurde großteils auf standardisierte Messverfahren zurückgegriffen. Neben den üblichen demographischen Daten wurden vor der Fahrt Informationen über Führerscheinbesitz, Fahrhäufigkeit, allgemeine Einstellung zu öffentlichem und Individualverkehr, sowie persönliche Einstellung gegenüber und Erfahrungen mit automatisierten Fahrzeugen erfasst. Zusätzlich wurde allgemeines Technikvertrauen mit der „Propensity to Trust Scale“ (sechs Items) von (Merritt et al. 2013) erhoben. Sowohl vor als auch nach der Fahrt mit dem automatisierten Bus sowie dem manuell gesteuerten Shuttle wurde das um Vertrauen erweiterte Technology Acceptance Model (Belanche et al. 2012) sowie die Trust Scale von (Jian et al. 2000) mit zwölf Items, welche sowohl die Konstrukte Vertrauen und Misstrauen beinhaltet, abgefragt. Dabei wurden die Fragen je nach Kontext leicht angepasst (z. B. wurde die Frage „Das automatisierte Shuttle zu nutzen wäre für mich nützlich“ für die Situation mit manuellem Fahrer umformuliert zu „Der Fahrservice mit einem Fahrer wäre nützlich für mich“). Alle Fragebögen bedienten sich dabei einer 7-Punkte-Likert-Skala. Nach der jeweiligen Fahrt wurden noch weitere Messinstrumente verwendet – der „Positive and Negative Affect Scale“ (PANAS) zur Erfassung von Gefühlszuständen (gefühlte Intensität von 20 Adjektiven auf einer 5-Punkte-Likert-Skala, siehe Diefenbach und Hassenzahl 2010), ein Fragekatalog zur Messung von subjektivem Zeitempfinden (Hinz 2000), erweitert um die Frage „Wie lange, glauben Sie, hat die eben erlebte Fahrt gedauert (in Minuten)?“, die UX-Curve Methode Kujala, Roto, Väänänen-Vainio-Mattila, Karapanos, Sinnelä (2011), bei welcher Probanden die Möglichkeit haben, eine erlebte Situation in einem X/Y-Diagramm (X = Zeitachse, Y = positive/negative Erlebnisse) zeitabhängig einzutragen, sowie ein freies Interview mit dem Ziel, zugrunde liegende Bedürfnisse zu erfassen.

Durch die statistische Auswertung der Ergebnisse sollen dabei folgende Hypothesen untersucht werden:

  • H1 Benutzerakzeptanz/Vertrauen gegenüber einem automatisierten Shuttle im öffentlichen Nahverkehr steigt, wenn das System benutzt wird.

  • H2 Benutzerakzeptanz und -erlebnis unterscheiden sich zwischen jüngeren und älteren Versuchsteilnehmern signifikant.

  • H3 Die Geschwindigkeit des Transportmittels wirkt sich signifikant auf das subjektive Zeitempfinden aus.

  • H4 Benutzerakzeptanz/Vertrauen zwischen einem automatisierten Shuttle und einem manuellen Gruppentaxi unterscheiden sich signifikant.

4.2 Studienablauf

Die Studie wurde an drei aufeinanderfolgenden Tagen im Juli 2018 durchgeführt. Rekrutierte Probanden mussten zuerst den Fragebogen über demographische und allgemeine Daten beantworten, bevor sie (zufällig) einer von zwei Gruppen zugeteilt wurden. Gruppe A führte zuerst die Fahrt mit dem automatisierten Bus und anschließend die Rückfahrt mit dem manuell gesteuerten Gruppentaxi durch, Gruppe B jeweils in umgekehrter Reihenfolge (siehe Abb. 6.2). Dieser Ablauf sollte sich durch die Reihenfolge oder Strecke ergebende Effekte möglichst minimieren. Pro Durchgang wurden bis zu vier Probanden gleichzeitig bedient. Vor und nach der Fahrt wurde von den Teilnehmern ein Fragebogen mit den oben beschriebenen Messmethoden ausgefüllt. Pro Teilnehmer dauerte ein Durchlauf rund 45–60 Minuten.

