Tourismus meint einerseits ein Verhalten, also die Tätigkeit des Verreisens, andererseits ein Angebot, das diese Tätigkeit möglich oder attraktiv macht. Aus beiden Perspektiven, Nachfrage und Angebot, ist Tourismus für Deutschland von großer Bedeutung: Die Reisetätigkeit der Deutschen ist im internationalen Vergleich bemerkenswert groß, und Regionen und Orte in Deutschland sind für viele ein touristisches Ziel. Unter der Angebotsperspektive sind aber nicht nur die Destinationen inklusive der vielfältigen Angebote und Anbietergruppen dort zu nennen, auch die Bereiche Verkehr, Reiseveranstaltung und Reisevermittlung gehören dazu (Mundt 2006).

Für den Tourismus haben Klima und Wetter eine große Relevanz, sowohl als Treiber des Verhaltens wie als Angebotsfaktor (Matzarakis 2006; Scott et al. 2012; Lohmann und Hübner 2013). Wetter und Klima sind demnach sowohl Bestandteil des touristischen Angebots als auch limitierende Faktoren des Tourismus und Steuergrößen für die touristische Nachfrage. Sie sind außerdem in vielen Fällen ursächlich für die positive gesundheitliche Wirkung von Urlaubs- und Kuraufenthalten (Hoefert 1993). Insofern liegt es auf der Hand, dass dieser Sektor vom Klimawandel betroffen sein wird. Der Tourismus ist aber auch ein Faktor, der seinerseits einen erheblichen Einfluss auf das Klima und den Klimawandel hat (Lohmann und Aderhold 2009).

Tourismus hat in Deutschland eine große soziale und wirtschaftliche Bedeutung. Aktuelle Forschungsprojekte untersuchen die Wechselbeziehungen von Tourismus und Klimawandel sowie die zu erwartenden Folgen des Klimawandels für den Tourismus. Die Folgen für die touristische Nachfrage insgesamt sind angesichts der vielen Möglichkeiten, die die Touristen haben (Multi-Optionalität) (Lohmann et al. 2014), und wegen des sich daraus ergebenden großen Spielraums für mögliche Anpassungen (beispielsweise in der Wahl der Destination oder des Reisezeitpunkts) nicht einfach zu beschreiben. Für die Seite des touristischen Angebots werden hier beispielhafte Folgen in ausgewählten deutschen Destinationen dargestellt.

1 Tourismus in Deutschland – Überblick und Bedeutung

Die touristische Nachfrage der Deutschen bei Reisen mit Übernachtungen besteht aus verschiedenen Segmenten (Tab. 23.1), die sich z. B. ergeben aus (Mundt 2006):

Tab. 23.1 Touristische Nachfrage – Volumendaten
  • dem Anlass der Reise (etwa Urlaubs-, Geschäfts- oder sonstige Reisen),

  • der Reisedauer (also Kurzreisen mit 2–4 Tagen Dauer, Reisen mit 5-tägiger oder längerer Dauer) oder

  • des Reiseziels (Inland oder Ausland).

Hinzu kommen als Nachfrager Gäste aus dem Ausland, die Reisen nach Deutschland unternehmen. Im Jahr 2012 gab es rund 72 Mio. Übernachtungen von Ausländern in gewerblichen Unterkünften in Deutschland (DZT 2014).

Die touristische Nachfrage ist für Deutschland schon rein quantitativ sehr bedeutsam. Für die Touristen – sieht man einmal von Geschäftsreisen ab – liegt der Sinn der Reise in der Regel allerdings nicht im wirtschaftlichen Effekt. Man sucht z. B. Erholung, Gesundheit, Lernen, neue Erfahrungen oder Stärkung sozialer Beziehungen (Lohmann et al. 2014). Diese Funktionen, die die soziale und psychische Bedeutung des Tourismus kennzeichnen, können auch unter Klimawandelaspekten relevant sein.

Das Segment der Urlaubsreisen hat dabei insgesamt die größte wirtschaftliche und soziale Bedeutung. Anders als bei beruflichen und sonstigen Reisen spielen bei Urlaubsreisen Klima- und Wetteraspekte eine sehr wichtige Rolle. Wir beschränken uns hier deswegen auf diesen Sektor des Tourismus. Voraussetzung für eine Nachfrage nach Urlaubsreisen ist, dass Menschen reisen können, also z. B. Zeit und Geld dafür übrig haben, und dass sie reisen wollen (Lohmann 2009; Lohmann und Beer 2013). Auch diese Basisvoraussetzungen können ggf. durch Klimawandelfolgen beeinflusst werden.

