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„Schärfster Kampf″ in der Religionspsychologie

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Religionspsychologie

Zusammenfassung

So wie es über das Jahr 1914 in der Religionspsychologie weit mehr als nur die Gründung der IAPR zu berichten gab, so gilt auch für den Zeitraum 1928 bis 1929, dass der zweite Anfang der IAPR und dessen unmittelbare Umstände nicht gerade das Einzige waren, was in jener Zeit auf dem Gebiet der Religionspsychologie, und wenn auch nur im deutschsprachigen Europa, stattgefunden hat. Es wurde durchaus zur Religionspsychologie veröffentlicht, von zum Teil ganz bekannten Gelehrten (s. zum Beispiel Jaspers 1919; Oesterreich 1917; Stern 1928), und es wurden auch immer wieder Versuche unternommen, Infrastruktur für sie zu organisieren.1 Wer alles aufführen wollte, geriete ins Uferlose und käme wahrscheinlich doch nicht zu anderen Schlussfolgerungen, als die Geschichte der IAPR zulässt. Deshalb wird auch in diesem Kapitel der Versuchung widerstanden, alle die anderen Dinge untersuchen zu wollen, und es wird der Werdegang der IAPR unser Leitfaden bleiben. Ihr Umfeld in der sonstigen Religionspsychologie wird infolgedessen in dieser Arbeit unzulänglich dargestellt, wobei wir uns nun allerdings eine Ausnahme erlauben werden im Hinblick auf etwas, das für die Geschichte der IAPR selbst wichtig ist.

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Notes

  1. 1.

    Siehe zum Beispiel die vom Theologen-Psychologen Johannes Neumann seit 1930 herausgegebene Religionspsychologische Reihe: Studien über Aufbau und Führung des Charakters und des religiösen Lebens. Manchmal ging die Bindung an die (Religions-)Psychologie dabei nicht über die Verwendung dieses Wortes hinaus (siehe etwa die Reihe Religionspädagogik auf religionspsychologische Grundlage, die 1925 bis 1933 erschienen war). Von allen diesen Initiativen ist die IAPR die einzige, die immer wieder neubelebt wurde und die eine gewisse Kontinuität bis in die Gegenwart aufweisen kann. Auf einige dieser Initiativen, soweit eine Verbindung zur IAPR bestand, wird im Haupttext kurz eingegangen.

  2. 2.

    Obwohl im Beirat des Archivs aufgeführt, hat Girgensohn eigentlich nie zur IAPR gehört. Erst im Sommer 1921 fragte er bei Faber an, ob er Mitglied werden könne. Wie dieser ihm am 20.10.1921 mitteilte, gab es da die IAPR schon nicht mehr (NLG). Auch Gruehn gehörte übrigens vor 1928 der IAPR nicht an.

  3. 3.

    Unter „experimentell“ wurde in diesem Zusammenhang durchweg „empirisch vorgehend“ verstanden: absichtlich Daten sammelnd (oder sogar generierend), was viele für den entscheidenden Unterschied zur älteren philosophischen Psychologie hielten (und halten).

  4. 4.

    Gruehn hatte aber vor, in seiner Reihe „Kleine Schriften zur Menschenkenntnis und Seelsorge“ ein Heft Der innerste Richter und seine Seelsorge von Pfister zu veröffentlichen (s. AfRp, 5, S. 366). Dieses 56 Seiten starke Heft ist zwar von Pfister verfasst worden, aber wegen Konkurs des Verlags Eduard Pfeiffer (auch Verlag des AfRp 4 und 5) nie erschienen. Es liegen nur die von Pfister korrigierten Druckfahnen vor (Nase 1993, S. 594).

  5. 5.

    Siehe den von Marianne Beth verfassten Lebenslauf (datiert 17.08.1938) im ARC.

  6. 6.

    Es ist auch durchaus möglich, dass beide Initiativen völlig unabhängig voneinander gewesen sind, schon vorher hatten sich einzelne Religionspsychologen für die Thematik von Glauben und Unglauben interessiert, ob aus akademischem oder aus einem kirchlich-besorgten Anliegen. Die niederländische Godsdienst-Psychologische Studievereeniging, auf die wir noch kommen werden, war 1920 auf einen über die Verbreitung des Unglaubens besorgten Aufruf van der Speks hin gegründet worden (s. a. Belzen 2008).