Abb. 6.2
figure 2

Übersicht über den Studienablauf: Teilnehmer wurden ihrer jeweiligen Altersklasse zugeteilt und absolvierten je eine Fahrt mit dem automatisierten Shuttle und dem manuellen Gruppentaxi

4.3 Versuchsteilnehmer

Insgesamt nahmen 24 Probanden aus den beiden Altersgruppen „Jung“ (Alter<35, M = 23, SD = 6,03 Jahre) und „Alt“ (Alter>58, M = 70, SD = 9,70 Jahre) an der Studie teil. Alle Teilnehmer gaben an, einen gültigen Führerschein zu besitzen. Studienteilnehmer wurden sowohl über Einladungsschreiben der Gemeinde Bad Birnbach, Social-Media Kanäle sowie direkt vor Ort rekrutiert. Probanden aus der Gruppe der älteren Personen waren in erster Linie Kurgäste und Besucher der lokalen Rottal Terme, jüngere Probanden vorwiegend Schüler einer im Ort angesiedelten Berufsfachschule für Physiotherapie.

Bezüglich der Eingangsfragen zur persönlichen Einstellung und Mobilitätsverhalten gaben 15 Probanden an, einen privaten Pkw häufig (62,5 %) zu nutzen, hauptsächlich für den Weg zu Arbeit oder Ausbildung (47,8 %), Einkauf (43,5 %), oder Freizeitaktivitäten (47,8 %, siehe Abb. 6.3). Insgesamt 17 Probanden gaben an, öffentliche Verkehrsmittel selten bis nie zu benutzen (70,9 %), lediglich vier Probanden nutzen öffentlichen Nahverkehr häufig bzw. sehr häufig (16,7 %, siehe Abb. 6.3). Sechs Probanden der älteren (54,6 %) und vier Probanden der jüngeren Gruppe (33,3 %) hielten sich selbst für technikaffin, während sich 36,4 % der älteren und 16,7 % der jüngeren als eher wenig technikaffin bezeichneten. Gegenüber dem automatisierten Fahren gaben insgesamt 62,5 % (sieben Ältere, acht Jüngere) an positiv eingestellt zu sein, 16,7 % eher negativ, 20,8 % neutral. Von den insgesamt 24 Probanden gaben sechs (alle aus der Gruppe der älteren Teilnehmer) an, bereits einmal mit dem Shuttle gefahren zu sein.

Abb. 6.3
figure 3

Gründe für die Nutzung von öffentlichem und Individualverkehr der Vergleichsgruppen Jung und Alt

4.4 Resultate

Für die Auswertung der Daten wurden statistische Testverfahren mit IBM SPSS Version 24 durchgeführt. Je nach Typ der Auswertung wurden Wilcoxon-Signed-Rank-Tests für Innersubjekt- und Mann-Whitney-U-Tests für Zwischensubjekteffekte durchgeführt.

4.4.1 Technologieakzeptanz, Vertrauen und Affekt

Automatisiertes Shuttle vs. Gruppentaxi

Betrachtet man die einzelnen Dimensionen des TAM-Modells unter Berücksichtigung des Transportmittels (siehe Abb. 6.4), so wirkt das Gesamtbild hinsichtlich der Mediane relativ symmetrisch, mit leichten Nachteilen für das automatisierte Shuttle bei jüngeren Teilnehmern. Bei der statistischen Auswertung jedoch wurden bei jüngeren Teilnehmern keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich positivem/negativem Affekt (PA/NA), Vertrauen/Misstrauen und den meisten TAM-Dimensionen festgestellt. Vor der Fahrt (Erwartung) wurde das Shuttle als weniger nützlich (PU) bewertet, nach der Fahrt (Reflexion) ergaben sich Vorteile gegenüber dem Gruppentaxi hinsichtlich TAM-Trust und Bedienkomfort (PEOU). Diese drei ursprünglich signifikanten Unterschiede hielten der anschließenden Bonferroni-Korrektur jedoch nicht stand.