Der Nachfrage steht das touristische Angebot gegenüber. In erster Linie sind das die Reiseziele oder Destinationen, also geografisch vom Heimatort des Reisenden getrennte, angebbare Räume. Dazu gehören:

  • natürliche Gegebenheiten wie Wälder, Strand oder Berge,

  • oder Kultur wie historische Bauten, die oft die Attraktivität eines Ziels bestimmen und Grundlage für Aktivitäten sind,

  • und spezifische touristische Einrichtungen, die dem Gast den Aufenthalt möglich oder angenehm machen, z. B. Hotels, Restaurants, Skilifte, Bootsvermietungen und Tagungsstätten.

Zudem gibt es auch Angebote, die – nahezu unabhängig von der Destination – einen Reiseanlass darstellen (beispielsweise adventure, slow travel). Da steht die Aktivität dominant über der Region, dem Ort, den Sehenswürdigkeiten oder der Infrastruktur. Auch die Bereiche Transport, Reiseveranstaltung und Reisevermittlung zählen zum touristischen Angebot in Deutschland. Alle diese Angebote werden von Deutschen und Ausländern genutzt. Die vielfältige Tourismusbranche hat eine wichtige Rolle als Arbeitgeber. Vor allem in ländlichen, strukturschwachen Gebieten gibt es oft nur wenige Alternativen zu Arbeitsplätzen im Tourismus (Grimm et al. 2009). Die Politik im weitesten Sinn begleitet den Tourismus und versucht, ihn zu lenken.

Tourismus ist also sowohl angebots- als auch nachfrageseitig recht heterogen. Akteure, Determinanten und Strukturen sind vielfältig und in einem globalen Zusammenhang zu sehen. Bezüge zum Klimawandel lassen sich dabei an sehr vielen Stellen finden (Matzarakis 2010). Tatsächlich wird der Klimawandel zu den ganz großen Herausforderungen des globalen Tourismus gerechnet: Einerseits müssen den Klimawandel befördernde Effekte reduziert werden, andererseits sind Anpassungsleistungen zu erbringen (von Bergner und Lohmann 2014; Bartels et al. 2009).

1.1 Klimarelevanz des Tourismus – Tourismusrelevanz des Klimas

Im Prozess des Klimawandels ist Tourismus sowohl Opfer als auch Täter (Arent et al. 2014; Kovats et al. 2014). Die Täterrolle ergibt sich aus den mit der Reisetätigkeit verbundenen Treibhausgasemissionen, die für die Klimaänderungen (mit-)verantwortlich gemacht werden: Man nimmt an, dass der Tourismus rund 5 % der globalen Treibhausemissionen zu verantworten hat (Simpson et al. 2008). Der Löwenanteil von 75 % dieser tourismusbedingten CO2-Emissionen entfällt auf den Transport, etwa 20 % auf die Unterkünfte. Eine naheliegende Lösung wäre, zur Reduzierung der Emissionen auf touristische Aktivitäten ganz zu verzichten oder den Transportanteil im Tourismus drastisch zu verringern. Eine solche Strategie erscheint für Deutschland zumindest kurz- und mittelfristig wenig wahrscheinlich. Die Vorteile touristischer Aktivität für Anbieter und Reisende sind so vielfältig, dass sie die wahrgenommenen Risiken des Klimawandels übertreffen, auch angesichts des möglichen Beitrags des Tourismus zu deren Abwendung. So konzentrieren sich die Bemühungen eher auf eine umweltfreundlichere Gestaltung der touristischen Angebote (Scott et al. 2009).

Klima und Wetter sind zentrale Faktoren des touristischen Angebots, vor allem in den Destinationen des Urlaubstourismus. Sie sind gleichzeitig Triebfeder der touristischen Nachfrage (Matzarakis 2006; Denstadli et al. 2011). Ob eine beliebige Region zur touristischen Destination werden kann, ergibt sich aus ihrer potenziellen Anziehungskraft wie etwa der landschaftlichen Schönheit oder Sehenswürdigkeiten, der touristischen Ausstattung mit beispielsweise Hotels und ihrer Erreichbarkeit (Lohmann 2009). Angenehmes Klima und verlässlich gutes Wetter gehören zu den Erfolgsfaktoren vieler Ferienregionen. Die naturräumlichen Gegebenheiten sind also Hauptbestandanteil der Attraktivität eines Naturraums. Klima bildet eine natürliche Komponente im Tourismus, die bei der Limitierung und der Ermöglichung des Tourismus eine wesentliche Rolle spielt (Abegg 1996; Matzarakis 2006). Klima und Wetter können außerdem die Erreichbarkeit einer Destination beeinflussen und schließlich eine bestimmte Ausstattung zweckmäßig oder nötig machen, um die Vorteile des Wetters auszunutzen oder die Nachteile zu minimieren.