  7. 7.

    Gruehn ließ sich manchmal zu geradezu paranoid anmutenden Aktionen hinreißen, beispielsweise, wenn er die vereinbarte Veröffentlichung der Namen der Mitglieder der IAPR zu verweigern ankündigt: „da Beth auch eben wieder möglichst unsere Früchte zu ernten sucht“ (Gruehn an Vorstand, 29.03.1931, NLD).

  8. 8.

    Die Sitzung fand am 17. Mai 1931 in Berlin statt, wo ohnehin zwei Vorstandsmitglieder (Gruehn, Schultz) weilten und das für Stählin aus Münster nicht so weit war; Dyroff, Fischer und Wunderle fehlten. Es ist merkwürdig, dass der Bericht über die Sitzung („Aus dem Vorstandsprotokoll“, verfasst von Gruehn) in den Nachlässen von sowohl Dyroff als Fischer (in beiden ist der Schriftverkehr innerhalb der IAPR aber keineswegs vollständig) fehlt und dass Gruehn ihn wohl Erich Seeberg zugesandt hat. Ob Schultz anwesend war, ist unklar. Ob das Fehlen in NLD und NLF damit zu tun hat, dass die beiden nicht mehr für Vorstandsposten nominiert werden sollten, Gruehn sie das aber noch nicht wissen lassen wollte?

  9. 9.

    Es führt zu weit, viel aus diesem sehr langen Brief zu zitieren. Gruehn wirft Beth unter anderem vor, zwar organisieren, aber nicht wissenschaftlich arbeiten zu können, die Wiener hätten keine klaren methodischen Grundsätze, ihrer Gesellschaft und Zeitschrift kein Niveau, popularisiere zu schnell, würde weithin als unexakt bezeichnet und so fort. (Auch, dass Beth das Werk Girgensohns offenbar nicht zu würdigen wisse, machte Gruehn ihm zum schwersten Vorwurf.).

  10. 10.

    „Extratour“ ist ein Ausdruck, den offenbar Stählin gegenüber Beth gebraucht hatte, um anzuzeigen, dass Gruehn manchmal ohne Rücksprache mit dem Vorstand handle. Beth verwendet ihn in einem Schreiben an Mager, um die Briefe, in denen Gruehn den Mitgliedern der IAPR davon abrät, zur Konferenz nach Wien zu fahren, zu charakterisieren. Gruehn habe als Begründung gebracht: Man „wünsche in Wien ganz ungestört zu sein“ und darum habe bereits IAPR „und eine ganze Reihe ihrer Mitglieder eine Teilnahme am Wiener Kongress abgelehnt“. Tatsächlich hätten sich einige daraufhin, wie sich Beth bei Mager beschwerte, zurückgezogen. (Ob Karl Bühler zu ihnen gehört hat? Er wurde im vorläufigen Programm von Beth genannt, hat aber nicht teilgenommen.) Dieser Brief Beths an Mager (19.06.1931) befindet sich im Übrigen im NLSe: Es hat Mager wohl eine Abschrift an Gruehn, und dieser eine an Seeberg geschickt.

  11. 11.

    Dr. Otto Nahrhaft (1880–1956) war damals erster Staatsanwalt in Wien (nach 1946 war er Präsident des Landesgerichts für Strafsachen Wien). Er war, wie der Polizeipräsident Joseph Brandl (1875–1953) und der Psychiater Erwin Stransky (1877–1962), einer der drei Vizepräsidenten der Wiener IRP.

  12. 12.

    Gruehn gab an, „Besitzer“ des Archivs zu sein. Auf dem Titelblatt hieß es aber, dass das Archiv Organ der IAPR sei.

  13. 13.