Abb. 6.4
figure 4

Mediane der verschiedenen TAM-Dimensionen vor und nach der Fahrt mit dem jeweiligen Transportmittel für beide Altersgruppen. Die Unterschiede bei jüngeren Probanden (Intention, PU) nach der Fahrt erscheinen auffällig, sind jedoch statistisch nicht signifikant

Bei älteren Teilnehmern ergibt sich ein ähnliches Bild. Bei Vertrauen/Misstrauen, NA und vier TAM-Dimensionen gibt es keine Signifikanz, Vorteile für das Shuttle bei ATT (Erwartung und Reflexion) erfüllen die Anforderungen nach Bonferroni-Korrektur nicht. Jedoch zeigt das Shuttle einen signifikant höheren PA als das Gruppentaxi nach der Fahrt (z = 2,60, p = 0,009).

Erwartung vs. Reflexion

Beim manuellen Gruppentaxi gibt es nach Bonferroni-Korrektur in keiner der evaluierten Skalen einen signifikanten Unterschied hinsichtlich Erwartung und Reflexion, was logisch erscheint, da diese Erfahrung den meisten Menschen wohlbekannt ist. Beim automatisierten Shuttle zeigt sich, dass das Shuttle im Wesentlichen den Erwartungen älterer Teilnehmer entspricht und sich deren Bewertung in der Reflexion nicht signifikant ändert (Intent über dem Signifikanzniveau nach Bonferroni-Korrektur). Bei jüngeren Probanden verpassten PEOU und ATT das Signifikanzniveau, dafür wirkte sich die erlebte Fahrt signifikant positiv auf das Vertrauen aus (z = 2,73; p = 0,006).

Direktvergleich der Altersgruppen

Auch hier werden beim manuellen Gruppentaxi keine Unterschiede bezüglich Erwartung und Reflexion festgestellt. Auch bei Betrachtung der Erwartungshaltung gegenüber dem automatisierten Shuttle gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen Jung und Alt, da PU (sowohl bei Erwartung und Reflexion von Älteren besser bewertet) und Vertrauen (Reflexion, Jung>Alt) die Bedingungen der Bonferroni-Korrektur nicht erfüllen. Nach der Fahrt jedoch können sich junge Probanden weniger vorstellen, das Shuttle zu nutzen, als ältere (Intention, U = 128,00; z = 2,78; p = 0,005).

4.4.2 Subjektives Zeitempfinden

Während der jeweiligen Fahrt wurden die Studienteilnehmer gebeten, nicht auf die Uhr zu blicken und am Ende eine Einschätzung über die Fahrtdauer in Minuten abzugeben. Ältere Probanden schätzten die Fahrtdauer beider Transportmittel annähernd gleich (Shuttle: M = 8,87, SD = 3,48, Gruppentaxi: M = 8,50, SD = 4,33 Minuten). Junge Teilnehmer jedoch schätzten die Fahrtdauer mit dem Gruppentaxi (M = 4,62, SD = 1, 27 Minuten) als signifikant kürzer ein, als jene mit dem automatisierten Shuttle (M = 8,28, SD = 2,00 Minuten, z = 2,94, p = 0,003). Dieser Effekt ist auch beim Direktvergleich zwischen den Altersgruppen bei Betrachtung des Shuttles sichtbar (U = 95, z = 2,30, p = 0,023). Diese Resultate lassen einen interessanten Einfluss von Geschwindigkeit auf subjektives Zeitempfinden vermuten: da die Dauer der Vergleichsfahrt mit dem Gruppentaxi leicht kürzer (Dauer ca. 6–7 Minuten) war, scheint es, als würde der Einfluss von Geschwindigkeit auf die Dauer von jungen Teilnehmern über- und von älteren Teilnehmern unterschätzt werden.

Dieser Einfluss spiegelt sich in nahezu allen Skalen zu subjektivem Zeitempfinden wieder (siehe Abb. 6.5). Jüngere Probanden empfanden die Fahrt mit dem Gruppentaxi als kurzweiliger (z = 2,96, p = 0,003) und ihnen kam die Fahrt mit dem Shuttle auch länger vor als den älteren Teilnehmern (Z = 123, z = 2,46, P = 0,014). Auch hinsichtlich des Wohlbefindens ergibt sich selbiges Bild: Junge bewerten das Vergehen der Zeit im Gruppentaxi als angenehmer (z = − 2,28, p = 0,023) als im Shuttle, und die Fahrt in Zweiterem auch signifikant unangenehmer als ältere Probanden (U = 124, z = 2,72, p = 0,011). Zusätzlich schnitt das Shuttle bei der Frage, ob die Fahrt eher als interessant oder langweilig empfunden wurde, bei älteren Teilnehmern besser ab (U = 119, z = 2,43, p = 0,026). Bei jüngeren Probanden gab es hier keine Unterschiede, auch ansonsten unterschieden sich das Shuttle und das Gruppentaxi in dieser Frage nicht.