Nachfrageseitig spielen bei der Reiseentscheidung Wetter- und Klimaimages eine wichtige Rolle, also die Vorstellungen, die der potenzielle Reisende vom Wetter in den möglichen Reisezielen zu verschiedenen Jahreszeiten hat (Lohmann und Hübner 2013). Sie werden in Bezug gesetzt zu Urlaubsmotiven, persönlichen Wetterpräferenzen (Lohmann 2003) oder geplanten Aktivitäten. So beeinflussen Klimaparameter die Wahl des Reiseziels und des Reisezeitpunkts, aber auch weitere Teilentscheidungen wie etwa die Entscheidung für eine bestimmte Unterkunftsform (Matzarakis 2006, 2010). Vor Ort ist das Wetter dann eine wichtige Rahmenbedingung, die die Wahl der Aktivitäten beeinflusst, aber auch die Reisezufriedenheit und die Wiederkehrbereitschaft (Scott et al. 2009).

2 Klimawandel und Tourismus

2.1 Touristisch relevante Klimawandelfolgen

Grundsätzlich bietet es sich an, auch bei den Klimawandelfolgen wiederum in Angebot und Nachfrage zu unterscheiden. Den Rahmen dafür setzt der Klimawandel mit seinen unterschiedlichen Ausprägungen über die Zeit und den Raum.

Für den Tourismus sind insbesondere vier Punkte von Bedeutung (Matzarakis und Tinz 2008):

  1. 1.

    das Tourismusklima (thermisch, ästhetisch und physikalisch),

  2. 2.

    Gefahren durch Wetter- und andere Naturereignisse,

  3. 3.

    die Ermöglichung von Aktivitäten (z. B. durch eine Schneedecke) und

  4. 4.

    die Änderung der biologischen Verhältnisse und Vielfalt (Pflanzen- und Tierwelt).

Insgesamt erscheinen die prognostizierten Änderungen bis 2030 nicht besonders hoch zu sein. Die wirklich massiven Veränderungen des Klimas und deren Folgen werden wir erst in bzw. nach der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts erleben, mit dann wahrscheinlich ebenfalls massiven Einflüssen auf Gesellschaft und Wirtschaft inklusive des Tourismus.

Lohmann und Kierchhoff (1999) identifizieren die Schnittstellen, an denen der Klimawandel auf das System Tourismus wirken kann (Abb. 23.1; auch Lohmann 2001). Der Tourismus ist nicht nur von Veränderungen des physikalischen Klimas und der damit verbundenen Veränderung der natürlichen Umwelt betroffen, sondern ein entscheidender Einfluss kann auch von Veränderungen in der Wahrnehmung von Klima und Klimawandel, dem sozialen Konstrukt Klima ausgehen (Stehr und von Storch 1995). Das soziale Konstrukt Klima kann sich bis zu einem gewissen Grad unabhängig vom physikalischen Klima entwickeln. Neben den physischen, geologischen und ökologischen Veränderungen erscheint es deswegen im Rahmen der Klimafolgenforschung dringend erforderlich, auch soziologische und psychologische Fragestellungen zu berücksichtigen, um zu einer realistischen Abschätzung der Klimaänderungsfolgen für das Gesamtsystem zu kommen (Scott et al. 2009; Matzarakis 2010). Die soziale Dimension umfasst die Wahrnehmung und Bewertung von Klima und Klimawandel sowie Interpretationen und Erwartungshaltungen, Kommunikations- und Thematisierungsprozesse, deren Annahme in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik (Klimawandel als Bedrohung?) und die darauf folgenden (Re-)Aktionen. Klimawandelfolgen sind deswegen nicht nur meteorologisch zu sehen, sondern finden sich z. B. auch in der Gesetzgebung oder in Änderungen der Wirtschaftsstruktur und beeinflussen so etwa Einkommen oder Mobilität (Lohmann 2001).