    In einer ganzen Reihe von Punkten hat Fischer als Vorsitzender versagt: Obwohl er dazu aufgefordert worden war, führte er keine Registrierung ins Vereinsregister durch, er ernannte keinen Ehrenausschuss, beteiligte sich nicht an Werbung für die IAPR, antwortete nicht auf Briefe und erschien nicht zur Vorstandssitzung. Allem Anschein nach ist er über Gruehns Vorgehen mehr als frustriert gewesen. Sein Anteil an der Geschichte der IAPR ist marginal, in Nachrufen oder späteren Darstellungen seines Lebens und Wirkens (zum Beispiel Kreitmair 1950; Pauli 1938; Schreibner 1938; Stalla 1999; Tippelt 2004; Weigert 1987) findet sich noch nicht einmal eine Erwähnung seiner Beteiligung.

  14. 14.

    Im NLF befindet sich noch ein Brief Gruehns vom 01.05.1934 an den Vorstand („Nach langem Schweigen“), der sich aber auf ganz andere Dinge bezieht.

  15. 15.

    Hier ist eine kleine Verwirrung zu melden: Johannes Bresler, der einstige Gründer der Zeitschrift für Religionspsychologie, Grenzfragen der Theologie und Medizin, war zum Wiener Kongress gefahren und recht angetan gewesen von der organisatorischen Leistung Beths, der sich nach Ansicht Breslers in den letzten Jahren zwar in „Streitigkeiten um recht nebensächliche und besonders recht wenig psychologische Dinge festgefahren hatte“, aber sich nun wieder als „verdienstvolle[r] Erneuerer und eifrige[r] Förderer der Religionspsychologie“ gefangen hatte. Den von Beth herausgegeben Teil der proceedings beurteilte Bresler recht positiv, und er schrieb: „Auch die beiden übrigen Teile des Kongreßberichts enthalten sehr wichtige und durchaus beachtenswerte Vorträge“ (Bresler 1934, S. 144). Die letzte Bemerkung ist aber als leere Floskel, freundliche Geste oder einfacher Irrtum wegen der Überfülle der von Bresler in der Psychiatrisch-Neurologischen Wochenschrift „besprochenen“ (oder mindestens erwähnten) Literatur anzusehen, da die genannten „übrigen Teile“ ihm unmöglich vorgelegen haben können: Sie wurden ja nicht veröffentlicht. – Ob übrigens auch Bresler (und wer sonst noch?) um den „schärfsten Kampf“ gewusst hat?.

  16. 16.

    Nota bene: Die wechselnden Namen zur Bezeichnung der Bethschen Gesellschaft suggerieren, dass auch diese nie formell registriert wurde. Es ließen sich auch (in AUW, UBW, ÖNB) keine diesbezüglichen Unterlagen finden.

  17. 17.

    Mitteilung an den Verfasser (JAvB) von dem Sohn Eric W. Beth in einem Brief vom 15. November 2002 (AJAB): In der Tatsache der Beschlagnahmung liegt zugleich eine der Möglichkeiten, warum über die religionspsychologischen Aktivitäten des Ehepaars Beth sowie über die von ihnen gegründeten Organisationen (Forschungsinstitut, Internationale Gesellschaft und Zeitschrift für Religionspsychologie) keine Unterlagen aufgefunden werden können: Es könnten die Beths alles vernichtet haben (auch um nicht die Aufmerksamkeit der Gestapo auf ihre Mitarbeiter zu lenken); die Fakultät könnte das Material – wenn die Unterlagen denn je der Fakultät übergeben worden sind – vernichtet haben; die Akten könnten, wo immer sie sich befanden, einem Bombardement oder einem Brand zum Opfer gefallen sein (im Januar 1945 wurde bei einem Bombenangriff das Archiv der Evangelischen Theologischen Fakultät zerstört); die Gestapo könnte die einschlägigen Dokumente mitgenommen haben. Im letzteren Falle bestünde auch noch die Möglichkeit, dass die Dokumente – wenn sie denn die Kriegswirren überstanden hätten – von der Roten Armee nach Russland verschleppt worden sind. Allen Möglichkeiten ist ausführlich nachgegangen worden, ohne endgültige Gewissheit bekommen zu können; finden lässt sich nichts.

  18. 18.

    http://www.fraueninbewegung.onb.ac.at/Pages/PersonDetail.aspx?p_iPersonenID=8675114.

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v. Belzen, J.A. (2015). „Schärfster Kampf″ in der Religionspsychologie. In: Religionspsychologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-46575-2_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-46575-2_5

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  • Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg

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