Abb. 6.5
figure 5

Dimensionen zu subjektivem Zeitempfinden während der Fahrt mit dem jeweiligen Transportmittel. Jüngere Probanden empfanden die Fahrt mit dem Gruppentaxi als signifikant kurzweiliger

4.4.3 UX-Curves und Interviews

Nach dem Ende der jeweiligen Fahrt wurden Probanden gebeten, ihre Erfahrungen als UX-Curve (Kujala et al. 2011) in ein Diagramm einzuzeichnen. Ebenso wurden kurze Interviews über die jeweiligen Transportmittel geführt. Beim Betrachten der Kurven für das automatisierte Shuttle (siehe Abb. 6.6) fällt auf, dass es einen Unterschied in der Gefühlslage zwischen den Altersgruppen gibt. Während das positive Gefühl bei Älteren gegen Ende der Fahrt eher wieder sinkt (dies wurde mit der Fußgängerzone als schwieriger zu kontrollierendes Umfeld am Ende der Fahrt begründet), steigt es bei den Jüngeren. Zusätzlich sind die Linien bei Älteren generell positiver angesiedelt. Im Folgenden werden einige Kurven exemplarisch herausgegriffen und diskutiert: A1 (A = Alt, 1 = Probandennummer) fühlte sich während der gesamten Fahrt positiv, bei J10/J14/J15 (J = Jung) beginnt die Fahrt eher negativ aufgrund des Fahrverhaltens des Shuttles beim Wendemanöver, steigt jedoch bis zum Ende teils stark an. Bei J24 fiel die Linie kurzfristig stark ab, was mit dem Verhalten bei einer Haltestelle (Proband rechnete nicht mit einem Stopp) begründet wurde.

Abb. 6.6
figure 6

Von den Probanden eingezeichnetes empfundenes Gesamterlebnis (positiv/negativ: Y-Achse) über die Zeit (X-Achse; in Minuten) für das automatisierte Shuttle (links) und das Gruppentaxi (rechts). Die rote Linie entspricht dem Mittelwert der eingezeichneten Kurven

Beim manuellen Gruppentaxi waren fast alle Linien zumindest leicht im positiven Bereich, wobei die meisten Kurven kaum Ausschläge zeigen. Die sinkenden Kurven von A3 und A4 gingen auf eine unerwartete Situation zurück, in der sich der Kofferraum während der Fahrt öffnete. Dabei erwähnten diese Versuchsteilnehmer, dass kleine Fehler gerade bei menschlichen Akteuren im Straßenverkehr vorkommen. Zwei jüngere Probanden (J14/J15) begründen ihre auffällige Kurve mit niedrigem Vertrauen in den menschlichen Fahrer bzw. starker Beschleunigung zu Beginn.

In Interviews beurteilten die Versuchsteilnehmer das Shuttle großteils positiv. Es wurde unter anderem hervorgehoben, dass es „interessant ist, [das Shuttle] zu testen“ und ein „positives Gefühl, das sich gesteigert hat und erhalten blieb“ erzeugt wurde. Ebenso wurden die konstante Geschwindigkeit und der durch den Elektroantrieb vermittelte positive Umweltaspekt betont. Es wurde jedoch auch mehrmals darauf hingewiesen, dass das Shuttle zu langsam ist. Jüngere Teilnehmer sagten, dass sich die Fahrt wenig lohnt, da man „zu Fuß schneller unterwegs ist“, und es somit „besonders für den Alltag noch zu langsam“ ist. Besonders „in einer Großstadt“ bzw. „auf längeren Strecken“ wird die Geschwindigkeit als Hindernis gesehen. Bei schnellerer Geschwindigkeit (ca. 80 km/h) würde dafür jedoch „das Vertrauen sinken“, besonders „wenn kein Operator anwesend ist“. Dieser trägt somit zu subjektiv empfundenem Vertrauen und Sicherheitsgefühl bei. Das Gruppentaxi bezeichneten die Teilnehmer hingegen als „flexibler, schneller und zuverlässiger“, ergänzten jedoch auch, dass man „an die Fahrt mit einem Auto gewöhnt ist“. Obwohl manche das „selber Fahren“ vermissen würden, sehen sie kein Problem darin, den Platz mit anderen Fahrgästen teilen zu müssen – vorausgesetzt, dass genügend Platz zur Verfügung steht. Die Fahrt mit dem Shuttle wurde zudem von vielen als aufregend beschrieben, dabei wurde aber auch angemerkt, dass es letztendlich „wie eine normale Busfahrt“ sei, an welche man sich nur erst gewöhnen müsste.