Abb. 23.1
figure 1

Schnittstellen zwischen Klimawandel und Tourismus in einer Destination. (Verändert nach Lohmann und Kierchhoff 1999)

2.2 Klimawandel und touristisches Angebot

Im Hinblick auf mögliche Folgen der Klimaänderungen für den Tourismus steht das touristische Angebot im Vordergrund. Die mit dem Klimawandel assoziierten Entwicklungen bedeuten vor allem eine Veränderung der von den potenziellen Touristen in den Destinationen zu erwartenden Situation. Der größte Teil der Forschung auf diesem Gebiet bezieht sich deswegen auf Klimawandelfolgen in touristischen Zielgebieten. Effekte des Klimawandels in der touristischen Nachfrage werden in der Regel als Folge der Veränderungen in den Destinationen gesehen.

Zum einen kann der Klimawandel das Tourismusangebot direkt über das Wetter verändern. Zum anderen beeinflusst er indirekt das Angebot über die Infrastruktur des Tourismus, etwa wenn Stürme Gebäude zerstören, Land verloren geht oder die Wattfläche abnimmt. Außerdem können sozioökonomische Klimafolgen das Angebot verändern, z. B. wenn die Anbieter auf den tatsächlichen, vermeintlichen und/oder für die Zukunft befürchteten Klimawandel etwa mit vermehrten Indoor-Angeboten für schlechte Witterung reagieren. Dies wiederum kann sich auf die Nachfrage auswirken (Lohmann und Kierchhoff 1999).

Gegenwärtige klimatische Bedingungen und der Klimawandel beeinflussen also das touristische Angebot (Matzarakis et al. 2007). Dies beginnt bei einzelnen, wiederkehrenden Extremereignissen wie Überschwemmungen oder Hitzewellen (zur Definition Kap. 6), kann aber auch so weit gehen, dass die Folgen der klimatischen Änderungen einzelne Tourismusarten in bestimmten Gegenden in Zukunft ggf. unmöglich machen, z. B. den Skitourismus in niedrig gelegenen Gebieten, oder Destinationen komplett auslöschen wie etwa Inselstaaten im Pazifik (Scott et al. 2009; Matzarakis 2010). Somit wandelt sich das touristische Angebot in den Destinationen, und es ergeben sich neue Konstellationen in den grundlegenden Aspekten Attraktivität, Ausstattung und Erreichbarkeit. Das Ausmaß der Klimaänderungen und ihre Relevanz für den Tourismus sind je nach Destination unterschiedlich (Schmücker 2014).

3 Konkrete Beispiele für Deutschland

3.1 Küsten

Die Küsten zählen zu den bevorzugten Reisezielen in Deutschland. Urlauber und Tagesausflügler besuchen Nord- und Ostsee, weil sie dort ein für sie attraktives Angebot finden. Zu den Attraktivitätsfaktoren gehören u. a. Landschaft, Klima und Wetter sowie Strand- und Wasserbeschaffenheit. Diese werden durch den Klimawandel in unterschiedlichem Maße verändert.

Modellierungen von verschiedenen klimatischen Größen geben Einblicke in mögliche klimatische Entwicklungen, z. B. im Nordseegebiet. Diese umfassen etwa die Sturmtätigkeit, den Anstieg des Meeresspiegels sowie die Veränderungen der Tidedynamik und des Seegangs. Es kann jedoch immer wieder festgestellt werden, dass sich die Aussagen teilweise erheblich voneinander unterscheiden, sodass bei vielen Parametern nur eine schwache Grundtendenz angegeben werden kann (Daschkeit und Schottes 2002). Die lokale Klimaentwicklung, etwa im Gebiet der Nordsee, ist vor allem von Änderungen in der großräumigen atmosphärischen Zirkulation im europäischen sowie atlantischen Raum abhängig. Ausschlaggebend hierfür ist im Nordseeraum vor allem die nordatlantische Oszillation (NAO), die für das Hervorrufen von Klimaanomalien in der nördlichen Hemisphäre bekannt ist (Weisse und Rosenthal 2003).

