Zusammenfassung
In diesem Kapitel befasse ich mich zunächst mit den Wirkungen der neurobiologischen Ergebnisse auf Gesellschaft und Psychoanalyse. Für Psychoanalytiker ist es verwunderlich, dass die Perspektive des neurobiologischen Konstruktivismus erschütternd wirkt. Schon Sigmund Freud hatte ja festgestellt, dass wir zu einem großen Teil von unbewussten Prozessen gesteuert werden. Er benannte die Kopernikanische Wende, Darwins Evolutionstheorie und seine eigene Psychoanalyse als die drei großen Kränkungen der „naiven Eigenliebe“ der Menschheit. Vielleicht waren seine Aussagen zu komplex, um (in seiner Zeit) medienwirksam in Szene gesetzt zu werden, und konnten als geisteswissenschaftliche Thesen überdies leichter abgewehrt werden. Für die Psychoanalyse bedeutet der Fortschritt der Hirnwissenschaften die Notwendigkeit der Vernetzung und Integration. Es soll abschließend auf die Veränderungen im psychoanalytischen Selbstverständnis durch neurobiologische Forschung bzw. den neurobiologischen Konstruktivismus eingegangen werden.
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Althoff, ML. (2019). Wirkungen der neurobiologischen Forschung auf Gesellschaft und Psychoanalyse. In: Ich und Selbst: Konstruktionen und Behandlungskonzepte. Psychotherapie: Praxis. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56544-5_6
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