5 Diskussion

Im Hinblick auf die zuvor definierten Hypothesen ergibt sich somit folgendes Bild: Zumindest in der untersuchten Stichprobe wirkte sich das Erlebnis der Fahrt mit dem Shuttle nicht signifikant positiv auf die Technologieakzeptanz (entsprechend der Akzeptanzkriterien des TAM) aus. Einige kleine Unterschiede (gestiegener Intent bei älteren, gestiegene ATT/PEOU bei jüngeren Teilnehmern) erfüllten die Bedingungen der Bonferroni-Korrektur nicht – man kann jedoch darüber spekulieren, ob eine größere Stichprobe hier einen entscheidenden Ausschlag geben könnte. Dafür wirkte sich bei jüngeren Probanden das Erlebnis der Fahrt signifikant positiv auf das Vertrauen aus. Das ist besonders interessant im Zusammenhang mit dem Ergebnis der Haushaltsbefragung, bei der Jüngere das Shuttle als weniger vertrauenswürdig beurteilt haben. Zusätzlich zeigt die Haushaltsbefragung auch, dass Personen, welche das Shuttle bereits nutzten, eine höhere Akzeptanz in allen TAM-Dimensionen aufweisen (im Vergleich zu jenen, die noch nicht damit gefahren waren). Dieses Gesamtbild erlaubt, H1 vorsichtig zu akzeptieren.

Besonders jüngere Teilnehmer sind von dem Konzept des Shuttles nicht vollständig überzeugt – nach der Fahrt zeigen diese eine signifikant niedrigere Bereitschaft, das System zu nutzen (Intent), als ältere. Dies ist dahingehend relevant, da Intent als „Behavioral Response“ den für die Nutzung entscheidenden Ausgangsparameter bildet. Auch andere TAM-Dimensionen lassen Unterschiede vermuten, erreichen jedoch nicht das nach Bonferroni-Korrektur heruntergesetzte Signifikanzniveau. H2 kann trotzdem akzeptiert werden – Benutzerakzeptanz und -erlebnis unterscheiden sich signifikant zwischen den Altersgruppen.

Das Erlebnis wird dabei maßgeblich von der Geschwindigkeit beeinflusst. Jüngere Probanden schätzten die Fahrt mit dem bei höherer Geschwindigkeit fahrenden manuellen Gruppentaxi als signifikant kürzer (hinsichtlich der tatsächlichen Dauer sogar als zu kurz) ein, als die Fahrt mit dem Shuttle, bewerteten diese als signifikant kurzweiliger, und fühlten sich auch wohler als im automatisierten Shuttle. Diese Unterschiede existieren auch im Vergleich mit älteren Probanden, welche wiederum den Einfluss der Geschwindigkeit unterschätzten, und die Fahrt mit dem Gruppentaxi sogar als zu lang einschätzten. H3 kann somit angenommen werden – die Geschwindigkeit des Transportmittels hat starken Einfluss auf das subjektive Zeitempfinden.