Hinsichtlich des Tourismus wurden von Matzarakis und Tinz (2008) und im Rahmen des KUNTIKUM-Projekts (Bartels et al. 2009) für die deutschen Küsten Untersuchungen bezüglich der klimatischen Veränderungen ausgearbeitet. In diesen Regionen handelt es sich hauptsächlich um Badetourismus an Nord- und Ostsee, und dieser beschränkt sich – klimatisch bedingt – vor allem auf die Zeit von etwa Mitte Juni bis Ende August. In dieser Zeit konzentriert sich im Strandbereich bei entsprechendem Wetter – Sonne, kein Regen, wenig Wind und hinreichend hohe Lufttemperatur, also thermische Behaglichkeit – und für das Baden ausreichend hoher Wassertemperatur ein Großteil der Touristen und Erholungssuchenden.

Nach Matzarakis und Tinz (2008) sind für die deutsche Nordsee (Husum) auf der Basis des Emissionsszenarios SRES A1B und Regionalmodells REMO für den Zeitraum 2021–2050 im Vergleich zum Zeitraum 1961–1990 zu erwarten:

  • Anstieg der Lufttemperatur um 1 °C,

  • Zunahme der Luftfeuchtigkeit,

  • Zunahme der Tage mit thermischer Behaglichkeit um 4 Tage im Jahr,

  • Abnahme der Kältebelastung um 16 Tage,

  • Ausweitung der Badesaison um etwa 25 Tage bis 2050.

An der Ostsee (Bergen auf Rügen) ergibt sich ein ähnliches Bild, wobei die Anzahl der Tage mit thermischer Eignung hier von einem bereits höheren Niveau aus mehr ansteigt als an der Nordsee.

Nach den Ergebnissen eines Forschungsprojekts aus den 1990er-Jahren (Lohmann und Kierchhoff 1999) steigt wahrscheinlich unter diesen Bedingungen die touristische Nachfrage. Das ist verständlich, da sich dann eine Wettersituation ergibt, die dem optimalen Urlaubswetter näher kommt als das jetzige Küstenwetter. So ist zu erwarten, dass sich die Nachfrage nicht nur im Umfang, sondern auch in ihrer Struktur (d. h. es kommen u. U. neue Zielgruppen) ändern wird (Lohmann und Kierchhoff 1999).

3.2 Mittel- und Hochgebirgsregionen

Unter Klimawandelbedingungen werden sich auch in den Gebirgen Wetterbedingungen, Natur und Landschaft verändern. Die Veränderungen können auf den Sommer- wie auf den Wintertourismus wirken. Im Schwarzwald etwa wird die Sommersaison künftig deutlich eher beginnen und sich bis weit in den Herbst erstrecken. Die Zunahme der Lufttemperatur ist in dieser Region mit 1,1–1,2 °C etwas stärker ausgeprägt als in den Küstenregionen (Matzarakis und Tinz 2008). Die Frequentierung der Badeseen wird zunehmen (Zebisch et al. 2005).

Wintersport wird wegen Schneemangels in niedrigen Lagen nur sehr selten möglich sein. Die resultierenden wirtschaftlichen Einbußen können vom Sommertourismus nicht kompensiert werden (Müller und Weber 2007). Das gilt auch für den Feldberg im Schwarzwald, da Schneesicherheit erst ab einer Höhe von 1500 Metern gegeben ist (Elsasser und Bürki 2002; Endler und Matzarakis 2011a, 2011b). Aufgrund der inzwischen praktisch flächendeckenden künstlichen Beschneiung der alpinen Skiressorts ist für diese inzwischen weniger der Grad der natürlichen als vielmehr der technischen Schneesicherheit entscheidend, also die Frage der Beschneibarkeit. Wie die natürliche Schneesicherheit wird auch die Beschneibarkeit von klimatischen Umgebungsparametern wie Lufttemperatur und Luftfeuchte bestimmt (Schmidt et al. 2012). Durch die vertikale Verschiebung von Gletscher- und Permafrostzonen (Kap. 12) ist mit einer Destabilisierung der Wegenetze für Wander- und Bergsteigetourismus sowie von technischer Infrastruktur wie Liftanlagen und entsprechenden Sicherheitsrisiken für Besucher zu rechnen (Agrawala 2007).

Kurzfristige klimatologische Extremereignisse wie Stürme, Starkniederschläge, sommerliche Hitzewellen und winterliche Warmperioden stellen das Tourismusgeschäft in den Alpen vor große Herausforderungen (z. B. Breiling und Charamza 1999; Beniston 2007): Die große ökonomische Abhängigkeit des alpinen Tourismussektors von lokalen Klimaparametern macht diesen zum Hotspot gesellschaftlicher Herausforderungen des Klimawandels (Becken und Hay 2007).