Insgesamt zeigen sich jedoch wenige Unterschiede im direkten Vergleich der beiden Transportmittel. Zwar gibt es auch hier Hinweise auf Unterschiede, welche das korrigierte Signifikanzniveau nicht erreichten, und bei älteren Teilnehmern zeigte sich ein signifikant stärkerer positiver Affekt (PA) beim automatisierten Shuttle, trotzdem können insgesamt nur wenige Unterschiede festgestellt werden. Auch die Interpretation der UX-Curves und Interviews legt nahe, dass die Akzeptanz gegenüber automatisierten Fahrzeugen hoch ist, womit H4 abgelehnt wird. Dies deckt sich mit den im Fahrsimulator erhobenen Ergebnissen von Wintersberger et al. (2016) – generell sind potenzielle Nutzer schon bereit, automatisierte Fahrzeuge in ähnlicher Weise zu akzeptieren und diesen zu vertrauen, wie sie es auch mit menschlichen Fahrern tun.

6 Einschränkungen und zukünftige Arbeiten

Obwohl die Studie in einem im Regelbetrieb operierenden Fahrzeug und in realer Umgebung durchgeführt wurde, müssen einige Einschränkungen berücksichtigt werden. Die Stichprobe war mit insgesamt 24 Probanden relativ klein. Die statistische Auswertung sollte somit in weiteren Studien mit größerer Teilnehmerzahl wiederholt werden, um weitere Klarheit (z. B. im Hinblick auf Bonferroni-Korrektur) zu schaffen. Auch handelt es sich beim Referenzprojekt um eine fix definierte Route mit Haltestellen. Das betrachtete Szenario ähnelt damit eher klassischem, aber automatisiertem, Regelbetrieb im öffentlichen Verkehr. Ob die Ergebnisse Rückschlüsse auf einen Einsatz in erweiterten Mobilitätskonzepten, wie multi-modalem Verkehr, Erste/Letzte Meile oder „Mobilität auf Abruf“, zulassen, ist in weiteren Studien zu klären. Auch muss angemerkt werden, dass nicht sämtliche Aspekte der Studie kontrolliert werden konnten. Etwa könnten sich die Anwesenheit des Operators, der Einsatz in nur leicht besiedeltem Gebiet, und/oder die geringe Geschwindigkeit auf das Vertrauen oder auch andere Messparameter ausgewirkt haben.

7 Fazit

In diesem Experiment wurden Benutzerakzeptanz, Vertrauen sowie subjektives Zeitempfinden zwischen langsam fahrenden automatisierten Shuttles und manuell gesteuerten Fahrzeugen (Gruppentaxi) unter Berücksichtigung zweier Altersgruppen in einer Feldstudie untersucht. Dabei zeigte sich, dass potenzielle Nutzer automatisierten Fahrzeugen gegenüber grundsätzlich positiv gestimmt sind, es jedoch Unterschiede zwischen den verschiedenen Zielgruppen gibt. So scheinen jüngere Nutzer eher Vorbehalte (wie geringeres Vertrauen) aufzuweisen, als ältere. Diese lassen sich jedoch zumindest teilweise reduzieren, wenn das System benutzt und somit kennengelernt wird. Bei einem nach direkter Nutzung beider Transportmittel durchgeführten Vergleich zeigt sich, dass ein automatisiertes Shuttle ähnlich akzeptiert wird, wie Fahrzeuge mit menschlichem Fahrer – ein klarer Sieger im Kampf zwischen „Mensch gegen Maschine“ kann somit nicht ermittelt werden. Trotzdem bedeutet dies nicht, dass alle Nutzer in gleichem Ausmaß bereit sind, ähnliche langsam fahrende Fahrzeuge auch tatsächlich zu benutzen. Jüngere Probanden zeigten nach der Fahrt eine geringere Bereitschaft zur Systemnutzung, als ältere, wobei die Geschwindigkeit eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen könnte. Für jüngere Teilnehmer scheint die Geschwindigkeit generell ein wichtiges Entscheidungskriterium für eine Mobilitätsform zu sein, möglicherweise sogar unabhängig davon, ob sich das Ziel in ähnlicher Dauer erreichen lässt. Für zukünftige Entscheidungen über Einsätze in weiteren Umgebungen sollten diese Aspekte berücksichtigt werden. Weitere Details zu dieser Studie finden Sie in Wintersberger, Frison und Riener (2018b) sowie in (Frison et al. 2018b).

8 Danksagung

Wir bedanken uns bei der Gemeinde Bad Birnbach sowie der Geschäftsführung der Rottal Terme für die Unterstützung bei der Rekrutierung der Versuchsteilnehmer sowie der Durchführung der Studie.