Dem aus diesen Prozessen resultierenden Verlust touristischer Attraktivität stehen aber auch neue Chancen gegenüber. Die Attraktivitätssteigerung durch die Erhöhung der Sommertemperaturen und gleichzeitig eine im Vergleich zu mediterranen Hitzegebieten immer noch moderate Umgebungstemperatur zählen zu den positiven Klimafolgen für den Bergtourismus. Allerdings erscheint es fraglich, in welchem Maße diese Chancen die negativen ökonomischen Auswirkungen werden ausgleichen können.

3.3 Spezifische Anpassungsstrategien

Insgesamt zeichnen sich für die nächsten drei Jahrzehnte weder für die deutschen Küstenregionen noch für die Mittelgebirge dramatische Auswirkungen des Klimawandels ab. Entsprechend stehen bei den touristischen Anbietern Strategien sowohl in Richtung Klimaschutz als auch Anpassung im Vordergrund, ein Rückzug aus dem Tourismus wird kaum thematisiert. Unter dem Schlagwort des „nachhaltigen Tourismus“ (FUR 2014) wird ergänzend versucht, den Tourismus in den Destinationen ressourcenschonend und klimaverträglich zu gestalten.

Solche Strategien sind z. B. im Rahmen des KUNTIKUM-Projekts entwickelt worden (Bartels et al. 2009). Hierbei wurde für verwundbare Regionen – die Nordsee als Küstenregion und den Schwarzwald als Mittelgebirgsregion – ein „Tourismus-Klimafahrplan“ für Tourismusdestinationen erarbeitet.

In den einzelnen Regionen werden spezifische Anpassungsstrategien entwickelt. Der Schwarzwald z. B. definiert sich als Urlaubsregion sehr stark über den Wintertourismus. Deshalb wird versucht, den traditionellen Wintersport in dieser Region aufrechtzuerhalten. Aber auch diese Aufrechterhaltung ist technisch und klimatisch limitiert. Es werden neue Konzepte und Methoden entwickelt, um das Gebirge trotz des mangelnden Angebots an Wintersportmöglichkeiten auch im Winter für den Tourismus attraktiv zu halten. So können beispielsweise typische Sommeraktivitäten wie Mountainbiking oder Wandern auch an schönen Wintertagen durchgeführt werden.

4 Kurz gesagt

Der Klimawandel und seine direkten und indirekten Folgen können die zukünftige Entwicklung von Angebot und Nachfrage im Tourismus langfristig erheblich beeinflussen. Dabei ist der Klimawandel aber nur ein Faktor von vielen. Die verschiedenen Faktoren scheinen voneinander abhängig zu sein, d. h., wir haben es mit einem komplexen Wirkungsgefüge zu tun. Klimatische Veränderungen werden in den sensiblen Regionen wie Küsten und Gebirgen bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts im Rahmen der mittleren Verhältnisse nicht sehr stark sein. Allerdings sind diese Regionen mehr durch Extremereignisse (z. B. Stürme oder Trockenheit) und deren indirekte Folgen gefährdet. Es geht aber auch um die gesellschaftliche Wahrnehmung und Bewertung des Klimawandels als Bedrohung oder auch als Chance und die sich daraus ergebenden Reaktionen.

Die möglichen Effekte des Klimawandels auf die touristische Nachfrage sind langfristig groß. Sie werden vor allem die Zielgebietsentscheidungen und den Reisezeitpunkt betreffen, z. B. wegen der Verschiebung von Schneegrenzen im Winter, unbekömmlicher Sommerhitze in Mittelmeerregionen oder potenzieller Zerstörung tourismusrelevanter Angebote in Küstennähe. In den Jahren bis 2030 sind aber „nur“ schleichende Veränderungen ohne prägnante Effekte zu erwarten.

Für die Anbieter, vor allem die Zielgebiete, sind langfristige Anpassungsstrategien wichtig. Diese Strategien müssen jeweils „individuell“ sein, da sie nicht nur durch den erwarteten bzw. eingetretenen physikalischen Klimawandel getrieben werden, sondern auch durch dessen Bewertung in der Region, die jeweiligen spezifischen Zielsetzungen für den Tourismus und die unterschiedlichen Ressourcen, die für eine Anpassung zur Verfügung stehen.